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Die Gefühlstiefe, die „elegische Unendlich- keitsstimmung" (Karl Nef), die feierliche Ein dringlichkeit des langsamen Satzes, der an dritter Stelle steht, haben kaum ihresgleichen in der sinfonischen Literatur. Mit Recht erin nert Hermann Kretzschmar an den langsa men Satz der Dvoräkschen Sinfonie „Aus der neuen Welt", von der sich das Werk Boro dins allerdings durch die spezifisch russische Note unterscheidet. Nach den oben mitge teilten Worten Stassows will der Komponist mit diesem Satz die Gestalt des legendären Sängers beschwören. Kretzschmar wurde ge nannt. Der heute fast vergessene unüber treffliche Exeget der Musik (mag er auch in manchem geirrt haben) soll hier einmal zitiert werden. Wie könnte man besser diesen lang samen Satz charakterisieren als mit seinen Worten: „Es spielt aber auch in diese ethno graphisch und allgemein menschlich gleich stark fesselnde Musik der Orient stark hin ein mit seinen schillernden und verschleierten Farben, mit der verlassenen, versteckten Schönheit und der Unendlichkeitsstimmung, und auch mit seiner heißen und doch züchti gen Sinnlichkeit. Ein Teil des Phantasie- und Gefühlsgehalts dieser Musik kommt aber auf eigenste russische Rechnung, auf Puschkinsche Landschaft und orthodoxe Religiosität." Das Finale ist, wie so oft in der russischen Sinfonie und auch in der sowjetischen, die sich jene zum Vorbild nimmt, die Schilderung eines Volksfestes, beginnend mit einem Hauptthema, dessen Fröhlichkeit und Frische ebenso bezeichnend sind wie der Taktwechsel ( 3 /4—2/4), dem wir als Ausdruck nationaler Eigenart bei Borodin immer wieder begegnen. Das zweite Thema erinnert direkt an Volks musik, sowohl in der Melodik wie in der In strumentation. Im Finale jubelt das Volk sei nen Helden zu. Der dieses Heldenlied ge schaffen hat, lebt in seinem Volk unvergessen weiter, und auch die Welt verehrt ihn als einen großen Meister, der, hätte er sein kur zes Leben nicht zwischen Chemie, Medizin, Musik und vielen Freunden teilen müssen, uns sicher mehr Werke von hohem Rang ge schenkt hätte. VORANKÜNDIGUNGEN: Freitag, den 25. März 1988, 19.30 Uhr (Anrecht C 1) Sonnabend, den 26. März 1988, 19.30 Uhr (Anrecht B) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 7. ZYKLUS-KONZERT Dirigent: Jörg-Peter Weigle Solistin: Natalia Schachowskaja, Sowjetunion, Violon cello Werke von Matthus, Tschaikowski und Schumann Sonnabend, den 2. April 1988, 19.30 Uhr (Freiverkauf) Sonntag, den 3. April 1988, 19.30 Uhr (AK/J) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 5. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Gastspiel der Janäcek-Philharmonie Ostrava, Dirigent: Tomas Koutnik, CSSR Solist: Bohuslav Pavias, CSSR, Violoncello Werke von Janäcek, Kubin und Smetana Am 26. Februar 1988 begibt sich die Dresdner Philharmonie mit Chefdirigent Jörg-Peter Weig le auf eine Tournee durch die Bundesrepublik Deutschland. In vier verschiedenen Program men spielen die Philharmoniker folgende Wer ke: die 5. Sinfonie von Franz Schubert, die 3. Sinfonie von Felix Mendelssohn Bartholdy, die 5. Sinfonie von Peter Tschaikowski, die 4. Sinfonie von Gustav Mahler, die Oberon- Ouvertüre von Carl Maria von Weber. Solo- Trompeter Mathias Schmutzler ist Solist in Jo seph Haydns Trompetenkonzert Es-Dur, Kon zertmeister Ralf-Carsten Brömsel überr^kit den Solopart im Violinkonzert Nr. 1 von^Kx Bruch, und Kammersängerin Carola Nossek von der Deutschen Staatsoper Berlin singt das So pransolo in Mahlers 4. Sinfonie. Am 12. März kehren die Musiker nach Dresden zurück. Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Prof. Dr. habil. Dieter Härtwig Die Einführung in die 2. Sinfonie von A. Borodin stammt von Prof. Dr. K. Laux. Chefdirigent: Jörg-Peter Weigle — Spielzeit 1987/88 Druck: GGV, BT Heidenau 111-25-16 3,0 JtG 009-9-88 EVP -,25 M