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— 108 Buntes. während sie ost bedeutend den Kopf schüttelte. Sonderbar, höchst sonderbar, .rief sie, nachdem sie gelesen. Beweine Deinen Vater, Geaudry, fügte sie hinzu, Du bist das Kind seiner Jugend liebe, welches er im Kriegstumulte und in der Revolution vergaß. Doch als der Zufall Dich als Rekrut zu dem 9lsten Regimente führte, da erinnerte ihn Dein Name, den Du von Deiner verstorbenen Mutter ererbtest, an seine frühere, ,so leichtsinnig verlassene, Geliebte. O nun kann ich mir erklären, rief der Sappeur dazwischen, warum er mich so genau um meine Herkunft, meine Mutter und um meine Kennt nisse befragte, und den Ring, den ich, als ein ziges Erbthcil der Entschlafenen, stets am Finger trug, mit einer Lhräne im Auge betrachtete. Und wie er mich stets bei jedem Zusammentreffen mit dem Feinde im Auge hatte, und als ich verwun det war, mich pflegen ließ, und sich stets selbst nach meinem Wohlbefinden erkundigte. Und doch wollte er Dich, seinen Sohn, erschie- -Mn lassen, rief Madelaine dazwischen. Er war doch ein Rabenvater. Schweig, Madelaine, strafte der Sappeur. Er konnte nicht anders. Er that Alles, um mich zu bewegen, ihm den Namen des Verräthers zu sa ¬ gen, doch da ich hartnäckig schwieg, so mußte er dem Gesetze Folge leisten. Die weibliche Neugierde Madelainens hatte sich, wahrend Geaudry noch immer zum Lobe seines Obersten rührende Worte sprach, über die andern in der Brieftasche befindlichen Papiere hergemacht. Sie betrachtete Eins nach dem Andern, konnte aber aus dem Inhalte nicht klug werden. End lich reichte sie mir dieselben hin. Ich besah sie genauer. Es waren Wechsel auf zwei große Handelshäuser in Lyon. Ich gratulire, Geaudry! rief ich, ihm die Pa- Piere hinhaltend. Ihr seid jetzt Herr über HOMO Francs, die Euch Euer Vater hinterlaßt. Aber der gute Sohn hatte keinen L-inn dafür. Er küßte das Ehrenkreuz, welches des Vaters Brust geziert hatte, und sein thränenschweres Auge hing an dem Briefe. Die kleine Madelaine hingegen nahm weniger Antheil. Er war doch, trotz dem, daß er uns reich gemacht hat, rief sie, ein Rabenvater. v. Schaden. Schlesien. Um das fortdauernde unaussprech liche Elend der Flachsspinner und Leineweber im schlesischen Gebirge zu mildern, haben sich große Gesellschaften aufgethan. Das ist zu loben, aber es wird wenig verfangen, umso weniger, als de: Pietismus, wie es scheint, dabei wieder zu fischen gedenkt. Man muß den Leuten nicht sowohl Ar beit geben, sondern die Möglichkeit lohnender Arbeit schaffen. Als vor ein oder zwei Jahren die Flachsspinner und Leineweber m England, Schottland und Jrrland auch einige Noth litten, da tröstete das Befehlbuch in Berlin die hungern den Schlesier damit, daß es anderwärts auch nicht anders gehe; jetzt haben die Leute in Großbrittan- nien über Hals und Kopf zu thun und Verdienst und Brot in Hülle und Fülle — bei uns ist das Ding noch schlimmer geworden. „Wie erklärt ihr nun, Graf Oerindur, diesen Zwiespalt der Natur?" Altenburg. Der ehemalige sächsische Minister von Lindenau, verdienten Andenkens, wird, wenn er aus Italien zurückkehrt, sich hier niederlasscn und gewiß sehr willkommen sein. Es muß doch feftausgemacht und wahr sein, daß in England Alles pünktlicher und kürzer als bei uns zu Lande ist. Englische Zeitblätter melden, Ende Juni werde die Königin Victoria mehrere Reisen Also todt? rief der Sappeur, undTbränen beS Schmerzes stürzten aus seinen Augen. O! erzählt Freund! sagt, spracht Ihr ihn noch vor seinem Ende? Ja, ich fand ihn an einem Dache, wohin er sich mühselig geschleppt hatte. Aber schon war er halb todt, seine Wunden schmerzhaft und unheil bar. Ich bringe Euch seinen letzten Gruß, sein Vermachtniß und sein Ehrenkreuz. O mein armer Oberst, wehklagte der Sappeur. In Egyptens Sandwüsten, in Deutschlands Flu ren und in Rußlands Schneesteppen hat ihn der Lod verschont, um ihn im Vaterlande dahin zu raffen. Nun wohl ihm, er starb den ehrenvollen Lod, für seinen Kaiser und seinen Adler. Tiefsinnig schwankte er vom Tische in den Gar ten, >wo er laut schluchzend hin und her ging. Ich holte unterdessen die wohl verschlossene Brief tasche und das Ehrenkreuz. Weinend küßte Ge audry das letzte Vermächtniß seines Obersten und öffnete die Bieftasche. Das Erste, was ihm in ! dre Hände siel, war ein Brief mit der Aufschrift: an meinen Sohn Louis Geaudry. . Verwundert, erstaunt, außer Fassung ließ dieser den Brief sinken. Madelaine nahm ihn und las,