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ZUR EINFÜHRUNG Wolfgang Amadeus Mozarts Ou vertüre zu seiner im Jahre 1787 am Prager Ständetheater uraufgeführten Oper „Don Giovanni" ist keine Vorwegnahme der Opernhandlung, sondern eher eine Charak terstudie Don Giovannis, Ausdruck der geisti gen Idee seiner Tragödie, nicht Schilderung der Tragödie selbst. Die schauerlichen d-Moll- Bläserakkorde, mit denen der gemordete Kom tur, der „steinerne Gast", gezeichnet ist, leiten die Ouvertüre als flammendes „Menetekel" ein. Im Hauptteil (Molto Allegro) wechseln Stimmungsbilder von stärkster Eindringlichkeit, mit denen die faszinierend-gefährliche, sinn liche Energie des Don Giovanni charakteri siert wird, die Vitalität und Frivolität des fol genden Spieles, aber auch die drohende Ge walt des Schicksals. Der griechische Komponist Antiochos Evangelatos (1903-1981) wurde auf der Insel Kephallinia geboren. Er wuchs in Athen auf, wo er das Gymnasium besuchte, an der Universität Jura und auf dem Konservatorium Violine und theoretische Fächer studierte. An der Leipziger Universität studierte er in den zwanziger Jahren Musikwissenschaft und Phi losophie, am Leipziger Konservatorium Kom position und Dirigieren. In Basel vollendete er seine Studien in der Meisterklasse für Diri- rieren bei Felix von Weingartner. Zurückge kehrt nach Athen, lehrte er seit 1933 am dor tigen Konservatorium, dessen Direktor er 1936 wurde. Danach wirkte er als Musikalischer Lei ter am Griechischen Rundfunk Athen, daneben auch als Chefdirigent der Nationaloper Athen. Opern- und Konzertgastspiele führten ihn u. a. nach Deutschland, Italien, Spanien, Ungarn und Rumänien. Außerdem war er Präsident der Union griechischer Komponisten (seit 1957) und des Nationalen Musikrates (CIM). Sein kom positorisches Schaffen umfaßt zwei Sinfonien, ein Klavierkonzert, Variationen und Fuge über ein griechisches Volkslied und andere sinfo nische Werke sowie Kammermusik, Musik zu altgriechischen Tragödien, Lieder u. a. Seine Werke wurden in vielen europäischen und au ßereuropäischen Ländern aufgeführt. Als Kom ponist repräsentiert Evangelatos die nationa le griechische Schule bei leichten Einflüssen zentraleuropäischer Musik. Dank seines uni versellen Geistes war er eine der profilierte sten Persönlichkeiten der griechischen künstle rischen und geistigen Szene. Die Ballade „I Lygeri kai o Charos" (Dasjunge Mädchen und derTod) für eine Frauenstimme und Orchester entstand im Jahre 1941, in der ersten Schaffensperiode des Komponisten, die durch die Auseinander setzung mit der griechischen Volksmusik ge kennzeichnet ist. Dramatische und lyrische Mo mente erscheinen in der Komposition als eine sinnvolle Synthese. Melodische Einfälle und harmonische Finessen werden hier mit griechi schen Rhythmen vermählt. Volkstonarten, vom Komponisten individuell verwendet, und kühne Dissonanzen (oft als Mixturen) geben dem Werk seinen eigenen Charakter. Textlich han delt es sich um eine griechische Volksdich tung aus der Sammlung von N. Politis. Der In halt ist folgender: Evgenoula, eine junge Braut, glücklich und stolz auf ihren Bräutigam, den tapferen Hel den Konstantis, und ihre neun Brüder, prahlt in schwärmerischem Übermut, daß ihr selbst der Tod nichts anhaben könne. Auf diese Herausforderung des Schicksals er scheint ihr der Charos (Tod) in Gestalt einer schwarzen, wilden Schwalbe und verwundet sie tödlich an dem Finger, an dem sie den Braut ring trägt. Es gibt keine Rettung für sie. Das schöne Mädchen stirbt in den Armen seiner verzweifelten Mutter. Aus der Ferne erscheint der fröhliche Braut zug, angeführt von Konstantis auf seinem stol zen Schimmel. Er wird umringt von zahlrei chen Musikanten, Bannerträgern und Kampf gefährten. Schon von weitem sieht er das Haus seiner Braut in Trauer versunken. Bestürzt spornt er sein Pferd an, um schnell das Haus zu errei chen, er denkt, eines der alten Mitglieder der Familie sei plötzlich verstorben. Doch dann muß er das schreckliche Unglück erfahren: auf dem Totenbett liegt seine über alles geliebte Evgenoula. Er neigt sich zärtlich über sie, nimmt Abschied mit einem innigen Kuß und, über wältigt vom Schmerz, nimmt er sich das Leben. An dem Ort, wo die beiden Liebenden ihr Grab fanden, wachsen zwei schlanke Zypressen. Wenn eine leise Brise weht, berühren sich zärt lich ihre Zweige. Zwei Vögelein singen mit trau riger Stimme, als würden sie sagen: „Schaut die armen Liebenden! Jetzt sind sie vereint für immer, im Tod!“ Durch den Welterfolg einiger Werke ist Ma nuel de Falla eine Art Repräsentant oder Idealtyp des spanischen Musikers geworden.