Volltext Seite (XML)
unzufriedene Söldaten der Besatzung, Gelegenheit, tzem Gefangenen «inen Vorschlag zur gemeinsamen Flucht zu thun. -Sie stellten ihm sehr richtig vor, daß er in jedem Falle, es sei im Gelingen oder Mißglücken seiner Versuche, nie wieder die Frei, heit erlangen würde, und trugen ihm zugleich die tätigste Mitwirkung zu seiner Erlösung an. Als das Verständniß einmal eröffnet war- fiel es Bött cher, durch die ihm zu Gebote stehenden Mittel, Mjcht schwer, dasselbe weiter auszuspinnen und Alles zu verabreden. Den lauschenden Comman- danten vertrieb er von den kleinen Gitterfenstern, welche in den Mauern der Casematte angebracht waren, bald durch einen infernalischen Gestank, den er seinen Schmelztiegeln entsteigen ließ, bald durch furchtbar knallende Explosionen, oder half dieß Alles nichts, so hüllte er sich und seine Mit arbeiter in einen undurchdringlichen Qualm ein und entzog sich dadurch allew Beobachtungen. So gedieh der Plan zur Reife. Derselbe war folgen der: An der nordöstlichen Seite der Festung, in. der Nähe eines großen Thurmes, und dcS soge nannten Pagenbettes, ist der senkrecht abfallende Felsen am wenigsten hoch und mit einem Absätze versehen. Hier wollte mau sich an zusammenge knüpften Seilen hinablaffen und bann unrer dem Schutze der Wälder nach dem nahen Böhmen flüchten. Ein verzweifeltes, fast unmögliches' Un ternehmen! Aber der Schiffsbrüchige greift selbst - nach dem morschen, gespaltenen Brete und ver traut in der Todesnoth demselben sein Leben an. Ind wäre sein Vorsatz, zu entfliehen, nicht schon fest gewesen, so würde er es durch einen Besuch des Commandanten geworden sein, der eines Ta ges fluchend und drohend in das Laboratorium hereinpolterte. „Seit vielen Monaten" — zürnte er — „schicke ich nun Seine goldfreffenden, statt goldhaltigen Products nach Dresden, die, bei Lichte besehen, nichts als taube Schlacken sind. Wann endlich wird das verheißene Metall fertig und die so lange getäuschte Erwartung meines allergnädigsten Kö nigs erfüllt werden? — Von meiner ohnehin klei nen Garnison muß ich ein ordentliches Commando aus dem Dienste missen, damit es hier dem lie ben Gott die Zeit abstehle!" Letzterer Umstand, daß die oft wechselnden Ge hilfen Böttcher's von den anderen Dienstleistungen v rschont blieben, war ein bedenkliches Hinderniß oer beschlossenen Flucht. Gar zu gern hätten die Verbündeten den Zeitpunkt benutzt, wo einer von ihnen die nächtliche Wache an dem erwähn ten Thurme gehabt, um ganz ohne Gefahr vor Entdeckung Vie Flucht unternehmen zu könüeh; allein ohne Verdacht zu erregen, ging Vleß Nicht an. Man bestimmte daher "die erste Nacht-, ik welcher ein etwas geistesschwacher Soldat-an dem Thurmr Schildwach stehen mußte, zur Ausfüh rung des gefährlichen Vorhabens. Indessen'be mühte sich Böttcher- durch den Schornstein seines Glühofens aus der verschlossenen Casematte einen Ausweg zu suchen. Er that es in stiller Mitter- nachtsstunbe, nachdem er zuvor alle Kleidungs stücke abgelegt, um nicht durch den anhängenben Ruß sein Vorhaben zu früh zu verrathen. Die Esse war geräumig genug, den abgemagerten Bött cher aufzunehmen, und bald hatte er sich die Ge schicklichkeit eines Schornsteinfegers zugeeignet. Schwarz, wie ein Dämon der Hölle, aber des gelungenen Versuchs sich freuend, rutschte er in seine Casematle zurück, wo er eifrigst bemüht war, bis zum Anbruche des Tages die Spuren seiner Fahrt von feinem Körper zu vertilgen. Als der bestimmte Abend herankam, mischte der «ine Soldat, Namens Sollinger, etwas Lau- danum, das Böttcher aus seiner Werkstatt« her- gegeben, geschickt unter den Branntwein des frag lichen Wachpo,lens. 7- Der Verabredung gemäß, sollte Böttcher um halb neun Uhr an dem bezeich neten Platze sich einfinden. Allein schon lange vorher fuhr er durch den schwarzen Schlund em» por und tappte auf den Strümpfen, die Schuhe iu der Hand, nachdem bergenden Wäldchen, das, in der Nähe des Thurmes, auf. der Festung sich hinzieht. Eine geraume-Weile stand er hier, an einen mächtigen Stamm gedrückt, und wartete angst- und frostzitternd auf die Ankunft seiner Gefährten. — Endlich dünkte es ihm, es bewege etwas Anderes als der starke Luftzug die am Boden liegenden Blätter. Furchtsam schmiegte er sich hinter den Baum und starrte mit ange strengten Augen in das verworrene Dunkel hinem. Es waren seine Freundt. In seiner Nähe stan den fit still und blickten spähend vor sich hin. Schon hob Böttcher den Fuß, ihnen seine Gegen wart <zu verründen, als ein zwar leise, aber im mer noch vernehmliches Gespräch seine Schritte einen Augenblick zurück hielt. „Ulsser Goldkoch scheint, noch nicht da zu sein!" hob Sollinger an. — „Der Kerl wird sich doch nicht anders besonnen haben?" meinte Düffling. — „Ich glaube nicht. Wir haben's ihm ja süß genug vorgemalt." — „'s ist mir aber der Ge danke schwer ausis Herz gefallen: wenn er uns,