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— 259 — d'rein schlagen will ich/ daß die Fetzen davon flie gen. 'S ist bei meiner Geburt 'ne Verwechslung geschehen 's hat 'n anderer Säugling Schnei der werden sollen und ich bin untergeschoben wor den — das ist die ganze Geschichte. Und daß es der Herr Vetter nur weiß, morgen mache ich mich fremd." (Fortsetzung folgt.) —— Ein Gevatterbrief D?. Martin Luthers. Zu den besonderen Gönnern Luthers gehörte auch der kursächsische Erbmarschall Löser, welchen der Reformator daher zum Pathen seines erstgebornen Sohnes erwählte. Der darüber sprechende Gevat- terbrief, welcher sich im Löser'schen Promptuarium zu Reinharz befindet, lautet folgendermaßen: Gestrenger, Ehrenvester, lieber Herr Gevat ter! Wie ich nächst gebeten, so bitte abermals um unsers Herrn Jesu Christi willen, Ew. Ge strengen wollen sich demüthigen, Gott zu Ehren und meinen jungen Sohn, den uns Gott diese Nacht bescheeret hat von meiner lieben Käthe, förderlich üblich erscheinen, damit er aus der alten Ärt Adams zur neuen Geburt Christi durch das heil. Sakrament der Taufe kommen und ein Glied der heil. Christenheit werden möchte, obu vielleicht Gott der Herr einen Feind des -- Pabstes oder Türkens erziehen wolle. Ich wollte es gern um Bespernzeit taufen lassen, auf daß es nicht länger ein Heide bliebe und ich desto sicherer wäre, Ew. Gestrengen wollen sich ohn- beschwert hier einsinden und solch Opfer Gottes zu Lob vollbringen. Womit ich's wüßte zu verschulden, bin ich willig und bereit. Hiermit Gott befohlen. Amen. Martin Luther. Wittenberg in der Nacht um L Uhr, Mittwochs nach Sct. Pauli, Louo IHA3. Vermischtes. Die russische Regierung wird von fetzt an bei manchem Schönheitsfreunde wieder einen Stein mehr im Brete haben. Sie hat bewiesen, wie das Schöne, was die Natur schafft, von ihr ge achtet wird. Sie duldet nicht mehr die Verstüm melung des schönen schwarzen Haupthaares der bekanntlich durch Schönheit sich auszeichnenden Judenmädchen, sondern sie hat den Befehl erlassen, daß kein Judenmägdlein und Fräulein sich die schönen langen schwarzen Haare abschneihey darf. — So dächten wir auch! Lie ber die rothen Barte der schachernden Later be seitigt, als solchen Schmuck, den Mutter Natur ihren reizenden Töchter verliehen. Irländische Blätter berichten mit merkwürdiger Trockenheit folgenden Vorfall: Ein armer Mann, Namens M'Mahon, der neulich aus dem Kilrus- ' her Armenhause entlassen wurde, starb.Mittwoch. Abends bei Carrigaholt und wurde Donnerstag früh ohne Sarg begraben. Die Leute, bei denen . die Leiche lag, sagen, daß er Mittwoch Abends > vor ihre Lhüre gewankt kam, um Unterstützung bittend; er ging noch ein paar Schritte und fiel um; sie trugen ihn dann in's Haus, Legten ihn auf ein Bund Stroh beim Feuer, und er starb. Sie begruben ihn früh am Morgen,— konn ten keinen Sarg auftreiben. Der TodtenbeschaUer kam am Freitage, ließ M'Mahon ausgraben. Sein Verbiet war: Gestorben vor Hunger. Ließ ihn wieder eingraben. Sonnabends für» der Unterstützungsbeamte aus dem ArmenKrufe, ließ M'Mahon ausgraben, um ihn. auf Be fehl der Vorsteher in einen sarg zu legen; dann wurde M'Mahon begraben. In Baiern scheint es mit der Sittli ch keit im öffentlichen und Privatleben, vornehmlich mit der Jugendbildung trotz, oder vielmehr wohl we gen der anbefohlcnen und anoressirten Frömmigkeit noch sehr übel bestellt zu sein. Wir bringen zum Beleg dafür folgende Mittheilung des Frankfurter Journals aus Oberbaiera vom 19. Mai: Un, langst öffneten an einem Sonntage, als eben der protestantische Stadtpfarrer Volkert zu Ingolstadt die Kanzel betreten hatte, zwei Werktagsfchfllkna- ben (katholischen Aeltern angehöreud) die Kirch, thüre und schrien zum Aergerniffe aller Anwesen den: „Geh' 'raus, lutherischer Hund rc., wenn du dich traust!" Doch gelang es einem Solda ten, der beiden nichtswürdigen Buben habhaft zu werden, um es dem dortigen Bürgermeister v. Grundner möglich zu machen, sie nach Gebühr bestrafen zu lassen. Am letzten Sonntag vor acht Tagen kam es wieder in Gerolfing (ingolstädter Gerichtsbezirks), einem Dorfe, besten äußerst rohe Bursche sehr stark zur Rauflust incliniren, zwischen diesen und Militairpersonen, meist Rekruten de^ Artillerie, einer Dulcinea wegen, der Art zür Schlägerei, daß beinahe das ganze Dorsi, 60 Bauern, mit Mistgabeln, Sensen u. hgl. daS Wirthshaus besetzten und den Kanonieren die Sä bel entrissen, infolge dessen acht Soldaten lebens gefährliche Wunden erhielten und mehre schon ver schieden sind. Der dortige Pfarrer ließ, als die Rauferei bedenklich wurde, zusammenläuten, und der Ortsvorsteher schickte heimlich einen Schnell,