Mozart war bedrückt von wirtschaftlichen Sorgen, doch in der freundlichen Umgebung wurde er mit neuer Gewalt zur Arbeit angetrieben. Am 26. Juni war die wienerisch-romantische Es-Dur Sinfonie vollendet, am 25. Juli die tiefernste g-moll Sinfonie, am 10. August die befreiende Jupiter-Sinfonie. Der Komponist hat die Aufführung seiner letzten drei Sinfonien vermutlich selbst nie gehört. Ein Jahr vorher waren die sechs »Pariser« Sinfonien Haydns publiziert worden. Und es ist wohl kein Zufall, daß die ersten drei dieselben Ton arten verwenden wie die letzten drei Mozarts. Oft hat Mozart seinem väterlichen Freund und Vorbild ein Werk gewidmet; wieder einmal ist hier der erfahrene und erfolgreiche Symphoniker Haydn Vorbild. Was hat man nicht alles hineininterpretiert in diese Es-Dur Sinfonie: H. C. Robbins landon spürte »herbstliche Reife«, Hermann Kretzschmar wollte Mozarts »Eroica« daraus machen, Hermann Abert registrierte »hochgestimmtes, schweres Pathos«, das zum Es-Dur der freimaurerischen Zauberflöte überleitet und Alfred Einstein ent deckte »jene Bindungen, die freimaurerische Brüderlichkeit symbolisieren«. Was geschieht wirklich: Nach einem festlichen Adagio erblüht die anmutige Weise des Allegro- Hauptthemas, gefolgt von einem zweiten Thema, das dem Satz einen frischen, lebensbejahenden Grundzug verleiht. Nahezu marschmäßig das Andante des zweiten Satzes, ein leichtfüßiges Schreiten, ein graziöses Thema, das nach einem eher dunkleren Mittelteil bald wieder das fröhliche Spiel weiterführt. Derber, frisch zupackender »Tanz unter der Dorf linde« könnte das kraftvolle Menuett überschrieben sein. Im Trio begegnen wir erstmals der Klarinette in ihrem »süßen« Zwiegesang mit den Flöten - ein ländliches Idyll. Und das Finale könnte wirklich von Haydn sein. Diese unbeschwerte Heiterkeit hat Mozart dem Altmeister abgelauscht. Ein wirbelnder Kehraus mit funkelndem Witz und in Übermut strahlende Laune. Posthumes Ölporträt Mozarts, das Barbara Krafft im Jahre 1819 für Joseph Sonnleitners Komponisten-Galerie malte.