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als unvereinbar galten, hat immer wieder zu der Annahme geführt, daß letztendlich auch seinen Sinfonien „heimliche" Programme zu grunde lägen. Doch unter den wenigen Ver lautbarungen, die Sibelius über seine Musik gegeben hat, findet sich eindeutig seine ästhe tische Haltung: „Meine Sinfonien sind Musik, die als musikalischer Ausdruck ohne jedwede literarische Grundlage erdacht und ausge drückt worden ist. Ich bin kein Literaturmusi ker. Für mich fängt die Musik dort an, wo das Wort aufhört." Nach mehreren Tondichtungen und anderen Orchesterkompositionen, nach Solo- und Chor liedern und einer einaktigen Oper („Die Jung frau im Turm") wandte sich der Dreiunddrei- ßigjährige erstmals der Gattung der Sinfonie zu. 1899 beendete er seine 1. Sinfonie e-Moll op. 39, die ein Jahr später auf einer Europatournee des Philharmonischen Orchesters Helsingfors während der Weltaus stellung in Paris unter Leitung von Robert Ka janus neben mehreren anderen Werken des jungen Komponisten aufgeführt wurde. Damit wurde ein Vertreter des nordischen Kultur kreises in die internationale Musikwelt einge führt, der in seinem weiteren Schaffen mit noch Kühnerem und Bedeutungsvollerem sein Land fest in der europäischen Musikgeschichte ver ankern sollte. Eine weitgespannte Klarinettenmelodie über dumpfem Paukengrollen (Andante ma non troppo) leitet den ersten Satz ein. Dann aber bricht das aggressiv zupackende Hauptthema (Allegro energico) hervor, das nach der Ein führung zweier neuer Motive, mit klanglich und dynamisch gesteigerter Wucht wiederholt und, kontrastiert von einem ruhevollen lyri schen Seitenthema, den Charakter des sona tenförmig gebauten Satzes bestimmt. Ein tra gischer Konflikt schält sich erst im Verlaufe des zweiten Satzes (Andante) allmählich her aus, der sich schließlich zu schmerzerfüllter dramatischer Erregtheit steigert. Allen Ab schnitten des Satzes liegt das melodisch ein herschreitende Eingangsthema zugrunde, doch sind stellenweise auch motivische Beziehun gen zum ersten Satz nachweisbar. Mit robuster rhythmischer Energie (Hauptthema als Pau- ken-Solo) fährt das Scherzo drein; ein Lento- Mittelteil bildet den graziösen Gegensatz zu der rustikalen Derbheit des Hauptsatzes, der danach in leicht veränderter Gestalt wiederholt wird. Das Finale greift zunächst das elegische Klarinetten-Thema des Sinfonie-Anfangs wie der auf, das hier aber im Streicher-Unisono pathetisch gesteigert erscheint. Danach wird der Finalsatz rondoartig aufgebaut, ohne frei lich den Genre-Charakter eines klassischen Rondos zu erhalten: Zwei im Ausdruckscharak ter gegensätzliche musikalische Substanzgrup pen oder Strophen — die eine dramatisch er regt (Allegro molto), die andere leidenschaft lich-gesangvoll (Andante assai, cantabile ed espressivo) — werden, in ihrem Aufbau we sentlich verändert, wiederholt und münden in die von unerbittlicher Entschlossenheit, von ungebrochener Kraft geprägte Coda. VORANKÜNDIGUNGEN: Sonnabend, den 3. November 1990, 19.30 Uhr (Frei verkauf) Sonntag, den 4. November 1990, 19.30 Uhr (AK/J und Freiverkauf) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 2. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Jörg-Peter Weigle Solisten: Jürgen Kurth, Bariton Martino Tirimo, Klavier Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Günter Neu- bert und Johannes Brahms Sonnabend, den 17. November 1990, 19.30 Uhr (B und Freiverkauf) Sonntag, den 18. November 1990, 19.30 Uhr (C 1 und Freiverkauf) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 3. ZYKLUS-KONZERT Dirigent: Matthias Aeschbacher Solist: Thomas Christian, Violine Werke von Maurice Ravel, Ludwig van Beethoven und Jean Sibelius Ton- und Bildaufnahmen während des Konzertes sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. Programmblätter der Dresdner Philharmonie Die Einführung zum Schumann-Klavierkonzert verfaßte Prof. Dr. Dieter Härtwig. Der Sibelius-Text folgt Aus zügen aus dem Wunderlich-Konzertführer, Rowohlt, Hamburg, 1988, und einer Werkeinführung von Erich Brüll für die Schallplatteneinspielung der 1. Sinfonie durch die Dresdner Philharmonie unter Carl von Ga- raguly (1971). Chefdirigent GMD Jörg-Peter Weigle Redaktion: Dipl. phil. Sabine Grosse Druck: Mitteldeutsche Druckanstalt GmbH Heidenau 111-25-16 Preis -,50 DM