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«4 Ein Wink des Königs rief den Apotheker her ein. Die Kürbitterin zog sich zu der Gräfin in eint Fenstervertiefnng zurück, und der Monarch sprach zu dem Eintretenden: „Er hat mir etwas zu eröflmen?" — Als sei er von einer propheii- schen Verzückung ergriffen, entgegnete mit schwär merischem Blicke und pathetischem Tone der Ge fragte: „Mein hoher König und Herr! Mehr denn tausend Meilen weit nach Offen hin wohnt ein Volk, das, eifersüchtig auf feine Erfindungen, hartnäckig jedem Ausländer den Zutritt verweigert. Mit Golde fast läßt es sich ein Kunstproduct auf- wiegen, das zeither nur von Regenten zu erkau fen war. Die Hunderttausend«, welche Europa alljährlich durch die Holländer jenem Volke be- zadlte, werden von nun an meinem Vaterlande zufließrn, denn" — hier erhob sich seine Stimme — „Gott hat, nach seiner unendlichen Barmher zigkeit, mich das Geheimniß finden lassen,,aus sächsischem iLvne China s und Japan s theueres Porzellan hervorzubringen!" Hier unterbrach den Redner der erstaunte Fürst mit dem Ausrufe: „Wie? Er hätte wirklich — ?" — „Eine Kiste im Vorzimmer" — fuhr Böttcher ruhiger fort — „enthält die Gefäße, welche, un ter geschicktem Beistände eines treuen Gehülfen gebildet, die Wahrheit meiner Behauptung brwei. sen werden. Noch liegt zwar die Erfindung in der Wiege, allein vielverheißend sind schon die Ergebnisse derselben." ' Der König , voll freudiger Ungeduld, die Kiste herbeigeschafft zu sehen, überhörte fast die letzten Worte. Bald war der Kasten im Zimmer, ge öffnet, ausgeleert, sein Inhalt untersucht, bewun dert, belobt — Die ohnehin nicht strenge Eti- quette ganz bei Seite setzend, hatte sich in Kur zem, auf die schnell verbreitete Kund« von dem frohen Ereignisse, ein dichter Schwarm hoher und niederer Höflinge um die Lasel gereihet, auf wel cher die mancherlei Gefäße aufgestellt waren, die jetzt von Hand zu Hand wanderten. . Der mit Schmelchelworten überhäufte Gold- kinstler war ^gerade beschäftigt, den Monarchen auf ein Paar schön geformte Carafinen von Pur purfluß aufmerksam zu machen, als eia plötzlicher Knall durch daS Zimmer bebte und di« Anwesen den erschreckte. — „Mein Porzellan!" — rief be sorgt der König. — „Ach Gort, die Petarden!" der zitternde Öberbergratb. Jener eilte zur La sel , dieser bohrte sich nach der Thür. Dock Aller Augen richteten sich jetzt auf den verblüfften, kreideweißen Kammerportier, auSdef- s«n linker Rocktasche, zischend und schäumend, ein Champagnerstrahl zur goldverzierten Decke empor fuhr und dem vorangegangenen Stöpsel folgte, der in Begleitung eines Staubregens bereits wie der herabstürzte und auf die glizzernden, gestickten Gallakleider fiel. Das nun ausbrechend«, schal lende, einstimmige Gelächter konnte selbst deS, gleichfalls lachenden Monarchen Gegenwart weder verhindern, noch mildern. —Die unbeschreiblich komische Stellung des schier zusammenbrechenden Armensünders entschuldigte auch in der That den Verstoß gegen die feine Lebensart. „Wie Ew. Majestät sehen," — nahm der Hof- marsMall von Kehr das Wort — „ist die Zeit der Wunder noch keineswegs vorüber. — In der Vorzeit entquoll einst eines Esels Kinnbacken Was ser — heute entfährt der Hüfte eines solchen ed ler Champagner — — ich weiß wirklich nicht, welches von beiden Wundern das größere zu nen nen ist.^ — Neües Gelächter! „Lassen wir den »aktre .stiboeoa" — sprach jetzt der König — „und denken wir lieber darauf, unseren wäckeren Böttcher nach Verdienst zu beloh nen. ä propos! lieber Böttcher! wissen Sie auch, welcher freundlichen Göttin Sie die gegenwärtige Stunde zu danken Haden? — Treten Sie hervor, mein Fräulein! Genießen Sie die Freude,-Ihren Schützling gerechtfertigt zu'sehen." Zögernd gehorcht« Jene. — Wie nun erröthend und verschämt die Liebliche vor dem Adepten stand, war die Reihe des Erstaunens an ihm. Er erkannte ja in ihr sein früheres Idol wieder. Alles Blut drang ihm nach dem Herzen. — Auf ein Kni« niedergelassen stammelte er seinen Dank, wagte er es, auf di« kleine rosige Hand einen Feuerkuß zu drücken. — „Recht so!" — lachte August — „ich hab' es ibr vorhin scboü gesagt, daß das Knieen nur den Männern und nicht den Frauen zukomme. Sie, lieber Böttcher, beweisen meine Rede und verbinden mich darum nur noch mehr." - rr Sehr würde der Verfasser, besonders bei den jungen Leserinnen, verstoßen , wollte er Mtrwahnt lassen, daß noch vor Jahresfrist das reizende Fräu lein von Pleß die Lebensgefährtin des Goldkünst lers wurde. Die Liebenswerthe, über Mittellose, war auch gewiß jetzt leine ungleiche Partie mehr für den in den Freiherrnstand erhobenen Böttcher, der mit seinem schönen Gehalt al- Generaldirek tor der jungen Porzellan- Manufaktur und mit seinem wirderaufblühenden, angenehmen Aeußerrn keineswegs zu verachte» war.