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zertmeisterposten strebte, aus und begab sich nach Holland. Einige Zeit später stand Le- clair in den Diensten des Infanten Don Phi lippe in Chambery. 1746 wurde in Paris seine einzige Oper „Scylla et Glaucus" uraufge- führt. Nunmehr ließ sich der Komponist als Privatlehrer in Paris nieder und wirkte auch als Violinist des Herzogs von Gramont. Gegen Ende seines Lebens wurde Leclair Hausbesit zer in einem verrufenen Stadtviertel von Paris, wo er auch ermordet wurde. Leclair war einer der besten Violinisten seiner Zeit und der führende Violinkomponist im da maligen Frankreich. Er legte das Fundament für eine spezifisch französische Violinschule, sein Augenmerk vor allem auf die Verbreitung und Steigerung einer virtuosen Spieltechnik (Doppelgriffe!) richtend. Seine insgesamt 49 drei- bis viersätzigen Violinsonaten mit Gene ralbaß stehen harmonisch und kontraounktisch in der Nähe ähnlicher Werke seiner deutschen Zeitgenossen Bach und Händel, die er selbst wahrscheinlich gar nicht gekannt hat. Diese Violinsonaten sind zweifellos die bedeutend sten Schöpfungen dieses französischen Kompo nisten, der von dem Musikschriftsteller Fried rich Wilhelm Marpurg (1718—1795) übrigens auf eine Stufe mit Händel, Telemann, den Brü dern Graun und den Vertretern der Familie Bach gestellt wurde. Das Konzert für Violine und Streicher E-Dur (BWV 104 2) von Johann Sebastian Bach hat einen festlich-freudigen Charakter. Wie dicht ist das kontrapunktische Gewebe im einleitenden Al- legro-Satz! Der Satz ist nach der dreiteiligen Arienform aufgebaut mit einem Mittelteil in der Mollparallele (cis-Moll), der mit einer vir tuosen Adagiokadenz schließt. Sehr charakte ristisch ist das Kopfthema des Satzes und sei ne Fortführung. Stimmungsmäßig erinnert das Adagio an den Moll-Teil des ersten Satzes; es steht ebenfalls in cis-Moll. In dieser seltenen Tonart wird eine innige, ernste Weise über einem ständig wie derholten Baßmotiv (Basso ostinato) aufge baut, die dem Solisten die Grundlage für ei nen seelenvollen Gesang gibt. — überschäu mend vor Lebensfreude eilt der Schlußsatz (Al legro assai) dahin. Formal handelt es sich um einen rondoartigen fröhlichen Ausklang; im mer wieder erscheint der Tutti-Refrain von 16 Takten in der Grundtonart. Viermal steht da zwischen ein Solo des Solisten, das letzte Solo ist besonders ausgedehnt und virtuos ange legt. Johann Wilhelm Hertel, 1727 in Ei senach geboren, 1789 in Schwerin verstorben, gehörte nach dem Urteil des bedeutenden Mu siklexikographen Ernst Ludwig Gerber (1746 bis 1819) zu den „geschmackvollsten Komponi sten" seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, „so wohl was die Instrumental- als Vokalmusik an geht". Sein Vater Johann Christian Hertel (1699—1754) war nicht nur ein tüchtiger Gei ger, sondern galt auch als einer der besten Gambisten seiner Zeit. Johann Wilhelm Hertel kam über Zerbst nach Strelitz, wo er 1744 am Hofe eine Anstellung als Geiger und Cemba list fand. Seitdem stand er auch in ständiger Verbindung mit den Musikern der Berliner Schule, mit den böhmischen Meistern Franti- sek und Jiri Antonin Benda, mit Carl Philipp Emanuel Bach und Carl Heinrich Graun. 1752 übersiedelte Hertel nach Schwerin und erhielt 1754 Adolph Carl Kuntzens Stelle als Hofka pellmeister. Als die Schweriner Kapelle 1767 nach Ludwigslust verlegt wurde, blieb der Kom ponist als Privatsekretär, seit 1770 mit dem Titel eines Hofrates, im Dienste des Schweri ner Hofes, arrangierte Konzerte und erteilte Musikunterricht. Johann Wilhelm Hertel kom ponierte eine erstaunliche Fülle damals hoch- geschätzter Sinfonien, Konzerte für verschiede ne Instrumente, Psalmen, Kantaten, Oratorien, Lieder, Klaviersonaten, von denen allerdings kaum etwas im Druck erschien. Die meisten seiner Werke befinden sich handschriftlich in der Mecklenburgischen Landesbibliothek Schwerin und in der Bibliothek des Brüsseler Conservatoire. Aus Schweriner Bibliotheksbestand stammt auch das Konzert für Trompete, Oboe, Streicher und Basso con- tinuo Es-Dur, das so recht geeignet ist, auf den vergessenen Komponisten hinzuwei sen; eine Musik zwischen den Zeiten und Sti len, die noch die Konzertform der Bach-Ze : t verwendet, sich jedoch einer gefällig-melodi schen. empfindsamen, nicht mehr kontrapunk tisch befrachteten Schreibweise bedient. Ton- und Bildaufnahmen während des Konzertes sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Prof. Dr. habil. Dieter Härtwig Chefdirigent: GMD Jörg-Peter Weigle - Spielzeit 1990'91 Druck: Mitteldeutsche Druckanstalt GmbH Heidenau Preis: 0,25 DM