Volltext Seite (XML)
geht und tritt bei dem rohen Maurermeister an die Stelle seines Vaters ein. Als Jacob zurückkommt, ist er nicht mehr trau rig; die Lage der Familie hat das Kummervolle verloren. Der Maurermeister hat ihn auf acht Tage als Stellvertreter seines Vaters zugclassen. „Mein Vater," sagte er mit freudigem Munde und lächelnden Augen, als er wieder in die dunkle Stuben trat, „ruhe aus, erhole dich und fasse Muth! Du darfst noch eine Woche deiner Wie dergenesung widmen, ehe du wieder an die Ar beit zurückkehren mußt. Jemand, der dich liebt, wird unterdessen die Arbeit für dich thun und du wirst deine Stelle behalten." „Gerettet durch einen Freund!..." murmelte etwas ungläubig der Vater, „giebt es denn noch Freunde? Ach, wie wünschte ich Ueß! Es wäre ein Sonnenstrahl in die Nacht des bittcrn Lebens der Armen! Je nun, Alles wird sich am näch sten Montag auf dem Bauplatze aufklären! . . ." Unterdessen arbeitet unser Jacob an der Stelle seines Vaters auf dem Bauplatze. Ach, wie hat sich sein Vater getäuscht! Trotz seiner schmächti gen Gestalt ist er ebenso stark wie ein gereifter Mann; er arbeitet für Zwei. Er zerstößt und zerquetscht den Kalk, er löscht ihn ab und macht ihn an. ' Er steigt die Leiter hinan, flink wie ein Vogel. Er ist keck, vielleicht nur zu keck. Er klimmt auf das Gerüst, klettert oben herum und steigt wieder herab, bald mit dem vollen, bald mit dem leeren Kübel stn der Hand. Der junge Knecht der Maurer ist/überM und Allem gewach sen. Die.chrgMM die. seine Aufopferung kennen, klatMtr 'M den Augen in die Hände, seine Stirne fließen und seisie Haare feucht werden sehen. Welche Freude für Jacob, wenn endlich der Stern am Himmel glänzt und das Tagewerk zu Ende ist! Er kleidet sich auf dem Bauplatze um, macht sich recht sauber und nett und schwatzt Abends im Kreise seiner Familie, um seinen Va ter, der ihn auf der Schreibstube glaubt, zu täu schen, von nichts als Dinte, Federn und Papier, plaudert mit seiner Schwester und erwiedert, wenn seine gerührte Mutter ihm mit den Augen zublin zelt, diesen zärtlichen, gefühlvollen Wink auf die selbe Weise. So vergehen drei Tage und der Kranke steht endlich auf. Er scheint ein neues Leben anzutreten. Am Donnerstag ist er vollkom men geheilt. Am Freitag darf er ausgehen. Es ist Mittag... schon ist er fort. — Aber, unseli ger Freitag, warum hat dich Gott zu Kummer und Trübsal erschaffen! Der Vater, dem die wohlthuenden Strahlen der Sonne neues Leo«,. r„istopcn, geyr geraden Weges auf den Bauplatz. Er will Pein Freund danken, der für ihn arbeitet. O, wie brennt er vor Verlangen, ihn kennen zu lernen! Schon, ist er ganz nahe daran und noch sieht er Niemand das Gerüst herabsteigcn. Aber großer Gott, welche Menschenmenge ist unten um das neue Gebäude versammelt! Meister, Gesellen, Nachbar«,-Alles steht dort beisammen. Er erkundigt sW; hes ist ein Onglüch^geschehen. Ein Handlanger ist herab gefallen. —s Ach, es ist vielleicht sein Freund! Mit von .Kummer zerrissener Seele läuft e? hinzu... Alles weicht vor ihm zurück ... MaU will ihn selbst zurückhaltcn. Aber Hartmaiüv bricht sich mit kräftigem Arme Bahn. O, armer Vater, unglücklicher Vater! Der Freund, der seine Stelle versehen hat, ist Jacob, sein Sohn! Er ist eben vom Gerüst^gefallen und liegt beinahe leblos auf dem blutgerNheten Boden!... Hartmann stößt einen schrecklichen Schrei aus. Alles drängt sich, seinem Sohne zu Hülfe zu eilen. Aber ach, der Arme, der im Todeskampfe liegt, bedarf keiner menschlichen Hülfe mehr. Er seufzt: - ' M „Meister, ich habe die Woche nicht zu Eüde bringen können. Aber im Namen meiner armen Mutter, laßt es meinem Vater nicht entgelten! O, nehmt ihm seine Stelle nickt!" . ' . Und der Vater, der ihn hört, .schlägt sich' vor die Stirne, schreit und weint Jacob'erkennt ihn endlich; er neigt sein Haupt zü'ihm herüber, drückt einige Minuten lang seine Hand in seinen Hän den und lächelt ihm sterbend zu. Hartmanns Stelle wurde nicht wieder besetzt: Man hätte ihm selbst seinen Tagelohn verdoppelt. Es war zu spät! Der Kummer schloß sein Au^ genlid. Eines Morgens trat er eine andere Stellt an, die neben dem Grabe seines Sohnes. Ueber Dlin-enversorgung. (Fortsetzung.) st Anlangend zunächst die Stiftung jenes Fonds, so ist sie auS der betrübenden Erfahrung hervorge» gangen, „daß bei vielen Blinden die Früchte ei ner sorgfältigen Erziehung wieder verloren gehen', wenn sie rathlos und ohne Führer aus dem Schütze der Anstalt in die ihnen fremde Welt zurücktrcten und nach Ablauf ihrer Bildungszeit in der Anstalt unter dem Drucke des tiefsten Elends und ohne ihre Geschicklichkeit vcrwerthen zu können, mit ih, rem ganzen Lebensunterhalte der Barmherzigkeit wieder anheimfallen.^ „Es galt also (heißt eS