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— 258 — in-er, Umgegend Niemand vermißt wird, so ist der Ermordete wahrscheinlich ein Fremder und mau hat Ursache zu glauben, daß er den höheren Ständen angehöre. Das Entsetzlichste dabei ist, Katz man durch mehrere Umstände gezwungen ist, sozunehmen, daß der Leiche nicht nach dem Tode der Kopf von dem Rumpfe getrennt wurde, son dern daß man den Unglücklichen eben durch das Ablösen seines Halses getödtet habe und sein Blut sorgfältig, aufgefangen worden sei. Diese schau derhafte Barbarei erinnert an eine Unthat, die vor etwa 2t) Jahren in Frankreich begangen wurde und zu einem Prozeß führte, der inHitzig's An nalen ausführlich wiedergegeben ist. Abermals hat die Anhalt'sche Bahn das Mittel zu einem traurigen Selbstmorde barbieren müssen! Am 26. Juli warf sich bei Wittenberg ein Mäd chen, anscheinend der dienenden Klasse zugehörig, etwa 18 — 20 Jahre alt, vor dem ersten aus Kö then eintreffeuden Personenzuge auf die Schienen. Der Maschinist versuchte zwar sogleich zu hemmen, allein es war nicht mehr möglich. Der Bahnräu mer riß der Unglücklichen den Kopf ab und schleu derte den Körper von den Schienen. Die Ursache des Selbstmordes scheint diesmal religiöse Ueber- spannung gewesen zu sein, wenigstens fand man in ihrem Korbe fromme Tractätlein. Wie viel Unheil hat dieses Uebel, diese elende jämmer liche Muckerei, schon angerichtet! Luch das Zscho- pauthal weiß ein Liedchen davon zu singen. In Berlin hat unlängst bei einer Kassenrevi sion einer der Revisoren selbst ein Packet von 3t),000 Thlr. in Kassenanweisungen unterschlagen. Der Unglückliche hat bereits gestanden, daß er das Geld genommen und davon 3000 Thlr. für die Abzahlung von Schulden verwendet habe, der Rest von 27,000 Thalern fand sich noch vor. Als kürzlich vor dem versammelten Stadtrathe zu Stuttgart hie Vorsteher des Bäckerge werbes in Wehklagen wegen der beschlossenen Preisermäßigung des Brodes ausbrachen und be haupteten, wenn es so sortgehe, müßten sie bald dem Bürg er Hospital zur Last fallen, entgeg nete ein Stadtrath: „dort könnten sie nicht unter kommen, weil es daselbst an den für ihre Equi pagen nöthigen Ställen und Remisen fehle. Das ist löblich und verdient Nachah mung! Der Darmstadter Turnverein hat es sich zur Aufgabe gemacht, im Falle des Ausbruchs von Bränden hauptsächlich zur Rettung von Md- bisse» und Menschenleben mitzuwirken, Eine Spri tze wird seiner Bedienung anvertraut werden. Das Glück sucht seinen Mann. Im I. 1827 sprach der Schustergeselle Heinrich Brisch aus Herschberg bei Zweibrücken um Arbeit an bei dem Schuhmachermeister Weisbender zu Dürk heim. Der ärmliche Anzug des Gesellen, wergene Hosen und ein abgewaschenes Nanking-Wämschen, vermochte dem Meister nicht viel Vertrauen ein zuflößen. Auf die Frage, ob er im Stande sei- einen solchen Stiefel, wie der ihm vorgezeigte, zu sohlen / antwortete er: „So Arbeit Han euch noch net gemacht." Er wurde darauf mit einem Ge schenk entlassen, Doch ließ ihn der Meister bald wieder in der Stadt aussuchen, um ihn zum Fli cken zu verwenden. Das offenherzige, ehrliche Gesicht des Gesellen gefiel Allen; er war fleißig und aufmerksam und brachte es bald dahin, -daß er die feinsten Saffian-Schuhe ohne Beihülfe fer tigen konnte. Brisch war. sparsam und machte nie blauen Montag. Sein erspartes Geld gab er dem Meister aufzuheben, und bald hatte er sich nicht nur anständig gekleidet, sondern sah sich auch im Besitze einiger Nothpfennige. Da bekam, er einen Brief, daß er der Militärpflichtigkeit Ge nüge zu leisten habe. Das Schicksal wollte- daß er eine sehr geringe Nummer zog. Statt die Muskete auf den Rücken zu nehmen, ging er mit seinem Felleisen über die französische Gränze, in der Absicht, nach Amerika zu reisen. Bald war seine Baarschaft verzehrt und Noth und Mangel sah ihm aus jedem Knopfloch heraus. Fast wollte es ihn bedünken, daß ihn öas Schicksal verfolge, weil er dem Vaterlande untreu geworden, und der Entschluß, reuevoll wie einst der verlorene. Sohn zurückzukchren, wäre zur Ausführung ge kommen, wenn ihm nicbt beigefallm wäre, daß man Denen, die auf diese Weise den Reißaus nehmen, keine gemästeten Kälber schlachtet, wenn sie in s Vaterland zurückkehren. So kam er mit dem nackten Leben in Havre an. Wo aber die Ueberfahrtskosten hernehmen? Er war so glücklich, daselbst Arbeit zu bekommen, und nach vielfachen Anstrengungen und Entbehrungen hatte er sich die Ueberfahrtskosten erspart. — Am amerikanischen Boden angekommen, warf er seinen Geldbeutel in die Luft und er fiel, so lang er war, quer und langsam herab. Brisch bekam in Newyork Arbeit, Nach drei Jahren hatte er sich eine an sehnliche Summe erspart und verheirathete sich. Durch seine Geschicklichkeit als Schuhmacher er hielt er im Jahre 1835 in der Industrie-Ausstel lung in Newyork die erste Prämie. Er wurde Weister und ist jetzt Herr einer großen Schuhfabrik