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den recht versponnenen balladesken Text, den sich Mahler nach der Sage vom „Singenden Knöchlein", die er in Ludwig Bechsteins „Neu em deutschen Märchenbuch" gefunden hatte, etwas abgewandelt selbst schrieb: Ein Spiel mann findet ein Totenbein im Wald und schnitzt sich eine Flöte zurecht. Als er zu bla sen beginnt, erklingt der Knochen selbst und klagt einen Mörder an, den König, der den eigenen Bruder erschlug. Die Klage übertönt den Hochzeitsjubel. König und Königin, auf gestört beim Hochzeitsmahl, werden gerichtet. Das Schloß versihkt. Die eigentliche Kain- und Abel-Geschichte von den beiden Brüdern, die, um die stolze Königin und die Krone zu gewinnen, eine rote Blume finden müssen, um derentwillen der Ältere den Jüngeren tötet, wird im ersten Teil des Werkes, Waldmörchen, erzählt. Trotz des noch Unfertigen, Unreifen in diesem Jugendwerk - Mahler war gerade 18, als er daran zu arbeiten begann! — zeugt es bereits vom musikalischen Genie seines Schöpfers, fasziniert durch seine klangliche Kühnheit, durch seine packende Schilderung von Vor gängen und Emotionen. Die suggestive Wir kung der Mahlerschen Musik ist hier bereits BETTINA DENNER Geboren in Weimar 1978—85 Studium in Leipzig bei Hermann Christian Polster seit 1985 Engagement am Leipziger Opernhaus; Debüt als Carmen 1984 2. Preis beim Internationalen Johann-Seba- stian-Bach-Wettbewerb 1985 2. Preis und Händel-Sonderpreis beim Opern sängerwettbewerb der DDR seit 1987 Zweitvertrag mit der Deutschen Staatsoper Berlin ; umfangreiche Konzerttätigkeit; Gastspiele in Deutschland, Polen, der CSFR, Schweiz, in Großbritannien, Italien, Öster reich, Japan spürbar. „Wie das Sujet und die einfache, gleichsam .naturhafte' Sprachgestalt die nach mals das Mahlersche Werk, die Lieder wie die Sinfonien, beherrschende ,Wunderhorn'-Sphä- re vorausnehmen, so finden sich in der Musik zahlreiche Wendungen und Klangbilder, die später wiederbegegnen und nun gewisserma ßen ausgeführt werden: im vierten der ,Ge- sellen-Lieder', in der Ersten und Zweiten Sin fonie. Darin erinnert ,Das klagende Lied' auf durchaus merkwürdige Weise an Erstlings werke großer Dichter, etwa an Thomas Manns .Buddenbrooks': Die Motive des dann in Jahrzehnten entstehenden Lebenswerkes sind hier schon vorhanden, keimhaft, doch von un wiederholbarer Frische und Eindringlichkeit. Was dann kommt, ist ,nur noch' Entfaltung, Anreicherung, Vertiefung dessen, was jugend lich-genialische Phantasie zu entdecken und zu enthüllen verstand. Daß Mahler seines .Erstlings' allezeit geradezu wehmütig-zärtlich gedachte, hat vielleicht mit solcher Ursprüng lichkeit zu tun." (Mathias Hansen) Die bei Mahler so faszinierenden Gegensätze wie Heiterkeit und Ernst, Poesie und Volks ton, tragischer Ton und Ironie sind sämtlich im „Klagenden Lied" schon angelegt. Denkbar