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Romanzencharakter besitzt das anschließende G-Dur-Larghetto, dessen erstes Thema, von gedämpften Streichern angestimmt, zu den Hörnern, Klarinetten und Fagotten überwech selt und von Passagen und Trillern der Solo violine kommentiert wird. Ein zweites lyrisches Thema gesellt sich nach einem Höhepunkt hin zu, von der Geige vorgestellt. Mit einer Kadenz leitet das Soloinstrument zum Rondofinale (Allegro) über und über nimmt sogleich mit einem fröhlichen, drei klangsbetonten Hauptthema die Führung, die es nunmehr durchgehend dem „Refrain" des Orchesters gegenüber beibehält. Der tänzeri sche Elan diese" Satzes, der formal zwischen Rondo und Sonoiensatz steht, durch heitere und auch lyrische Episoden und Einfälle auf gelockert, ist von geradezu mitreißender Wir kung. Die virtuosen Lichter des beglückenden Finales erzeugen den Eindruck eines bunten Wirbels. Mit energischen Akkorden verklingt das Werk. Wie sehr Jean Sibelius danach strebte, das sinfonische Erbe der Klassik, zumal Beet hovens, in eigenen Arbeiten fortzuführen, be weist seine 5. Sinfonie Es-Durop. 82 in besonderem Maße. Sie entstand in den Jahren des ersten Weltkrieges. Am 8. Dezem ber 1915, am fünfzigsten Geburtstag des Kom ponisten, der in Finnland als Nationalfeiertag begangen wurde, kam sie in erster Fassung zur Uraufführung. Die Arbeit war Sibelius nicht leichtgefallen. „Ich war unsicher, ob ich die 5. Sinfonie beginnen sollte. Ich habe überhaupt viel darunter zu leiden gehabt, daß ich darauf beharrte, Sinfonien zu schreiben in einer Zeit, als nahezu alle Tonsetzer sich anderen Aus drucksformen zuwandten." Nach der Urauffüh rung arbeitete der Komponist weiter an der Sinfonie. Nachdem er sich 1916 auf eine Kon zentrierung des Werkes beschränkt hatte, be gann er 1918 eine zweite Umarbeitung: „Die V:te Sinfonie in neuer Form — so gut wie neu komponiert, beschäftigt mich gegenwärtig. Satz I völlig neu, Satz II an den alten erin nernd, Satz III an den Schluß des alten l:ten Satzes erinnernd, Satz IV die alten Motive, aber in der Ausarbeitung kräftiger. Das Ganze eine, wenn ich so sagen darf, vitale Steigerung auf den Schluß hin. Triumphal." November Ton- und Bildaufnahmen während des Konzertes Programmblätter der Dresdner Philharmonie Spielzeit 1990/91 Chefdirigent: GMD Jörg-Peter Weigle Redaktion: Dipl. phil. Sabine Grosse Verfasser der Einführungstexte: Ravel: Michael Stegemann im Wunderlich-Konzert- 1919 war die Arbeit beendet. In hervorragen der Weise ist diese Sinfonie, nicht zufällig in Beethovens „heroischer" Tonart stehend, Zeug nis für Sibelius' „kraftvollen, unter Schmerzen erkämpften Optimismus in arger Zeit, ein er hebendes Zeugnis für einen unüberwindlichen Glauben an die ewig erneuernde Kraft des Lebens" (Karl Ekman). Von schwerem Ringen zeugt der originell an gelegte erste Satz (Tempo molto moderato - Allegro moderato), in dem zwei Sätze zu sammengefaßt sind. Er beginnt als langsamer, schwerblütiger Sonatensatz, um dann „poco a poco stretto“ Züge des Scherzos anzunehmen. Im Schlußteil, mit einem 90takligen Orgel punkt b-es in Hörnern und Kontrabässen, wird bereits das Ziel, die sieghaft-optimistische Grundhaltung, erreicht, die dann im Finale volle Gestalt erhält. Der überwiegend verhaltene Andantesatz (An dante mosso, quasi allegretto) bringt zuerst ein lyrisch-poesievolles Intermezzo, dessen schlichtes, liedhaftes Thema dann im weiteren variiert wird. Im Finale (Allegro molto) baut Sibelius ge waltige Steigerungen majestätisch-heroischer Art auf, denen ein hymnisches Thema der Hör ner und ein Holzbläsergedanke (mit Violon celli) zugrunde liegen. Wie in früheren Sinfo nien hat Sibelius auch hier diese Themen be reits in den vorhergehenden Sätzen keimhaft angedeutet, um sie nun im Finale voll auszu bilden und in ihrer Bedeutung zu profilieren. Diese musikalische Arbeitsweise des Sinfoni kers hat etwas zu tun mit dem „Schmieden an der ethischen Linie", über das er als Arbeits prinzip selbst geschrieben hat. VORANKÜNDIGUNG: Sonnabend, den 19. Januar 1991, 19.30 Uhr (Anrecht B und Freiverkauf) Sonntag, den 20. Januar 1991, 19.30 Uhr (Anrecht C2 und Freiverkauf) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 4. Zyklus-Konzert Dirigent: Jörg-Peter Weigle Solistin: Daphne Evangelatos, Mezzosopran Werke von W. A. Mozart, A. Evangelatos, M. de Falla und J. Sibelius sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. führer, Rowohlt, Hamburg, 1987; Beethoven: Prof. Dr. Dieter Härtwig; Sibelius: Hansjürgen Schaefer im Konzertbuch Orchestermusik, Deutscher Verlag für Mu sik, Leipzig, 1974 Druck: Mitteldeutsche Druckanstalt GmbH Heidenau Preis: —.50 DM