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233 daß du d«nen Fehler wieder so weit als möglich gut machst." — „Ich meine auch, du wärest es dir und uns schuldig, Therese," sagte die Frau in einem Lone, der freilich viel milder klang, als der des Vaters. Therese ließ langsam die Hand von den Augen sinken, die voll schwerer Thränen standen. Ihr Gesicht war sehr schön, aber sehr bleich und der Zug des stillen Grams in demsel ben nicht zu verkennen. „O Baler, o Mutter!" sagte sie schmerzlich, „habe ich denn noch nicht genug gebüßt, noch nicht genug Leid getragen für das, was ihr meinen unverantwortlichen Leichtsinn nennt? Nur Gott weiß es, wie ich vor einem Jahre in der Christwoche gelitten und gerungen habe; nur er kann ermessen, mit wie viel tausend Thränen ich euch in meinem Herzen schon das Unheil abgebeten, das ich über euch gebracht, ohne es zu wollen. Habe ich flicht gearbeitet " „Schon gut! schon gut!" unterbrach sie der Vater, „aber gerade weil ich sehe, wie du dich härmst und quälst, will ich haben, daß dem Leid ein Ende wird!" — „Vater, lieber Vater! du weißt ja, was ich ihm in jener entsetzlichen Nacht versprochen!" — „Possen!" eiferte gelassen der Eisenmeister, „Possen, wie sie in den verrückten Köpfen junger Romanheldinnen stecken, aber nicht im Hirn eines vernünftigen armen Mädchens vor kommen sollen. Du hast dich kirre machen lassen durch sein Studentengesicht, du hast geträumt, er werde vielleicht die Welt erobern, nxnn du ihm forthelfep, und dann wiederkommen, und dir nicht nur sein Rittergut, sondern wohl gar ein König reich mit seiner Hand bieten. Ich habe mich auch getäuscht in ihm und bin Narr genug gewesen, diesen jungen Weltverbesserer für besser zu halten als andere. Zum Henker, wo steckt er denn? Die Amnestie ist bereits so und so lange ausge sprochen, aber er läßt nichts von sich hören noch sehen. Da hast du ein Erempel von der Treue dieser jungen Herren. Verrückt einem einfältigen Mädchen den Kopf, daß sie Vater und Mutter und Amt und Pflicht vergißt und ihm zur Flucht verhilft, und dann denkt er nicht mehr an sie!" Therese weinte leise, aber schmerzlich bei diesen harten Worten des Vaters, dmen sie doch mit Grund nichts entgegen zu setzen wußte. — „Da ist denn doch der Deurer ein anderer Mann," fuhr der ehemalige Eisenmeister fort. „Habe ihn zwar sonst nie ganz leiden mögen, aber ich sehe, er ist ein treu Gemüth, er liebt dich und hält fest^ obwohl du ihn so schnöde abgewiesen. Er hat dir Zeit gelassen, damit du dich von deinem Zrrthum überzeugen könntest, und will dich doch noch, wiewohl du deinen Sinn aus «inen andern gestellt hast. DaS will etwas heißen- Zudem ist der Deurer durch Erbschaft ein wotzlbestellta Mana geworden, und das ist in unsern Umständen,keine Kleinigkeit. Kurz, er hat alles fur„dich Methan und will's noch thun. Er hat geschwiegen gegen feine Pflicht, nur um deinetwillen^ er hat vor der Untersuchungskommission dich und uns geschont, sonst wären wir nicht blos abgesetzt worden. Er könnte vielleicht jetzt meine Stelle haben, und ist abgetreten um deinetwillen, weil man freilich keine solche Eisenmeisterin in der Frohnfeste gebrauchen kann, die den Gefangenen selbst ausdrechen hilft. Siehst du, solch ein Mann ist er!" „Vater, Vater, du kennst den Deurer schlecht," rief Therese. „Er ist ein falsches, böses Gemüth und mir graut vor seiner Liebe. Du weißt nicht, wie er mir damals gedroht, er würde mich und dich vernichten, wenn ich ihm meine Hand nicht reichte. Nur das hat ihn damals stuHkg und vor sichtig gemacht, daß ich ihm sagte, 'er selbst fti hundertmal schuldiger alS du; er habe ja um die Flucht gewußt und seine Pflicht nicht gethün. Da ist ihm erst ein Licht aufgegangen und er ist zaH, mer geworden. Und doch lasse ich mir nicht neh» men, daß er bei der Untersuchung eine Sprache geführt, die dich verdächtigte und macht«, daß du entlassen wurdest." — „Kurzum," versetzte der Vater ärgerlich, „er liebt dich und hat eS durch seine standhafte Bewerbung seither bewiesen; als seine Frau-bist du gut versorgt und uns ist auch geholfen. Ich hoffe, du bist am heutigen Weih nachtsabend vernünftiger als am vorigen und machst, daß er ein freudigem wird. Er erwartet bestimmte Antwort; ich gehe, sie ihm zu bringen." Der Eisenmeiker griff nach Mantel und Hut. Therese, die bisher wie vernichtet gesessen, sprang erregt auf, umfaßte ihren Vater mit beiden. Ar men und-glitt wie gebrochen vor ihm nieder aus die Knie. „Vater, Vater, um's HimmelSwillen geh' nicht, nur heute nicht! " Die Mutter war!» lautes Weinen ausgebrochen und Therese flog jetzt- zu ihr, drückte das Gesicht in ihren Sckoöß ünv rief: „Mutter, Mutter, bitte du den Vater für mich!" Der Vater stand halb ergriffen vor Mit leid, halb vor Auger erfüllt. „O Weiber!" stieß er kurz heraus. In demselben Augenblick klopfte eS an. das Fen ster. Der Vater eilte hin, öffnete Ärch sagte auf eine an ihn gerichtete Frage: „Ja, der bin ich; was steht zu Diensten?" — „Oeffnen sie gesät« ligst, ich habe einen Auftrag," versetzte eine weid, liche Stimme. — Der Elsemmister schloß da- Fenster wieder und eilte nach der Lhüre mit dem