ZUR EINFÜHRUNG Eng und historisch gewachsen sind die Be ziehungen zwischen dem Dresdner Kreuzchor und der Dresdner Philharmonie, die ihre Herkunft ableiten kann von den Dresdner Stadtpfeifern, die 1420 erstmalig nachweisbar sind anhand einer Ratsanweisung, nach der drei Bläser 29mal im Jahr - vornehmlich zu hohen Festen - bei der großen Orgel in der Kreuzkirche zu blasen hatten. Aus der Rats oder Stadtkapelle, die jahrhundertelang dem Kreuzchor instrumentaler Partner war, bildete sich nach 1870 - als der Gewerbehaussaal als erster Dresdner Konzertsaal vom Stadtmusik chor unter dem letzten Dresdner Stadtmusik direktor Moritz Erdmann Puffholdt eingeweiht worden war - das Gewerbehausorchester, aus dem das Philharmonische Orchester or ganisch herausgewachsen ist. Mit diesem un mittelbaren Vorläufer der Philharmonie, dem Gewerbehausorchester - zunächst nach seinem Leiter die Mannsfeldtsche Kapelle genannt — begann die Zusammenarbeit mit dem Kreuz chor im Jahre 1876 unter Kreuzkantor Oskar Wermann (1876—1906), dem Otto Richter im Amt folgte (1906-1930), der 1915 bzw. 1923 die endgültige Benennung des Orchesters als Dresdner Philharmonisches Orchester bzw. Dresdner Philharmonie miterlebte. Zum bis herigen Höhepunkt in der Zusammenarbeit von Kreuzchor und Philharmonie gestalteten sich die Amtszeiten der Kreuzkantoren Rudolf Mauersberger (1930-1971) und Martin Fiämig (1971—1990), in denen auch gemeinsame Schallplattenproduktionen und Auslandstour neen realisiert wurden. Daß die Dresdner Philharmoniker neben ih rer Mitwirkung in den Aufführungen der Bach- schen „Hohen Messe“ durch die Kruzianer und Thomaner mit einem eigenen festlichen Konzert innerhalb der Jubiläumswoche „775 Jahre Dresdner Kreuzchor" präsent sind, ge leitet von einem ehemaligen Kruzianer und zusammenwirkend mit einem Chor ehemaliger Kruzianer, den ebenfalls ein einstiger Kruzia ner gründete und leitet, bedarf keiner weite ren Erläuterung. Beziehungsvoll auch der Name des ersten auf der Programmfolge zu findenden Komponisten: RudolfMauers- berger, dessen 100. Geburtstag am 29. Ja nuar 1989 bereits mit einem repräsentativen Werkausschnitt aus dem „Dresdner Te Deum“ gedacht worden war und dem im Jahre 1970 anläßlich des 100jährigen Bestehens der Dresdner Philharmonie die Ehrenmitglied schaft verliehen worden war. „Mauersbergers kompositorischer Weg verlief vom Instrumentalinteresse der Jugend (er hat te vorübergehend Kapellmeister werden wol len) zum vokalen Schaffen, also über Chor lied und Motette hin zu abendfüllenden Wer ken für den Dresdner Kreuzchor. Fragt man nach den Wurzeln dieses Musikers, so müs sen Kindheitseindrücke in Elternhaus, Kirche und Schule genannt werden, die im gesamten CEuvre evident sind. Während der auch mu sikalisch anspruchsvollen Ausbildung am An- naberger Lehrerseminar (1903-1909) lernte Mauersberger mehrere Instrumente spielen, erhielt Dirigieraufgaben und begann zu kom ponieren. Damit waren Grundlagen für das ab 1912 am Leipziger Konservatorium aufgenom mene Studium geschaffen. Der 1914 verliehene Arthur-Nikisch-Preis für Komposition verdeut lichte rasche Anerkennung. Während des ersten Weltkrieges konnte Mauersberger als Militärmusikleiter in Bad Lausick (1915—1918) in der Nähe Leipzigs wirken, dort ein Orche ster gründen, dem etliche Gewandhausmusi ker angehörten, und eigene Orchesterlieder, die Sinfonie oder ein Frühlingsoratorium er proben. Die sich anschließenden Studien in Leipzig legten eigentlich erst den endgültigen Schritt für Künftiges fest: sein Berufsziel als das eines Kantors (die Lycker Anstellung anno 1914 blieb Episode) wurde ab 1919 in Aachen Realität. Mauersbergers Tätigkeit blieb zu nächst vorrangig konzertant — bis nach zwei Jahren das vokale Engagement so stark in den Vordergrund trat, daß sich dies von nun an auch dauerhaft kompositorisch niederschlug: geistliche Vokalsätze, Motetten entstanden. In der 1925 beginnenden Eisenacher Tätigkeit als Thüringer Landeskirchenmusikwart konzen trierte sich Mauersberger neben der Bachpfle ge auf den evangelischen Choral. Was sich bis 1930 als Auftanken vielfältigster Einflüsse zeigt, das kam mit Mauersbergers Antritt als Dresdner Kreuzkantor zunächst nur der in- terpretatorischen, organisatorischen und re pertoirebezogenen Umorientierung des Kreuz chores zugute. Die Pflege zeitgenössischer Mu sik drängte eigenes Schöpfertum zurück. Mit Spruchvertonungen setzte dann 1940 der ei- aentliche Wiederbeginn des kompositorischen Schaffens ein, mit dem der aus dem Erzge birge stammende und diesem zeitlebens eng verbundene Musiker wie kein anderer Kom ponist fortan das Schicksal der traditionsrei chen Musik- und Kunststadt Dresden musika-