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Sächsische Staatszeitung : 21.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480732469-192304215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480732469-19230421
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480732469-19230421
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-04
- Tag 1923-04-21
-
Monat
1923-04
-
Jahr
1923
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 21.04.1923
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E«it< 2 zu Rr. VS - «ch^ch« - Sonuabend, ^1. April 1I23 Reparationsdebatte im Oberhaus. L»rd Corz«» »»«scht »enfich-ftxzifischt London, 2V. April. Im Oberhaus« sand heute die langerwartete Debatte über die Ruhrbesetzung statt. Die Debatte wurde durch eine Rede de» Lord Buck master eingeleitet. In Deutschland, so führte er unter anderem au», sei eine dünne Schieber- jchicht aufgrkommen, die den falschen Lin druck von dem Reichtum Deutschland» er wecke. Der größte Teil der deutschen Be- dölkerung habe dagegen schwere Entbeh rungen zu leiden, wa» die Zunahme der Selbst, m orde und der auf Not zurückzusührenden Toder- fülle beweise. Die Ruhrbesetzung sei nicht im FriedenSvertrag vorgesehen, und wenn dem Berdcrben lein Einhalt geboten werde, so würde man Deutschland in die Arme Rußlands treiben, und dann könne man alle Hoffnungen auf Entminung der europüischen Krise begraben. In einen europäischen Ruin werde auch England mit hineingezogen werden. Ohne Verständi gung zwischen Deutschland, Frankreich und England sei kein Frieden möglich. Lord Buckmaster verwies schließlich aus den Völker bund, dem der gegenwärtige Konflikt zu unter breiten sei. Die Antwort auf diese Rede erteilte Lord Curzon. Lord Curzons Rede hatte einen aus gesprochen historischen Charakter. Er begann mit dem Jahre 1922, in dem Deutschland um ein Moratorium bat, berührte sodann die Arbeiten und Pläne der Reparationskommission bis zum Januar 1923 und legte dann den Bonar Lawschen Reparationsplan vom Januar d. I. eingehend dar. Bei der Abfassung dieses Planes habe England eine Großzügigkeit gegenüber Frankreich bewiesen, wie es wohl kein anderes Volk getan hätte. Trotz dem wurde der englische Plan von Frank reich abgelehnt. Jhrerse.its lehnte dann die englische Regierung die Teil nahme am Ruhrabenteuer ab. Curzon verteidigte sodann die passive Politik der englischen Re gierung und führte hierbei u. a. a«S: „Hätten wir interveniert, so hätte« wir einen Fehler begangen. Vs ist bisweilen besser, nichts zu tun, als etwas Fal sches zu tun. Die Entente darf nicht gebrochen werden. Lie ist die Grund lage des europäischen Friedens. Der beste vfsekt unserer Politik ist, daß sie uns in eine Lage versetzt hat, in der wir jeder» »eit intervenieren können. Dagegen habe ich in allen Debatten über die Ruhrsrage «och keinen einzigen greifbare« Vorschlag gefunden. Die Prophezeihnng, daß die Bc» setzmtg der Rnhr nicht lohnen werde, hat sich bewährt. Leit dem Beginn der Okkupation sind huudrrt Lage vergangen, und es ist noch kein Ende abzusehen." Im weiteren Verlause seiner Rede faßte Lord Curzon die verschiedenen Erklärungen zu sammen, die von der deutschen und fran zösischen Regierung abgegeben wurden. Er erwähnte die Brüsseler und die Pariser Konferenz, und daß Poincars in Dün kirchen seinen alten Standpunkt ver teidigt habe. Bei dieser Sachlage sei eine Intervention Wahnsinn. Zu Deutsch land übergehend sagte der englische Außenminister, daß das deutsche Volk eine überraschende Widerstandskraft gezeigt habe. ES hab« »u- gleich bewiesen, daß es willens sei, Entbehrungen zu ertragen. Lord Curzon erwähnte den deutschen Vorschlag, entsprechend der Anregung de» ameri kanischen Staatssekretär- Hughes ein internationales Expertenkomitee einzuberusen und sprach weiter von dem deutschen Vorschlag eine» dreißigjährigen Garant,«Vertrages zwischen England, Frankreich, Deutschland und Italien, von dem sogenannten Bergmannschen Reparation-plan und den Pro jekten für eine internationale Anleihe. Deutsch land habe seinen Standpunkt, nm nach vorheriger Räumung de» Ruhrgebiets zu unterhandeln, auf gegeben. Gegen eine» aber habe die deutsche Regierung immer entschieden prote stiert: gegen eine Beschränkung ihrer Staatshoheit im Rheinland. Lord Curzon nahm sodann d«n Bericht zur Hand, den die Mitglieder der Arbeiterpartei nach ihrem Besuch des Ruhrgebiet- ausgearbeitet haben. Wenn der Bericht eine dauernde Fühlungnahme mit beiden Parteien, Deutschland und Frankreich, fordere, so sei das genau das, was die englische Regierung seit drei Monaten getan habe. Er versteh«, daß Deutschland widerstrebt, unter den jetzigen Umständen eine feste Repa- rationsfumme zu nennen. Aber Deutsch» land müsse Beweise seiner Zah- kungsbereitschast geben und Taran- tien Vorschlägen. Hierzu müsse man kommen, und das habe er bei der de«tschen Regierung immer angeregt. Lord Curzon faßte schließlich die Regierungs- Politik in folgenden Worten zusammen: „Unsere Politik beruht aus der Entente als der einzigen soliden Basis Europas. Ihr: Aufrechterhaltung ist unser Hauptprinzip im Westen wie in, Osten. In Übereinstimmung hiermit werden wir unsere neutrale Haltung bewahren. Deutschland wird keine tzrmuti- gung von uns erhalten. Wir sind be- reit, die Lich erheitsfrage zu regeln, vorausgesetzt, daß sie nicht zu einer Zerstückelung Deutschlands führt. Unsere ReparationSsorde. rungen werden wir nicht ansgeben. Di« Kriegsschulden der Alliierten betrachtrn wir als ein internationales Problem. Wir sind nicht ohne Hosfnnng, daß es «ns diese Weise zu einer Lösnng deS gegowärtigtn Konflikts komme« wird. Sowohl aus französischer wie aus deutscher Seite deute« Symptome a«s eine zunehmende Bereit» schäft znm DiSkuiieren hi». Wir er mutigen beidr Bölter hierzu und Hosse«, daß sie einmal zusammentommen werde«. Dies ist rin Weltproblem." ch Lord Greys Ratschläge. London, 21. April. Lord Grey erklärte gestern im Oberhause: Die Fragen der Reparationen und der Sicherheiten sür Frankreich und Belgien seien viel enger mit einander verbunden . al Lord Curzon zu verstehen gegeben habe. Man wisse, wie schwer der Kampf sei, um den britischen Kredit ausrechtzuerhalten. Man wisse a«ch, daß die französisch« finanziell« Lage noch schwieriger als die britische sei. Ls sei wichtig, daß Frankreich Reparation-- zahlungen von Deutschland erhalten müsse, wrnn seine verwüsteten Gebiete wieder hergestellt und seine finanziellen Interessen ge sichert werden sollten. Der französische Kredit werde nur aufrecht erhalten, wenn Frankreich Zahlungen von Deutschland erhalte. .Deutschland könne diese Zahlungen aber nicht leisten, bevor fein Kredit wieder her gestellt sei. Der Kampf, der zwischen beiden Ländern im Gange sei, Besetzung auf der einen und passiver Widerstand auf der andern Seite, sei katastrophal sür beide Länder. Er bringe die Reparationsfrage einer Lösung nicht näher. Denn er mache e« Deutschland unmöglich, ein so gutes Angebot zu machen, wie es vor der Besetzung hätte machen können. Frankreich erhalte weniger Kohlen von Deutschland, al« «» vor der Besetzung erhielt. E-kerhatte sie zu dem riesigen Preise der BesatzungSkosten. Je länger dieser Zustand dauere, um so schlimmer müsse die Lage sür beide Länder werden. ES sei zu hoffen, daß beide zur Ein sicht kommen würden, daß eine Verlängerung der augenblicklichen Lage bedeuten würde, daß Deutschland immer weniger zahlen und Frankreich immer weniger erhalten könne. Wenn dies die wahre wirtschaftliche Seite der Lage s«l, so wäre es sicher sür Deutsch land der Mühe wert, sobald wie möglich ein Angebot zu machen, und sür die französische Regierung, dieses Angebot entgegrnzunehmen u«d ihm günstigste Er- Wägung zu widmen. Uber die vitale Frage der Sicherheit sagte Lord Grey: Er glaube nicht, daß die Franzosen je das deutsche Gebiet ver- lassen würden, bevor sie nicht allein eine Regelung der ReparationSsrage, sondern Sicher heiten für die Zukunft erhalten hätten. Dies sei sehr natürlich und wohl zu verstehen. England müsse mit diesem Standpunkt sympathi sieren. Frankreich fühle sich für die Zukunft, wenn auch nicht für die Gegenwart beunruhigt. Er glaube, daß die Ruhrpolitik Frank- reich keine Sicherheit sür die Zu. kunft gebe. «s sä« vielmehr di« Saat für die Revanche. Diese PEt werd« Deutschland «whr und mehr dazu treibe«, «ach einer Vereinbarung mit Rußland auszuschaue». Er sehe keine wirklich« Sicherhrit sür die Zukunft, wen« Deutschland nicht Mitglied des Völkerbundes werde und wen« nicht eine klare Vereinbarung mit Frankreich bestehe. Den« die einzige große Sicherheit für Frankreich und für alle Rationen werde sür die Zukunft nur dann grschaffr«, wenn der Völkerbund eine starke Wirklichkeit werde. Sairftazeu I* »ülkrehmdSeat. »enf, 20. April. I» de» kommenden Tagen wird sich der v ölkerbund-rat erneut nut politischen und wirtschaftliche» Fragen, die das Saargebiet betreffe», beschäftigen. Zu diesem Zweck sind Vertreter de» SaarparlamenlS nach Eens gereist. Siner dieser Vertreter machte unserm Mitarbeiter folgende interessante Mit teilungen: Das gewaltigst: Hinderni» zur Erringung unserer vertraglichen Recht« setzt uns Frankreich entgegen, das nach Geständnisse» einflußreicher fran zösischer Politiker seine Aspirationen auf die Einverleibung de» Saargebiets in allen möglichen Formen weiter Pflegt. Das Saargebiet ist solange da» Objekt der internatio- len Politik, solange auch Deutschland die» ist. Die Lebensfrage für da- Eaarg«b et ist heute der große vergarbeiterstreik, der nunmehr schon 10 Wochen andauert, ohne daß die Regierungekommission des Saargebiets ihrer Pflicht nachgekommen wäre. Die Schilderung der Untätigkeit aller Instanzen der gesamten Wirt schaftslage, der Ursachen und Wirkungen des Streik» und der Möglichkeiten der Verständigung hat im Vö.kerbund-rat außerordeatliche» Internste erregt, sodaß eine eingehend« Besprechung dieser Dinge im Rate zweifello» zu erwarien ist. — Ein weiter:« Punkt drr Tagesordnung ist die Frage derXach folgerschaf tHe ktor»,de»bisherigen „Saarländischen" Mitglied«» der Regierungs- kommission. Hier hat der Rat rin lebendige» Bei spiel erleben müssen, wie berechtigt die gegen das Berrätertum Hektor» gerichteten Warnungen und Angriffe waren. Unsere Bemühungen haben da» Ziel, dem Völkerbund-rate künftig derartige Beweis führung zu ersparen und ihm die Notwendigkeit klarzulegen, in die Regierungskommission nur ein solches „saarländisches Mitglied" zu ernennen, das von dem Vertrauen der Bevölkerung getragen ist. Hier gibt es entweder den Weg de» Vor schlages durch Befragen der ganzen Bevölkerung oder des Landesrates, wofür sich Nansen und Lord Robert Cecil in der letzten Versammlung des Völkerbünde» schon aussprachen. Nur so hätten wir die Gewähr, daß die Interessen der Bevölkerung auch wirklich in der Regierung wahr genommen werden. Die ferner zur Behandlung stehende Er weiterung der lokalen Gendarmerie be gegnet interessierten Einwendungen, Würde der Vorschlag der Regierungskommission — die Gen darmerie nur um 200 Mann zu erweitern — Anklang finden, so wäre nicht abzusehen, welche Zeit die Ausfüllung bis aus 4000 Mann be anspruchen würde, welche die Regierung — im Gegensatz zu uns — sür nötig hält. Der Abbau der französischen Truppen würde praktisch auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben. Daß die Re- -gierung-kommission sich überhaupt gezwungen sieht, endlich ein „Programm über den Aufbau der lokalen Gendarmerie" vorzulegen, ist ein Verdienst Brantings. A«s«ah«egts«ch i» denBölter- b»nd. Gens, 21.'April. Aus durchaus zuverlässiger Quelle wird be kannt, daß ein Vertreter des irischen Freistaales in Gens weilt und gestern ein Schreiben seiner Regierung im Völkerbundssekretariat übergab, durch das Irland die Aufnahme in den Völkerbund nachsucht. Hnngerblsckade und Körpermaße. Daß die furchtbaren Zeiten der Hungerblockade während des Kr ege» für unser Volk wieder zukehren beginnen, ist eine Tatsache, auf die weit sichtige Ärzte immer nachdrücklicher aufmerksam machen. Einen Beweil sür diese traurige Er scheinung bilden die in großem Umfang und mit größter Genauigkeit durchgesührten Messungen de» Arztes der Gothaer Lebensversicherungsbank, vr. Franz Fischer, über die er in der „Klinischen Wochenschrift" Näheres mitteilt. Er hat die an den Versicherten der Gothaer LebenSversicherungS- bank gewonnenen Maß- und GewichtSzahlen auf ihre Bedeutung sür die Volksernährung hin unter sucht und zwei Versuchsreihen aufgestellt. In der ersten wurden solche Personen zusammen, gefaßt, die bis zu Anfang des Jahres 1922 mehrere Anträge vor, in und nach dem Kriege ge stellt hatten, also wiederholt gemessen worden waren. In der zweiten Reihe wurde von zwei VorkriegSjahrgängen und den Jahrgängen seit 1915 je eine gleich große Gruppe von Neuversicherten herausgegriffen und die Maße, getrennt nach Altersklassen, miteinander verglichen. Tie durch schnittlichen Gewichte, Brust- und Bauchmaße stehen mit dem Alter in einem bestimmten, gesetzmäßigen Zusammenhang, und es lassen sich daraus sichere Schlüsse auf die Ernährung des Betreffenden ziehen. E» zeigte sich, daß die Maße und Gewichte von 1916 an langsam sinken und allmählich immer stärker herabgehen bis zu dem Höhepunkt von 1918. Von da beginnt biS zum Anfang 1922, bi» wohin di« Untersuchung nur reicht, ein allmähliche» Auf- steigen. Jedoch ist zu Beginn de» vierten „FriedenS"jahreS 1922 noch nicht der Stand de» Jahre» 1915 erreicht. Diese Abwärt»bewegung m- 1918, di« Erholung bi» 1921 wird dann für da- Jahr 1922 von einem neuerlichen Abfall ge folgt. Die Brust- und Bauch,ahlen bewegen sich in derselben Richtung wie die Gewicht-zahlen. Da- di« iß e» interessant, daß von 191? ab der Rück- »ang brr Bauchmaße Lstrker ist al« de, d«, Brust maße. 1919, das nach langer, fast fettloser Zeit zum erstenmal wieder Ausland-fett brachte, zeigt sofort eine mäßige Besserung. Bon 1919—1921 bleibt der Brustumfang derselbe. Die Brust, die am Anfang ihr Fett verloren hat, ist nunmehr durch Knochen und Muskulatur in ihrer Form fixiert und hält ihr Maß ziemlich fest. Die Reaktionen erfolgen überhaupt an der Brust viel langsamer a's am Bauch. TaS zeigt sich in den besseren Jahren 1921, wo der Bauch sich seiner früheren volleren Form wieder nähert, während die Brust noch aus ihrem tiefen Stande verharrt. Der Ernührungsrückgang 1922 ersaßt Brust sowohl wie Bauch und bringt sie auf das Niveau von 1918 zurück. Bei den hohen Minuswcrten, die sich hier sür die Ernährung ergeben/ ist zu berück- sichtigen, daß die gemessenen Personen, die in die Lebensversicherung ausgenommen wurden, ein ausgesucht gutes Material darflellen; denn Kinder und Greis«, die von der Aufnahme ausgeschlossen sind, werden überhaupt nicht mitgezählt und die Versicherungsuchenden gehören im allgemeinen zu Kreisen, deren Leben geordnet ist und denen e» verhältnismäßig gut geht. Der Rückgang der Ernährung, der hier statistisch sestgestellt ist, muß nun in ter Folgezeit die schwersten Einwirkungen auf die Gesundheit haben, namentlich die Tuber kulose fördern, da besonders da» Wachstum der Brust gefährdet ist. „Die ZukunstSau-sichten de- deutschen Volkes und der deutschen Rasse", schließt Fischer, „sind auch vom gesundheitlichen Stand punkte au- sehr ernst." Warum wir lache«. über da» Lachen haben die Ästhetiker und Psychologen von Aristoteles bi» Freud sich die Köpfe »erbrochen. Neuerding» hat man nun in dem Lachen d«n Au»druck «ine» Instinkt- erkennen wollen, der ebenso spezifisch ist, wie der Instinkt, der in Furcht und Aa<K seinen LuSlwuck findet. Da- Lachen ist danach eine jen«r für die Gesund heit des Organismus notwendigen und heilsamen Reaktionen, die sür das seelische Gleichgewicht des Menschen sorgen. Nach den Ansichten des eng lischen Gelehrten Mc. Dougall, über dessen Theorie in der „Umschau" berichtet wird, ist das Lachen dem Weinen nahe ver wandt, und es wird durch diese Eigenschast de» Menschen eigentlich ein dunste» Licht auf seine Natur geworfen. Das Lächerliche besteht in einer gewöhnlich unerwarteten Ent täuschung unserer Mitmenschen, Da nun die Schadenfreude nicht nur nach dem Sprichwort, sondern auch nach der wissenschaftlichen Auffassung die reinste, die eigentliche Freude ist, so lachen wir, wenn einem anderen Menschen etwas Un- erfreuliches passiert, in dem sür unS angenehmen Gedanken, daß wir gegen ein solches Unglück oder Gebrechen gefeit sind. ES ist nun eine allgemein anerkannte Tatsache, daß Gefühlsautdrücke unserer Mitmenschen uns in ähnliche Gefühl»au»drücke versetzen. Wollten wir aber nun alle kleinen Leiden unserer Umgebung gefühlsmäßig miterleben, so würde dies eine große Menge unangenehmer Empfindungen bei un» Hervorrufen, wir würden unS in einem Zustand häufiger Niedergedrücktheit befinden, und unser LebenSgefühl würde in schäd licher Weise herabgesetzt werden. Gegen diese Schädigung unserer Vitalität Hilst uns das Lachen. Es ist eine Art Verteidigung einer gesunden Seele gegen den Ansturm der traurigen Gefühle, denen wir beständig ausgesetzt sind. Wir unterdrücken die aufsteigenden störenden Gedanken, indem wir lachen und gewinnen aus diesem angenehmen körperlichen Reiz Vorteile. Die Natur hat demnach in ihrer Weisheit unserer instinktiven Neigung zum Mitsühlen fremder Trauer einen sekundären Reiz zugesellt, der die unan genehmen Gefühle de- Mitleid» abwehrt. Ähnlich wie Liebe und haß, wie Furcht und verlangen entspringen Lachen und weinen identischen Im pulsen. Da- Lachen sorgt dafür, daß die durch die Trauer verursachte Störung das seelischen Gieicha«wichte» wieder a»fg«hoben wird. So ist Lachen letzten Endes eine uns stärkende an genehme Abwehr gegen das Übel in un». Toutünstlerverein. l3. Aufführuugsabend.j Es war der letzte der Aufsührungsabende, der gestern im Gewerbehaus die übliche zahlreiche und andächtige Hörerschaft versammelt hatte. Eröffnet wurde er mit einem Quintett für Klavier, Oboe, Klarinette, Fagott und Horn von Walter Gieseking, das zunächst etwa» zahm anmutete^ Man hatte von dem jungen Virtuosen, der sich so tapfer für neuzeitliches Schaffen einsetzt, andere Klänge erwartet. Seine Musik hält sich etwas zu sehr an d:r Oberfläche, auch im Konstruktiven. Es fehlt den vorwiegend lyrischen Gefühlen und Stimmungen an kräst'gen Grgensätzen, und dem Andante gibt eine gewisse Einförmigkeit der Klangkombinationen wie der Modulation sogar einen etwa» ermüdenden Charakter. In den Außensätzen hätte man in der Ausführung aller dings auch im ganzen, wohl im Sinne des Kom ponisten, stärkere Impulse gewünscht. Nach Giese king debütierte Issai Dobroven, der junge russische Kapellmeister, der mit an der Wiege des glänzenden Erfolg- des „Boris Godunow" stand. Man hörte zuerst fünf Frühling-lieder, die in mir aber offengestanden keine rechte Frühlingsstimmung zu erwecken vermochten. Edith Sajitz sang sie, vom Komponisten selbst begleitet. Aber mangels gesanglichen Melo» konnten sie keine gerade dankbare Aufgab: darstellen. Die folgende kis- moil-Sonate für Violine und Klavier derselben Komponisten zeigte zum mindesten, daß er sich aus instrumentalem Boden aussichtsreicher ver suchte, al- aus vokalem. Erfindung ist auch hier nicht seine starke Seite, aber die Formvertrautheit und Sicherheit, mit der sich der Komponist seiner Aufgabe entledigt, wirkte gunstgewinnend, wie ein gewandte-Au-speechen eine» natürlichen Empfinden-. An anerkennendem Beifall fehlte e» Issai Do broven und Theo Bauer (Violine) nicht. Für viele wird e» ein besonderer Ge«uß gewesen sein, g«rad« an diesem Abend noch «inen Mo»art habe«
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