ÜBER DIE WERKE: L. v. Beethoven: Ouvertüre zu „Egmont“ op. 84 Im Herbst des Jahres 1809 erhielt Beethoven vom k. k. Hoftheater direktor Joseph Hartl von Luchsenstein den Auftrag, zu Goethes Trauerspiel „Egmont“ eine Bühnenmusik zu komponieren. Das 1788 veröffentlichte Drama über den Freiheitskampf der Nieder lande hatte — in unmittelbarem politischen Zusammenhang mit den Kämpfen gegen Napoleon — eine besondere Aktualität und Brisanz, weshalb das Burgtheater eine Aufführung des Werks für Mai 1810 vorbereitete. Beethoven warfasziniertvon diesem „republikanischen“ Stoff, den er „bloß aus Liebe zu seinen [Goethes] Dichtungen, die mich glücklich machen“, vertonte, wie er in einem Brief an Bettina von Arnim am 10. Februar 1811 bekannte. ImZugeder Arbeit entstanden 10 musikalische Nummern: Neben der Ouvertüre, die als letztes Stück erst im Juni 1810 geschrieben wurde, zwei Lieder für Klärchen, vier instrumentale Zwischen spiele, ein Larghetto (Klärchens Tod), ein Melodram (Egmonts Tod) und eine Sieges-Sinfonie. Beethovens Musik erklang zum ersten Mal am 15. Juni 1810 im Hofburgtheater, wo allerdings nicht die Premiere, sondern bereits die vierte Aufführung des Stücks stattfand. Die dreiteilige Ouvertüre zeichnet innerhalb des musikalisch strukturellen Rahmens den dramatischen Verlauf der Tragödie nach. An eine kurze, langsame Einleitung in f-Moll, getragen von einem Streicherthema und einer lyrischen Holzbläser-Melodie, schließt sich der Allegro-Hauptteil, den W. Konoid als „regelrechte Sonatenhauptsatzform“ ausweist. Zu der Motivenfolge der Expo sition gesellen sich am Schluß — metrisch verkürzt — die beiden Themen der langsamen Einleitung. Es folgt eine knappe Durch führung und ein sich steigernder Reprisenteil, der nach einer Generalpause in leisen Holzbläsertakten endet. Den Anhaltspunkt für die programmatische Deutung dieser Stelle gibt Beethoven selbst in seinen Skizzen, wo er vermerkte: „Der Tod Egmonts könnte durch eine Pause angedeutet werden.“ Die Coda in F-Dur, als abschließender Teil, nimmt schließlich thematisch die Sieges fanfare aus dem Schluß der Schauspielmusik vorweg.