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Michail Glinka wurde 1804 in einem Dorf im Gouvernement Smolensk geboren. Dort lernte er die russische Volksmusik kennen, die ihm zum nie versiegenden Quell seines Schaffens wurde. Mit 13 Jahren kam er in ein Petersburger Pensionat, wo er eine vielseitige Bildung erhielt. Nebenher studierte er Violine, Klavier und Musiktheorie und trat schon früh mit Kompositionen hervor. Seinen Beruf - Sekretär in der Kanzlei der Verkehrsverwaltung - gab er sehr bald auf und widmete sich ganz der Musik. Er unternahm mehrere Auslandsrei sen. In Berlin erlernte er bei einem ausgezeichneten Theoretiker die Beherrschung des kompositorischen Handwerks. Im Ausland entstand, nicht zuletzt unter dem Eindruck, den Webers „Freischütz“ auf ihn gemacht hatte, die Oper „Ein Leben für den Zaren“ (Iwan Sussanin), ein Markstein in der russischen Musiki Sie wurde 1836 in Petersburg uraufgeführt und vom Publikum be geistert aufgenommen. Mit der Gestalt des heroisdi sich selbst auf opfernden Iwan Sussanin gelang Glinka die klassische Verkörpe rung des russischen Bauern und Patrioten. Noch kurz vor der Premiere wurde auf Wunsch des Zaren Nikolaus I., dem der Kom ponist die Partitur gewidmet hatte, der ursprüngliche, nach der Hauptfigur der Oper genannte Titel in „Ein Leben für den Zaren“ verändert, unter dem sie dann weltweit bekannt geworden isti (Seit der „grundlegenden“ Neubearbeitung des Werkes von Sergej Gorodezki, die 1951 am Moskauer Bolschoi-Theater herauskam, ist freilich der eigentliche Titel, vor allem in der Sowjetunion, aus begreiflichen Gründen, allgemein gebräuchlich geworden.) „Kutschermusik“ hatten Petersburger Hofkreise Glinkas Volksoper bei ihrem Erscheinen genannt, fehlte ihnen doch das tiefere Ver ständnis für eine Oper, die ihre Kräfte aus der russischen und polnischen Volksmusik schöpfte. Interessant sind die polnischen Tanzformen, die Glinka im 2. Akt der Oper, dem sogenannten Polenakt (weil am Hofe des Polenkönigs Sigismund III. spielend) aufbietet : Polonaise, Mazurka, sowie - unser heutiges Konzert einleitend - Walzer und Krakowiak. Hier handelt es sich nicht um bloße folkloristisch eingefärbte „Tanznummern“, sondern um organische Bestandteile der vielfarbigen, vom Tanz der Völker inspirierten Partitur.