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Johann Wilhelm Hertel 1727-1789 Der aus Olmütz stammende Gottfried Finger wirkte um 1682 in München und kam 1685 nach London, wo er unter König Jakob II. Instrumentalist der Hofkapelle wurde und mit Kammermusikwerken und Musikeinlagen zu Theaterstücken hervortrat. Nach 1701 hielt er sich in Breslau und Berlin auf. 1707 wurde er Kammermusiker und 1708 Konzertmeister der Innsbrucker Hofkapelle. Seit 1717 lebte er als kurpfälzischer Konzertmeister in Neuburg a. D., dann in Mannheim, wo er in dieser Stellung zuletzt 1723 nachweisbar ist. Das Instrumentalkonzert, in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts noch eine junge Gattung, spielt in Johann Sebastian Bachs Gesamtwerk eine wesentliche Rolle. Wie in den „Brandenburgischen Konzerten" übernahm der deutsche Meister die von den Italienern ge schaffene Form, speziell Antonio Vivaldis So lokonzerte zogen ihn immer wieder an. Neben seinen Violinkonzerten a-Moll und E-Dur ist das Konzert für zwei Violinen, Streicher und Basso continuo d-Moll BWV 104 3 in seiner Originalge stalt erhalten. Es gehört zu den bedeutendsten Zeugnissen Bachscher Kunst. Einen männlich bestimmten Charakter hat der erste Satz. In strenger Kanonführung setzen die Tuttivioli- nen ein, stimmen die beiden Soloviolinen ihr eigenes Thema an. Der Mittelsatz, ein Largo in F-Dur, darf zu den herrlichsten Eingebungen Bachs gezählt werden. Es ist ein friedvolles Duett der sich im Quintkanon folgenden Solo instrumente, die im Satzverlauf ihre Themen gegenseitig tauschen, sich mit teils bewegten, teils ruhigen Figuren umschlingen und einan der ablösen. Einen dramatisch-stürmischen Ak zent in das musikalische Geschehen bringt der Schlußsatz, obgleich es auch hier nicht an ru higeren Seitengedanken fehlt. Wieder sind die Tuttistellen mit den Solopartien aufs engste miteinander verzahnt. Der in Venedig geborene und dort hauptsäch lich wirkende Antonio Vivaldi war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zweifel los eine Zentralfigur nicht nur der italienischen, sondern der europäischen Musik. 1703 wurde Konzert für Trompete, Oboe, Streicher und Basso continuo Es-Dur Allegro Adagio Allegro er zum Priester geweiht (als solcher erhielt er den Beinamen „II preto rosso“ = der rothaa rige Priester). Vom Herbst 1703 bis 1740 war er Violinlehrer und Dirigent des Orchesters, später auch Hauskomponist am Ospedale del- la Pieta in Venedig, dessen Konzerte unter sei ner Leitung und vorwiegend mit seinen Wer ken bald europäischen Ruf erlangten. Diese Tätigkeit wurde durch zahlreiche Reisen u. a. nach Wien und Amsterdam und zur Aufführung seiner Opern in italienischen Städten unter brochen. Vivaldi war einer der größten Violin virtuosen seiner Zeit und hat als überaus fruchtbarer und vielseitiger Komponist das Schaffen fast aller Zeitgenossen beeinflußt. Er hat der Instrumentalmusik neue Wege gewie sen und sich insbesonders um das Solokonzert verdient gemacht. Damit wirkte er auf Johann Sebastian Bach ein, der ihn außerordentlich schätzte und mehrere seiner Konzerte auf an dere Besetzungen übertrug. Vivaldi entwickelte die spieltechnische Seite (insbesondere der Violine) und trug Virtuosität in seine Musik. Dabei wandte er sich auch Instrumenten zu, die sonst nur selten solistisch eingesetzt wurden, wie die Bläser oder gar die Mandoline. Eine besondere Rolle spielte bei ihm die Oboe, die um 1700 schon eine lange Entwicklung hinter sich hatte, gehörte sie doch zum Grundbestand des Orchesters im 17. Jahrhundert. Jean-Marie Leclair, Sproß einer Mu sikerfamilie in Lyon, im Jahre 1764 im Alter von 67 Jahren von einem unbekannten Täter ermordet, begann seine künstlerische Laufbahn als Ballettänzer in Rouen. Als Tänzer und Gei ger wirkte er sodann in seiner Heimatstadt und ging 1722 als Ballettmeister nach Turin. 1728 übersiedelte er nach Paris, wo er auch seine ersten Violinsonaten veröffentlichte. Rasch wurde Leclair als Geiger und Kompo nist berühmt. Violine hatte er in Turin bei dem Corelli-Schüler J. B. Somis studiert und Kom position bei Andre Cheron in Paris. Nachdem er in Paris mit großem Erfolg in den Concerts Spirituels aufgetreten war, wurde er Mitglied der königlichen Hofkapelle und Kammermusik. Schon 1736 schied er infolge eines Streites mit einem Rivalen, der gleich ihm nach dem Kon-