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SächsischeSlaatszeitung den Zreiftaat Sachsen Staatsan^eiger für Zeitweise Nebenblätter: Landtag».Beilage, Ziehungslisten der Verwaltung der Staattschulden und d« Landeslulturrentenbant, Jahresbericht und Rechnung-abjchluß Aulüudigung«»: Die SS nun breite Grundzelle oder deren Ran« im Ankündigung»- teste 400 M., die 86 nun breite Gnmdzeil« oder deren Raum im amtlichen Lest, SOO M, »ter Mugesimdt 1000 M. Ermäßigung auf Famllien- u. Geschäftsanzeigei». Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr, Erscheint Werktag« nachmittag« mit dem Datum de« Srscheinungstagech Bezugspreis: Monatlich 4000 Mark. Einzeln« Nummern ISO Mark. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 212SS - Schristleitun» Nr. 14b7ä. Postscheckkonto Dresden Nr. 248S< der Landes-Brandverficherungsanstalt, verkaussliste non Holzp stanze» auf den Staatsforstreviere». verantworttich für die Redaktiou: Hauptschristleiter Bernhard Jolle« in Dresden. Nr. 74 Mittwoch, 28. März 1923 Mussolini, Jaspar und Stinnes in Mailand. Rom, 27. März. Die Begegnung JasparS mit Musso lini ist Gegenstand interessanter Presseerörte rungen. Bezeichnend ist die Ansicht des ,Mondo", der meint, Jaspar suche Hilse bei Mussolini, um einen Ausweg au« der Sackgasse zu finden und zusammen mit Italien mäßigend aus Frankreich einzuwirken. Hugo St inne» ist gestern abend nach Mailand gefahren, um heute morgen mit Mussolini zusammenzu kommen. In Rom hatte StinneS außer mit dem amerikanischen Stahl- könig Gary und mehreren Mitgliedern der amerikanischen Delegation auch mit dem deutschen Botschafter in Rom v. Neurath eine längere Unterredung. In Kreisen der deutschen Botschaft wurde erklärt, daß der Besuch beim Botschafter nur ein HöstichleitSakt war, und daß im übrigen Stinnes ohne jeden offiziellen Auftrag war und zur Abwickelung eigener Geschäfte nach Italien kam. Die Romreise Hugo Stinnes' beschäftigt die französische Öffentlichkeit in hohem Maße. In den meisten B-öttern wird erklärt, es könne nicht zweifelhaft sein, daß StinneS entweder mit einer wichtigen politischen Mission betraut war, oder wenigstens im EinverstLndns mit vr. Cuno wichtige Unterhaltungen mit amerikanischen und italienischen Persönlichwiten führte. Die Re- gierungspress« bemüht sich, die R«ise als einen neuen deutschen Sonbierungsversuch in Rom hin zustellen und knüpft daran wieder Prophezeiungen von der Verhandlungsbereitschaft Deutschlands. Das „Echo de Paris" enthält Ausführungen eines französischen Diplomaten, der mit den ita lienischen Verhältnissen besonders vertraut ist und der gleichfalls zu der Schlußfolgerung kommt, hinter der Ltinncs-Re>se verberge sich eine neue Vermittlungsaktion. Der Augenblick der Zusammenkunft Mussolinis mit Jaspar sei dazu genählt worden, weil Mussolini die Vorschläge dem belgischen Minister mitleilen und durch diesen an Frankreich weiterleiten sollte. * Bor der Ruhr-Debatte in der französischen Kammer. Der Vorstoß der internationale« Sozialisten. Paris, 27. März. Die französischen Radikalen der Kammer legen Wert auf die Feststellung, daß sie gleich den Sozialisten dafür eingetreten seien, eine Debatte über die Ruhraktion noch vor Ostern herbeizuführen. Die „Ere Nouvelle" zeigt an, daß der Vorsitzende der radikalen Gruppe, Herriot, an der Diskussion teil nehmen und gemäß dem Beschlusse des Arbeits ausschusses der Partei von der Regierung genaue Angaben über die Lage im Ruhrgebiet und die wahren Absichten PoincarSs verlangen werde. „Die radikale Partei wünscht über die Pläne der Regierung informiert zu werden, und ihr Vorsitzender wird von Poincarö klare Verpflichtungen fordern. Die Partei wird nicht erlauben, daß die Besetzung des Ruhrgebiets, welche die Partei nicht gewünscht hat, und die nichts anderes sein sollte, als die Sicherung „produltiver Pfänder", in eine versteckte Annexion deutscher Gebiete um» gewandelt werde. Die Partei ist nicht gewillt, dem Größrnwahnst» drS Kriegs» Ministers «aginot und dcm Imperialismus deS militärische» und großindustriellen General- stabeS Gefolgschaft zu leisten. Bisher ist die Frage der Besetzung nur unter der Form eine« «usschube» der Diskussion ver handelt worden. Am Freilag wird diese Frag« zum ersten Male im ganzen Umfange und in ihrer vollen Bedeutung zur Sprache kommen. Lharaktrr, Tragweite und etwaige Folgen der Expedition müssen klar auseinandergesedt werten." Das klingt sehr entschlossen. Da alles möglich ist, kann es auch möglich sein, daß sogar die fran zösischen Radikalen endlich einmal wieder radikal werden. Aber Pir wolle» abwcrten, bis der Freitag gekommen ist, um den „Charakter, die Tragweite und die etwaigen Folgen" dieser An- kündigung kennen zu lerne«. Die Besprechungen zwische» Ver tretern der sozialistischen Parteien der alliierten Länder und den Führern der deutschen Sozialdemokraten, die in Ber lin pattgefunden haben, veranlassen den „Tempi" zu einigen Bemerkungen. Tie Teilnehmer an dieser Konferenz sind einstimmig zu der Ansicht gekommen, daß die sozialistischen Parteien sich be mühen müßten, der jetzigen Situation im Ruhr- gebiet so rasch wie möglich ein Ende zu machen. Dieser Beschluß soll den Hauptpunkt der Be ratung bilden, die jetzt in Paris zwischen den französischen, englischen, belgischen und italienischen Sozialisten beginnen wird. Der „TempS" macht die Sozialisten aus de» alliierten Länder« darauf aufmerksam, daß der Standpunkt der deutschen Regierung von der Auffassung der belgischen und französischen Regierung, wie er in Brüss.l formuliert worden ist, vollkommen abweicht. Der Kanzler Cuno habe in München und in Stuttgart erklärt, daß jede Diskussion über di« Beendigung dcs Konflikte« die Räu mung des besetzten Gebieter zum Aus gangspunkt haben müsse. Frankreich und Belgien dagegen haben offiziell mitgetetlt, daß die Räumung der besetzten Gebiete erst allmählich, und zwar nach Maßgabe der deutschen BertragSleistungen erfolgen soll. ES ergebe sich die Frage, ob die Vertreter der deutschen Sozialdemokratie über die Räumung de» Ruhrgebietes al« Voraussetzung jeder Regelung der gleichenAnsicht seien wie dieRe ichSregierung, oder nicht. Stehe die Sozialdemokratie Deutschlands aul dem gleiche« Standpunkt wie der Kanzler L»e, daun müsse angenommen werde», daß die Sozialisten der alliierte» Länder auf der Kon ferenz in Berlin dieser «nsfassung gewesen sind. In diesem Falle müßte» die französische» nnd belgischen Sozialisten dasür eintrete», daß Frank reich und Belgien das Pfand aufgebru, da» sie seit dem 1. Januar in Händen halten. Sei die dentsche Sozialdemokratie aber andrer Mrtnuug als der Kanzler Lun», dann bebrüte die Ber liner Entscheidung vorlänfig nicht». Sie würde erst Bedeutung erhalten, wen» die deutsche» Sozialdemokroten die Regiernug übernehmen tönntrn. Es wäre auch mbglich, baß die dentsche Soziaidemokratte sich ihre Stellung zn der For derung der ReichSregier»g noch vorbrhalten habe, weil sie im Augenblick noch mit der Reich»« regier«»- verhandle. I« diesem Falle hätten die alliierter» Sozialisten die Pflicht, abzuwarten, bis die deutsche Sozialdemokratie ihre Stellung zu der Regierung deS Kanzlers Lun» klar be zeichnet habe. Au« dieser Untersuchung geht mit Klarheit nur das eine hervor, daß die französischen Vor kämpfer der Ruhraktion, zu denen auch der „TempS" gehört, durch da« Interesse der inter natonalen Sozialdemokratie für die Bedeutung und Folgen der Ruyrexpedition etwas beunruhigt werden. * Ein englisches Garantie-Prsjett. London, 27. März. Der Militärsachverständige der Lloyd-Liberalen, General Spears, der vcr einiger Zeit in der „Times" ein vielbesprochenes Projekt über die Sicherung Frankreichs eniwickelt« und die Diskussion der Entmilitarisierungsfrage neu aufrollte, wird am morgigen Tage im Unterhaus« einen neuen Garautiepian zur Sprache bringen, der diese wichtige Frage in einer Weise regeln soll, daß beide betroffenen Staaten, Deutschland und Frankreich, ihn annehmbar finden könnten. Die Hauptpunkte dieses Plane« sollen sein: 1. Deutschland veipflichtet sich, auf dem linken Rheinuser und in einer Fünfzig- Kilometer-Zone aus dem rechten Rhein- ufer leine militärischen Anlagen oder Vor kehrungen auf den Eisenbahnen oder überhaupt Garnisonen zu unterhalten. Die Bestimmung soll unabhängig von den Fristen de« FriedenSverlrage« sein und nur einstimmig durch den BölkerbundSrat aufgehoben werden können. 2. Während dieser Entmilitarisierung wird die öffentliche Ordnung in diesen Gebieten auf recht erhalte n, entweder durch eine i» Ukale Verbände zusammengesaßte deutsche Po lizei, diedurch eine internationale Jn- spektiions kommission überwacht wrd oder durch eine internationale Gen darmerie. Letztere müßte sich zahlenmäßig pari tätisch unter die verschiedenen Länder verteilen. 3. Ter Völkerbund bestellt tech nische Beamte ohne Exelutivvollmacht, da darüber zu wachen haben, daß Eise »bahn- anlagen und einige genau bezeichnet« groß- industrielle Werke nicht für die Bor- bereitung von kriegerischen Hand- lungen benutzt werden. 4. Die Staat-Hoheit und Wirtschaft«, einheit wird während der Entmilitarisierungszeit in keiner Weise beeinträchtigt, der deutsche öffentliche Apparat behält seine volle« Besuzmsse. b. Frankreich und Belgien räumen nach Ratifizierung de« Entmilitarisierung-Vertrag« und Abschluß eine« ReparationSabkommen« da« gesamte deutsche Etaat«gebiet, wie es au« dem Versailler Vertrag hervorgeht. Rach den Versicherungen de« General» stehe» nicht nur große Teile der englischen Partei«« hinter diesem Projekt, sondern auch au« den ver einigten Staaten von Amerika liegen zustimmende Erklärungen vor. * Wieder ei« Amerikaner fiir franzasisch- de»tsche Bersia»dig««z. Pari», 27. März. Der Präsident der «ew Firl«, H«»d«»kam»e,, Irving D. v»sh, Gidt h««te i« eine» » Artikel t« ,ve»vre"»^wR er sich di« rss«»g der Krise doku Der Reichsaußenminister zur Lage Deutschlands Bereitwilligkeit zu Reparationen. Berlin. 28. März. I« der gestrige» Sitzung de« Ausschusses für auswärtige «ugelegenheiten wies der Reichsminister deS Außer« an der Hand der amtlichr« Dok««e«tt nach, diß die deutschen Vertreter i« Pari» ermächtigt und -erlist«» wam», da» dawtsche« Retz»' rationSplan de, dort vo« 2. bl» ö. Januar tagendem Kmeserevz der MtvisterprSPbente« schriftlich vorznlegen und mündlich zu er läutern und ihn für den Aall, daß mündliches Gehör nicht gewährt würde, der Konferenz auch nur auf schriftlichem Weg« zu übermitteln. Auf die Frag«, wie sich die «eichSreglerung zu dem Vorschlag des Staatssekretärs Hughes stelle, den dieser in seiner Rede in der Histo rischen Gesellschaft in Rewhave» am 2». De- zembrr entwickelt hat, aniwortete der Reichs minister, die deutsche Regierung halt« den vom Staatssekretär HugheS gewiesene» Weg für gangbar und glaubt, daß da« Heil «tcht nur der rächstbetciligte» «ächte, sondern eine» große» Teile» der Welt davon abhänge, daß dieser oder ein ähnlicher Weg beschritte« werde. Rach Ansicht der Regierung sollte bi« vom Staatssekretär Hughes vorgeschlagene tnter» nationale Kommission von Grschästsleuteu oder ei» ähnliches sachverständiges und unparteiisches Gremium, an dem Deutschland und Frankreich mit voller Gleichberechtigung teil- nehmrn, möglichst bald zusammentretrn und folgende Fragen beantworten: 1. WaS hat Deutschland bisher geleistet? 2. Was kann und soll Deutschland gerechter weise noch leisten? 3. Auf welche Weise können diese Leistungen bewerkstelligt werden? «erde dieser odrr ein ähnlicher «eg beschrit ten, so wäre die ReichSregierung bereit, an dcu internationalen Kapitalmarkt wegen Bewilli gung einer möglichst große» Anleihe heranzutreten, die von Deutschland mit jeder von de« Anleihekousorttum alS nötig bezeichneten Sicherheit auSzuflattcn und an Frankreich oder die Alliierte« al« sofortiger barer Vorschuß zu behändige» fit» würde. Die Regierung sei überzeugt, und würde erford«rliche«falls durch geeignete Maßnahme« auch i« gesetzlicher Form dafür sorge«, daß die drntschk» Ind», strir- und «trtschaftSkrrtse ihre Kraft i« den Dienst der so auf da» Erfüllbare z»rück- geführten deutsche» ReparationSpfltcht stellen. Die deutsche Regierung habe t« Laufe der diplomatischen Konversationen die wichtigsten au Europas Schicksal interessierte», aber nicht un mittelbar am Ruhrkonflikt beteiligte» Mächte, ohne Anträge zu stelle« oder Wünsche z« äußer», vo» dieser Anschauung tu Keuutui» gesetzt, hab« sie aber glrichzet ig ans die Schwierigkeit deS Problems hiugewiese», wie Deutschland Sicherheit dafür verschosst werde» lö»e, daß die über dr»vertr«g vo» Versailles hi»a»s besetzte» Gebiete ßerä»»1 «Nb vertragsmäßige Z,stände tm «hkinlaude wirderhergesteUt werde«. Da, Problem seh ab- gesehen vo« de« täglich sich verschärfende« Leiden der Bevölkerung «ad der dad»rch de- dingten Gefahr eines AuSbruchS der Volk»- leidenschafte«, deshalb so wichtig, weil die Regirrnng sich nicht denke« könne, daß irgendein sachverständiges Gremium in der Lag, sei« werde, ein sicheres Urteil über die WHLWHe Lkisiungsfähiszkeit Deutschlands abzugeb««, ^evor dem gewaltsame» Ein griff in da» deutsche Wirtschaftsleben und drr dadurch vernrsachten Wertv^rnichtung Ein halt geboten sei. Auch sehe die Rcichs- rcgierung keine Möglichkeit, daß »aS deutsche Boll seine einzige Wusse, den passiven Widerstand, auS der Hand lege« könne, ohne daß auch der Gegner sich auf di« Linie deS »talus guo ant« zurückfirhe. Zu der von Frankreich in der letzte« Jett in den Vordergrund geschobenen Frage der poli tische» Sicherheiten verwies der Reichsminister auf den deutschen Vorschlag deS Rhein- landpatteS nnd ans da- Gebiet sriedrnsichern- der Vereinbarungen, die auf dem Boden der Gegenseitigkeit aufgtbaut sei» müßten. Hinsichtlich deSHandelsverkehrSauS den besetzten Gebiete« «ach dem Ausland«, namentlich nach England, bemühe sich die deutsche Regierung, wie der Reichs- Minister dann weiter ausfühite, eine Regelung zu finde», die, ohne Durchbrechung der deutsche» «iderstandsfront, de« Bedürfnisse« deS ansländischen, namentlich drscnglischen Warenverkehrs praktisch Rechnung tage. Die Quintessenz dieser auf eine englische Anregung zurückjuführrndr» Regelung lause daraus hinaus, daß die vor einem bestimmten T rmi» ab geschlossene» Handelsverträge neutra- ltsiert werce», d. h., daß in Ansehung di ser Kontrakt« sowohl die sranzösifch-delgischen «e- satzungSbehörden, als auch dir deutschen Behörde» sich jeder Kontrolle enthalte» sollten. Ma» w.sse, daß verschiedene sremde Regierungen Borflellnnge« in PaiiS und Brüssel erhoben haben, um da» gleicht Zugeständnis von französisch - belgischer Seite zu erhalten, daS Deutschland bereit» ge macht habe. Welchen Erfolg diese vorflellunge» gehabt habe», sei hier nicht bekannt. G I« Anschluß an die «ussührungen de» Außenminister» sprachen »och Müller- Franken (Soz.) die Abgeordnete» Spahn <Z.), vr. Helfferich (De»tsch»at. BP ), S tr e s e m a n » (D. vp ), vr. Goth rin (Dem.), Könen (Komm.) und vr. vreitschetd sSoz.). Der «n-schnß wareinmütig in »er « »leh » nng »er vo« »er französischen R>gier»g ge forderten »apitnlation nnd in der überzeug»» vo» »er Rotwe»digkeit der Fortführung de» Passive» Widerstande» mit dem Ziel, hierdurch »d durch internationale Abmachungen dteve- freiuug de» Ruhrgebiet» vo» der heutigen »rechtmäßige» Invasion herbeizuführen. I» einem Schlnßwort beantwortete derRrtchSmintster de» Äußern vr. ». Rosenberg noch verschieb«,« Anfrage». Besonder» bewertet wnrd« die litt- schieden« Ablehnung drr französische» Plä»e ans Internationalisier»- »er Rheinland« dnrch de« Außenmintßer vr. v. Rosenberg.