Zur Einführung In der Adventszeit des Jahres 1734 schrieb Johann Sebastian Bach sechs Kantaten, die für die drei Weih- nachsfeiertage, für Neujahr, den Sonntag nach Neu jahr und das Epiphaniasfest bestimmt waren. Der Zusammenschluß dieser sechs Kantaten führte zu der Bezeichnung „Weihnachts-Oratorium", wenngleich es sich im gattungsgeschichtlichen Sinne keineswegs um ein Oratorium handelt. Dieser Sachverhalt wird offen kundig, vergleicht man Bachs Werk mit den drama tisch einheitlichen Oratorienschöpfungen Georg Fried rich Händels. Der Bachsche Kantatenzyklus ist vom Inhalt her zwar in sich geschlossen, dem musikalischen Aufbau nach aber in selbständige Teile gegliedert, wie es der Bestimmung der sechs verschiedenen Feiertage entspricht. Die eigentliche Weihnachtsge schichte ist dem Bericht des Evangelisten Lukas ent nommen. Das „Weihnachts-Oratorium" ist in großen Teilen keine Originalschöpfung Bachs. Es besteht vorwiegend aus früher geschaffenen Chorsätzen und Arien. Zumindest für die Kantaten 1-4 sind diese Quellen nachweisbar: es sind zwei weltliche Gelegen heitskantaten, gedacht für Geburtstagsfeiern am sächsischen Hof. Diese Huldigungsmusiken wurden bereits 1733 von Bach komponiert und aufgeführt. Dieses sogenannte „Parodieverfahren" entsprach der Praxis der Zeit und wurde stets in der Richtung weltlich-geistlich angewandt, nicht umgekehrt. Schon der prächtig, durch Pauken und Trompeten festlich gestimmte Eingangschor „Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage!", durch Neutextierung des Eröff nungssatzes der Kanate 214 gewonnen, macht dies deutlich. Desgleichen hat die Altarie „Bereite dich, Zion" ihre Urgestalt in der Arie des Hercules „Ich will dich nicht hören" aus der Kantate 213. Hier und dann besonders im Duett für Sopran und Baß „Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen", das auf das Duett Hercules- Tugend „Ich bin deine, du bist meine" zurückgreift, sah sich Bach veranlaßt, inhaltlich bedingte Änderun gen bei der Instrumentierung vorzunehmen. Dagegen vermag die Trompete in der Baßarie „Großer Herr und starker König" die gleiche Aufgabe des Rühmens zu erfüllen, wie in der weltlichen Vorlage „Krön und Preis gekrönter Damen" (aus BWV 214). Selbst die