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ger Mann, mit blonden'Haaren, schr bleich- schon jetzt halb das, waS er in wenigen Minuten ganz sein sollte. Nur gefaßt- Kamerad! rief der Sappeur ihm zu, nur gefaßt, unsre Tirailleurs schießen gut. Der Verurtheilte kniete nieder und faltete die Hände zum letzten Gebete im schweren Augenblicke des Scheidens. . . Geladen! — Achtung! — Schlagtan! comman- dkrte kurz hinter ^ einander der Sappeur, und die Schützen ladeten, spannten den Hahn und schlu gen an. ... Feuer! commandirte er weiter. Es folgte Blitz und Knall, und ein grauer Pulverdampf zog über den Gefallenen trübe und langsam fort.^ Das zweite Schlachtopfer, ein alter Krieger mit Narben- bedeckt, die er meist für Frankreich erhal ten hatte, trat jetzt hervor. Entschlossen beugte er ein Knie, und sah es ruhig an, wie wieder geladen, der Hahn gespannt und auf Hn angeschla gen wurde, bis wiederum das fürchterliche „Feuer!" ertönte, und die Kugeln Schädel und Brust zer schmetterten. . . Und wieder kam der Dritte, ein blutjunger Mensch, urMflch neben die-Brüder blutig zu bet ten. Immer wieder wurde geladen, wurden die Hähne gespannt und taktmäßig angeschlagen, nach dem monotonen Commando des Sappeurs, der ruhig und gerade, wieaufdem Exercirplatze stand. Neunzehnmal hatte es gekracht,'neunzehn Leben waren vernichtet. Da trat der.. Letzte, der alle Neunzehn hatte sterben sehen, hervor. O , welche Gefühle mochten in der Brust des jungen Mannes sich erhoben haben, während er sein bevorstehendes Schicksal so oft sich wiederholen sah. Wahrhaftig, er hatte schon-mehr als einen Tod erlitten. Ich hoffte, das kleine. Wörtchen Gnade aus dem Munde des Obersten zu hören. Doch der harte Mann schwieg.und sah still und stumm vor sich hin. Und zum zwanzigsten Male hatte es gekracht, und auch der Letzte, er lag dahingestreckt. Ein Blutstrom, dessen Tropfen eben nochün zwanzig .Herzen pulsirten, bahnte sich jetzt rauchend einen Weg hinab zu dem Bache, der nach der Brücke zu Trefsein riefelte. Der Pulverdampf zog wie eine weißgraue Geisterschaar, in eine lichte Wolke sich auflösend, gen Himmel, und der Sappeur mel dete dem Colonel, eine Thräne im Auge, daß die Henkersarbeit vollbracht, sei. "Sergeant Geaudry, sprach dieser im ernsten Tone, hgbt Ihr Euch jetzt eittes Andern besonnen? Wo es die Ehre gilt, da ist kein Besinnen, sr- wiederte dieser. — : Geaudry, ermahnte der Oberst, im herzlichen, väterlichen Lone, — Dich, : den die Kameraden lieben, den die Offizier« schätzen, Dich, eintzi d^r Bravsten im Regimente, Dich, meinSohn müciM ich nicht gern verlieren. > . Die Kameraden würden mich nicht mehr lieben, die Offiziere nicht mehr achten, und ich wäre nicht würdig, in diesem Regimente zu dienen,, wenn ich wegen kleinlicher Todesfurcht mein Wort brachen wollte, rief der Sappeur. - Aber Geaudry, zum letzten Male, bedenkt, er» mahnte nochmals der Oberst, bedenke, das Gesetz ist stärker wie ich, und Du kennst den Kaiser. Das weiß ich, mein Oberst, entgegnete ruhig und entschlossen der Sappeur. , Eine Todlenstille herrschte ringsumher? als der Oberst sich finster abwendete, und der Auditeur- Offizier mit seinem Buche, welches die Kriegsge setze enthielt, vortrat und auf den blutgierigen Ar tikel deutend, sprach: Sergeant Sappeur, Ihr habt Euer Urtheil selbst gefällt, Euer Wille ge schehe. Eine ungewöhnliche Bewegung, ein leises Mur ren zeigte sich bei diesen Worten im Regimente. Ich weiß, erwiederte ruhig Geaudry, die Strenge deS Gesetzes verurtheilt mich zur Kugel. Sie wis sen, mein Oberst, ich fürchte den Tod nicht; allein hier so schmachvoll zu sterben, ist hart für einen ehrlichen Soldaten. Für das Vaterland, dem ich mein Lehen weihte, für das ich schon an manchem heißen Tage blutete, für das Vaterland, mein Oberst, lassen Sie mich sterben. In der ersten Schlacht senden sie mich in den Kugelregen, in die Bajonette der Preußen, damit ich wenigstens "von Feindeshand, und nicht von der meiner Ka meraden, den schuldigen Tod leide. — Es geht nicht, mein armer Geaudry, sprach fin ster der Oberst. Da trat ein alter Grenadier aus dem Gliede und präsentirte vor dem Obersten daS Gewehr. Redet, erwiederte dieser, auf diese figürliche Bitte, sprechen zu dürfen. . Mein Oberst, haben diese Wunden kein besseres Loos verdient? fragte der Grenadier, indem er die Uniform des Sappeurs aufriß und auf die Narben auf dessen Brust zeigte. Mit Unerschütterlichem Ernste stand dieser da, und suchte die. Narben zu bedecken, als wünsche er nicht, daß man sie sehen m^ge.