Volltext Seite (XML)
113 — wider ihn anhängigen Untersuchung, sowohl des halb, als wegen seiner Betheiligung bei der baden- scben Revolution und wegen versuchter Lheilnahme am Dresdner Maiaufstande in erster Instanz zu 10 Jahren 8 Monaten Zuchthausstrafe I. und de- ziehendlich II. Grades verurlheilt worden. Oschatz, 4. März. Gestern Abend ist dem Bernehmen nach der Brandstifter, welcher das Feuer 1842 hier angelegt haben soll, in Ketten hier eingebracht und an das hiesige Landgericht abgegeben worden. Gebe Gott, daß sich die Un schuld der armen Verkannten glänzend heraus- stelle! Pirna, 4. Marz. Der Winter, der seine An, Wesenheit in den letzten drei Monaten so gänzlich verleugnet hatte, daß man von Schnee keine Spur wahrnahm, trat seit dem I. d. M. in voller Strenge ein. Gestern Abend aber brachte er ein fürchterliches Wetter in unsere Gegend. Beim gräßlichsten Sturme kam gegen Abend 5 Uhr ein dichtes Schneegestöber und hielt an bis in die späte Nacht. Leider wurde dieses Wetter gefähr lich für Menschen. Es war gestern Jahrmarkt in Königstein und mehrere Personen und Wagen wa ren auf der Chaussee nach Pirna zurückgekehrt. Bei Struppen warf der Sturm einen Wagen mit Schnittwaaren um. Nachts 11 Uhr brachte man die verw. Sliftsbote Kock, die auf einem Felde 'gefunden worden war, herein in die Stadt. Sie wurde vom nahen Tode gerettet. Noch vermißte man aber die Ehefrau des Herrn Kammmachers Mehnert allhier. Heute früh II Uhr erst gelang es, sie in der Nähe des Kummer'schen Vor- rperks, über der guten Hoffnung, — aber bereits to.dt,— aufzufl'nben. Die Wölfe in -en polnischen Wäl-ern. Unter den polnischen Landbewohnern herrscht der feste Glaube, man dürfe vor den Wölfen, wo man sie auch treffe, nie zurückweichen, sollte man ihre Schaar auch ge waltsam durchbrechen müssen. Zu diesem Aeußcrsten würde es nur bei strenger Winterkalte kommen, wo der Hunger ihnen die Achtung vor der Majestät des Menschen und sei nem Knittel nimmt. Im Sommer weichen sie, wenn auch mit einer gewissen verachtungsvollen Lässigkeit aus. Im mer aber ist es gefährlich, ihnen kühn Trotz zu bieten. Mit einzelnen dürfte man wohl fertig werden, wenn man nicht ganz unbewaffnet ist; allein man findet sie fast im mer in Hellen Haufen beisammen, so daß man aus einen Angriff von verschiedenen Seiten gefaßt sein muß. Zudem ist die Erscheinung dieser Bestien zur Winterszeit der Art, -daß sie auch den beherzten Mann entmuthigen kann. Ge wöhnlich begegnet man ihnen auf finsteren, engen Wald wegen. Einen sieht man in der Mitte des Weges stehen, wie einen Wächter, von den anderen sieht man zu beiden Seiten nur die Köpfe, welche sie aus dem Gebüsch hervor- rccten. So sperren sie dem Ankommettden förmlich den Weg ab. Und in dem Blicke liegt etwas so Tückisches, Mordsüchriges, ich möchte sagen, teuflisch Verbrecherisches, daß man unwillkürlich von einer Schelt gefaßt wird , und mir diesem Blick starren sie die erwartete Beute unverrückt an. Sieht der Wanderer zwanzig Wolfsköps« aus dem Gebüsche hervorgucken, so sind auch gewiß die vierzig roth- funkelnden Augen dieser Köpfe so starr und böswillig, wie die Mündungen von einem Dutzend feindlicher Flintenläufe, auf ihn gerichtet. Ein alter Zimmermann aus Petrikau, der seines Brotes halber täglich Morgens und Abends den Waldweg zwi schen Bialobrzegie nach Zajonna zu gehen hatte, war in der Gegend wegen seiner Abenteuer mit Wölfen und sei ner Ruhe berühmt. Er selbst versicherte, unzählige Male auf Hausen von Wölfen gestoßen, aber nie von den Geg nern zu einem Kampfe gezwungen worden zu sein. „So bald ich sah, erzählte der Mann, „daß mir die Kanaillen den Weg abgrschnitten hatten, nahm ich meinen ansehnli chen Knittel fest in die rechte Hand, die Axt aber aus dem Gürtel und unter den linken Arm, und nun schritt ich scharf darauf los und stierte die Bestien so fest und verwegen an, wie nur möglich. Bis auf eine Nähe von 20 bis 30 Schritten pflegten sie ihre Stellung nicht zu verändern und sich nicht zu rühren, als ob sie felsenfest in ihrem Entschlusse wären. Allein ich trat allemal ohne Furcht darauf los, und nun begannen sie böse und unru- tstg-zu werden, duckten die Köpfe tiefer, borstetrn die Haare empor, krümmten die Rücken etwas, zogen die Schwänze krampfig unter den Leib, knurrten oder winsel ten und gaben mehrere derartige Zeichen der Wuth von sich; zugleich wurden sie aber auch wankend in ihrer Stel lung und trippelten mit den Beinen, und wenn ich nun ganz dicht herankam, so fanden sie für anständig, sich ei nige Schritte zur Seite zu ziehen. Sind sic der Art aus dem Wege gedrängt, so hat man zuversichtlich die Gefahr überwunden und die Thiere entmutigt; doch ist es noch immer nöthig, vorsichtig zu sein. Die beste Vorsicht ist aber, sobald man das Rudel durchbrochen, sich gleich um zuwenden und rückwärts zu gehen, dabei aber die Teu felsbrut fest im Auge zu beharten, bis man ihr völlig aus dem Gesicht gekommen ist. Bisweilen erlauben sich die Thiere, dem Wanderer zu folgen. Sie gehen dann in zwei zerstreuten Haufen zu beiden Seiten des-Wegs, ei len dem Menschen aber nie voraus, sondern folgen ihm nur und halten mit ihm gleichen Schritt. Stachelt sie der Hunger, so versucht wohl bald hier bald dort Einer hcr- vorzubrechen , und es kostet Mühe, sie in Resxecr zu er halten. Wird man verfolgt, so kommt es daräuf an, sie nur so lange von sich abzuhaltcn, bis man eine lichte Stelle im Walde oder einen offenen Platz erreicht Wo die Finstcrniß des Dickichts endet, pflegt auch ihr Muth aufzuyören. Bei der Retirade darf män es nickt wagen, anders als rückwärts zu gehen, und zwar so langsam, als möglich. Ist die Wanderung lang und mühselig, so bleibt man bisweilen stehen. Die Wölfe pflegen dann auch stehen zu bleiben, oder sich wenigstens nur auf ihrer Stelle zu rühren. Jeder von ihnen drückt fick dann gewöhnlich un ter ein Büschchen und umgeht dies, sich gegen dasselbe stemmend und reibend, fortwährend im Kreise, wobei er knurrt und leise winselt, auch wohl vor Wuth in die Ruthe beißt. Die Grimassen, welche die Besiien bei ei ner solchen Gelegenheit schneiden, sind mehr possirlich und verächtlich, als schrecklich. Jede Krümmung des Weges, welche Einen für einige Augenblicke den verfolgenden Menschenfressern entzieht, muß man dazu benutzen, durch Vergrößerung der Schritte die Entfernung zu vergrößern.