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SächsischeSlaatszeUung Staatsaryeiger für den Zreistaat Sachsen Dienstag, 18. Januar Nr. 13 1921 Ankündigungen: Die 32 nun breite Grundzeile oder deren Raum im Ankündigung»- teile 2 M., die 66 rau» breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 4 M., unter Eingesandt SM. — Ermäßigung auf Geschäftsanzeigen. Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. Erscheint Werktag» nachmittags mit dem Datum de» folgenden Tage». Bezugspreis: Unmittelbar oder durch die Postanstalten 5 M.monatl. Einzelne Nrn. 20 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295, Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Synodal-Beilage, Ziehungslisten der Verwaltung der Staatsschulden und der Landeskulturrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der Landes-Brandversicherungsanstalt, Berkaufsliste von Holzpflanzen auf den Staatsforstrevieren. Beauftragt mit der Oberleitung (und preßgesetzlichen Vertretung für den schriftstellerischen Teil): Regierungsrat Doenge» in Dresdem Korliiufiqer Abschluß der Berhand- lnnftkn wegen Übertragung der Wasser straßen ans das Reich. (X.) Die Verhandlungen zwischen Vertretern der Reichsreglenmg und der Länder über Uber« traguug der dem allgemeinen Verkehr dienenden Wasserstraßen auf datz Reich, welche am lü. Januar in Dresden begannen, find ununterbrochen bis zum 15. Januar fortgesetzt worden und haben nnnmehr einen vorläufigen Abschluß gefunden. Bei der überaus großen Schwierigkeit des Stoffes und namentlich im Hinblick auf die weitgehende Verschiedenartigkeit der wasserrechtlichen Be stimmungen in de« beteiligten Ländern war es nicht möglich, über alle Einzel heiten schon jetzt volles Einverständnis zu erzielen. Jedoch ist in den Hauptpunkte« eine Einigung gelnngen, und die Durchführung der Bestimmungen der Reichsverfasfung, wonach die dem allgemeinen Verkehr dienenden Wasserstraßen spätestens am 1. April 1V21 auf das Reich über- zugehen haben, kann als gesichert angesehen wer de», vorausgesetzt, daß die Regierungen und Volksvertretungen den getroffenen Vereinbarungen zustimmen. Hiernach sollen die Verwaltnngs- piftändigkeite« der Landeszentralbrhördcn hin- ichtlich des Banes, der Unterhaltung, des Bc- niebes und der Verwaltung der zu übertragen- sen Wasserstraßen einschließlich der Strom- und Schiffahrtspolizei und hinsichtlich der sonstigen auf den Verkehr bezüglichen Befugnisse sowie hinsichtlich der Seezeichen und des LotfenweseuS ab 1. April AM auf da- NrtchHverkrhrbmintsterinm über gehen, wobei aber gewisse administrativ - polizei liche Befugnisse den Landeszentralstellt« ver bleiben; die einstweilige Verwaltung der Reichs- Wasserstraßen durch die mittleren und unteren Be hörden der Länder erfolgt vom selben Zeitpunkt ab auf «osten deT Reichs und unter Leitung des Reichsverkehrsministeriums. Diese und eine An zahl anderer Vereinbarungen sollen in Gestalt eines Staatsvertrages Geltung erlangen; seine Ergänzung dnrch weitere Vereinbarungen, welche die noch nicht geregelten Einzelheiten umfassen werden, bleibt für die nächste Zukunft Vorbehalten. Zuchthausstrafe für Schleichhandel. (I,. ?. ä.) Nach Reichsgesetz vom 18. Dez. 1920 wird Schleichhandel, vorsätzliche Preistreiberei und vorsätzliche verbotene Ausfuhr lebenswichtiger Gegenstände in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bis zu 15 Jahren und mit Geldstrafe, deren Höchstmaß unbeschränkt ist, bestraft. Als besonders schwerer Fall gilt stets schon das Unter nehmen, Vieh, Lebensmittel, Futtermittel oder Düngemittel ins Ausland zu verschieben. Im Urteile muß erkannt werden auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, auf Zulässigkeit der Po- lizeiaufsicht, Einziehung der Transportmittel und der Gegenstände, auf die sich die strafbare Hand lung bezieht, schließlich auch auf Untersagung des Handels mit Gegenständen des täglichen Bedarfs. Die lebenswichtigen Gegenstände, bereit verbotene Ausfuhr unter hohe Strafe gestellt ist, sind in einer Bekanntmachung des Rcichswirtschaftsministcrs vom 27. November 1919 (RGBl. S. 1919) auf- geführt. Rückgabe der deutschen Kabel? London, 17. Januar. Einer hiesigen Blätter- meldung zufolge ist man in diplomatischen «reisen der Ansicht, daß die Vereinigten Staaten von Amerika die Rückgabe der vormalS deutschen Sabel an Deutschland Vorschlägen würden. Verbsw-stag der Gewerkschaft Teltscher Eisenbahner. Die Gewerkschaft Deutscher Eisenbahner, Landes gruppe Sachsen, hielt gestern in Dresden einen außerordentlichen Berbandstag ab, um zu dem Ergebnis der Verhandlungen mit der Reichsregierung Stell»««- zu nehmen. Die Versammlung war außeranbenttich stark besucht. E. Roth au» Berlin, der al» Mitglied des SechzehnerauSschusseS an ML« Verhandlungen teilgenommen hatte, erstattete Am Beacht. Mach mehrstündiger Aussprache wurde Der Regierungswechsel in Frankreich. Perets Verzicht. Paris, 16. Januar. Kammerpräsident Pcret hat dem Präsidenten Millerand mitgeteilt, daß er die Bildung de? Ministeriums nicht übernehmen könne. In einer von Havas veröffentlichten Note heißt es über die Gründe des Verzichts, Pcret sei auf Grund gestern vormittag er folgter Besprechungen zu dem Schluß gekommen, daß ein Kabinett, dem Männer wie Poincars und Viviani ihre Mitarbeit nicht gewähren könnten, nicht mehr den Charakter der nationalen Einigung besitzen würde, den er ihm von Anfang an habe geben wollen, und daß einem solchen Kabinett die unentbehrliche Voraussetzung der Dauerhaftigkeit fehlen würde. Ter Kammerpräsident sei der An sicht, daß er gerade mit Rücksicht auf sein hohes Amt und auf die Einigkeit, die sich bei seiner Wahl am 11. Januar gezeigt habe, nicht das Präsidium eines Ministeriums übernehmen könne, dem infolge seiner Zusammensetzung die Garantie fehle. Er habe daher den Präsidenten Millerand gebeten, die ihm erteilte Mission alsbcendet an zusehen. DaS neue Ministerium Briand. Paris, 16. Januar. Um 6 Uhr abends be gab sich Briand, der nach Perets Verzicht berufen worden war, ins Slysce und unterbreitete dem Präsidenten der Republik die Liste deS neuen Ministeriums. Diese setzt sich folgendermaßen zu sammen: Ministerpräsident und Minister des Äußern: Briand, Justizministcr: Bonnevay, Minister des Innern: Marrand, Kriegs- ministcr: Barlhon, Marineministcr: Guist Ha», Fiuan,-Minister: Paul Tonmcr, Mi nister für die befreiten Gebiete: Loucheur, Kolonialministcr: Sarraut, Minister für öffentliche Arbeiten: Le Trouqucr, Minister für Pensionen: Maginot, Handelsminister: Lucien Dior, Ackerbau minister: Lefevre du Pro, Gesundheitsminister: Leredu, Minister für Unterricht und Künste: Borard. Briand begab sich darauf in das Ministerium für öffentliche Arbeiten, wo eil» Ministerrat in Anwesenheit aller Minister stattfand. Heute abend 9 Uhr werden die neuen Minister dem Präsi denten der Republik vorgestellt. Tie amtlichen Dekrete über die Zusammensetzung des neuen Kabinetts erscheinen morgen früh im Amtsblatt. Im Ministerrat fand ein Meinungsaustausch statt, der morgen früh in einer neuen Zusammen kunft, die für 9 Uhr vormittags augesctzt ist, fortgesetzt werden soll. In diesem Ministerrat werden die Unterstaatssekretäre ernannt werden. Kein britisches Veto. London, 17. Januar. Der diplomatische Mitarbeiter des „Daily Chronicle" ist offiziell er mächtigt worden, das von der französischen radi kale» Presse verbreitete Gerücht, die britische Regierung habe ihr Beto gegen die Aufnahme Poincarös in das neue französische Kabinett aus gesprochen, als falsch zu bezeichnen. Sachverständige in Brüssel. Berlin, 17. Januar. An den weiteren Ver handlungen der Brüsseler Sachverständigcn- koüferenz über die Durchführung der Lieferungen für die Lösung des NeßWationsfiroblemS werden im Auftrage der «eichtzregiernng Hugo Stinnes sowie drei weitere Vertreter der Arbeitnehmer teilnehmen, darunter Lrßler als Vertreter der Bergarbeiter. Lenins Zustand. London, 17. Januar. „Moruingpost" meldet aus Reval: Die dortigen Sowjet kreise geben zu, daß Lenin an Überanstrengung leide. Die Arzte haben ihm eine längere vollständige Ruhezeit an- geordnet. Er soll beschlossen haben, als Gast eines finnischen Kommunistenführers eine Erholungs kur in Finnland durchzumachen. einstimmig eine Entschließung angenommen, in der, es u. a. heißt: Der Berbandstag erkennt an, daß die Unter händler alle Verhandlungsmöglichkeiten restlos er schöpft haben und daß es gegenwärtig unmöglich ist, die Regierung zu weiteren Zugeständnissen zu be wegen. Ter Berbandstag spricht den Verbands leitungen in Dresden nnd Berlin sowie den be rufenen Unterhändlern das volle Vertrauen aus und ermächtigt diese, die eingcleitete Aktion zu Ende zu führen. In später Abendstunde erreichten die Ver handlungen ihr Ende. Die Unruhen in Irland. London, 17.Januar. Nach Blättermeldungen fanden in der vergangenen Woche in Irland zahlreiche Angriffe auf Polizeibeamte und Patrouillen statt. Anr Sonnabend wurden in Corl bei einer Schießerei ein Steuerbeamter ge tötet und mehrere Polizisten verwundet. Ter russisch-persische Vertrag. London, 16. Januar. Wie der „DailyMail" aus Teheran gemeldet wird, sieht der zwischen den Bolschewisten und Persien vereinbarte Vertrag die Aufhebung des englisch-russischen Vertrags von 1907 vor. Persien und Sowjctrußland enthalten sich jeglicher Einmischung in die gegenseitigen inneren Angelegenheiten. Rußland annulliert alle persischen Schulden und tritt Persien die Persische Diskontobank ab, die früher eine Zweigstelle der Russischen Staatsbank war. Ferner verzichtet die Sowjetregierung, wie schon gemeldet, auf die Rußland erteilten Konzessionen. Für den Fall, daß eine feindliche Streitmacht beabsichtigt, Ruß land auf dem Wege über Persien anzugreifen, dürfen die Bolschewisten ausreichende Streitkräfte nach Persien senden. Endlich wird Rußland eine Entschädigung für den durch die letzte bolschewisti- sche Invasion angerichteten Schaden zahlen. Der persische Vertreter in Moskau ist angewiesen worden, den Vertrag zu unterzeichnen. Ernste Bauernunruhen in Podolieu. Kopenhagen, 17. Januar. „Politiken" wird aus Riga telegraphiert: Aus Moskau kom- men Meldungen, daß im Gouvernement Podolien ernste Bauernunruhen ausgebrochcn seien, die von dem ukrainischen Obersten Betjunik geleitet werden. Die Rätcregicrung befürchtet, daß der Ausstand sich auch auf die Nachbargebiete äus- breiten könnte. Die Stimmung unter den Bauen» in der Ukraine ist äußerst erregt. Abdankung desSchah von Persien. Paris, 16. Januar. Wie „Jntransigeant" berichtet, hat der Schah von Persien abgedankt. Auch der „Temps" verzeichnet das Gerücht, be merkt aber dazu, daß die bei der französischen Regierung cingcgangencn Telegramme noch keine Bestätigung dieser Nachricht enthalten, sondern nur melden, daß das persische Kabinet zurück getreten sei. Mißstimmung unter den bolschewistischen Truppen. Kopenhagen, 17. Januar. Der „Berlingske Tidende" wird auS Helsingfors gemeldet, daß in der letzten Zeit unter den bolschewistischen Truppen besonders in Weißrußland sich starke Mißstimmung gezeigt habe darüber, daß trotz des Versprechens der Sowjetregierung die Heimsenduna der Sol- baten nicht begönne,» wurde. Äe Soldaten wurden im Gegenteil zwecks eines neuen Feld zuges vollkommen neu ausgerüstet. Besonders stark sei die Mißstimmung unter dem Roten Heere in Witeb-k. Sie wuchs Anfang Januar derart an, daß eine allgemeine Meuterei ausbruch. Die Soldaten verlangten die sofortige Heimsendung. Die erschreckten Kommissare ließ.» die Führer der Aufrührer sofort gefangennehmen und sie an den Aasernentoren aufhängen. Über die weitere Ent- Wicklung der Lage in Witebsk fehlt bisher jede Reichsminister vr. Hermes über die gegenwärtige Ernährungstage. Wie wir bereits mitgeteilt haben, ist am Sonn abend in Dresden die Konferenz der Ernährungs minister unter Vorsitz des Hrn. Reichsministers vr. Hermes abgehalten worden. Im Anschluß daran gab nachmittags dieser in einer Versammlung der Pressevertreter Ausschluß über die gegenwärtige Ernährung und die vom Reichsministerium für Er nährung und Landwirtschast befolgte Politik. Diese Politik ist von dem Gedanken geleitet gewesen, die große Not unserer Ernährung durch die einfache Maßnahme der Steigerung des An gebots von Lebensmittel»» zu lindern. Unsere Zwangswirtschaft, die wir aus dem Kriege ent nommen haben und noch heute zu einem Teile fortsühren müssen, ist Mangelwirtschaft, und dieser Mangel dauert auch heute noch an. Es mußte daher mit allen Mitteln dahin gestrebt werden, diesen Mangel zu beseitigen. Das wird von zwei Seite»» aus versucht, zunächst durch eine Steige rung der inländische»» Pioduktion und dann dnrch eine Steigerung und Verbesserung der Einfuhr. Uber die Förderung der inländischen Produk tion machte der Hr. Reichsminister im wesentlichen folgende Angaben. Der Rückgang der pflanzlichen und tierische»» Produktiv»» infolge des Krieges war auch nach der Kriegszeit so außerordentlich groß, daß man zunächst daran denke», mußte, den Rück- gang dieser inländischen Produktion anfzuhalten und allmählich zur Steigerung der landwirt schaftlichen Produktion in Deutschland zu kommen. Die erste Maßnahme, die Zu ergreifen war, be stand in einem allmähliche»» nnd besonderen Ab ba»» der Zwangswirtschaft. Die Landwirtschaft zeigte wenig Bereitwilligkeit, die Fesseln der Zwangswirtschaft zu tragen, aber auch die Ver- braucherschast wünschte den Abbau und die Ver einfachung ihres Apparates. Zweifellos hat auf einer ganzen Reihe von zwangswirtschaftlichen Ge bieten die Exekutive vollständig versagt, und so ist an den Abba»» der Zwangswirtschaft herangegangen worden, so aus den Gebieten der Kartvsselwirt- schaft, der Fleischwirtschaft, der inländischen Ol- fruchtwirtschaft. Die Zwangswirtschaft in der alten Form kann nicht dauernd fortgesührt werden. Ihre Aushebung ist zu einem Postulate in der Öffentlichkeit geworden, und viele Kreise im Par lamente haben sich dafür ausgesprochen. Ein endgültiges Urteil dafür, daß die Abschaffung der Zwangswirtschaft im Interesse der Verkäufer liegt, kann noch nicht gegeben werden. Aber es werden schon eine Reihe von Vorteilen bemerkt wie der Rückgang des Schleichhandels und die Einstellung deshamstcrverkehrs. Es sind aus demWcge dcsAbbaus der Zwangswirtschaft infolge der Steigerung der eigenen Produktion bessere Verhältnisse für die Landwirtschaft und die Verbraucherfchast geschaffen worden. Der» Vorwurf, als ob die Politik des Ernährungsministeriums sich in alten Kreisen fort« bewege, weist vr. Hermes zurück. Für die Steigerung der inländische»» Produk tion sind noch von Wichtigkeit die bessere Ver wendung von Kunstdünger und die Verbilligung von Futtermitteln. Mit theoretisch ausgeklügelten Systemen kommt man hier nicht vorwärts, inan muß nach cinsachen Grundsätzen versahren und klare, an die praktische Ersahrung angepaßte Maß nahmen treffen. Der Hr. Reichsminister berührte dam» die Stickstoff-, die Phosphorsäurc- und die Kalifrage im Zusammenhänge mit der Brotversorgung. Unsere Brotversorgung ist schwierig infolge des dauernden Rückganges unserer Ernten und infolge eines gewissen Versagens der Exekutive. Es ist immer schwieriger geworden, die Gesetze und Ver ordnungen durchzusühren. Aber wir dürfen aus der Schwierigkeit der Brotversorgung nicht den Schluß ziehen,, als ob wir uns nun weiter so durch hungern müßten wie bisher. Daher mußten wir einen starken Zugriff an das Ausland machen. Wir mnßten statt ein paar hunderttausend Tonnen 2 bis 3 Mill, t Getreide für das laufende Jahr einführen. DaS ist gegen da« Vorjahr ein ganz ungeheures Mehr, aber es mußte getan werden, weil wir sonst ganz andere Möglichkeitsfi finferer Er nährung bezüglich des Brotes, in, die Uskhe hätten bringen müssen. In dieser Wkhe ist d»S Reichs-