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170 Gerichtsöfscntlichkeit, gebauten Entwurf ei ner Strafproceßordnung zu bearbeiten und der Ständeversammlung vorzülegen, und so sei man auch-dchnit einverstanden, daß bei Gerichtsöffrnt- lichkeit Beschränkungen sowohl objektiv als sub- sä'liv staltfinden sollten, wobei es vorläufig da hin gestellt und der Vereinbarung der Stände mit der Regierung überlasten bleibe» ^solle, öb der Kreis der Zuzulaffenden oder Auszuscklicßenden positiv oder negativ bestimmt werden solle. Der «Ltaatsminister v. Könnerrtz hatte gegen diesen Antrag kein besonderes Bedenken, da es dann der Regierung frei stehe, die Beschränkungen, welche -sie für die Gerichtsöffentlichkeit ersprießlich finde, geltend zu machen. Das Gutachten der vereinig, ten Deputationen fand auch am 16. Mai nach einer kurzen Debatte in der ersten Kammer gegen 12 Stimmen Annahme. Von der zwei ten ist wohl ein Gleiches zu erwarten, und so ist denn begründete Hoffnung vorhanden, daß die so lebhaft herbeigewünschte Reform in nicht allzu ferner Zukunft in's Leben treten werde. Bekanntlich haben die Juden in Sachsen, noch immer von mancherlei Berufszweigen ausgeschlos sen, kein Recht, zur Advokatur zu gelangen. Das Justizministerium ist indessen befugt, ausnahms- 'weise im Dispensalionswege eine solche Zulassung auszusprechcn, und kürzlich hat sich der erste der artige Fall ereignet, indem das Justizministerium, unter vorheriger Berathung im Gesammtministe- rium und besonverer Genehmigung des Königs, dem auch als Schriftsteller bekannten Reckksc-an- didatcn, Isidor Kaim aus Dresden, die Dis pensation zur Zulassung zu der künftigen Advo katur ertheilt hat. — Er ist seinen Glaubens genossen ein guter Sachwalter. Dresden. Am 10. d Mon. gab die zweite Kammer ein glänzendes Festmahl zu Ebren ihreS Präsidenten Braun, dessen Geburtstag in „Stadt Wien" gefeiert wurde. Die Kammer verehrte ihm bei dieser Gelegenheit zwei silberne Armleuch ter und eine Fruchtschaale. In dcrThat verdient sein Präsidium alle Anerkennung, wie denn über haupt die Präsidentenstühle in beiden Kammern noch nie seit 1833 so gut besetzt gewesen sind, als dies Mal. Der Takt,' mit welchem v. Carlowitz in der ersten Kammer, Braun, ' in der zweiten, Vie Gränzlinie zwischen den Prä- rogativen der Staatsregierung und den Rechten der Kammer überall richtig finden, die Kraft und Entschiedenheit, mit welcher sie dieselbe nach bei den Seiten hin festhalten, die Gewandtheit, mit welcher sie die Verhandlungen überblicken, beherr schen und leiten, die Gegenwart des Geistes und der Scharfsinn, womit sie die nicht selten sehr verwickelten Knoten bei der Fragestellung lösen und die Hauptpunkte hcrausheben, sind bewun- dernswerth. — Zu bestätigen scheint eS sich, daß Se. kgl. Hoheit Prinz Johann den Oberbe fehl über saMmtlicke Communalgardcn nieverge- legt, und demselben dein jetzigen Kriegsminister v. Nostitz-Wallwitz, der sein Portefeuille ab- giebt, überträgt/daß an dessen Stelle der Gene ral-Lieutenant v. Mandelsloh kommt, andere Veränderungen aber im Ministerpersonale nickt eintrcten, vielmehr Justizminister v. Künneritz auf seiner-Stelle verbleibt, die Gesetzentwürfe über die Veränderungen im Gerichtswesen der näcksten Ständeversammlung vorlegcn und zu dem Ver dienst, wesentlichen Antheil an der Reform der Staatsverfassung genommen zu haben, die Re form unserer Justiz hinzufügen wird. Maric-Annc, eine Mutter aus dem Volke. , (Fortsetzung.) An demselben Tage, in derselben Kirche und in derselben Stunde, in welcher Marie-Anne ge traut wurde, -batte auch die Trauung einer jun gen Dame aus de» höheren Ständen Statt ge habt. Es war Sophie von Strahlheim, die dem Baron Bruckvaum ihre Hand reichte und bald nach der Hockzeit mit ihm nach Italien ging, wo er, nachdem sie zu derselben Zeit wie Marie-Arme Mutter geworden war, starb. Sie kehrte nach Deutschland zurück und ließ, um schneller reisen zu können, ihr Kind seiner schwächlichen Gesund heit wegen in der Obhut eines Arztes, den sie am Krankenbette ihres Gatten kennen und schätzen gelernt hatte, und der ihr mit dem Kinde lang samer folgen sollte; aber das Kind starb auf der Reise und mit seinem Tode mußte das große Ver mögen der reichen jungen Wittwe und des Kin des wieder an die Verwandten ihres verstorbenen Mannes zurückfallen. — Die Nacht, in welcher wir Marie-Anne und Bernhard vor dem Findelhause gesehen haben, war dem Tage gefolgt, an welchem der (Arzt, Appiano ist sein Name, zurückgekehrt war. Er liebte Sophie oder vielmehr ihr Vermögen und vor Allem das noch viel bedeutendere ihres Kin des nnd wollte deshalb um jeden Preis ihr Gatte