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Staatsaryeiger für Erscheint verklag» nachmittag» mit dem Datum de« folgenden Lage». BezugSprei»: Unmittelbar oder durch die Postanfialten bM.monatl. Einzelne Nrn 20 Ps. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 2129b, Gchriftteitung Nr. 1«b7«. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. den Zreistaat Sachsen Ankündigungen: Die S2 mn» breite Grundzeile oder deren Nau» ü« Ankündigung»- teil« » M., die 66 mm breit« Grundzeile oder deren Naum im amtlichen Leite 4 kN., unter Eingesandt KM.— Ermäßigung aus GeschäftSanzeige«. Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Synodal-Beilage, Ziehungslisten de, Berwaltung der Staatsschulden und der Landeskulturrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der Landes-Brandversicherungsanstalt, Berkaufsliste von Hol-pflanzev auf den Staatsforstreviere«. Beauftragt mit der Oberleitung (und preßgesetzlichen Vertretung für den schriftstellerischen Teil): RegierungSrat Doenges in Dresden. Nr. 1241 — Mittwoch, 1. Juni ^1921 Zur Besoldungdresorm. Zu Beginn der heutige« Sitzung de» Be» joldungSauSfchusfe» de» Sächsijchen Land tages gab dir Negierung folgende Er klärung ad: Der NeichSsinanzminister habe nach Beröffent- lichung der vesoldnngsvorlagen Nr. 41 und 42 mitgrteilt, daß darin verschiedene Bestimmungen enthalten seien, die eine günstigere Regelung der Lienstbezüge der sächsischen Beamte« im Vergleich zu den gleich zu bewertenden ReichSbeamtr« zur Folge hätten. Er sei deshalb bei ««veränderter Annahme der Vorlagen genötigt, auf Grund drtz SperrgesetzeS hiergegen Einspruch zu erheben. Ler NeichSsinanzminister habe eine mündliche Erörterung dieser Frage mit der sächsischen Re- gierung angeregt, wie dem Ausschuß bereits früher mitgeteilt worden sei. Diese Erörterung habe am 28. Mai stattgefunden und ergeben, daß der NeichSsinanzminister mit allem Nach druck fordere, daß jede überstufung sächsischer Beamter über NeichSbeamte, soweit sie nicht in Besonderheiten drr sächsischen Verhältnisse un- zweideutig begründet sei, unterbleibe. Er habe hieran nicht nur ein Interesse auS Rücksicht aus die Rcichsbramten, für die zurzeit jede Besser stellung durch die Finanzlage des Reiches voll kommen ausgeschlossen sei, sondern auch in Rück sicht ans die drohende RücktrittSbewrgung unter den vom Reiche übernommenen früheren Staats beamten. Die sächsisch« Regierung stellt« sich auf de« Standpunkt, daß diese Erklärung des NeichS- smanzministerS die ernsteste Erwägung des Aus schusses verdiene. Man müsse sich darüber klar werden, in welchen Punkten man eS auf die schiedsgerichtliche Entscheidung ankommen lassen wolle, und müsse versuche«, diese Punkte auf eine möglichst geringe Zahl zu beschränken. Sei schon gegen die Regierungsvorlage in zahlreichen Punkten Widerspruch des Reiches mit Sicherheit zu erwarten, so erscheine eS durchaus bedenklich, weitere Höherstufungen vorzunehmen, sofern diese ossenbar die «rnndsätzr der ReichsbesoldungS- ordnung verletzten. Die Regierung sei selbstver ständlich bereit, in eingehender Einzelberatung mit dem Ausschuß zusammenarbeiten, um etwaige Un stimmigkeiten der Vorlage zu beseitige«, sie müsse aber davor warnen, durch umsangreiche Be rücksichtigung weitgehender Wünsche nutzlose Ar beit zu leisten und Zeit zu verlieren. Die Be amtenschaft habe ein dringende» Interesse an einer baldigen Verabschiedung der Vorlage, daS umso schwerer wiege, wenn man die allgemRue politische Lage und ihre künsttge« finanzielle« Wirkungen inS Auge fasse. Bliebe« eine große Reihe von Punkte« offen, die durch daS RcichS- schicdsgericht erledigt werden müßten, so bestehe dir Gefahr, daß die Vesoldungsordnung auch in den nichtbranstandeten Pnnkten des Zusammen hangs wegen nicht vor Herbst i« Kraft gesetzt werden könnte. Die Regierung bittet daher, un verzüglich in die Einzelveratung einzutreten. Ler Ausschuß nahm zu dieser Regierungs erklärung eingehend Stellung Vo« verschiedenen Seiten wurde ans Grund derselbe« festgestellt, daß bei einer solchen Stellungnahme des Reiches ei« selbständiges Arbeiten deS Landtages und des Ausschusses und die Schaffung einer den Wünfchcn des Landtages voll entsprechende« sächsischen Besoldungsordnung überhaupt nicht möglich sei. Demgegenüber betonte die Regierung, daß immerhin dir Berücksichtigung sächsischer Be- sondcrheiteu gefordert werde« könne, daß sie «ach wie vor bereit sei, die Vorlage auch Berli« gegenüber nachdrücklichst zu vertrete«, u«d hierzu die Mitwirkung des Landtages erbitte. Der Ausschuß beschloß hierauf, nachdem auch den Fraktionen noch Gelegenheit gegeben ist, heute nachmittag zu dieser Regierungserklärung Stellung zu nehme«, i« der morgige« Sitzung a» brr Hand der Petitionen nnd der von de« Be- richterstattern «nd Fraktionen formulierten Anträge in bi« Etnzelberatnng einznireten. Die »er relbstsch«-orga«isatte>eA. Berlin, »». «ai. Die Frist fNe hie über «ichn«, der Liste der an fzuläsende« vrga«tsa. «mmr »trd, wie wir h»re«, »«»gehakte» werde». Die bayerischen Einwohnerwehren. Eine Erklärung v. AahrS. München, 31. Mai. In der heutigen Sitzung des Slaatshaushaltsausfchusses des Land tages gab der Ministerpräsident v. Kahr über die Einwohnerwehrfrage folgende Erklärung ab: Die bayerische Regierung ist in Übereinstimmung mit der Reichsregierung entschlossen, in Erfüllung des Ultimatums in der Entwaffnung der Einwohner wehr das möglichste zu tun, wobei die Termine tunlichst eingehalten werden. Dagegen hat sie sich nicht entschließen könne», ihre bisherig« Auffassung auszugeben, daß die Einwohnerwehr nicht unter die Artikel 177 und 178 des Friedensveitrages und nicht unter das Gesetz vom 22. März 1921 fallen. Die Reichsregierung wurde gebeten, diese Auffassung den verbündeten Mächten mitzutcilen und nach Möglichkeit zu vertreten. Diese habe sich bereit erklärt, je »ach der Stellung des Ver bandes wird die Reichsregierung die weiteren Entscheidungen von sich aus treffen, wobei eine loyale Stellungnahme der Staatsregierung selbst verständlich ist. Weitere 50 Millionen Goldmark. Berlin, 31. Mai. Das Reichsfinanzministe- rium teilt mit: Der Reparationskommijsion werden heute in Paris weitere 50 Millionen Goldmark in Devisen als zweite Anzahlung aus eine Milliarde Goldmark angeboten, jodaß also jetzt insgesamt 200 Millionen Goldmark angezahlt worden sind. Keine britische Lsseustve in Kleinasien. Paris, 30. Mai. Nach einer Havasmeldung aus Athen wird dort die türkische Mitteilung vom Beginne einer britischen Offensive in Kleinasien entschieden in Abrede gestellt. Tie Berhaudlunsien über Lberschlesien. London, 30. Mai. „Daily Telegraph" zu folge hat die britische Regierung dem französischen Ministerpräsidenten vorgeschlagen, morgen oder übermorgen nach Boulogne eine Konferenz zwischen den ersten Ministern Englands und Frankreichs sowie dem italienischen Botschafter in Paris abzuhalten, um die Einzelheiten des Sachveiständigenausjchuffes zu regeln, dessen Bericht innerhalb einer Woche oder zehn Tagen nach der Zusammenstellung des Ausschusses einer Vollsitzung des Obersten Rates unterbreitet werden könne. Laut „Daily Mail" hat die britische Regierung dem französischen Vor schläge, einen neuen Sachverständigenausschuß zu ernennen, noch nicht zugestimmt. Die fünfte Koufere»; der Union für den Völkerbund. Genf, 30. Mai. Die Eröffnungssitzung der 5. Konferenz der Union für den Völkerbund findet am 26. Juni in Gens statt. Präsident Schultheß wird an ihr teilnehmen und eine wichtige Rede halten. Die Sitzung, die unter dem Vorsitze von G. Ador stattjindet, ist öffentlich. Ungefähr 150 Dele- gierte aus 20 verschiedenen Ländern werden an- wesend sein. Die finanzielle Wiederaufrichtung Österreichs. London, 30. Mai. Der Finanzausschuß des Völkerbundes hat die Untersuchung über die finan- zielle Wiederaufrichtung Österreichs abgeschlossen. Als Grundbedingung erachtet er die Reform der Währung durch eine unabhängige Emissionsbank, möglichst baldige Herstellung des Gleichgewichts des Staatshaushalts und sofortige Mobilisierung einer inneren Anleihe in beträchtlicher Höh«. Die oberschlefische Grenz- rcgelung. Pari», 30. Mai. In französischen Kreisen hat man die Zustimmung der englischen Regierung zum französischen Vorschläge über eine Sachverständigen- und Untersuchungskommission für die oberschlesische Grenzregelung sehr günstig ausgenommen. Diese Kommission soll das Ergebnis der Abstimmung vom 20. März 1921 sowie die wirtschaftliche und geo graphische Lage der Ortschaften berücksichtigen. Man ist jedoch in Paris der Ansicht, daß eine vorhergehende Versammlung des Obersten Rates nicht erforderlich sei, um diese Kommission zu be stimmen. Die Volksbefragung in Salzburg. Salzburg, Z«. Mai. DaS Gesamtergebnis der BolkSabstimmnng i« Salzburg ist folgendes: Abgegeben wurde« lv40W Stimmen, von denen IVSW0 ans Ja «nd 80« e«f Nein laute«, wäh- 29« ungültig sind. Somit übersteigt die «ahl- veteilignng Proz. aller Stimmberechtigte«. Aussperrung im Baugewerbe. Halle, 31. Mai. Zur Abwehr der Ausstands bewegung im Baugewerbe, die in der Provinz Sachsen und in Anhalt im Gange ist, sperrte der Arbeitgeberverband für das Baugewerbe heute 12 000 Bauarbeite, im Regierungsbezirk Merseburg und in Anhalt au», darunter 8000 im Leunawerk. Die Bergarbeiterbewegn»g i« London, 30 Mai. Im Unterhaus« erklärte Llovd George, die Regierung beabsichtige nicht, em Zwangsschiedsgericht zur Beendigung de» KvhlenstreikS einzusetzen. Er erklärt« ferner, daß eine Verstärkung der Kräfte der Kron« in Irland in Aussicht genommen sei. Briand empfiehlt Mäßigung. Paris, 30. Mai. In der heutigen Sitzung des Senats wurde über das Budget der von Deutschland zurückzuzahlenden Ausgaben beraten. Der General- berichterstatter Cheron erläuterte den Bericht und sagte, die budgetere Lage sei so, daß noch in diesem Jahre 37 Milliarden für die Ausgaben gesucht werden müßten, auf deren Erstattung man rechne. Noch im Jahre 1927 müsse man etwa 5 bis 6 Milliarden durch Anleihen auf- bringen. MinistcrpräsidemBriand führte aus: Der Friedensvertrag mache Deutschland zu einem solidarischen Pfand« der Alliierten. Frankreich hätte also Ungelegenheilen gehabt, wenn es sich isoliert ' hätte, und zwar in politischer und finanzieller Hin- i sicht. Gewiß, mit den Alliierten zusammen, im Ruhrgebiete hätte man Einnahmen erzielen können. Die augenblickllche Regierung Deutschlands habe alle ihre Verpflichtungen gehalten und wolle der Welt den Eindruck der vollkommenen Loyalität und des guten Willens geben. Briand ging dann kurz auf die oberschlesische Frage ein, die er etwa in der gleichen Weise wie in der Kammer behandelte. Sodann hob er hervor, von welcher Bedeutung es für Frankreich sei, die Allianz ausrechtzuerhalten und daß eS von Wert sei, angesichts des guten Willens Deutschlands Mäßigung zu zeigen. Al im Verlaufe der weiteren Aussprache General Hirschauer die vollkommene Entwaffnung Deutsch lands forderte, namentlich hinsichtlich der Luft schiffahrt, erklärte Briand, die Frage der Sicherheit habe ihn vor allem anderen beschäftigt. Die Organisation in Bayern, wo ein beunruhigender Geisteszustand herrsche, müsse ausgelöst werden. Wenn Deutschland sich nicht wirklich entwaffne, dann werde man handeln müssen. Wenn Deutsch land aber guten Willen zeige, werde man mit ihm normale Beziehungen anknüpfen können. Der demokratische Geist müsse sich in Deutschland ent wickeln Damit wurde die GcnMldebatte ge- s-hloye». Tie Nutznießer des franzö sischen Wiederaufbaus. Von Ernst Neumann. Paris, im Mat Aus dem Trümmerfeld der zerstörten Ort schaften und Städte Frankreichs hat sich immer mehr eine neuartige Geschäftswelt breit gemacht, deren Eigenheit darin besteht, daß sie gut ver dient, ohne etwas Sichtbares dafür zu leisten. Ihr Geschäft ist eS, die für die „Geschädigten' aufgewendeten Millionen geschickt in ihre Tasche« fließen zu lassen oder diesen die bereits erhaltenen Entschädigungen wieder mit Anstand aus der Tasche zu ziehen. Diese Tatsache ist der franzö sischen Öffentlichkeit nicht unbekannt. Mit beißen dem Spott bemerkte kürzlich eine französische Zeitung hierzu: „Panurge, die Figur eines schlauen Kerls bei Rabelais, hatte 63 Arten soviel Geld zu finden, wie er haben wollte, wovon der heimliche Betrug noch die ehrenvollste war. Unsere Zeitgenossen aber, die heut auf dem Trümmer feld« der zerstörten Städte Hausen, kennen tausend und ein Verfahren, um sich aus der Not zu bereichern, wobei die bekanntesten sind: Überschätzung der Schäden, Unterbewertung der Materialien, Ausbeutung der Staatsmagazine, ge schickte Übertreibungen, Ausnutzung von - Be ziehungen, Bestechung der Beamten, kurz, alle Kombinationen eines weiten Gewissens, wofür die Kosten letzten Endes der „Geschädigte" zu tragen hat. Auch vo« amtlicher Seile wird diese Schmarotzerwirtschaft nicht bestritten. Aus der Schar der emsigen Nutznießer deS Wiederaufbaus treten drei Typen besonders hervor. Tas ist zunächst der sogenannte „Archi tekt". Ob der Betreffende, der sich in den zer störten Gebieten so nennt, diesen Titel wirllich verdient, dürfte in den meisten Fällen sehr zweifelhaft sein. Denn di« guten und ehren werten Architekten haben ihren Wirkungskreis im übrigen Frankreich und haben es nicht notwendig, in die Trümmerwüste zu--ziehen. Aber da es in den zerstörten Gebieten einträglich ist, Architekt zu sein, so haben sich plötzlich viele diesen Beruf erkoren, ohne dafür eigens eine andere sachliche Vorbildung wie etwas Schreiben, Rechnen und Reden mitzubringen. Das ist nämlich so: In tausend Verfügungen hat das Mimstenum für den Wiederaufbau die Geschädigten darauf hingewiesen, daß ihre ganzen Sckadenersatzaus- stellungen wie ihre Bauprojekte nur mit Heran- ziehung von sachverständigen „Architekten" zu tätigen seien. Die Architekten müßten für Frank reichs Wiederaufbau die eigentlichen „Techniker" sein. Man bat damit wohl vor allem bezwecken wollen, den Neubauten eine glänzende äußere Form zu geben. Damit waren in den zerstört??! Gebieten die Architekten plötzlich gesuchte Leute, und wo Bedarf ist, stellt sich das Angebot schnell ein. Irgendwo richtet der Herr Gelegenheits- Arckitekt schnell ein Bureau ein. Die Geschädigten kommen zu ihm und übertragen ihm die Ab schätzung ihrer Schäden. Er veranlaßt diese zu einer übertriebenen Schätzung ihrer Ansprüche, denn er hat an der hohen Summe sein eigenes Interesse, da er sich hiervon bestimmte Kom- mission-vrozente einberechnet, stellt dann die Auf rechnung der kantonalen Kommission zur amtlichen Begutachtung zu und steckt seine Gebühren für diese Arbeit ein. Nach Monaten erst bekommt der ahnungslose Geschädigte sein« Aufstellung zurück, wobei die Summe nach amtlich festgesetzten Maß stäben sehr reduziert worden ist. Die zweite Kategorie der Nutznießer ist der sogenannte „Bauunternehmer". Auch hier sind die wirklich tüchtigen und tätigen Bauunternehmer anderswo beschäftigt al» in den zerstörten Gebieten. Aber Kriegsgewinnler und -schieber sind eS zumeist, die in ähnlicher Weise, wie sie e- gewannen, ihr Kapital nutzbringend weiter arbeiten lasten wollen. Sie haben ihr Kapital nicht deshalb etwa für den Wiederaufbau zur Verfügung gestellt, um den Geschädigten zu Helsen oder daS Vergnügen zu haben, nunmehr als „Staatsbankier»" zu gelte«. Sie haben sich dadurch d«n Staat verpflichtet, ihnen bei der durch sie erfolgenden Vefcdaffung de- Material» günstigste Bedingungen zu gewähre» und in der Verwendung weiteste Bewegungsfreiheit zu lasten. Allerdings hatte diese» Geschäft ei» Ende, al» die Gelder knapp zu werden begann«^ di« Aufträge geringer wurden und die Gewin»-