Volltext Seite (XML)
Konzert komponiert hatte, zu wünschen übrig. Allerdings konnte er nur wenig dafür, denn Beethoven lieferte das Werk verspätet ab, so dass Clement praktisch vom Blatt spielen musste. Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 4 in B-Dur, op. 60 Gleichzeitig wie die erste Fassung des «Fidelio» herauskam, ent stand die vierte Sinfonie. Sie fand im Frühling 1807 in zwei sich kurz aufeinanderfolgenden Aufführungen die ungeteilte Sympathie des Wiener Konzertpublikums. - Ein schwacher Trost für die Enttäu schungen, die Beethoven nach der «Eroica» und mit dem «Fidelio» erleben musste. Die Vierte ist voll von herrlichen Einfällen, die lockere Folge von Gedanken verleiht ihr den Charakter einer Fanta sie. Das Werk ist von einer heiteren Grundstimmung erfüllt, selten nur geistern Schatten vorüber: ein erster Ausblick in eine musikali sche Romantik. Ein feierliches, in geheimnisvolle Farben gehülltes Adagio leitet das Werk ein. Aus seiner erregenden Klangwelt steigt das frische Haupt thema des ersten Satzes auf. Zwanglos schliesst sich ein kurzes Zwi schenthema an, gefolgt von weiteren thematischen Einfällen. In freiem Spiel der Gedanken treibt die Entwicklung der Durchführung zu. Auch hier gibt es keine Kämpfe, kein dämonisches Ringen um hohe Ziele. Die musikantische Stimmung hält an und bringt immer wieder neue, schöne Gedanken hervor. Nun senkt sich Dämmerung über das heitere Bild: Melodien zerflattem, entlegene Harmonien werden berührt, langsam verstummen die einzelnen Instrumente. Es herrscht Friede auf der Welt, bis die Pauke mit immer stärkerem Rumoren die säumigen Spieler wieder herbeilockt und in der Reprise das ursprüngliche Treiben wieder losgeht. Der langsame zweite Satz - Adagio - entfaltet sich über zwei Themen. Das Hauptthema tragen die Geigen, die schwärmerische Klarinette das Gegenthema. Man wäre versucht, von Sphärenmusik zu träumen. Das anschliessende Menuett trägt Scherzo-Charakter. Die rhythmi sche Eigenwilligkeit des Hauptthemas ist bestimmend für die derb übermütige Haltung des ganzen Satzes. Das Trio als Gegensatz bringt einen heiteren volkstümlichen Gesang. Das Finale zieht wirblig vorüber. Hemmungslose Freude und kraftvoller Humor werden entfaltet. Mozarthaft graziös und feingliedrig ist die Thema tik. Ein herrlicher Kehraus für ein beglückendes Werk.