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Die für das heutige Konzert angekündigte Urauffüh rung eines neuen Werkes von Wolfgang Rihm (BRD) kann leider nicht stattfinden, da die Komposition nicht rechtzeitig fertiggestellt wurde. Es erklingt statt dessen das 3. Klavierkonzert von Prokofjew. ZUR EINFÜHRUNG Seine letzte Musik zu einem Bühnenwerk — ein Kompositionsgebiet, auf dem ihm mit sei nen Opern und Singspielen insgesamt wenig Erfolg beschieden war — schrieb Franz Schub e r t 1823 zu dem vieraktigen „großen romantischen" Schauspiel „Rosamunde, Fürstin von Cypern“. Das Stück stammte von Helmina von Chezy, einer Dichterin, die als Li brettistin des unglücklichen Textbuches zu Carl Maria von Webers „Euryanthe“ in die Musik geschichte eingegangen ist. Auch „Rosamun de", am 20. Dezember 1823 im Theater an der Wien uraufgeführt, muß nach zeitgenössischen Pressestimmen (der Text selbst ist nicht erhal ten) ein recht krauses Machwerk voller grotes ker Unwahrscheinlichkeiten und Überraschun gen gewesen sein. Die Premiere brachte denn auch einen völligen Mißerfolg, und das Stück erlebte nur noch eine Wiederholungsauffüh rung, ehe es für immer in Vergessenheit geriet. Das einzige, was von „Rosamunde" lebendig blieb, ist Schuberts Musik dazu, von deren ins gesamt neun Nummern (Zwischenakt- und Bal lettmusiken, Geister-, Jäger- und Hirtenchöre, eine schwärmerische Alt-Romanze) einige Tei le zu seinen größten Eingebungen gehören. Eine eigene Ouvertüre hat der Komponist zu „Rosamunde" nicht geschrieben. Bei der Ur aufführung wurde die Ouvertüre zu seiner Oper „Alfonso und Estrella" dafür verwendet; die heute überall bei Aufführungen der „Rosa- munde"-Musik zu hörende Ouvertüre war je doch ursprünglich die Ouvertüre des 1820 ver öffentlichten Melodramas „Die Zauberharfe", die Schubert selbst später als „Rosamun de "-Ouvertüre bezeichnete. Es ist ein blühendes romantisches Musikstück, das nach einer etwas düsteren, unheilkündenden An dante-Einleitung einen Allegro-vivace-Teil mit lieblich-gesanglichem Hauptthema ohne ei gentliche Durchführung bringt. Sergej Prokofjews Arbeit am 3. Kla vierkonzert C-Dur o p. 26 erstreckte sich über mehrere Jahre. Erste Pläne des Kom ponisten reichten bis ins Jahr 1911 zurück, 1913 wie auch 1916 und 1917 folgten weitere Versuche, doch erst 1921 wurde die Komposi tion unter Einbeziehung zweier Themen eines „liquidierten" Streichquartettes in das Finale abgeschlossen und erlebte ihre Uraufführung am 16. Dezember 1921 in Chicago mit Pro kofjew als Solisten. In der Sowjetunion ge langte das Konzert im Herbst 1923 zur Erstauf führung. Der sowjetische Musikwissenschaftler Boris Assafjew äußerte, daß das Werk „unge wöhnlich klar und weitgespannt klingt, rus sisch, wenn es auch nicht direkt nationale Themen enthält, keine beabsichtigten Stilisie rungen . . . In diesem Konzert hat die außer ordentlich reiche Begabung Prokofjews jene Stufe der Entwicklung und der Ausdrucksfülle erreicht, auf der sich das nicht erkaltende Feuer jugendlichen Temperaments, verwegener Anruf und herausfordernder Ton kecken An stürmens vereinigt mit beginnender männlicher Reife und Weisheit.“ Nach Angaben des Ktj^k ponisten ergibt sich folgende Einführung^F das geistvoll funkelnde, heitere, von kraft voller, lebensbejahender Vitalität erfüllte Werk: „Der erste Satz beginnt mit einer kurzen Ein leitung (Andante), in der ein lyrisch-melancho lisches Thema von der Soloklarinette gespielt und von den Violinen einige Takte weiterge führt wird. Doch bald wechselt das Zeitmaß zum Allegro. Sechzehntel-Passagen der Violi nen führen zur Aufstellung des kraftvoll-bril lanten Hauptthemas im Klavier, das dann zwischen Orchester und Solisten weitergespon nen wird. Eine unbegleitete Akkordfolge des Klaviers leitet das ausdrucksvolle zweite Thema ein (Oboe mit Pizzikatobegleitung), das später vom Klavier übernommen und ver arbeitet wird. Am Höhepunkt des Satzes än dert sich das Zeitmaß (Andante), und das Thema der Einleitung erklingt fortissimo im vollen Orchester. Auch das Klavier tritt hinzu. Die Wiederaufnahme des Allegro-Tempos bringt Haupt- und Seiienthema in brillanter Ausarbeitung. Ein mitreißendes Crescendo bringt den Satz zum Abschluß. Den zweiten Satz bildet ein Thema mit fünf Variationen. Zuerst erscheint das tänzerisch; marschartige Thema im Orchester (Andantir^kt Die erste Variation löst sich in einer TrilisIF kette des Klaviers auf, die beiden nächsten Variationen werden von brillantem Passagen werk des Solisten und thematischen, zum Teil karikierenden Einwürfen des Orchesters be stimmt. Die nächste Variation ist verhalten und poetisch, die Schlußvariation kraftvoll und energisch. Nochmals erklingt das Thema im Orchester, von glitzernden Akkordketten des Klaviers verziert. Das Finale (Allegro man non troppo) beginnt mit einem staccato-Thema der Fagotte und pizzicato-Streicher, das vom ungestümen Ein satz des Klaviers unterbrochen wird. Ein span- ANNEROSE SCHMIDT studierte nach langjähriger Ausbildung bei ihrem Vater an der Leipziger Musik hochschule bei Hugo Steurer und bestand nach drei Jahren 1957 das Staatsexamen mit besonderer Aus zeichnung. Sie ist Preisträgerin des V. Internationalen Chopin-Wettbewerbes 1955, 1. Preisträgerin des Pia nistenwettbewerbes Leipzig 1955, an dem sich Piani sten aus beiden deutschen Staaten beteiligten, und 1. Preisträgerin im Internationalen Schumann-Wettbewerb 1956. 1961 erhielt die Pianistin den Kunstpreis, 1965 und 1984 den Nationalpreis der DDR sowie 1974 den Vaterländischen Verdienstorden in Gold. Die unga rische Regierung zeichnete die Künstlerin für die In terpretation des Klavierwerkes von Bela Bartok mit der Bartök-Medaille aus. Konzertreisen führten Anne- rose Schmidt in sämtliche Musikzentren Europas, in den Nahen Osten, nach Japan, Kanada und in die USA. Für die Schallplatte, vorrangig für Eterna, Eurodisc, Columbia und Victor, spielte sie zahlreiche Standardwerke der Klavierliteratur ein; mit der Dresd ner Philharmonie für Eterna u. a. sämtliche Klavier konzerte von Mozart, das Klavierkonzert von Grieg und das 2. Klavierkonzert von Brahms. Auch Sendungen des Rundfunks und Fernsehens machten die Pianistin landweit populär. Bei der Dresdner Philharmonie ist sie ständiger Gast. 1986 wurde sie zum Ordentlichen Mitglied der Akademie der Künste der DDR berufen, im September 1987 übernahm sie eine Professur an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin.