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395 der Marschall getödtet." Das Treffen beginnt und bald reißt eine Kugel den edlen Degen des Kaiserreichs in zwei Stücken. Seine Uhr war ste hen geblieben, ohne daß sie auch nur berührt wor- - den wäre. Wie Besseres, so wußte auch Lannes seinen nahen Tod voraus. Als 1809 der Krieg mit Oe- sterreich ausbrach, nahm Lannes von seiner Frau und Kindern Abschied, mit der festen Ueberzeugung, daß er sie nicht Wiedersehen werde. Am 22. Mai fand er auf dem Schlachtfelde von Eßlingen sei nen Tod. . , An dem Tage vor der Schlacht bei Marengo sagte Desair zu seinem Adjutanten: „Es ist lange her, daß ich in Europa keine Schlacht mitgemacht habe, die Kugeln kennen mich nicht mehr; heute begegnet mir gewiß etwas." , Und am folgenden Lage lag Desaix als Sieger auf dem Lorbeerbette. Ebenso warf sich der General Lasalle in einer Nacht, wo er nicht schlafen konnte, mit der Vor ahnung seines Todes herum. Es war vor der Schlacht bei Wagram. Er schrieb noch an dem selben Tage an Napoleon, um ihm seine. Frau und seine Kinder zu empfehlen. Sonst ein Mann von Eisen, konnte er sich jetzt der heftigsten Be wegung nicht erwehren, und äußerte unaufhörlich gegen seine Freunde: „Morgen bleibe ich." And daS Geschick der Schlachten hielt Wort. Vor der Schlacht bei Bautzen führte Duroc ge gen den Kaiser eine ganz besondere Sprache. Na poleon konnte ihn nur halb beruhigen; selbst aber gläubisch wie ein Eorse, wurde er von der Eröff nung, die ihm Duroc machte, betroffen. Während des Gefechts brachte man ihm die Nachricht, daß sein Freund gefallen fei, und die Augenzeugen er zählen, daß Napoleon sich vor die Stirn geschla gen und ausgerufen habe: „Meine Ahnungen trü gen niemals!" Humoristische Blätter. Veber die Vergänglichkeit irdischer Dinge. Vixi et guem äväerst cursum kortuas, perexi!*) Einen betrübenden Beweis über die stete Wahr heit dieses ewigen Satzes liefern die Leipzig-Dresd ner Eisenbahnthalerscheine. Drese Kinder *) Ich habe autgelebt, vollbracht die Bahn, vom Schick sal mir beschirden. sinnreicher Spekulation, noch in so zartem Alter, — denn nur wenige Jahre sind seit ihrer Geburt verflossen, — empfinden schon länger die unver» meidlichen Wirkungen des Zahnes der Zeit und beweisen, wie unerwartet oftmals der Keim eines jungen Lebens vernichtet werden kann. Ach! wie auffällig haben diese Eisenbahntha lerscheine, diese einst so freundlichen Kin der industrieller Phantasie, ihr erstes Ansehen ver loren, ja man kann sagen, ihre Abkunft ist manch mal kaum noch HU erkennen, so sehr hat die Zeit deren Physiognomie der Zerstörung unterworfen,— pnd in der That, man sollte meinen, das väter liche Herz müßte vor Wehmuth brechen, wenn es jetzt diese geliebten Kinder, deren Erschei nung ihm einst gewiß hohe Freude verursachte, wieder an dem heimischen Herde, in einem so her abgekommenen Zustande, wie einen lüderlichen, an Leib und Seele verdorbenen Vagabunden, in der vornehmen Welt meistens Kous genannt, begrüßen sollte. Fern bleibe es,' den wahren Gehalt solcher Em pfindungen nach dessen positiver oder negativer Seite zu prüfen, indem z. B. ja auch die MögZ lichkeit, selbst die Wahrscheinlichkeit Vorhandensein kann, daß man die Seinigen nur mit Widere willen zurückkehren sieht, ja ihnen sogar viel lieber auf ewige Zeiten ein Lebewohl sagt,.— und so möge hierauf eher die Frage folgen, wie es sich nur hat zutragen können, daß diese lieblichen Kinder in ihrem ganzen Wesen so schnell und so arg den Weg der Verkümmerung betreten konnten? — Hat eS ihnen etwa überall, wo sie ein Unter kommen suchten, an der nothwendigen Pflege ge fehlt?-— Dieses gewiß nicht, — im Gegentheile, gerade die ihnen allerwärts zu Theil gewordene, gute und wiederholte Pflege, hat denselben mehr Schaden als Nutzen gebracht. — Was mag also die Ursache des jetzt so veränderten Ansehens dieser papiernen Eisenbahnkinder sein? — Geht es ihnen etwa wie jenem Knaben, der immer'von sich sagte: „ja! früher sah ich wohl viel hübscher aus als jetzo, allein mein Vater hat mich später argen einen anderen Knaben vertauscht, so daß ich mir nunmehro^gar nicht mehr ähnlich sehe.^ Ein solcher Fall findet nun zwar bei diesen Ei senbahnkindern nicht statt, obschon bereits vor ihrer Geburt däs Versprechen gegeben wurde, sie in einiger Zeit wieder einzutauschen. Es mag in dessen wohl sein, daß die noch nicht geschehene Erfüllung dieses feierlichen Versprechens, die