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— 4 — Verchen durch die flinken Hände des Geschäftigen. Zufrieden schaute ihm der Herr durch die GlaS- thür zu. — „Ein Teufelskerl im Arbeiten," — brummte er — „aber ein Erzträumer dabei, der immer in anderen Regionen schwebt!" Nach einer halben Stunde 'standen sämmtliche bestellten Arzneien auf dem Ladentische Dor dem geldzahlenden Herrn. — „Soll ich etwa die Me. dicin zu Steuerraths hinübertragen?"?" — fragte freundlich der Gehilfe. — „Wie Er will!" fuhr der Herr auf. — Fort war Jener. Mit vergnüg, tem Gesicht kam er nach einer Weile wieder. „Nun, hat Er ein Trinkgeld bekommen?" meinte der Herr und sah ihn verwundert an. — „Wie so?" entgegnete Böttcher. — „Weil sein Gesicht wie Kirmeß aussieht!" — Da ward der Gehilfe roth, und kopfschüttelnd sah ihm der Apotheker nach, als Jener die gebrauchten Arzneikasten wie der an ihre Stelle brachte. Jetzt schlug es zehn. Der Herr ging in's Weinhaus zum Frühstück, und Böttcher wußte sich eine Stunde vor ihm sicher. Aus einer Büchse holte tr nun pulvis albillcu»» und überzog damit den gefundenen Knopf, der, nachdem er sorgfäl tig an Vie leere Stelle des Rockes befestigt wor den, yon den anderen Knöpfen nicht mehr zu un- tcrscheiyen war. „Er hat diesen Nachmittag Seinen Ausgang?" sagte der Apotheker, als er mit weingluhendem Antlitz zurückkam. — „Ja, Herr Trumtra!" — entgegnete der Gehilfe. — „Hat Er Geld?" — Berlegen schwieg der Gefragte. — „Wieder Alles verpulvert? — Böttcher! Böttcher! was soll aus Ihm werden? Wie will Er einmal zu einer Apo theke gelangen, wenn Er Sein ganzes Einkom men nur immer verlaborkrt?" — „Ich glaube mein Geld nicht besser anwenven zu können, als wenn ich es zur Vervollkommnung meiner Kunst benutzesagte etwas herbe der Gehilfe. — „Was da, Kunst! Goldmachen gehört nicht zu unserer Kunst." — „Wer will das?" rief unwillig Je ner. „Nie, nie ist mir solches in den Sinn ge kommen. Chemie ist eine herrliche, hochzuehrende Sache- aber ein Adept sein wollen, Narrheit!" — „Gemach,»FreundBöttchers ich lasse mich be lehren. Nun, da ist auch ein kleiner Vorschuß. Ich bin nicht so häßlich, als man denkt." Der junge Mann warf einen Seitenblick auf daS hMelegte Zweigroschenstück, machte aber keine Anfialt^dasselbe in Empfang zu nehmen. „Wie? waS? Er mag's nicht? 's ist Ihm zu gering, nicht wahr? Ja, ja," fuhr er höhnisch fort, „S«n Wahlspruch ist: 4ut Oaeoar, not nil.il! Das Erste wird Er auf keinen Fall; das Zweite ist Er schon und wird's auch bleiben vixi!" Der Gasthof zum preußischen Reiter erfreute sich Samals eines vorzüglichen Zuspruchs, denn in feiner Nähe ließ der König, seiner Gemahlin zu Ehren, das Schloß Charlottenburg bauen. Täglich pilgerten Schaaren neugieriger Berliner hinaus, das wachsende Gebäude zu beschauen.— Auch Obcrsteuerraths wollten heute dahin fahren, wie Böttcher von der Köchin vernommen hatte; Grunds genug für ihn, denselbey Weg bei sei nem Ausgange einzuschlagen. — War es Gewohn heit, Lheilnahme oderemporkeimende Liebe, daß er bei jeder unbeschäftigten Minute seines einför migen, gebundenen Lebens das der Apotheke ge genüber gelegene Haus beäugelt« und jegliche Be wegung der schönen, leidenden Nachbarin beob achtete? Er vermochte sich selbst noch keine Rechen schaft darüber zu geben; genug, er fand ein stil les Vergnügen in dem Anblicke des Fräuleins. So saß er denn, einsam, wartend, vor dem erwähnten Gasthofe in einer Laube, von. wo aus er die Straße übersehen konnte.- Da kam ein Schwarm Kunstgenoffen und anderer junger Leute lärmend herangezogen. Eiligst barg Böttcher sich hinter das dicke Gebüsch; allein sein Unstern wollte, daß jene dieselbe Laube zu ihrer Niederlassung ausersehen Hattens ' „Ha, guten Lag, Böttcher! Feuerphilosoph!" tönte es lachend von Aller Munde. „Was macht der Stein der Weisen? Wie steht's mit der Gold- tinctur?" — „Seht den armen.Schelm," spot, tete Einer, „wie trocken et da sitzt. Die Alche mie muß eine undankbare Kunst sein, wenn sie ihren Priestern nicht einmal ein Viertelmaß Brannt wein zu trinken erlaubt. ^- Brüder! wir wollen ihn freihalten. Hat er den Stein der Weisen ge funden, so lohnt er es uns tausendfach. He, Wirthschaft! Lebenswasser! Hier will Jemand vor lauter Nüchternheit umfallen!" Allerdings hatte während dieser verletzenden Rede eine sehr merkliche Bläffe Böttcher's Gesicht überzogen, die jedoch nur eine Folge seines jetzt ausbrechenden Grimmes war. — „Schufte! nichts, nutzige Kerle, Ihr!" schäumte er. „Weil ich nicht, wie Ihr, in Völler« in den Lag hinein« lebe, sondern -meiner ehrsamen Kunst nachforsche, glaubt Ihr, mich verhöhnen zu dürfen? — Ein Adept soll ich sein? Ja, ja, wenn ich es nur