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Sächsische Staatszeitung : 03.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480732469-192305033
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480732469-19230503
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480732469-19230503
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-05
- Tag 1923-05-03
-
Monat
1923-05
-
Jahr
1923
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 03.05.1923
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Pir »«,»eßiet Dotichi«»»» — visst »tedeeherießellt n»v vo» »er »«Versailler «erttg« verätze,«» MöaUchkeil, »««14»«»» die »irlschRftliche GltichherechtißAAfi pi versage«, kein Gebrauch »ehr gemacht » d »ach der rtabilisier»»« der Mark die E«nführn»g deutscher Were« eicht »ehr de« Beschränkungen »»terw-rfe« wir», di« durch de« Nievt»ga«- drr deutschen Währung veranlaßt «ar. Um dem Friede« »«rotz«» i« ge«ei»sa«er wirtschaftlicher Arbeit zu die«r« ««d um die natürlichen wirtschaftliche» Z«samme«hö»ge zw!» sche« Grze«g»»g «»»verbrauch hrrzusteke», falle« i» tzriva1wirtschasNiche«vrrträge» dieGr««dlage» iE» de« gesichert«, »«-tausch do» lrbe«»wichttße« «a- rr« »wische« d«« beteili-ten Lä«- der« geschasse« »erde«. Laz«» gehört i»S- besanvcre der Abfchlvß langsristlger tzrivatwirtschaitlichrrvrrträgeüber di« Lieser « vg vo« Sohle« u«d Koks. Im gleiche« -«teresse friedlicher Zusammen- artzett Deutschlands u«d Frankreichs ist dir deut. sche Regier«»«, wie sir auch bei ihrer Anregung zum Abschlstz eines Rheinpaktes dek««drn wollte, zu jeder sriedensichcruven ver- «inbarung bereit, die auf drr Gegenseitigkeit br- ruht. FaSbesanvere ist sie zu eiuer vereinbar««, bereit, Vie Deutschla » v und Frankreich verpflichtet, alle »wische« ih«en eulsteheuve« Streitfragen, die nicht auf diplomatischem Wege geschlichtet werden können, in eine« fried« lichen internationale« verfahre» 1« behandeln, und zwar Streitigkeiten rechtlicher Art in einem TchlrdSgerichttversahre», alle übrige» Streitigkeiten i« einem Vergleichsverfahren «ach dem Muster der «ryanschen Verträge. Dir deutsche Regierung schlägt svor, aus der »rundlagt der vorstehcnden AuSsührnnge« in Verhandlungen ei«,«treten. Ausgangspunkt »erverhandlunge« «uh sein, daß inner, halb kiirjester Frist d«r 8tatU8 quo ante wieder her,«stellen ist. Dazu gehört, daß die über den Vertrag von Versailles hinaus besetzte« Gebiete geräumt, i« den Rheinlande« vertragsmäßige Zustände wieder hcrgestellt, bieder- hafteten Deutschen in Freiheit ge setzt und de« Ausgewiesenen ihre Wohnstätten und Ämter zurück- gegebe» werde«. Ausland und Rote. Ablehnung in Paris. Paris, 2. Mai. Die deutsche Reparations ote wird von der Presse abgelehnt. Der „TempS" schreibt: Die deutsche Regierung erklärt zunächst, daß die schwebenden Fragen sich nur auf dem Wege gegenseitiger Verständigung lösen ließen. Das läßt daraus schließen, daß Deutschland sich weder durch den Versailler Vertrag, den sein Parlament am 9. Juli 1919 sanktioniert hat, noch durch den Londoner Zahlungsplan, den eine eigens zu diesem Zwecke gebildete Regierung am 10. Mai 1921 angenommen hat, mehr gebunden erachtet. Alles in allem macht Deutsch'and tabula rasa mit dem Kriege und verlangt, über einen neuen Vertrag zu verhandeln. Die deutsche Re- gierung erklärt, der Widerstand werde sorgesetzt werden bis zur Räumung sämtlicher Gebiete auf dem rechten Rheinufer und bis zur Widerrufung aller nach deutscher Darstellung vertragswidrigen Maßnahmen auf dem linken Rheinufer. Das läuft darauf hin«», baß die deutsche Regia,«,g ketnerlei Garantie für ihre Loyalität zu gebe« gedenkt »ndbaß sie siegreich au« den gegenwärtige« Konflikt hervorgehen wißt, daß sie schließlich die feste Absicht hat, be« allen Deutsche« lene agarefsive Stim- mung geaen Frankreich und jene« vertrauen in lne überlegene Kraft Deutschland- zu er halten, welche die unerläßlichen Elemente eines künftigen Revanchekrieges sind. „Journal de- DöbatS" schreibt: Diedeut- schen Minister, ob sie dem Zentrum, der Linken oder der Rechten angehören, unterscheiden sich nicht in ihren Methoden. Die schuldigen und besiegten Staaten, denen durch Verträge Schadenersatz anfgezwungen wurde, zahlen nicht und suchen sich bei anderen Geld zu leihen, „Libertä" führt auS: Deutschland bietet uns das Geld der anderen. ES will An- leihen in den Vereinigten Staaten aufnehmen. Das sind die klassischen Wege eine-Schuld ner«, der in de« letzten Zügen lieg«,der in einem Monat mit einem Scheck, den er aus Amerika erwartet, alles zurückzahlen will. „In transigeant" sagt: Die Garantie» für die tnter»ationale» »«leihe» sind gleich null. Die deutsche» «»geböte, die kei«e» ernsthaften Vorschlag darpelle», soll«, der Propaganda die»««, die «oral deS deutschen Volkes wtcdrr ausrichte» und die Lage Deutschlands im «uSla»de verbessern, sowohl bei den ander» «l iierte», als auch bei den Neutralen. Pessimismus in London. London, 2. Mai. Obgleich die Blätter noch keine Besprechung der deutschen Note gebracht haben, stellen sie übereinstimmend fest, daß die Hoffnung auf An- nähme der deutschen Vorschläge durch die franzö sische Regierung äußerst gering sei. Nach ri»er Rt»tkr«eid«ng au» Part» solle e» so gut wie sicher sei», baß bi« sraazöstsche Regierung da» be»1- sche «»gebot als völlig «»annehmbar z u. rückwetsen werde. Die französische Regie rung lasse die deutschen Vorschläge nicht als DiSknsftonSbasis gelte». Rach dem „Evening Standard" steht eS vollkommen fest, daß die kommenden Berhand- lungen zu nichts führen werden. Das Blatt sieht voraus, daß die französische Herrschaft im Ruhr, gebiet jetzt stärker al- je werde. London, 8. Mai. Dir heutige Morgeupresse veröffentlicht de« vollen Wortlaut der deutschen Note. Alle vlätter nehme« in Leitartikeln dazu Stellung. Sie wird von den meisten Zeitungen haupisächiich wegen ihreS DoneS kritisiert. La sie an alle Alliierten gerichtet sei, schreibt „Westminster Gazette", so habe jeder der Alliierte» daS Recht, seine Am sicht auSzudrücke«. Man könne mit Sicherheit voihrrsagrn, daß weder England noch Amerika die Note ohne wettere» zu- rückw «ifen würde«. Auch Italie « werde wahrscheinlich die Gelegenheit ergreifen, um seine Ansichten bekanntznaebe«. Belgien werde wahrscheinlich dem znstimmen, wo» 7>vnnk»cich sage. Gestern abend schien nicht viel Hofs«u»g z« bestehe», daß die französische Regier«», eine« ander« Standpu«kt alS de« der s«mmartsche« v«rwersu«g «i«»ehme« werd,. Der gesamte Lenor der deutsche» Note lasse daraus schließe», daß die vedinguuge» elastisch seit« uud »ich« unterbreitet worde« wären in irgendeinem Gedanken, ein letzte» Wort in dieser Frage z« spreche«. Belgien wünscht Prüfung der Note. Amsterdam, 3. Mai. Der Brüsseler Korrespondent des „Telegraaf" meldet: Er habe gestern abend eine Unterredung mit Persönlichkeiten aus ministeriellen Kreisen ge habt. Wenn man sich auch begreiflicherweise noch nicht endgültig geäußert habe, so könne doch gesagt werden, daß die deutsche Note in Brüssel ent täuscht habe. Man sehe ein, daß die Regierung Emu» erhebliche Schwierigkeiten überwinde« müsse, und daß sie eine» versuch in diesem Sinne ge- «acht habe. Indessen befinde sich Belgien, da« auf die Reparationen warte, aenau so gut in Lchwicrigkeiten wie Dcnlschland. Der Bericht führt fort: Die Rote wird für unbefriedigend er achtet. Die belgische Regierung ist aber der Ansicht, daß sie nicht einfach ohne weiteres verworfen werden sollte. Sie hat den Wunsch, sie in Übereinstimmung mit der französischen Regierung zu unter- suchen, damit durch die zu erteilende Antwort die öffentliche Meinung der Welt die Gründe deutlich erkenne, aus denen die Note nicht angenommen werden könnte. Die französischen und belgischen Minister werden, um zu einer Übereinstimmung bezüglich der Antwort zu gelangen, höchstwahr scheinlich in Brüssel zusammenkommen. Italien billigt daS Angebot. Rom, 2. Mai. In Regierung-kreisen wrd die deutsche Note, di« beute von dem deutschen Botschasier überreicht wurde, trotz gewisser Form mängel al- geeignet für eine verhand- lungSbasis bezeichnet. Die „Tribuna" stellt allerdings fest, daß die römischen diplomatischen Kreise äuß rste Reserve gegenüber der deutschen Note beobachten. Diese Reserve s:i erklärlich, da die Note zunächst einer ausführlichen Prüfung unterliege. Im voraus kommentiert der „Mattino", der sagt, zum erstenmal seit Beginn de» R pa- rationszwiste» bringe Deutschland eine Note, die mit einiger Hoff ung auf em Ergebnis erörtert werden könne. Die deutsche Note nähere sich, von der Ziffer abgesehen, de.m Projekte, das Italien in London vorlegte. Italien wolle Deutschland nicht ruinieren, aber auch nicht sich selbst. Der Pariser Botschafter Baron Ovezzano ist m Rom angekommen und hat mit Mussolini konferiert. Über die voraussichtliche Aufnahme der deutschen Rote sagt der „Ruovo Paese" sehr bezeichnend für die Eindrücke der Italiener: „Frankreich legt den deutschen Schritt als Zeichen der Schwäche und dcmnächstiger Unterwerft» g aus. Die Franzoieu sollt'« aber nicht vergessen, daß Deutschland sich nach dem Rate Engauds zu seinen» Schritte entschloß. Sollte also Frankreich die deutsche« Vorschläge «icht der Erörterung für wert halte», so würde der i»ne»e Zusammenhalt Deutschland» und jein Widerstandswille überaus gefördert, während die Stellung Frankreich» innerhalb der Entente in eine kritische Periode eintreten könnte. Das heißt, Frankreich kann die Erörterung nicht ablehnen, ohne politische Ziele zu enthülle», denen die Alliiert,« «icht zustimmen, uud nicht ohne die Absicht zu offenbare», die anderen Lirgermächte von der Lösung der Repa- rationssrage auSznjchlirßcn." Der Abbruch der Berhandluugeu über die amerikanischen BesatzuugSkosteu. Part-, 2. Mai. Nach der „Chilago Tribune" ist der Bruch in den Pariser Verhandlungen über die amerikanischen BesotzungSkoflen darauf zurück- zusühren, daß die Alliierten erklärten, die ameri- kanischen Besatzungslosten würden nicht bezahlt, falls die Vereinigten Staaten nicht ihre übrigen Ansprüche an Deutschland auf 750 000 Dollar herabsetztcn. Diese Forderung wurde voin Staats sekretär Wadsworth glatt abgelehnt. Er erklärte der Kommission, daß die amerikanische Regierung ihre Zustimmung zu einer Ausdehnung der Zahlungsfrist auf 12 Jahre, und zwar mit 25 Prozent Priorität sür vier Jahre und 100 Prozent Priorität -für die folgenden acht Jahre als letz e Konzession gebe. In Pariser amtlichen amerikanischen Kreisen nimmt man an, daß das Vorgehen der «äiierte« i« «ashl»,to» estre« sehr «»günstige« Eindruck gemacht habe. Pelet verlangt Gold. Lausanne, 2. Mai. In der heutigen Beratung de» Finanz- komitee« der Lausanner Konferenz über die Frage de» Zahlungsmodus für den Ztnsendtenst der ottomanischen Schuld schlugen die Türken eingehende Beratungen durch Sachverständige vor. Dieser Vorschlag wurde von G«»eral Pellet adgelehnt «»ter der Begründung, daß er von feiner Regierung sörmlche Weisungen erhalten habe, dle Zahlung in Gold durchzusetze». J»«et Pascha entgegnete darauf, daß auch er sich auf förmliche Weisungen seiner Regierung stütze und diese Frage auSgiebig er örtert werde« müsse. Die türkische Delegation würde hierbei den Nachweis erbringen, daß die sranzösische Forde rung eine unerträgliche Belastung der Türkei wäre und zum Zusammenbruche de« Lande» führen müsse. — Reuter meldet aus Konstanti nopel: Die französische Note, die in festem oder sogar drohendem Tone abgesaßt ist, hat in tür kischen amtlichen Kreisen tiefen Eindruck gemacht. Doch wird in Erwartung von Instruktionen aus Angora große Zurückhaltung beobachtet. Kleine Auslandönachrichten. Paris, 2. Mai. Nach dem„Matin" wird die Angelegenheit der verhafteten französischen Komm-n nisten, die beschuldigt werden, durch ihre Agitation gegen da-Ruhrunternehmen namentlich in Deutschland ein Verbrechen gegen die innere und äußere Sicherheit des EtaateS be gangen zu haben, dem Staatsgerichtshofe über wiesen werden. Der Abg. Cachin und seine Mit angeklagten werden vom Senat abgeurteilt werden, — Nach demselben Blatte soll beabsichtigt sein, den deutschen Kommunisten Höll ein vor denselben Staatsgerichtshof zu bringen. Paris, 2. Mai. HavaS teilt mit: Im Laufe der gestrigen Mai kundgebungen sind6l Polizeibeamte zum großen Teil unbedeutend verletzt worden. Ein Beamter erhielt einen schweren Messerstich. Von 60 Verhaftungen wurde»» 50 aufrechlerhalten. In der Vorstadt St. Denis kam es nach einer Ver sammlung zu schweren Zusamenstößen, wobei ein Beamter sehr schwer verletzt und ein Mitglied des Gemeinderates verhaftet wurde. Warschau, 8. Mai. Die sozialistischen Maifeiern führten in Warschau und Lodz zu Zusammenstößen zwischen den Kommunisten und der Polizei, wobei eS in Warschau etwa 60, in Lodz etwa 40 Verwundete gab. Viele Verhaftungen wurden vorgcnommen. In Lemberg wurde zum erstenmal von den Sozia listen, Juden und Ukrainer»» ein gemeinsamer Um zug veranstaltet. Französische Sonderbestrcbungeu im Saargebiet. Tas verkümmerte SozialversicherungS- wesen. Aus dem Saargebiet wird uns geschrieben: Der Versailler Vertrag hat im § 24 sür die Sozialpolit k des Saarlandes ein Hand in Hand- Arbeiten der Caarregierung mit der deutschen Regierung sestgelegt. Statt sich aber an diese Zusage zu halten, arbeitet die Regierung-kommis- sion des Saargebiets seit Jahren systematisch daraus hin, das Sozialversicherungswesen de» SuargebietS von dem der deutschen Republik voll kommen loSzulösen. Ter Karneval des zweiten Kaiser reiches. Ja, die guten alten Zeiten! Wie stehen sie dem naiven Bürger vor Augen: Ehrbarkeit, ge ruhiges Leben, jeden Sonntag das Huhn im Topfe uud de» Abend» satte Behaglichkeit bei Wcaunbier und TabakSqualm Line Idylle in Spitzwegs Art mit altsränkischen Häusern, dem leise melancholisch plätschernden Stadtbrunnen, womöglich dem strickenden Stodisoldaten, zur Zeit, al« Eisenbahn und Dampfschiff noch nicht jeden abgelegenen Winkel unsicher machten. Da ließ pch's leben, so vor fünfzig, siebzig Jahren! Co war und ist da» Spiegelbild der Phantasie —- doch wie ander» malt di« Wirklichkeit. Geschicht schreibung dringt nur selten soweit vor, der geistige Zusammenhang, die hohe Politik erstickt die Gabe plastischer Schilderung, liebt zu glätten »nd retuschieren. Bleiben nur die Quellen; führt un» da eine mitte« in da» Leben hinein, erspart un» nicht«. Der Graf Horace de Biel Last el au« einem alte« Geschlechte Frankrcich», da» seinen Wohlstand durch alle Wirrnisse hin durch bewahrt hatte, war ein scharfer Beobachter de» Leben«, da» er in seinen Tagebuchnotizen eiasing. vom legitimistischen Standpunkte au«- gehend, hatte er doch den Staatsstreich Napoleons begrüßt, unter ihm selbst ein Amt al» Konservator am Louvre angenommen, ohne dabei seiner Unabhängigkeit sich zu begeben. Er verlor t» schließlich — ein Opfer höfischer Intrige. Var er zu seiner Zeit al« Kunpgelehrier, al« Kritiker, vor ollem al« Romanschriftsteller, al« Publizist bekannt, so ist da« alle« heute vergessen, ruht imd schlummert, bi« irgend einmal jemand ihn neu entdeckt. Lebe«, uvvrrsälschie« Leben spiegeln »lein sei«e Togebuchaufzeichnungen, die er sorg- fällig vo« 1851-1864 geführt hat. Fast 20 Jahre »ach seinem Tode erschienen sie 188S in 6 Bände« Gedruckt; erst jetzt aber »acht ei« einbändiger trchlicher Au«zug da« Werk von neuem lebendig. Max Adler hat es übersetzt und unter dem Titel: „Der Karneval de» Zweiten Kaiserreichs. Memoiren de- Grafen de Biel Castel aus der Welt der Kaiserin Eugenie" herau-zegeben sverlag von Earl Reißner in Dresden mit 8 Bildbeigaben). Ihr Wert ist ein zweifacher: nach der Seite sozialen, gesellschaftlichen Lebens, zum andern für die Kenntnis drr politischen Bewegungen, der geschichtlichen Vorgänge. Der Verfasser, allüberall bekannt, hört manche-, was anderen verborgen bleibt und vertraut es seinen Tagebüchern an. Wir haben e- hier mit einer Geschichtsqueve zu tu», die dadurch umso fesselnder wird, al« sie gewandt L cht unv Schotten zu verteilen versteht uud mit großem Geschick alle malerischen Künste handhabt. Gerade dadurch aber wird da- Werk doppelt interessant: der eine liebt Vie Sitten bilder au» dem gesellschaftlichen und geistigen Leben von Paris, der andere Vie politische Atmo sphäre. Im Mittelpunkt steht Napoleon und e» spricht für den unbefangenen Blick des Grafen, daß er sich nicht von Scheinerfolgen blenden läßt. Darchau« Gefühl-Politiker sieht der Schreiber Frankreich dem Abgrund zutaumeln, und er- prägt in diese»» Sinne ein altes Witzwort um: „Wir torkeln auf einem Vulkan." Die Politik Napoleons wird ihm immer mehr „eine höhere Komödie". Mit Recht sieht er im Krim- krieg den Höhepunkt Frankreich«: „Die LSsung ver orientalische»» Frage stellt Frankreich an die Spitze der Rationen, niemal« hat e« sokh hohes Ansehen genossen." Aber wie ander» lautet sein Urteil wenige Jahre später über den Herrscher, dessen Politik er schwindelhaft «enat, der eine Maike trägt: „Der Kaiser neigt gelegenllich zur revolutionären Demagogie. . . Ganz Europa ist in Unruhe, und Frankreich wird mit Miß trauen angesehen, weil kein Mensch mehr an di« Versicherungen seine« Herrscher« glaubt, Veste« Verschmitztheit da« all,«»»in« Mißtrauen rechtfertigt." Und die« Mißtraue« ging schon unmittelbar von der kaiserliche»» Familie selbst aus, wie Biel Castel in einzelnen Moment aufnahmen zeigt. Die Kaiserin Eugenie arbeitet ihrem Gemahl oft entgegen und glaubte dadurch ihrem Sohn den Thron zu festigen. Der Prinz Napoleon, der Sohn des Exkönigs JLrome von Westfalen, eine unsäglich rohe und feige Natur, spann seine Intrigen gegen die Tuilerien, und selbst dessen Schwester, die Prinzessin Mathilde, trieb an ihrem kleinen Hofe eine durchaus kaiserseindliche Politik. Von da griff e» über zu den hohen Beamten, wo man „die Zukunft ohne Rücksicht auf Rang und Tienstalter sicherzußellen suchte, wo man sogar die Verwandten seiner Bediensteten versorgte". Korruption überall, daS war das Ergebnis de« napoleonischen Despotismus. Trübe sah Biel Castel die Zukunft, dcn Zusammenbruch, der sech« Jahre nach feinem Tode eintrat. Indessen ganz frei ist der Schre der nicht in seinem Urteil, er gehörte mit zur Fronde, welche die Prinzessin Mathilde in ihrem Salon um sich sammelte, und er wird weiterhin in seinen Anschauungen durch seine klerikale Auffassung bestimmt. Daher da« scharfe Urteil gegen Renan, den großen Theologen; gegen deu Prinzen Napoleon wegen beider atheistischer Gesinnung, gegen alle freieren kirchlichen Bestre bungen und gegen die Einigung Italien«, die ihn» die Souveränität der Papste« gefährdet, aber auch — ein« sehr richtige Beobachtung — Italien in die Arme England» treiben müsse. L ichter und amüsanter zu verfolgen sind die sozialen Zustände, ja man kann ruhig sogen, wir waten bi» zum Knie im Laster. Korruption de- sittlichen Leben», die zu vermerken zweisellos d« Viel Castel ein besondere» Vergnügen macht. Mit Behagen registriert er die verschiedenen Favoritin»«» de» Kaiser« wie der hochgestellten Beamten; und die politische Geschichte wird ihm zu einer „Geschichte von 1001 Nacht". Die führenden Köpfe Frankceich« ziehen an unseren Auge« vorüber «nd an den meiste« läßt er kein gute« Haar; er geißelt den Geschäftsmann Viktor Hugch Eugen Sue, den er de« „größten Woll lüstling der Erde" nennt. Lamartine wird von ihm als Mensch und Dichter abgelehni, aber die besondere Schale seines Spotte» ergießt sich über deu „Reger" Alexandre Dumas. Neben die Geistesgrößen treten gleichwürdig die großen Politiker. Stark tritt die einflußreiche Rolle der Halbwelt hervor, die schon bei der große« Tra gödin Rachel beginnt und die durch ihre Salon» an Einfluß gewinnt, um sich in die Politik zu drängen. Nach dein Urteil Viel Castel» scheint die Welt nur au» Verbrechern und Schurken zu bestehen, aber wir gehen wohl nicht mit der An nahme fehl, daß de Biel Castel in einer gewissen einseitigen Schwarzseherei übertreibt. So über kommt ihn „Gleichgültigkeit und Elel, wen»» er sieht, wie es jetzt in der Welt zugeht und welche Menschen heute in Gunst stehen oder zu Gunst gelangen". Und ganz am Ende entschlüpft ihm, dem kränkelnden Manne, der emphatische Aus ruf: „Wir leben unter einem Regime von poli tischen Schiebern, Schwindlern und Pfuschern« Es ist mehr al» traurig." Brt Das Russische Romantische Theater i« Opernhaus. Der russischen Volksoper „Boris Godunow", unter russischer künstlerischer Assistenz gegeben, folgte jetzt da» Auftreten de» russischen Ballett« im Opernhaus. Da fehlt.' es nicht an künstle rischen Anregungen, vr. Anatolij Schatke- witsch, der künstlerische Beirat de» Ensemble», entwickelte zunächst in kurzen Worten Vie Be strebungen und Ziele der Gesellschaft, in der man zum großen Teil russische Emigranten vor sich hat, Mitglieder de» ehemaligen Kaiserlichen Theater» in Petersburg. Der Sprecher wie« zunächst daraus hi«, daß e» sich in dem berühmten Ballett diese« Institut« — da« un« übrigen« hier i« Dre«den mit der Karsawina «nd dem gefeierte« RijiuSky vor dem Weltkrieg schon einmal Probe« seiner Kunst gab — um alten Kulturbefitz gehandelt
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