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Ilm besten »vä?s, Du uähliiest Dir «instcheilen einen Mann, der Dich ernähren könnte^" Auf diese Rede war sie bewußtlos zusammengesunken und der Trompeter war fortgeritten. — — „Gretel," — seu^te er aus seinem Lager im Ge- spenstettzause — „ich will — ja, ich will wieder gut machen, waS ich an Dir verbrochen. Mein Weg führt mich ja nächstens wieder nach Hause, da will ich —" In diesem Augenblicke stürmte es draußen wit- der mit aller Macht gegen die Fenster, und wie Wehruf wimmerte es dazwischen vor der Thüre auf dem Gange. Der Soldat setzte sich aufrecht und stützte sich mit dem Arm auf den Tisch, starr vor sich hinsehend. Lodtenstille trat ein. „Wenn's nur nicht schon zu spät ist!" fuhr er in seinen herüber- und hinüberschweifenven Ge danken fort, und war ihm vorhin in den Sinn gekommen, was ihm sein längst im Grabe ruhen der Vater von dem frommen König Gustav Adolph And seinen Truppen erzählt hatte, so gedachte er nun auch jener schauerlichen Sage vom finsteren Tilly, die sich vis auf den heutigen Tag erhalten hat. Es heißt, der habe sein nahes End« plötz, lich vorausgefühlt, als er nach Leipzig gekommen und dort Kriegsrath gehalten. Das soll nämlich zufällig im Lodtengräberhäuschen geschehen sein, und da ist er beim Anblick der grinsenden Schädel und der weißen Bringerippt bleich, wie diese, und von Stund' an tiefsinnig geworden. Bald nach her ist er am Lech gefallen, von einer Kanonen kugel tödtlich getroffen. Seit der Zeil war über ein halbes Jahrhundert verflossen, doch dem fieberhaft aufgeregten ReiterS- mann, der damals noch lange nicht geboren war, dünkte es nicht anders, als habe er. an der Seite deS grausamen Baiernfeldherrn, den er schon als Knabe feinen Lieblingshelden genannt, erst gestern die furchtbaren Gerippe gesehen, und als sollten fie im nächsten Augenblicke wieder «rscheinen, um nun auch ihm den Garaus zu machen. Die tiefe Stille dauerte fort — selbst daS na gende Mäuslein war ruhig geworden. Da schlug die Glocke vock «lten Kreuzthurm« in der Stadt. Der Trompeter rührte sich nicht, aber erzählte die dumpfen Schläge nach: — Eins— Zwei — Drei — and -sofort bis Zwölfe. „Mitternacht! Jetzt wird der Spuk beginnen»" Bei dem letzten Schlage raffte er sich gewaltsam entschlossen buf und griff nach seinem Säbel. „Mag's Nun kommen, wie'S da will und kann," sprach er vor sich hin — „ich will mich wenigstens nicht wie ein feiger Schuft ergeben." Kaum hatte er Hirse Wort« über di« Lippe, st erhob sich draußen auf der hölzernen Treppe ein polterndes Getöse wie von schweren Reiterstiefeln. „Nun wahrhaftig," dachte der Trompeter mit. todeslustigem Humor, „daS scheinen Gespenster eigener Art. Tragen sie Stiefel und Sporen, so kann man vielleicht auch noch mit ihnen gut fertig werden." Aber VäZ Gepolter mochte nur ein täuschendes Vorspiel sein; denn plötzlich ließ es nach, und dafür ward ein seltsam heulender, hohler Gesang "angestimmt, von einem taktmäßigen Klappern be gleitet, das von Händen herzurühren schien, welche ihres Fleisches längst ledig waren. Auch dieses verdächtige Klappern verstummte, und nach einer langen Pause ertönten aus der Ferne, wie aus einem unterirdischen Gewölbe herauf — drei Trom petenstöße. „Also doch!" dachte unser Trompeter im Sagle zusammenschauernd, und es kamen ihm wieder di« warnenden Worte jenes Hirten in's Gedächtnis Da sprangen plötzlich die Flügelthüren des Ge maches weit auseinander, und herein bewegte sich unhörbar ein langer Zug von sonderbaren Gestal ten. Paarweise schwebten sie an der lteren Wand, dem Kanapee gegenüber, auf welchem der glotzend« Soldat wie angefeffelt saß, dahin und stellten sich schweigend auf. Immer länger wurde der, nach der Kleidung zu schließen, zur Hälfte aus Män nern, zur Hälfte ans Frauen bestehende Zug, bis ihn endlich zwei in schwarze, aber durchsichtig« Mäntel gehüllte Todtengerippe beschlossen, von de- nen daS eine eine Hippe, bas andere eine Sand uhr trug. „Das sind meine Henker!" dachte der Trom peter und konnte sich nicht enthalten, einen schwe ren Alhemzug zu thun, besonders da ein schwüler Modergeruch ihm entgegenweht«» Jetzt erst schienen die Gestalten auf ihn auf merksam zu werden, denn sie sahen einander ver wundert an, deuteten mit Knopfnicken und ande ren Geberden auf ihn und vorzüglich auf seine Trompete, und einige von den unheimlichen Ka valieren verbeugten sich sogar gegen ihre Damen, gleichsam als ob sie dieselben zttm Tanz« auffor dern wollten. An den Kostümen konnte man dl« mannichfüchsten Stände und Rangunterschiede er kennen, die aber hier bunt — wenn man so sagen darf, denn alle Farben waren bleich und mehr oder weniger in's Aschgraue hinüberspielend — durchein, ander gemischt waren. Biele trugen Waffenröck« und Schärpen, Andere goldene Ketten auf der Brust, Mehre sogar Kronen auf dem Haupte. Wieder Andere gingen ungeschmückt und ohne eine Auszeichnung einher.' (Fortsetzung folgt.)