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Sächsische Staatszeitung : 26.07.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480732469-192107264
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480732469-19210726
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480732469-19210726
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-07
- Tag 1921-07-26
-
Monat
1921-07
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 26.07.1921
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Die»s^ LL I.lt 1321 «»Pp«« ,«tM. «>e G««pp« wü^t »e« MM- fi« mttGriechailM» dmoch Bermi'tkrmg R»«rG»S ge«Gelt zu fttze«. Ae Mchrheit besteht aber d««f, »aß die «kizig »öhlich« Revel«, nm doch WaHoOlbmIf rrjetGl» >»«>». Zwischen diesen beiden äußersten Gruppen steht eine Minder- HM, die auf den AuSgang der Ereignisfe wartet, und «och leine Entscheidung treffen will, welcher der beiden Gruppen sie sich auschließen fall. Die „Unversöhnlichen" verwerfe« jede« Rachgeden als Landesverrat. Sie versichern, daß über Smyrna und Thrazien nicht verhandelt werden könne, da diese Gebiete türkisch seien und tttrtisch bleiben müßte«. Über diesen Punkt sind tu der Tat die ganze Nationalversammlung und auch alle Kreise der Bevölkerung einig. SS bestehen nur Meinungsverschiedenheiten darüber, aus welche Weise dies durchgesetzt werden soll. Bon den Moskauer Bolschewisten ist allerdings trotz sorg- fältig gepflegter Verhandlungen leine Hilfe zu erwarten. Diese haben zuviel mit ihrer Hungers not «nd den inneren Unruhen zu tun. Auch hindert die geographische Lage rasches Einschreiten. Die Nattonckitürken sind also aus sich selbst an gewiesen. Ob es England gelingt, sie mit Hilse der Griechen unter den Friedensvertrag zu zwingen, hängt vom Kriegsglück der nächsten Tage ab. Die deutsche Antwort aus die jranzösische Note. Berlin, 24. Juli. Auf die Note, die der französische Botschafter in Berlin am 16. Juli bei seinem Be'uch wegen Oberschlesiens der deutschen Regierung überreichte, hat der Reichsminister des Auswärtigen dem sranzösischen Botschafter folgende Antwort übergeben: Die deutsche Regierung ist durch den Schritt des sranzösischen Botschafters vom 16. Juli über rascht worden. Die deutsche Regierung hält es für unmöglich, daß die erhobenen Borstellnngen hätten erfolgen können, wenn die französische Re gierung über die tatsächlichen Verhältnisse in Oberschlesien zutreffend unterrichtet gewesen wäre. „Die sehr bestimmten und eingehenden Berichte des Generals Lerond, sowie die dringenden Mit- Heilungen der polnischen Regierung", aus die sich bie von dem sranzösischen Botschafter übergebene Auszeichnung beruft, decken sich offenbar nicht mit den tatsächlichen Zuständen im Abslim mungs- gebiete. Die deutsche Bevölkerung denkt über haupt nicht daran, die Waffe ihres guten Rechtes mit der Gewalt zu vertauschen, und wünscht nichts sehnlicher als endlich wieder in Ruhe und Frieden ihrem Beruse ohne Störung durch pol- nischc Gewalttaten nachgehen zu können. Die sranzösische Aufzeichnung verweist aus an- geblich „ungeheuerliche Äußerungen und unmittel bare Herausforderungen des Generals Höser", welche die Schwere des in Oberschlesien vor bereiteten Angriffs bestätigen sollen. Die deutsche Regierung wäre dankbar, wenn sie hierüber Nähere Jnsormationen erhalten könnte. Die französische Aufzeichnung spricht weiterhin von deutschen Banden. Sollten mit dem Ausdruck „Bande" die früheren und inzwischen aufgelösten deutschen Selbstschutzsormationen gemeint sein, so muß diese für Verteidiger des Heimatbodens ent würdigende Bezeichnung mit Entschiedenheit zurück- gewiesen werden. Die Aufzeichnung beschwert sich ferner über deutsche Attentate, die besonders gegen französische Truppe« «Ab veamte penchtet fasen Hierzu iß ß^g««»«S za bemaR,: 1. Di« Ermurpung de« Majo» MwitahhWre iß »ach da, hier vmcki,ge»den Nachricht« nicht deuts<h.r Seite erfolgt. berechtigt daß«, diese 2 at mit dem dorische« Sekdsffch«» «der «m der deutschen Bevölkerung irgendwie in Verbin dung z« bringen. 2. In dem Ratiborer Falle handelt eS sich ««- scheinend >« anal französischen Leutnimt, der edlen Zug deutscher Kküchtliage Nor dem Bahnhof photographierte. Dieser französische Offizier, der »ährend des Ausstande« die Übergabe der Stadt Rattbor a» die Pole« eifrig betrieben hatte, hat schon seit längerer Zett die deutsche BevStkeruntz durch sein Verhallen stark gereizt. Er wurde an dem fraglichen Tage von der Menge bedrlingt, welche die Herausgabe der Platten von ihm for derte. Er zog sich in ein Hotel -«rück und b«. drohte von dort aus die Flüchttiuge mit Hand granaten. Schließlich gab er die Platten heraus, die dem KreiSkontroveur übergeben wurden. Miß handlungen des Offiziers haben nicht stattgefrmden. 3. über den Fall deS Hauptmanns Luz und des Leutnants Duval liegen nähere Nachrichten nicht vor. 4. Der angebliche Bombenwurf in der Nähe des Hospitals stellt sich als die Handlung eines Betrunkenen dar, der nach Schluß der Polizei- stunde in ein dem Hospital benachbartes Wirts haus einzudringen versuchte und von dem Wirt entfernt wurde. So bedauerlich diese in der französische« Auf- zeichnung angeführten Fälle auch erscheinen mögen, so lasten sie die von der französischen Regierung daraus gezogenen politischen Folgerungen nicht zu. Die in der sranzösischen Aufzeichnung auf gestellten Behauptungen über den deutschen Selbst schutz sind nicht zutreffend. Die deutsch« Re gierung muß zunächst die Verantwortung für den oberschlesischen Selbstschutz ablehnen. Sie betont — wie in ihrer Note vom 23. Mai — erneut mit Nachdruck, daß der oberschlesische Selbstschutz sich als eine aus dem Zusammenschluß der Be völkerung hervorgegangene Notwehraktion darstellt. Die in der Aufzeichnung enthaltenen Angaben über die Stärke des Selbstschutzes, über die zahlen- mäßige Beteiligung von Nicht-Oberschlesiern ent sprechen nicht den Tatsachen. Nach der gemäß den mit der Interalliierten Kommission getroffenen Abmachungen ersolgten Auslösung des Selbst- schutzes sind seine oberschlesischen Mitglieder in ihre Wohnstätten zurückgekehrt, soweit ihnen dies bei dem immer noch herrschenden polnischen Terror möglich war. Die französische Auszeichnung behauptet ferner, daß die Oberleitung des Selbstschutzes an Ort und Stelle geblieben sei, und daß General Höfer sich in Brieg befinde. Dies ist uich1.der Fall. Das Kommando des Selbstschutzes, das in Ober glogau seinen Sitz hatte, ist aufgelöst und Ober- glogau geräumt. General Höser weilt nicht in Brieg, wo er nur am 6. und 7. Juli gewesen ist, um die Auflösung des Selbstschutzes zu vollenden, vielmehr hat er sich von dort nach seinem Wohnsitz Koburg begeben und ist auf der Durchreis« dorthin am 11. Juli in Berlin gewesen. Während somit eine Gefährdung des Friedens von deutscher Seite keineswegs zu befürchten ist, besteht die ernste Gefahr, daß von polnischer Seite erneut versucht wird, das Ziel zu erreichen, das in drei Aufständen vergeblich angestrebt wurde. Der deutsche Reichsminister des Auswärtigen hat i» RßoMHßwiUWG mit H«W HtßmttN» ANbinM aus besten Wunsch am «. IM i» ein Ba- sprechung mit dem fnzSßfche» Boßchatter über da» Mn„Mabkowoa! fein Aussaßung daht» AuSdnttk gegeben, daß er an die ernsthafte Ab- sich t der polnischen Insurgenten, das Abstim- «wmgsgebiet Zu räumen, nicht glaube. Die Tatsachen hübe» diese ««fsaffnng noßl bestätigt. Sie ß>» auch dem französische« Botschafter durch ettw» Kattawitzer Augenzeugen am 7. Infi in Gegenwart de» Außenminister« bestätigt worden und sind der französische« Regierung bekannt. Dir RSvmung des Gebietes dnrch »le Pake« ist nur zum Schet« erfolgt -««ertzalb beb Ab- ßiwumngSgtblelrS iß »ie gesamte »illtärische OrgaNtsatim, »er A»ftrge»tea bestehe« g,bliebe«. Di« «affe» find versteckt, die infolge der Amnestie straffrei gebliebenen potttische« Führer stehe« anf ihre« Paste». Die Ma»»schaste«, bi« »ach ihre» eigene« Angabe« «nr a«f einige Wochen »e- «ri«i»l ft«», warten nur auf den vesehl z« «ene» Loifchlage». Seitens »er sranzSsischen »efapmgStr«»»»», weiche gegen »tt dentsch. gesinnte vevtzlkenmg mit Haussuchungen und Verhaftungen Vorgehen, ist nach hier varliege»- tw» Berichte« für »ie Mttwafsmmg »er pol«ifchen 8»surge»1e« bisher nicht» Dirch,reifendes ge schehe». «ie sehr sich dir polnischen Insurgenten al» Herre» »«» Lande» fühle», zeige» in vielen Gegenden »ie Mißhandlungen «nd Verschleppungen bentschg«ft»uter Le»te, die immer wieder vor- komme», »n» zeige» befo»derS di« p»l»ische» Fah««, »ie heute wie»« «der zahlreiche» «erle» wehe«, «achdem sie für dir D«»rr »er kürzlich »am General Sero«» ««trr„mme«e« -«spettions- reise« ringezag«« war««. vi«lsach habe« auch die -«surgrntr« soge«a>mte Ligui»ationsbur«auS i« La«»« zurückg«lafse«, »ere« Lett«r größtenteils Wühr««» »«» palutschk« ««ffiande» Jnsurgtntr«. sührrr g«wef«n sind, t» «ahrhrit ab«r sich mit »er varb«r«it»«g ueuer PutschplS«« »«schüftige«. -n Schopptnitz besteht «och hente »aS Haupt, guartter Korfantys in Gestalt einer sogenannte« Ha,ptltq«t»ati»nSko«misfton. Die deutsche Regierung bedauert lebhaft, daß die französische Regierung den vielen augenschein lich von polnischer Seite ausgehenden falschen Be hauptungen Glauben und Beachtung geschenkt hat. Sie gibt sich der Hoffnung hin, daß die fran- zösisch« Regierung auf Grund der obigen tatsäch lichen Richtigstellung der ihr vorliegenden Nachricht zu der Überzeugung gelangen wird, daß von der „Gefahr eines deutschen Aufstandes oder von einer deutschen Drohung" nicht gesprochen werden kann. Sie ist ferner der Ansicht, daß di« Vermehrung der französischen Streitkräfte schwerlich dazu beitragen würde, die infolge der noch ausstehenden Entscheidung natur gemäß gespannte Lage in Oberschlesien zu be ruhigen. Die deutsche Regierung hat dadurch, daß sie das Ultimatum nicht nur angenommen hat, sondern auch in seiner Ausführung schon weit vorgeschritten ist, den Beweis geliefert, daß ihre Orientierung aus Frieden und nicht auf kriegerische Abenteuer gerichtet ist. Die deutsche Regierung wird nach wie vor in diesem Be streben sortfahren. Innerhalb weniger Wochen hat sie, um nur einiges zu nennen, die schwere Artillerie der Land- und Küstenbefestigungen, sowie das von der Kontrollkommission nicht zu gelassen« Gerät des Heeres, der Marine und der Polizei abgcUejert, sie hat die Herstellung von ^Luftfahrzeugen und -motoren verboten und alle rechtmäßig« Ziele« «»stau» zu »«h«„ »ie AuweMug allrr Mittel »er Gewalt zu »n, tichUu. Die en-lischen Truppen in Ober- schleste«. Oppelu, 24. Juli. AuS de« Kreisen Beuth«« «nd Tarnowitz wird übereinstimmend berichtet, dH die dort eingetroffenen englischen Truppen mit allem Ernst an die Entwaffnung der Ortschaften Herangehen und auch die übrigen zur Wiederher, stellung der Sicherheit erlassenen Verordnungen der Interalliierten Kommission durchführen werden. Die Entwaffnung erfolgt in der Art, daß die ein. zelncn Ortschaften von englischen Truppen um. stellt werden und die Durchsuchungen hieraus von HauS zu HauS erfolgen. Die Sicherheit m d«, so von Grund aus pazisizierte« Gemeinden wird von Tag zu Tag besser, so daß die in die «ladt entflohenen Deutschen ohne Gefahr für Leib und Leben in jene Orte zurückkehren können. Aus dem Bahnhof in Laltvwitz haben englische Truppen die Wache übernommen und führen auch hier eine scharfe Konkolle. So sehr das energisch« und an ständig« Vorgehen der Engländer begrüßt werde» muß, kann doch kein Zweifel darüber bestehen, LH die Engländer allein die Zurücksühruirg Ober- schlefiens zur vollkommenen Sicherheit nicht durch, zuführen vermögen. In dem ganzer» von den Franzosen besetzten Gebiet von Laurahütte und Kattowitz bis Myslowitz steht die polnische Grenz« noch vollkommen offen. An den verschie- densten Grenzüdergängen versehen polnische Apo- beamte den sogenannten Sicherheitsdienst, das heißt, sie lasse» die Polen herein und hinüber, kurz, di« ganze Lage ist hier dieselbe wenn nicht noch schlimmer als vor dem Ausbruch des letzten Aus. standcs. In den Orten der französischen »reise herrschen vollkommen die in den verschiedensten Verkleidungen gehenden polnische» Bewaffnete«. Überall bestehen noch die polnischen Ortswehrc«. Nirgends werden die von der Interalliierten Kom mission befohlenen paritätischen Gemeindewachen durchgeführt. Die wichtigsten, unmittelbar vom Industriegebiet nach Polen führenden Kreise sind in französischer Hand. Aus der italienischen Kammer. Rom, 25. Juli. (Stefani.) In der Kammer er- klärte Bonomi bei der Beendigung der Diskussion über die Regierungserklärung, die Frage der Un abhängigkeit und Freiheit Fiumes sei gelöst. Es sei noch die wirtschaftliche Frage zu lösen, die mit der der östlichen Grenze» zusammenhäuge, und deren Lösung der in Ravallo vorgesehenen Kommission obliege. Bezüglich Montenegros erklärte er, wenn die Mehrheit des montenegrinischen Volkes sich an einen internationalen Kongreß wenden werde, so werde Italien sich an der Prüfung der Frage mit seinem herkömmlichen Gerechtigkeitsgefühl beteiligen. Bonomi erklärte weiter, daß der Fe^bctrag für das am 30. Juni abgelaufene Rechnungsjahr von 10370 Millionen Lire auf 4262 Millionen Lire hcrabgedrückt sei. Für das Rechnungsjahr 1921/22 werde es sich unter 5 Milliarden bewegen. Nach dem Bonomi schließlich bezüglich der Zwischenfälle zwischen Fascisten und Kommunisten erklärt hatte, daß die Regierung fest entschlösse»» sei, die Freiheit aller Parteien zu sichern und dem Gesetz Gehorsam Wissenschaft und Kunst. Dresden, 2b. Juli. Rudolf Euckens Erinnerungen an Nietzsche. Zur Feier des7b. Geburtstags der Frau Elisabeth Förster-Nietzsche, die ihr ganzes Leben dem Werl ihres Bruders geweiht hat und mehr als jede andere sür die Verbreitung seiner Schriften getan, ist im Musarium-Berlag zu München ein „Den Manen Friedrich Nietzsches" gewidmetes Sammel werk erschienen, in dem Freunde der Jubilarin «nd des von ihr geschaffenen Rietzsche-Archivs ihr „Weimarer Weihgeschenke" darbringen. Hervor ragende Gelehrte, wie vaihinger, Breysig, Koet- schau u. a., habe» sich hier mit Dichtern wie Thomas Mann, Paul Ernst u. a. vereinigt, um dem Schöpfer des „Zarathustra" und der von ihm ausgehenden Geistessphäre ein schönes Denk mal zu setzen. Der persönlichste Beitrag jedoch sind die Erinnerungen, die der greise Philosoph Rudolf Eucken an Nietzsche, mit dem er zusammen in Basel als Professor wirkte, veröffentlicht hat. Als er 1871 nach Basel berufen wurde, machte gerade die Ernennung des jugendlichen Nietzsche zum Professor an derselben Universität großes Aufsehen in akademischen Kreisen. Friedrich Th. Vischer, der mit Eucken damals verhandelte, war von dem großen Philologen Ritschl, der Nietzsches Lehrer in Leipzig war, aus ihn hingewiesen wor den. „Ritschl nannte verschiedene Ramen", erzählt Eucken, „dann aber unterbrach er sich selbst und »einte: wir haben noch einen jungen Gelehrten, der ist entschieden bedeutender als alle andern, »der er ist noch recht jung, er ist noch nicht ein mal Doktor. Vischer meinte, das s«i nicht schlimm, wenn der Mann wirklich so hervorragend sei, als Rltsql ihn schildere; diese Frage wurde aber von jenem zuversichtlich bejaht. So kam Nietzsche an »ie Universität Basel." Eucken ist mit" den» jugendlichen Kollegen in Basel verhältnismäßig wenig zusammengekommen, doch gewann er aus einigen wenigen Gesprächen einen unvergeßlichen Eindruck. „Ich selbst traf Nietzsche zunächst in den Sitzungen des Senats und der Fakultät; wir hatten öfter gemeinsame Doktorprüfungen zu halten; es ist mir in lebhafter Erinnerung, wie liebenswürdig sich Nietzsche zu den Doktoranden stellte, wie er nie unfreundlich oder aufgeregt war, sondern in gütiger, ab«r zugleich überlegener Weise verhandelte; man be kam den wohltuendsten Eindruck. Dann sahen wir uns öfters in kleinen Gesellschaften, wo er sich als ein liebenswürdiger Unterhalter erwies, dem freilich alles Kleine und Niedrige fernlag; er war mehr zurückhaltend als ausdringlich, aber er konnte anmutig kleine Geschichten erzählen und es sehlte ihm nicht an Humor. Zur Erörterung prinzi pieller Frage»» kamen wir selten, meist hat ja in den gelehrten Kreisen jeder seine eigene Gedanken- weit, aus der er nicht leicht heraustritt. Doch erinnere ich mich z. B. eines eingehenden Ge- spräches von uns beiden über die Sucht der Deutschen, alle Leistung nach festen Schablonen zu messen und der Individualität der Schaffenden keine Schätzung entgegenzubringen". Während Nietzsche zunächst als Philologe anerkannt wurde, trat er dann bald mit seinen ersten philoso phischen Schriften hervor und sand wohl be geisterte Aufnahme damit bei seinen näheren Freunden, nicht aber bei wetteren Kreisen. „Diesen galt Nietzsche", so berichtet Euckp» dann weiter, „als ein wenn auch sehr begabter, so doch wunderlicher Sonderling. Er konnte dies« Mißachtung seines edlen und glühenden Strebens nicht als gleichgültig behandeln, dazu hatte er zuviel Sorge sür die Menschen und zuviel Liebe zum Menschenwesen; eine affektlos« Denk weise lag seiner Natur sern. Unvergeßlich ist mir ein Gespräch, das ich mit ihm kn der Basler Lese- geselljchast hatte. Zahlreiche Zeitschriften lagen dort aus. Nietzsche zeigte mir emen Artikel eines Blatte», das fein Streben in unwürdiger Weise verspottete und lächerlich zu machen suchte — das ist ja eine Lieblingswaffe kleiner Seelen. — Ich sagte, er möge eine solche Sache nicht schwer nehmen, er stehe zu hoch, um durch solche An griffe getroffen zu werden. Er meinte: „Ja, logisch haben Sie recht, aber es schmerzt doch, wen»» man in dieser Weise behandelt wird." Diese kleine Begegnung ließ mich das Tragische seines Strebens deutlich empfinden: eine feine, edle, zu höchsten Zielen berufene Natur kifft zusammen mit einer fremden, ja stumpfen Welt." «esi»e»ittz«ater. (Walter Kollos „Der verjüngte Adolar".) Gewiß, Walter Kollo hat bereits musikalisch wertvollere Stücke heraus gebracht als diesen am Sonnabend zum erstenmal im Residenztheater aufgeführten musikalischen Schwank „Der verjüngte Adolar": aber auch dessen Vertonung hat etwas sür sich, was eine»» mit ihm versöhnt. Dieses Etwas ist das Berlinerische an ihr. Geschäststüchtigkeit, Fleiß, Mutterwitz, Forsche, aber auch Leichtlebigkeit und Großsprecherei des Berliners, alles das hat seinen Niederschlag in Kollos Musik gesunden. Kollo ist der Schöpser der spezifisch berlinerischen Musik. Er hat es sich bei dem „verjüngten Adolar" nur besonders leicht gemacht. Einige Male spürt man einen höheren Zug in der Partitur, im übrigen liegt ihre Stärke in den nur rhythmisch stärken Foxtrott», Bostons und Onesteps, die den Ersolg beim Publikum verbürgen. Die Schwankgröhen Kurt Kraatz und Richard Keßler haben Steinachs umstrittene wissenschasiliche Großtat, die BerjüngungStheorie, zu einem Unler- haltungSstück niederster Art auSgeschlachtet. Trotz- alledem und vielleicht gerade de-wegen wurde der Schwank von den Zuhörern dankbar ausgenommen. Man hat selten so viel gelacht im Residenztheater als vorgeper« bei den grotesken EnikleidungSszenen. Wenn da« Stück schließlich einen sehr großen Er- solg hatte, so lag das hauptsächlich auch an der guten Aufführung. Fanny Köbe, als Gast in der Hauptrolle, zeichnete sich durch prachtvolle Toiletten, glänzendes Spiel und vollendete Tanz. kunst aus. Weniger rühmei»swert waren ihre stimmlichen Leistungen. In dieser Hinsicht stach sie Hans Steinbrecher leicht aus. Der Groteske wurden Willy Karl, Ida Kattner und Ricco Langer insbesondere durch ihre mimischen Leistungen gerecht. Der musikalische Leiter Schicketanz sorgte sür ein flottes Tempo und für guten Zusammenhalt. fk Wissenschaft «nd Technik. Der Direktor der Universitätsbibliothek zu Leipzig vr. Glauning ist zum ordentlichen Honorarprofessor in der philosophischen Fakultät ernannt worden. Dem Assistenten am Geographischen Seminar der Universität Leipzig vr. Hans Rudolphi aus Leipzig ist die Lehrberechtigung für Geographie in der philosophische»» Fakultät und dem Vie. tbeol. Ernst Sommerlath aus Hannover die für neutestamen tliche Wisse n- schäft in der theologischen Fakultät der Univer sität Leipzig erteilt worden. — Bei der Freiburger Daniefeier sprach Prinz Johann Georg von Sachsen, der Enkel König Johanns, der unter dem Namen „Philaletes" jene berühmte erste vollständige Dante - Übersetzung ge schaffen hat, über König Johann von Sachsen und die Dante-Forschung seit hundert Jahren. Der Prinz führte in seinem Vortrag nach dem Bericht von Friedrich Schneider im „Kunstwanderer" solgendeS au«: vor hundert Jahre»» war Dante i« Deutschland so gut wie unbekannt. ES gab keine Übersetzung in Versen, sondern nur einige Bruchstücke in Prosa. Er war daher wie eine wunderbare Schickung, als im Jahre 1821 der damalige Prinz Johann von Sachsen aus einer Reise nach Italien, die dem Studium der italienischen Sprache dienen sollte, zusällig ein Exemplar der Divina Eommedia im Schausenster einer Buchhandlung erblickt«, es er stand, «nd schon auf d«r Rückreise da» Jnser«o «isrig «nd gewissenhast zu studieren begann, von jenem Augenblick war sein di» zum Tod «nd darüber hinaus bestehende» wunderbar innige»
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