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— 108 — wurden, so drangen sie dennoch in den Neger, ihnen nichts zu verschweigen, denn sie hatten wohl bemerkt, daß er, trotz der mancherlei Vorzüge, die er vor den beiden andern Sklaven genoß, dennoch in viel trüberer Stimmung beharrte, als jene. Tuaro zögerte auch nicht, den gutmüthigen Kindern sein ganzes Herz aufzüschließen, und er zählte Folgendes: - „Dort, wo die Sonne die Erde lieber hat, weil sie sie inniger erwärmt, als hier, und wo die Menschen alle meine dunkle Farbe tragen, dort ist meine Heimath. Ach! cs war so freund lich und schön in den kleinen Hütten, in den gro ßen Wäldern, an den rauschenden Strömen, an dem Ufer des Meeres. Ich hatte auch Leitern und Geschwister, ich besaß auch ein eignes Hütt chen, zwar leicht gebaut, wie das Nest eines Vo gels, aber auch wie dies die Freistatt der Liebe, und ein Weib war mein, mir tbcurer als mein Leben, meine Gumilla. O hättet Ihr sie nur gekannt, wie lieblich sie war! Solch ein volles, freundliches Antlitz, mit dem dunkeln Sammet unsrer Farbe überzogen, ist gar schön. Da sieht man nicht die vielen wechselnden Schatten, wie in den Gesichtern der weißen Menschen, nein! da stehen die blitzenden Augen wie Sterne, und die rothen Lippen wie die Streifen der Mor- genröthe am Himmel der Nacht. — Wir liebten uns beide so innig, wir waren so reich und glück lich in unsrer Armuth und Einfalt. Da trug das Meer große fremde Schiffe an unsere Küste. Neu gierig eilten wir, sie zu beschauen, bewirtheten gutmüthig die weißen Fremdlinge, und ließen uns für ihre elenden Kleinigkeiten, .die wir für große Schätze hielten, in einen Tauschhandel mit ihnen rin. Ich befand mich einst, mit vielen mei ner Landsleute, eben deßhalb auf den Schiffen, und stand mit meiner Gumilla an einer Kiste voll Glaskorallen, um ihr den schönsten Schmuck auszuwählen; da erhob sich plötzlich ein gräßlicher Lärm. Die Weißen hatten die Anker gehoben und zu den Waffen gegriffen und drangen auf ynS ein, um sich unsrer zu bemächtigen. Wir waren wehrlos, zu sehr überrascht, und wurden leicht überwältigt. Man band uns die Hände und stieß uns hinunter in den finstersten Raum des Schiffs. — Lebe wohl, Vaterland! ich habe dich nicht wieder gesehen! — Ich will Euch nichts von der langen schrecklichen Nacht erzählen, die auf uns lag, während Gottes Sonne für jene Unmenschen oft aus dem Meere aufstieg." „Wir wurden nach langer Fahrt endlich wieder an das Tageslicht hinauf gezogen, doch nur, um auf den Sclavenmarkt geschleppt und dort verkauft zu werden. — Wir sahen, wie Mann und Weib hier aus einander gerissen und an verschiedene Käufer verhandelt wurden, und zitterten vor ei nem gleichen Schicksale. Doch es schien uns bes-, ser beschieden; mein jetziger Herr kam und kaufte uns beide." „Unter, den Peitschenhieben des alten Schrei bers, der damals noch Sclavenvogt war, lernten wir die schwerste Arbeit. Denkt Euch nur, ich mußte oft Zeuge sein, wenn Gumilla grausam geschlagen wurde, und dennoch waren wir glück lich vor allen andern, denn wir liebten uns und waren nicht getrennt." - ' Meine Gumilla gebar mir endlich eine Tochter. Als ich, vor Freude weinend, das Kind am Her» zen hielt, ahnete ich nicht, daß dieses schuldlose Wesen unser letztes Glück zertrümmern würde. Mein Weib blieb seit der schweren Stunde der Geburt schwach und kränklich, und unter den - harten Arbeiten, zu denen sie dennoch schonungs los angetrieben wurde, schwand ihre Geftrndheit immer mehr. Was menschliche Kräfte gestatten, nahm ich auf mich, was die Liebe vermag habe ich für sie gethan. Aber dies genügte unserm Ty rannen nicht; er entfernte Gumilla ron mir, und gab sie unter bessere Pflege, um die kränkliche Mutter mit ibrem schwächlichen Kinde auf dem nächsten Sklavenmarkte noch vortheiihaft genug zu verkaufen. Ich aber hoffte doch durch Erge bung das kalte H-rz zu rühren, ich drängte mich an die schwersten Arbeiten, iclf ließ mir Tag und Nackt keine Ruhe, ich lernte Eure Sprache, und als bei grausamer Mißhandlung einiger neuen Sclaven diese über den Herrn herfielcn und ihn erwürgen wollten, rettete ich ihm das Leben. — . Er sah mich lange erstaunt an, reichte mir dann die Hand und sprach: Tuaro,. ich daüke Dirk Du sollst von jetzt an mein Leibsclave sein und es gut haben!" „Da umschlang ich seine Knie und riefe O, ich will ja arbeiten, mehr als alle, und es nicht gut haben, aber gieb mir nur meine Gumilla wieder! Doch er kehrte mir kalt den Rücken und sagte: Das kann nicht sein! Ich will dir wohl ein gesunderes Weib geben; Gumilla ist mit dem elenden Kinde ja schon verkauft!" ' Tuaro schlug die Hände vor die Augen: „Habt Ihr es gehört?" schrie er dann mit furchtbar« Stimme: „sie war verkauft!" — und hiermit warf er sich zur Erde und heulte laut, und als