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Traum signalisiert, den Rückfall in die dü stere Gegenwart. Was nun folgt, ist ein großer klagender Abgesang, allmählich beruhigt zu wehmütiger Resignation. Auch insofern scheinen die .Meta morphosen' eine Verwandlung des Kom ponisten anzuzeigen, als er, der zwar die äußerlich drastische und ungenierte Ge ste schätzte, in der Enthüllung des Seeli schen aber vielfach Zurückhaltung übte, sich diesmal rückhaltlos dem Prozeß der Verinnerlichung, der Vergeistigung von Stil und Ausdruck hingab. Und das, was sich in diesem seelenvollen Musikstück mitteilt, war nicht eine Verwandlung, son dern eine späte Offenbarung, eine Klä rung seines Wesens. Von diesem Spät werk gehen klärende Strahlen aus, die die gesamte Werkreihe streifen, und in deren Licht so manches erst in besserer Deu tung erkennbar wird.“ (Heinrich Kralik). Unter der Partitur vermerkte Strauss: „Garmisch, 12. April 1945“. Drei Wochen später fuhren amerikanische Truppen in Garmisch ein. Kralik berichtet: „Dem Offi zier, der in der Strauss-Villa erschien, um die Beschlagnahme durchzuführen, trat Strauss in eigener Person entgegen und stellte sich ... vor: ,l am Richard Strauss, the composer of the Rosenkavalier'. Ob jener Offizier eine Ahnung hatte, wer ihm gegenüberstand, wird nicht berichtet, aber der Eindruck jenes Augenblicks, der Worte, des Auftretens und der grandsei- gneuralen Erscheinung muß überwälti gend gewesen sein. Jedenfalls wurde nicht beschlagnahmt, und mit Befriedi gung konnte Strauss ins Tagebuch eintra gen: ,Ein totaler Sieg des Geistes über die rohe Materie.' “ CARL MARIA VON WEBER CONCERTINO ES-DUR FÜR KLARINETTE UND ORCHESTER, OPUS 26 Wie alle seine Klarinettenwerke, die Kon zerte und die Kammermusik, verdankt auch dieses seine Entstehung der Be kanntschaft Webers mit dem im Münch ner Hoforchester wirkenden Heinrich Bär mann, einem für die Entwicklung des Kla rinettenspiels wichtigen Mann. Der spitze re, brillantere, ein wenig grelle Klang der französischen Klarinetten stand schon damals im Gegensatz zum sanften, run den Tonideal der deutschen Instrumente, denen indessen die leichtere, bewegliche Spieltechnik der Franzosen fehlte. Bär mann, den Weber 1810 kennengelernt hatte, war es gelungen, diesen Mangel durch technische Verbesserungen wett zumachen und damit der Klarinette neue Dimensionen zu erschließen, die sie nun zum idealen Klangträger deutschen ro mantischen Gefühls machten, der dunk len Melancholie wie auch des seligen Überschwangs. Diese neugewonnenen Möglichkeiten griff Weber spontan auf. Was wäre der „Freischütz“ ohne diesen Zauber der Klarinettenfarbe? Seine Wanderjahre führten Weber im März 1811 wieder nach München; „end lich“, möchte man sagen, denn außer Bärmann hatte er früher den bayerischen Kronprinzen kennengelernt, den späteren König Ludwig l„ wie Weber 1786 gebo ren. Die Münchner Hofkapelle stand noch immer in hohem Ansehen, besonders auf