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lebenslängliche Befreiung von jeder Pachtsumme zu, und bestimmte, daß nach dem Ableben jener, das Wohnhaus armen Wittwen der böhmischen Gemeinde als Zufluchtsstätte dienen und von dem sonstigen Ertrage des ansehnlichen Gartengrund stücks mittellosen Kindern der nöthige Schulunter richt gewährt werden sollte. Also ist es gehalten worden bis auf den heutigen Lag. —— Der Poltcrabend So heißt in Norddcutschkmd der Abend unmittelbar vor dem Hochzeitstage, an welchem sich Verwandte und Be kannte des Brautpaares im Hause der Braut versammeln, scherzhafte Komödien aufführen, und passende Geschenke dem künftigen Ehepaare darbringen. Eine wobllöbliche Stra- ßenjugend pflegt, wenn die Polizei nicht sorgfältig aufpaßt, bei dieser Veranlassung vor der Hausthür und auch unmit telbar an derselben ein Erkleckliches von altem Geschirr, respective Töpfe und Flaschen, zu zerschmeißen, wozu ver schiedenartige Melodieen theils gesungen, theils gepfiffen werden. — Also mit Gepolter tritt das junge Paar in den Ehestand, bevor sic sich trauen, müssen sie sich etwas vor poltern lassen, vermuthlich, daß die Frau sich schon vor läufig an das spätere Gebrumme des Herrn Gemabls in der Ehe, und er umgekehrt an das Geschnatter der lieben Gattin, — insofern es dergleichen giebt, — beizeiten ge wöhne. Bei den Earaiben, einer honetten amerikanischen wilden Völkerschaft, muß der Bräutigam, bevor er zur Hochzeit schreitet, stark zum Abführen einnehmen, stark schwitzen und schlechtschmeckende Medikamente einnehmen. Dies dient als Vorbereitung und Vorübung für einen künftigen guten Ehemann. Man will ihm dadurch vielleicht andeuten, daß er in der Ehe einen guten Magen haben muß, daß ihm die Frau die Hölle, so zu sagen, —ordentlich heiß machen wird, und daß er manches Bittere zu schlucken be kommen dürfte. Dieses finoet aber in Europa nicht Statt, weil da die Frau vom Altäre an bis — zum Scheiden blos trachtet, dem Manne das Leben zu versüßen. Darum gleicht die Ehe einem Bienenkörbe, wo Fleiß und regsame Thätigkeit herrscht, und immerwährend Honig von den Lippen der Frau träuft, — sollte es auch, wie bei den Bienen, ohne Gesumme nicht abgehen. Wenn wir die Ehe mit dem Theater vergleichen, so wird der Mann in späteren Jahren ein polternder Alter, die Frau aber eine Soubrette, die vor lauter Gutherzigkeit nichts auf der Zunge behalten kann. In diesen Jahren entwickeln sich die großen Redncrtalente der Frauen, ihre scharfe Logik, gewandte Controverse, ihre dialektische Ueber- legenheit, welche es sehr bedauern lassen, daß man sie bis her immer noch von Landtagen ausgeschlossen hat. Vor der Hochzeit, also nach am Polterabend, gleicht die Frau einer langsamen, sacht und sanft dahinsegelnden Schebecke, nach derselben aber einem schnellsegelnden , hoch beflaggten Dreimaster, der rach Befinden auch ein Kriegs schiff wird, und deshalb Geschütz von verschiedenem Kaliber, als z. B. Redensarten, Schmollen, Maulen, Thränen, Seufzer, Klagen, Vorwürfe, Lamentos u. dgl. m., an Bord hat. Der Mann ist ein ruhiger Kauffahrer, an ihm ist eS, seine Kräfte zu entwickeln durch eine heldenmüthige Nothwchr, als da sind durch neue Hüte, Shawls, Pre tiosen, Kleiderstoffe, Ringe, Armbänder ie. Wenn nun so die wechselseitigen Interessen sich verglei chen, so wird Friede geschlossen, und Fregatte und Kaüf- fahrer segeln einige Zeit ruhig nebeneinander, bis etwa ein neuer Sturm sich erhebt, und die Operationen von Neuem beginnen. Auf Alles dieses aber ist der Polterabend die trefflichste Vorbereitung. Das Poltern in der Nähe läßt uns ein entfernteres Geräusch nicht hören, und wer sich eine Zwie bel unter die Nase hält, riecht nicht den Duft der Rosen hecke im Garten. Was nun das Aufführen von Komödien am Polterabend betrifft, so sind selbige nur ein Vorspiel zur darauf folgen den Handlung, und manche Ehe ist nichts als eine lange, große Komödie, ein Rührstück, für die Handelnden zum Weinen, für die Zuschauer zum Lachen, die sich aber bei dieser Gelegenheit auch hinter den Ohren kratzen können. Darum poltert zum Scherze und ihr werdet es ertragen lernen, wenn cs Euch im Ernste gereicht wird! — Vermischtes. Altenburg, 17. Febr. Die Aussichten auf die. dies jährige Winterfruchternte sind nicht die erfreulichsten; es gilt Dies sowohl von dem Getraide als von den Oel» gewächsen, von letztern noch mehr als von crsterm. Hatte schon die ganze dies- und vorjährige Winterwitterung un günstig auf die Saaten eingewirkt, so war Dies doch in den letzten 14 Lagen noch beiweitem mehr der Fall; die höchst ungünstige Witterung während dieser Zeit: am Tage Regen oder Sonnenschein und des Nachts harte Fröste, haben den Saaten wirklich sehr geschadet; ganz besonders gilt Dies von den Oelgewächsen, welche man schon jetzt zum größten Theile verloren giebt. Noch beiweitem nach- thciliger aber als die Witterung hat der weitverbreitete Schnecken- und Mäusefraß, namentlich, aber ersterer auf die Saaten gewirkt. Derselbe war so bedeutend, daß schon im Herbste große mit Winterfrucht bestellte Flächen wieder umgepflügt werden mußten, und im Frühjahr steht dieses Schicksal noch weit größern Flächen bevor. Paris. In dem Faubourg St. Antoine ereig nete sich folgender sonderbarer Vorfall. Mut ter und Tochter wurden zugleich entbunden, Beide von Knaben. Eine einzige Hebamme hatte Beide zur Welt befördert. Als nach einiger Zeit beide Mütter ihre Kinder sehen wollten, war die Heb amme in gewaltiger Verlegenheit, denn sie wußte selbst nicht, welches der Einen, welches.der Andern gehörte. Es wurde daher gezogen, welche von Beiden die Wahl haben solle und daS Loos hat also entschieden, da vor der Präsentation auf der Mairie der Civilstand des Kindes genau sestge« stellt sein muß. Das jetzt in Lübeck liegende österreichische Re giment Erz h erz og Albrecht ist eines der reich sten, wo nicht das reichste in der ganzen österrei chischen Armee. Die in demselben Dienenden sind größtentheils Söhne wohlhabender Aeltern in der Lombardei. Viele sind geborne Mailänder. Die Offiziere, meistentheils Deutsche, scheinen ebenfalls gut bei Kasse zu sein und lassen tüchtig aufgehn. Es wird versichert, daß das Regiment monatlich