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— 100 — ling, ist von Sr. Maj. dem Kaiser von Oester, reich , mit dem goldenen, mit der Krone des Franz. Joseph-OrdenS versehenen, Verdienstkreuz decorirl worden.' I'. Freiberg, 24. Febr. Auch von hieraus wird eine Anzahl Männer, die den verschiedensten Zweigen der Industrie und der Mechanik angehö ren, nach London zur Besichtigung der Ausstel lung gehen. Der Eine beabsichtigt sogar einen Abstecher nach Nordamerika zu macken. — Heute verließen uns die 4 österreichischen Uhlanen- vffiziere wieder, die sich seit zwei Tagen hier aufhielten. Sie waren von dem Regiment?, daS in Saatz steht; ihr Besuch galt blos der Kamerad, schäft mit dem hiesigen Offlziercorps. Ich bemerke DieS ausdrücklich, weil man nur zu sehr geneigt ist, selbst in der einfachsten Thatsache irgend eine politische Tendenz zu suchen. Der Besuch wird von hier aus erwidert werden. Die Sächsische Constitutionelle Zeitung berichtet aus Dresden vom 25. Febr.: Die Maßregeln der Großmächte gegen die Schweiz scheinen ern ster zu werden. Bereits 'sind gestern die Papiere der Geschwister Müller, des vormaligen Abg. und Oberlieutenant Hermann Müller und seiner Fräu lein Schwester zu Nieverlößnitz, mit Beschlag belegt worben, um durch dieselben rtwanigen bösartigen Anschlägen der Flüchtlinge in der Schweiz gegen das glücklich gerettete Deutschland auf die Spur zu kommen. ,. Bravo! so ist's recht, wack'rer Dorf barbier! — In seiner letzten Nummer eifert der selbe ganz gewaltig gegen die heillose literarische Natterngeburt, die jetzt als „feuriger Drache", „wahrhaftiger Kartenprophet", „Som nambulagen" u. s. w. überall im Buchhandel florirt und starken Absatz findet, obschon dieses Sckundzeug zu weiter Nichts dient, als den kras sesten Aberglauben zu nähren und das Volk nicht blos um's Geld, sondern, was mehr noch, auch das Einzige, was an das Göttliche der Men- fchennatur erinnert, die gesunde Menschenver- nunft, auf die schamloseste Weise zu prellen. Ueber jene Seelen-Giftmischer und Beutelscknei- der, deren Geldgier solch hirnverbranntes Zeug gleich Giftpilzen aufschießen ließ, schweigen wir, — sie verdienen die Verachtung ihrer Zeit; — aber was soll man zu einem Volke sagen, das an solchem Unsinn Geschmack findet, daran glaubt — und darüber nützliche, das wahre geistige Volks wohl fördernde Schriften, wie z. B die des Zwi ckauer Völksschriften-Derekns, der (hört! hört!) in letzter Zeit die Hälfte seiner Leser ver loren H4t, vergißt ? --- So lange aber das geistige Volksleben derartige Erscheinungen bietet, — so lange schwatze ja Niemand von politischer Volkssouveränität; denn jeder Glaube daran wäre eine Versündigung am guten Geschmack! Ehe ein Volk politisch reif werden kann, muß es sich geistig frei gemacht haben, — woran lei der nicht zu denken ist, so lange der Glaube an „feurige Drachen" rc. im Volke existirt. Wir bedauern nur die armen Buchhändler, welche die Volksoummheit zwingt, solche literarische Wcchsel- bälge in Verlag nehmen zu müssen. — Bruchstück einer Predigt. Der berühmte Kanzelredner, der ehemalige Ober hofprediger Reinhard zu Dresden, hielt kurz vor dem Ldscheiben des vorigen Jahrhunderts, im Jahre 1799 eine Previgt, die, als Muster der Beredsamkeit und treffender Schilderung des Zeit geistes, auch bei dem Scheiden der ersten Hälfte des jetzigen Jahrhunderts gelesen und beherzigt zu werden verdient. Folgendes Bruchstück mag dieses bestätigen. — — „Ick halte es für eine Sache, sagt er, dir sich gar nicht bezweifeln läßt; daß der Geist der Ungedundenheit sich immer mehr zu regen an« fängs. — Besorget nicht, daß ich daS, in der letzten Hälfte des scheidenden Jahrhunderts auf mancherlei Art geschärfte und allgemeiner verbrei tete Gefühl von der Würde der menschlichen Na. tur, die auch im niedrigsten Mitglieds der mensch lichen Gesellschaft anerkannt und geachtet werden muß, anklagen oder tadeln werde! — Es ist ein wahrer Vorzug unsers Zeitalters, daß man immer mehr anfängt, den Menschen nicht nach dem zu schätzen, was er seiner Geburt und seinem Glücke verdankt, sondern nach den selbst errungenen Vorzügen seines Geistes und seines Herzens; daß auch die, welche die bürgerliche Ordnung am tiefsten erniedrigt hat, über ihre Rechte denken lernen und sich als Geschöpfe füh len, die Achtung fordern können. Aber wollen wir die Sache nehmen, wie sie ist, so artet die ses, an sich edle Gefühl, das sich mit jeder guten Ordnung verträgt und vorhandenen Gesetzen sich willig unterwirft, bei unzähligen Menschen in effle Frechheit, in eine Anmaßung wilder Neigungen aus, die alle Rücksichten der Bescheidenheit zu ver nachlässigen, allen Unterschied der Stände zu zer stören, und alle Banden der Pflicht zü zerreißen droht. Ist di« Jugend jemals vorlauter, unbescheidener und leichtsinniger, ist die große Menge jemals, fre»