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— 2l0 — wieder nach 'der Kreppe zurückgekehrt und stieg sinnend hinab, in der Absicht Therese aufzusuchen. Unter dem Vorwande, als wolle er sich noch ir gend eine Jnstruckion holen, trat er in die Woh nung des Eisenmeisters, sah sich aber vergeblich nach dem Mädchen um. Die Frau Eisenmeisterin sah er mit einer gewissen ängstlichen Geschäftigkeit hin und her laufen und nahm daraus Anlaß, im Tone theilnehmender Besorgtheit zu fragen, ob etwas passirt fei. „Ach Gott!" sagte die Eisenmeisterin, „ick weiß gar nicht, was das Mädchen plötzlich angeflogen hat. Sie wollte in die Ehristmette gehen, und nun ist sie mit einem Mal so elend geworden, -aß sie sich niederlegen mußte. Ihr Kopf brennt wie Feuer, wahrend ihr Körper vom Frost geschüt telt wird. Sie wird doch kein böses Fieber be kommen." — „Bedaure das gute Kind, daß sie einen so schlechten Ehristabend hat," sprach Deu- rer, der die Ursache des Fiebers wohl kannte. „Aber beruhigen Sie sich, solch ein Anfall ver geht meist so schnell als er kommt. Sagen Sie Mamsell Therese, sie solle sich nur ganz ruhig verhalten, dann sei morgen früh sicherlich alles in Ordnung, daS könne sie mir aufs Wort glauben." Das sagte auch die besorgte Mutter dem Mäd chen getreulich wieder, bemerkte jedoch nicht, wie dieses bei dem Namen Deurer von eiskaltem Schauer überlaufen wurde. Welch eine Nacht Therese verbrachte, läßt sich unschwer denken. Sie ^g wie auf der Folter. Jeden Augenblick fürchtete sie zu hören, der Entweichungsversuch des Gefangenen sei entdeckt. Nur Deurers Worte, die ihr die Mutter berichtet und deren Sinn sie wohl verstanden, beruhigten sie auf einen Augen blick. Waö aber Deurer für sein Schweigen und Geschehenlaffen verlangte, das jagte ihr neues Entsetzen ein. Hatte sie doch längst schon Mühe seiner Liebeserklärung auszuweichen, und konnte sich denken, daß er jetzt mit Bestimmtheit ihre Hand als Preis für sein Schweigen fordern werde. Sie litt unsäglich bei diesem verhaßten Gedanken, nicht minder bei dem, daß sie durch ihre That vielleicht Vater und Mutter in's Elend stürze. Sie zitterte, wenn sie dachte, die Flucht des Ge liebten könnte mißlingen, wohl gar sein Leben kosten, und vergoß dann wieder einen Strom von Thränen, wenn sie an seine Entfernung dachte. Diese Liebe mußte das tiefste Leid über sie brin gen, und doch hätte sie nicht um die Welt davon gelassen Sie konnte nicht anders, mochte kom men was da wollte. So meinte sie in ihrer Lei denschaft. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. > Der Hausauszügler, Nachtwächter und Witt wer, Johann Gottfried Merkert zu Nentinanns- dorf bei Pirna, 66 Jahr alt, mit seiner verhei, ratheten Tochter in einem Hause, aber in Unfrie den lebend, starb am vergangenen Charfreitage früh II Uhr, nachdem er die Nacht vorher seinen Wachtdienst im besten Wohlsein verrichtet und Morgens 7 Uhr eine von seiner Tochter bereitete Suppe gegessen unter den heftigsten Schmerzen und Anzeichen der Vergiftung Es hatte die Tochter den Vater durch Gift gemordet. Schau derhafter aber fast noch als der Mord selbst sind die von einer tiefen Demoralisation zeugenden Nebenumstände dieses Trauerspiels. Als der vom Genossenen Gefolterte daheim im Todeskampfe liegt, genießt die unnatürliche Tochter, die Mör derin, mit ihrem Ehemann im Tempel Gottes das Abendmahl des Herrn. Freilich mag sie das Gewissen furchtbar gepeinigt haben, denn sie und ihr Mann, von dessen Theilnahme man indeß noch nicht überzeugt ist und dessen Wissenschaft man nur ahnen kann, zitterten während des Got tesdienstes und beim Liebesmahle des Herrn hef tig und zeigten eine solche Schwäche, daß-Mays ihnen, in Ermangelung eines andern LtärkungS^ mittels, mit einer Prise Taback zu Hülfe kommet» mußte. Aus der Kirche zu Hause angekommen und von dem Todcskampfe ihres Vaters untcrrich, tet, trat sie nicht an das Bett des sterbenden Vaters, sondern kleidete sich erst in einem andern Behältnisse aus. Am Sonnabend wohnte sie der Section und der Voruntersuchung noch bei. Abends entfernte sie sich aus dem Hause und später fand man ihren Leichnam im Wasser. Der Mann sitzt, ist sehr ergriffen und betheuert seine Unschuld. München, 26. April. Im hiesigen Zucht hause wurde gestern ein weiblicher Sräfling von einer andern, die wegen Zerstückung eines Kindes von den Geschworenen im vorigen Jahre zum Tode verurtheilt, vom Könige aber zur Kettenstrafe be gnadigt worden war, auf eine schauderhafte Art ermordet. Beide waren in der Waschküche ver wendet, und während die Eine am Tröge beschäf tigt war, in welchem Lauge gesotten wurde, schlich sich die Mörderin hinter sie und tauchte ihren Kopf in die siedende Lauge, bis sie verbrannt war. Die Geschworenen werden in ihrer nächsten Session durch diese That wahrscheinlich in die Lage versetzt, eine bereits zum Tode Lerurtheilte von neuem eines todeswürdigen Verbrechens schul dig zu sprechen. Unter den fünf Bcutelschneidern, welche das