Volltext Seite (XML)
ZUR EINFÜHRUNG Joseph Haydns Sinfonie Nr. 9 2 G-Dur wurde im Jahre 1788 für Paris kom poniert, gelangte aber dort infolge der revo lutionären Ereignisse des folgenden Jahres nicht zur Uraufführung, die erst 1791 in Oxford erfolgte, als dem Komponisten von der dorti gen Universität die Ehrendoktorwürde verlie hen wurde. Daher erhielt das Werk, das nicht nur zeitlich, sondern vor allem wertmäßig in der Nähe der „Londoner Sinfonien" steht, die Bezeichnung „Oxford-Sinfonie". Für seine Grundstimmung sind elegische, ja schmerzliche Züge bestimmend. Schon in der ruhevollen, gelassenen Adagio-Einleitung des ersten Satzes deutet sich das an. Dem erreg ten, grübelnden Allegro-Hauptthema gesellt sich ein beschaulicher zweiter Gedanke hinzu, der dafür sorgt, daß der Ernst nicht durchweg dominiert, so etwa in der breit angelegten Coda. Nach dem konfliktreichen ersten Satz berührt das Adagio mit seinem friedvollen Liedthema trostvoll und freundlich. Nur ein drohender Moll-Mittelsatz verdüstert vorübergehend die Situation. Auch das Menuett ist nicht harmlos heiter wie sonst oft bei Haydn. Das Trio spie gelt sogar Unentschlossenheit und Resigna tion wider. Doch das Finale stellt das Gleich gewicht wieder her. Sein lustiges, spritziges Hauptthema wird voller Schwung und Elan und mit kontrapunktischer Meisterschaft durch geführt. Bereits in seiner frühen Weimarer Zeit als Hofmusiker bei Herzog Johann Ernst von Sach sen-Weimar hatte sich Johann Seba stian Bach mit reiner Instrumentalmusik beschäftigt. Als er 1729 in Leipzig das von Georg Philipp Telemann gegründete Colle gium musicum übernahm, kamen ihm die da mals gesammelten Erfahrungen zugute, denn für die regelmäßigen Vortragsabende wurden neue Instrumentalkompositionen gebraucht. Auf diese Weise entstand unter anderem eine Anzahl von Konzerten für Klavier bzw. Cemba lo — die ersten ihrer Art 1 überhaupt in der Mu sikgeschichte. So gilt Bach als Schöpfer des Klavierkonzertes. Die Werke waren teils Ori ginalkompositionen, zum größeren Teil aber - wohl aus Zeitmangel - Umarbeitungen ande rer Instrumentalkonzerte aus dem eigenen oder auch fremden Schaffen, wie z. B. von An tonio Vivaldi. Eine solche Umarbeitung stellt auch das Cembalokonzert f-Moll BWV 1056 dar, dessen Vorlage wahrscheinlich ein leider verlorengegangenes Violinkonzert g-Moll war. Der erste Satz des insgesamt dreisätzigen Werkes ist in Ritornellform angelegt. Zwischen die einzelnen Soloepisoden schieben sich im mer wieder Orchesterzwischenspiele mit einem kraftvoll-prägnanten Thema, sogenannte Ri- tornelle, die auch vom Soloinstrument mitge spielt werden. Bestimmend für diesen Satz ist die durchgehende Motorik. Der zweite Satz (Largo) stellt sich als eine von den Streichern pizzicato begleitete liedhafte und reich figurierte Kantilene des Soloinstru ments dar. Die schöne, ausdrucksvolle Melo die dient auch als Einleitung zur Kantate 156 „Ich steh' mit einem Fuß im Grabe" und wird dort von der Oboe gespielt. Unmittelbar lei ten dann die Violinen in das mit auffallenden dynamischen Kontrast-Effekten versehene ab schließende Presto über, das sich durch moto rischen Elan, aber auch durch gediegene kon trapunktische Arbeit auszeichnet. Wie im er sten Satz begegnet hier die Ritornellform. Rainer Lischka, 1942 in Zittau geboren, studierte Musikerziehung und Komposition an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber" in Dresden. Seine Lehrer waren Jo hannes Paul Thilman, Manfred Weiss, Günter Hörig und Conny Odd (Komposition) sowie Theo Other und Wolfgang Plehn (Klavier). Seit 1970 lehrt er selbst an der Dresdner Mu sikhochschule, an der er 1987 zum Dozenten für Komposition berufen wurde. Lischkas kom positorisches Schaffen, das 1986 mit dem Mar- tin-Andersen-Nexö-Kunstpreis der Stadt Dres den geehrt wurde, ist stark rhythmisch-metrisch geprägt und verarbeitet auch Stilelemente der Unterhaltungsmusik und des Jazz. „Das Le ben ist weder nur ernst, noch nur unterhalt sam. Das Prinzip des Vergnügens in der Kunst spielt eine wichtige und ernste Rolle . . . Leichtigkeit und heitere Sprache können nur dann ihre Wirkung tun, wenn sie von inne rem Ernst getragen sind“, äußerte der Kom ponist einmal. Seine Fähigkeit, Humor in die .ernste' Musik einzubringen, kennzeichnet die meisten seiner Werke: konzertante und sin fonische Arbeiten, darunter die 1988 von den Dresdner Philharmonikern uraufgeführten „Be gegnungen" für großes Orchester, Kammer musik verschiedenster Besetzungen, Orgel-