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Sächsische Staatszeitung : 14.07.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480732469-192107141
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480732469-19210714
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480732469-19210714
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-07
- Tag 1921-07-14
-
Monat
1921-07
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 14.07.1921
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Seite 2 zu Nr 101 ständiger Borwurf sei», wem« bei diese« neuen Friedenskongreß mehr von Machtverteilung und Machtousnutzung, als von Abrüstung die Rede sein sollte. Kredit von 150 Mill. Goldmark. Berlin, 12. Juli. Die «eichsba«» teilt mit, daß es ihr gelun^n sei, d»wh «ermitt. lnng drS Hauseü Mendelssohn u. «o. in Amster- d«m sich «inen Kredit von 1»» MM. Goldmark zu beschaffen, und daß verhandln«,«» »er »eitere Kredite gietcher Art sch»«»««. Die da» »er Regierung getrvss«»«» Maß»ah»«» »erde« dnrch diese »reditvperatione« «rgä»zt, sodaß die Grsülluug der am L1. August d. I. fällige« Re- »aratiansverpslichtnngea als gesichert anzusrheu ist. Weitere Reparationszahlungen sind alSdann »ährend drS Jahres 1S2t in Devisen nicht mehr zu lristen. Heimkehrer. , Berlin, 12. Juli. Ter Dampfer „Wigbert" trisst aus seiner zweiten Rückfahrt aus Nowo- rossisk am 12. d. M. in Triest ein. Er hat in Noworoffisk 1259 Heimkehrer, darunter 153 Reichs deutsche, an Bord genommen. Keine Zurückziehung der amerika nischen Truppen. Washington, 12. Juli. In Widerspruch zu den in der ausländischen Presse verbreiteten Ge rüchten hat die Regierung der Bereinigten Staaten keinen Befehl zur Zurückziehung der amerikanischen Truppen am Rhein erlassen. Die Verjähren gegen die Kriegs beschuldigte«. (Prozeß Dithmar-Boldt.) Leipzig, 12. Juli. Unter dem Borsitze des Präsidenten vr. Schmidt hat heute vormittag vor dem zweiten Strafsenat des Reichsgerichts in Gegenwart von Vertretern der Reichsregierung und einer englischen Delegation unter Führung des Generalstaatsanwalls Sir Ernest Pollock der zweite Unterseebootsprozeh begonnen. AngeNagt sind die beiden Oberleutnants zur See Ludwig Dithmar und John Boldt, denen als Verteidiger die Rechisanwälte Hahnemann und vr. Beier- Leipzig sowie vr. v. Zwehl-Berlin zur Seite stehen. Es sind zunächst 27 Zeugen, darunter 13 Engländer, anwesend. Tie Anklage vertritt der Lberreichsanwalt. Ms Sachverständiger fungiert Korvettenkapitän Saalwächter von der Reichsmarineleitung in Berlin. Dolmetscher sind die Herren Peters und Armhaus-Leipzig. Der Zuhörerraum ist dicht besetzt; auch ist wieder eine Reihe ausländischer Journalisten, namentlich eng lische, zugegen. Ludwig Diihmar ist zurzeit Ober- leutnant z. S. in Kuxhaven, John Boldt Kauf- mann in Danzig. Der Oberreichsanwalt hat An- klage wegen vorsätzlichen Mordes gegen beide er hoben, weil sie, nachdem das Unterseeboot 86 am 27. Juni 1918 120 Seemeilen westlich von der Eüdspitze von Irland das Lazarettschiff „Llandovery Castle" versenkt hatten, gemeinschaftlich mit dem Führer des Unterseebootes Kapitänleutnant Patzig die schiffbrüchigen Insassen der Rettungsboote haben beschießen lassen, um die Zeugen der völker rechtswidrigen Versenkung des Lazarettschiffes zu beseitigen. Kapitänleutnant Patzig ist verschwur,- den und hat die Angeklagten verpflichtet, nichts über die Ereignisse jenes Tages ausznsagen. In seinem Kriegstagebuch hat Patzig nichts von diesen Vorgängen erwähnt. Er hat, wie die Anklageschrift schließlich hervocheb», während »er Beschießung hie Mannschaft seine» Unterseeboote« mtter Deck ge- halten, damit sie nicht Zeuge der Tat sein sollte. Beide Angeklagte» habe» in »er Bvr«»»r- suchung jede Auskunft über die Vorgänge de» TazeS verweigert, und zwar unter Berufung auf ihr de« Kapitänleutnant Patzig gegebenes Versprechen. Der zweite Offizier der „Llandovery Castle" Chap man erklärt, das Lazarettschiff sei ordnungsmäßig als solches gekennzeichnet gewesen. Er versichert, da» Schiff sei nie zum Transport von Munition und Truppen benutzt worden. Rach der Torpe dierung des Sch sseS wurden die Insassen in die Boote gesetzt, die an Steuerbord heruntergelassen worden waren. Bald darauf erfolgte aus dem Schiff eilte Kesselexplosion. Mit dem Rettungs boot, in das er gelangt war, trieb er in der Nähe des Schiffe». Die auf dem Wasser liegen- den Leuchtbojen verbreiteten etwas Licht. ES gelang ihnl, 12 im Wasser treibende Schiffbrüchige in sein Boot zu nehmen. Der Zeuge hat sieben Rettungsboote auf . der einen Seite des Schiffes gesehen; wieviele auf der anderen Seite herunter gelassen waren, weiß er nicht. Zwei Boote kenterten und versanken. Der Zeuge glaubt, daß durch die Kesselexplosion auf dem Schiff noch eine Anzahl von Personen getötet worden ist. In seinem Rettungsboote befand sich auch der Kapitän. Als das Unterseeboot herankam, wurde ihnen zu gerufen: „Kommen Sie sofort, sonst schieße ich auf Sie!" Ter Sprecher war der Kommandant des UnterseeboteS, der zwei Revolver in der Hand hatte. Der Kapitän stieg a«f das Unterseeboot über, kam aber bald daraus zurück. Der Kapitän erklärte, ihm sei vom ersten Leutnant des Unter seeboots gesagt worden, sie sollten sich rasch aus der Nachbarschaft entfernen. Die Engländer be ttachteten dies als eine Warnung und suchten schnell zu entkommen. Bald darauf sei das Unter seeboot jedoch wieder herangekommen und habe das Rettungsboot aufgefordert, längsseits zu fahren. Der vierte Offizier und der Zeuge wurden an Bord genommen und auSgefragt, ob amerikanische Fliegeroffiziere auf der „Llandovery Castle" ge wesen seien. Die Frage wurde verneint; der deutsche Osfizier sei aber dabei geblieben, daß Flieger an Bord gewesen sein mühten. Die beiden Engländer wurden dann wieder aus das Rettungsboot entlassen, welches das Unterseeboot zunächst aus dem Auge verlor. Dann aber sei dieses wieder auf das Rettungsboot zugekommeir, und dieses habe sich nur schwer vor einem Zu sammenstoß retten können. Dem Zeugen kam dabei der Gedanke, daß das Unterseeboot bestrebt war, alle Zeugen des Ereignisses zu beseitigen. Tas Rettungsboot setzte schließlich ein Segel, um in der Dunkelheit schneller zu entkommen. Der Zeuge hörte Geichützfeuer und gibt an, dicht über das Boot seien Granaten geflogen, die in der Nähe explodierten. Der Zeuge zeigt auf der Karte den Ort, an dem sich die Ereignisse ab- gespielt haben, und gibt auf Befragen an, ein Teil der Rettungsboote auf der Backbordseite sei durch einen Torpedoschuß vernichtet worden. Der als nächster Zeuge vernommene vierte Ospzier der „Llandovery Castle" Barton macht ähnliche Aussagen über die Torpedierung und erzählt Einzelheiten darüber. Er behauptet insbesondere, datz das Unterseeboot verschiedene Versuche ge- macht habe, das Rettungsboot zu rammen, was er aus dem direkten Zusahrcn des Unterseeboot» auf das Rettungsboot schloß. Er hatte den Ein druck, dah auch das andere Rettungsboot in den Grund gebohrt werden sollte. Das Boot des Zeugen sei zweimal mit Granaten beschoffen worden. DieJnsaffen des Rettungsboots ««rden schließlich von einem vorübersahrenden Tampser ausgenommen. Spanische« Urteil z» de» Krie««- prozesse». Madrid, 12. Juki. La» .ABE" bringt «»ter der Überschrift „Fr«isprechn»g de» General- Stenger" einen Leitaussatz, in dem e» die sran- züsische Stellung zu den Leipziger Prozeßen ironisch kritisiert. Am Schluffe heißt e»: Wenn Frankreich wokke, könne es immer angeblich un erfüllt« Bestimmungen de» Versailler Frieden»- Vertrages finden, um di« Sanktionen ausrecht zuerhalten oder Deutschland neue auszuerlegen, vielleicht sei der Vertrag absichtlich so versaßt, daß er nicht erfüllt werden könne. Polnische Schreckens herrschaft. König-Hütte, 12. Juli. Die der „Ober schlesische Kurier" meldet, wurden in Grabowska bei Lubom deutsche Arbeiter von Polen über» fallen. Die Deutschen wehrten sich, konnten aber gegen die große Übermacht nichts ausrichten. Sie wurden von den Polen mit einem Maschinen gewehr aus 20 m Entfernung beschaffen. Füns Deutsche wurden getötet und einer schwer ver wundet. Dieser schleppte sich noch bis zur Oder, wo er von den Polen, die den Blutspuren nach, gingen, erschlagen wurde. Kattowitz, 12. Juli. Aus der Strecke zwi schen Kattowitz und Rybnik wurden Güterzüge von Banditen übersallen und auSgeraubt. Bei Jdaweiche wurde der Möbeltransport eines Ober lehrers, der ins Reich fahren wollte, vollständig ausgeraubt. In einem zweiten Falle handelt eS sich um die völlige Ausraubung de» Möbeltrans porte» des Redakteurs Leonhardt aus Kattowitz. Was die Banditen nicht Mitnahmen, zerstörten sie vollständig. Im Bahnwagen hinterließen sie Auf- schristen gemeinster Art in polnischer Sprache. Ratibor, 12. Juli. Bei Neuhof, Kreis Ratibor, hatten heute früh gegen 4 Uhr die Polen ein Gefecht mit der deutschen Ortswehr, wobei füns Polen erschossen wurden. Nach Meldungen von Flüchtlingen sollen die Ortschaften Olsau, Odrau und Buckau in der vergangenen Nacht von Insurgenten besetzt worden sein. Soeben sind gegen 200 Flüchtlinge aus Orzesche, Nikolai, Pleß und Czermionka eingetrvffen, die infolge des pol- Nischen Terrors geflüchtet sind. Rybnik, 12. Juli. Nach Aussagen von Flüchtlingen nimmt der Schrecken der polnischen Aufständischen in den Kreisen Rybnik und Pleß von Tag zu Lag an Umfang zu. In den Orten ziehen am Tage polnische Banden umher, die mit Revolvern bewaffnet sind, während sie nachts als Waffe den Karabiner tragen. In der letzten Nacht wurden zwei beladene Möbelwagen des Kaufmanns Weißmann in die Luft gesprerrgt. In der gleichen Nacht überfielen polnische Auf ständische den Förster Heine aus Loslau, räumten seine Wohnung aus und mißhandelten ihn auss schärfste. Durch die Aufständischen wird bekannt, daß der vierte Ausstand schon an» 17. Juli be ginnen wird. Ihre Führer fordern die deutsche Einwohnerschaft aus, die Gegend bis zum 1b. Juli zu räumen. Wer diesem Beseh! nicht Nachkomme, werde über die Grenze nach Polen verschleppt. Selbstverständlich hat diese Androhung eine Massenflucht der Deutschen zur Folge. In der hiesigen Gegend scheinen die Vorbereitungen der Polen sür den vierten Ausstand vollkommen beendet zu sein. In einer Unterredung mit dem oberschlesischen Berichterstatter der „Vossischen Zeitung" erklärte der englische General Hemeker, daß ein neuer polnischer Ausstand mit Gewalt unterdrückt werden würde. Die polnische Grenze Don«r»k«g, 1«. Juli 1921 »erd« jetzt g<G«rrt werden und zwar dm» ! Truppen «tzer drei in Obschlesien vertrettue, I Mächte. Ler General bat sodann, die deutsch« I Presse möge die deutsche« Oberschlefier zur A. I duld ermahnen, da irgendwelche Gewatttaten vo, I ihrer Seite der Sache der deutschen Bevölkerung I von größtem Nachteil sein würden. Er hoffe, dH I die Entscheidung de» Obersten Rate» bald sollen «erd« und könne versichern, daß die interalliierte! Kommission beständig auf einen Beschluß dränge. I Die Auflösung des »berschlesischen Selbstschutzes. Breslau, 12. Juli. In den nächsten Tagen wird sich eine aus mehreren Ossizieren bestehende interalliiert« Kommission nach Mittelschlesien begebe», nur sich dort über die Auflösung und Entwaffnung de» oberschlesischen Selbstschutzes zu unterrichten. Sie wird mit einer zweiten Kom- Mission au- Oppeln zusammentreffen, von der sie die nötigen Unterlagen über die Stärke und Bewaffnung der deutschen Selbstschutzabteilungen erhalten soll. Tie Grenze »uch Pole« offen. Oppeln, 12. Juli. Die Grenze nach Polen steht noch immer offen. In Groß-Dombrowsk sind 200 bewaffnete polnische Abstimmunaspolizei- beamte eingetroffen, die aus Kongreßpoleu über die Grenze gekommen sind. Das Bandenunwesen in den ländlichen Bezirken greift immer weilei um sich. Besonders nachts werden Ortschaften geplündert und Deutfchgesinnte mißhandelt und verschleppt. In der Näh« der Borsigkwerke wurde der V-Zug Berlin—Breslau—Kattowitz von In surgenten abermals beschossen. Ter braunschweigische Landtag. Leipzig, 12. Juli. Der vorläufige Staals- gerichtShof hat heute einen Antrag der Landtags- fraktion des braunschweigischen Landeswahl verbandes, der dahin ging, zu erklären, datz der am 16. Mai 1920 gewählte Landtag ani 1b. Mi 1921 sein Ende erreicht haben soll, abgelehnt. In der Begründung wurde ansgeführt, dah der Landtag seine Aufgabe, dem Lande eine Ver fassung zu geben, noch nicht erfüllt habe. Tagung des ReicksarbeitgeberverbandeS Deutscher Gemeinde» und Aommunal- verbände. Der als Parallelorganisation der allgemeinen kommunalen Spitzenverbände sDeutscher Städtetag, Reichsstädtebund, Deutscher Landgemeindetag, Vcr- band der Preußischen Landkreise) zur Erledigung arbeitsrechtlicher Aufgaben im Vorjahre gegründet Arbeitgeberverband Deutscher Gememden und Kmnmunalverbändc hielt am 21. Juni in Jena seine erste diesjährige Mitgliederversammlung ab. Tags zuvor hatte eine Vorstandssitzung stattgefunden. AuS allen Teilen Deutschlands hatten die dem Bei. bande angeschloffenen kommunalen Verwaltungen aller Art ihre Vertreter zu der bedeutsamen Tagung entsandt, die von dem Vorsitzenden des Vorstandes Oberbürgermeister Mitzlaff-Berlin geleitet wurde. Ctadtbaurat vr. Elsner-Jena begrüßte die Er- schienen im Ramen der Stadt J«na und zugleich als Vorsitzender des TarifverbandeS Thüringer Städte und Kommunalverbände, der dem Reichs- verbande al» Vezirk-verband angehört. In Er- lcdigung der Tagesordnung wurde zunächst die Borstandswahl vollzogen. Es wurden wieder bez. neu in den Vorstand gewählt die Herren Stadtrat ArraS-Dresden, Landrat Bergemann-Calbe a. S., Wissenschaft und Kunst. Dresden, 13. Juli. „Thersites" bei unseren Klassikern. Wie Homer den strahlenden Gestalten seiner Helden die Figur des ewigen Schmähers Thersites beigtbt, so fehlt auch den geistigen Heroengestalten niemals die kläffend« Meute der Krittler, denn „es liebt die Welt das Strahlende zu schwärzen und das Erhabene in den Staub zu ziehen". Der Thersites unserer deutschen Klassik heißt GarliebMerkel, und deshalb gibt unter diesem Titel Maximilian Müller-Jabusch die Erinnerungen des deutsch-baltischen Journalisten bei der Deutschen Verlags-Gesellschaft für Politik und Geschichte in Berlin' neu heraus. Tie autobiographischen Schriften dieses Mannes, der um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts durch seine einflußreiche literarische Tätigkeit den Publikumsgeschmack be stimmte, enthalten eine Fülle wichtigen Stoffes, sodaß sich eine Auffrischung dieser verschollenen Kulturbilder, um manch Unbekanntes bereichert und durch kritische „Zwischenkapitel" erläutert, wohl lohnt. Merkel ist seinerzeit nicht nur als Literaturkritiker, sondern auch als politischer Schrift steller tätig gewesen, und wenn er sich durch seine Schmähungen Goethes und Schillers einen hero- stratischen Name» erwarb, so hat er als Politiker im Auftrage Hardenbergs, Steins u. a. Tüchtiges geleistet. Wirkliche Bedeutung aber, die mcht vergessen werden sollte, besitzt er nur als Jour nalist. In der Spenerschen Zeitung schuf er zu Anfang d«s 19. Jahrhunderts da» erste Zeitu«g»je«illeton im modernen Sinn«, »nd führte die ständig« und sofortig« Theaterkritik «in, wodurch rr zum Baier der Lageskritik wurd«. Er besaß «i« echtes AeitungStemperament, hatte sich aber auch »«her durch sein« Studren ein reiches Wissen erworben. Als Student in Weimar und Jena trat er auch den Klassikern nabe, «nd dies« persönliche Berührung hat seine spätere Stellung zu den .einzelnen nicht wenig beeinflußt. Goethe lernte er bei einer Gesellschaft im Hause des Professors Loder kennen. „Im Prunk- zimmer", so berichtet er, „stand Goethe mit ernster stolzer Miene vor dem Spiegeltische, aus beiden Seiten von Kerzen und vorne vom Kronleuchter beleuchtet, prunkend da, und um ihn eine Halb- runde von mehreren Reihen ehrfurchtsvoll Lau schender. Er sprach gerade in einem dozierenden Ton über Raffaels Gemälde im Vatikan. Den letzten Umstand hatte ich bemerkt und sagte: „Es wäre viel, wenn die Franzosen sich ihrer nickt bemächtigten". Mit einer wegwerfenden Miene, als hätte ich eine Dummheit gesagt, erwiderte Goethe: „Sie sind auf die Mauer gemalt." «Doch nur auf Stuck", antwortete ich und zog mich aus dem bewundernden Halbkreise zurück und habe mich Goethe nie wieder genähert." Bon dieser als Kränkung empfundenen Zurechtweisung nahm also der Goethehaß Merkels seinen Ausgang. Aber auch Schiller, den er in Jena in seinem Garten besuchte, stieß ihn ab. Dagegen ist Herder, der ja stets der gefeierte Herrscher im Lager der Gcethefeinde war, der verehrte Meister Merkel-, zu dem er in enge Beziehungen tritt. Charakter bild und Wesensart dieses Großen hat er wirklich eindrucksvoll geschildert. Er erzählt uns von seiner drückenden wirtschaftlichen Lage, von der auf opfernden Sorgfalt, mit der ihn seine Frau um gab, von der edlen Größe seines künstlerischen SehertumS, das ihn bei jedem Gespräch und in jeder Umgebung über da» Irdische hinaushob. Noch größere Liebe hegt er sür Wieland, in dem er den größten deutschen Dichter verehrt. „WielandS Außeres und gesellschaftliche» Benehmen war bürgerlich", schreckt «r, „mit einer leichten Beimi chuug vom Höfischen, in manchen Augen blicken auch vom Romantischen. Denn den größt«» Teil seine« Leben« verbrachte er an de« kleinen Hose der Herzogin Amal e, und von der Romantik seine» Dichtung-kreise« ging, ihm wahrscheinlich unbewußt, mancher Zug in sein Benehmen über. So war die Verbeugung, mit der er vornehme Damen begrüßte, immer eine Art Adoration mit einem gebogenen Knie. Sein moralischer Cha- rakter war rechtlich und bis zum Edelmute nach sichtsvoll und liberal." In langen Gesprächen glaubt Merkel da» Geheimnis seiner Persönlichkeit ergründet zu haben: „So fand ich denn bald, daß ich hier vor einem jener wunderseltenen und beneidenswerten Sterblichen stand, denen die Natur neben d«m Übermaß der Phantasie und des leicht erregten Gefühls, ohne das der große Dichter nicht scheint entstehen zu können, so Hellen kräftigen Verstand und fo festen Charakter ver lieh, daß sie jene, ohne sie zu nehmen, be- herrfchen, sobald e» ihnen gefällt. Um al- Dichter zu sehen und zu empfinden, darf Wie land sich nur gehen taffen; um als Weiser zu denken und zu urteilen, braucht er sich nur be- sinnen zu wollen." Während sonst „Thersites" gern die schlechtesten Seiten bei den Menschen hervorkchrt und reich an hämischen Zügen ist, teilt er uns von der kindlich naiven Art Wielands viel Liebenswürdige» mit, schildert ihn, wie er im Theater mit lebhaftester Anteilnahme dem Bühneneindruck sich ganz gefangen gibt, wie er als Großpapa von den mutwilligen Streichen eine- lau-bübischen EnkelchenS er schreckt wird. Bon Fichte, dessen oberster philosophischer Grundsatz war: „Ich setze mich schlechthin!" erzählt er, daß er einmal in Weimar auf dem nassen Pflaster au-glitt und hinfiel, worauf ein hinter ihm gehender Student ries: „Fichte setzt sich schlecht hin.* über Jean Paul» Heirat klatscht er, daß dieser bei einem Essen bei dem Kriegsra» Maier stark getrunken hatte und im Nebenzimmer aus einem Sosa «ingeschlafen war. „De maiselle Maier tritt hinzu und drückt de« Endymion euren Kuß ans den Mund. Er er »»acht« davon «nd »ar «uu überz«ngh sei» Glück in ihr gesunde» z» hab«».* Wissenschaft und Technik. INr. Der Reichspräsident hat unter dem 27. Juni 1921 gemäß § 3 sein« Erlasses vom 9. Juni 1921, betreffend Bädung eines Kuratoriums für die Che misch-Tech nische Reichsanstalt für die Dauer von süns Jahren berufen zum Vorsitzenden den Staat?- ekretär im Reichsministerium deS Innern Wirkt. Seh. Rat vr. Lewald und zu Mitgliedern Geh. Reg.-Rat Prof. vr. Vr.-Inß. s. li. Caro in Bertin, Geh. Reg.-Rat Prof. vr. Franz Fischer in Mülheim a. Ruhr, Geh. Reg.-Rat Prof. vr. Haber in Berlin-Dahlem, Univ.-Prof. vr. Konen m Bonn a. Rh., Geh. Reg.-Rat vr. Kuhlwein in Charlottenburg, Geh. Reg.-Rat Prof. vr. Nernst n Berlin, Geh. Reg -Rat Prof, vr.-lng. e. b. Rud el off in Berlin-Dahlem, den Präsidenten der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt Pros. vr. Warburg in Charlottenburg, Prof. vr. vr-lnx e. k. Bosch in Ludwigshafen a. Rh., Gel;. Reg.-Rat Prof. vr. vr.-lng. e. k Tuii berg in Leverkusen a. Rh., den Kom merzienrat vr. Frank in Berlin, Prof, vr Goldschmidt in Berlin-Grunewald, Geh. Reg.- Rat vr. Haeuser in Höchst a. M., den Lei treter der Rheinisch-Westfälischen Großindustrie Klöckner in Lüttringhausen, den Gener ldirektcr der Westfälifch-Anhaltischen Sprengstvff-Aktiengcsell schast W. Landmann in Berlin, General direktor der Rheinisch-Westsälischen Sprcngstoss Aktiengesellschaft vr. P. Müller in Köln a. Rh. Geh. Reg.-Rat Prof. vr. Oppenheim, General direktor der Aktiengesellschaft für Anilinsabrikatm in Berlin, den Generaldirektor der Chemischen Fabrik BrieSheim^Lleltron Vr.-Ing. v. d. Plie ninger in Frankfurt a. M-, den Fabrikbesitzer vr. Vr.-Ing. «. d F. Raschig in Ludwig?- Hafen a. Rh., Geh. Reg.-Rat Vr. v. Weinberg in Frankfurt a. M-, den Gen«rakdirel1or »er Lentsch-Luxemburgischen Bergwerk», »nd Hütte* Aktiengesellschaft, M. d. R., Vr.-Ia^ «. ß. »Igitt in Dortmund. — Di« Verwendung der psycho-techni lchen Eignung-probe für den Schul-
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