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nale mit seinem thematisch-kontrapunktischen Elan zu erkennen. In den Violinfiguren des Anfangs ist schon der Grundcharakter der „Fi garo “-Ouvertüre angedeutet. „Wäre Beethoven 25 Jahre später geboren wor den, so hätte er Hummel unbestritten den Ruhm lassen müssen, der erste Instrumental komponist seiner Epoche zu sein.“ So schrieb der berühmte Musikgelehrte F. J. Fetis (1784 bis 1871) über den aus Bratislava gebür tigen Johann Nepomuk Hummel, und sein Biograf Karl Benyovsky nennt ihn „einen der bedeutendsten Komponisten sei nes Zeitalters, der bloß das Unglück hatte, ein Zeitgenosse Beethovens zu sein“. Hummel be saß nicht die schöpferische Kraft und die zu kunftsträchtige Originalität der großen Wiener Klassiker, aber der Schüler Mozarts und Schütz ling Haydns, der Freund Beethovens, Clementis, Cherubinis, Webers und Chopins, bewundert von Goethe und dessen Weimarer Kreis, hat es den Besten seiner Zeit gleichgetan. Der 25jährige Hummel komponierte für den Wiener Hoftrompeter Weidinger ein Konzert für Trompete und Orchester, das zum Tafelkonzert des Fürsten Esterhazy am Neujahrstag 1804 aufgeführt wurde. Weidinger baute bzw. verbesserte im Jahre 1801 die Klap pentrompete und bemühte sich angelegentlich, die Wiener Komponisten für sein neues Instru ment zu interessieren. Jedoch konnte sich dieses Instrument gegenüber der in den nächsten Jah ren aufkommenden Ventiltrompete nicht durch setzen und verschwand bald aus der Praxis. Das war wohl auch der Grund, warum Hummel das Konzert, das nicht ohne weiteres der ge bräuchlichen Trompete zugänglich war, liegen ließ und nicht veröffentlicht hat. Nach einem im Britischen Museum London erhaltenen auto- graphen Partiturexemplar wurde dieses Konzert 1957 von Fritz Stein für die B-Trompete einge richtet und somit ein an künstlerischem Gehalt den besten Instrumentalwerken der Frühroman tik zugehöriges Werk nach 150 Jahren wieder in den Konzertsaal gebracht, um das Andenken des zu Unrecht vergessenen Meisters Hummel neu zu beleben. „Die Arbeit an der Sinfonie war für mich sehr wichtig, da ich nach einer langen Pause zur sinfonischen Form zurückkehrte“, schrieb Ser gej Prokofjew zu seiner im Sommer und Herbst des Jahres 1944 entstandenen 5. Sin fonie o p . 1 0 0. „Die Sinfonie ist für mich der Abschluß eines langen künstlerischen We ges. Ich plante sie als eine Sinfonie über die Würde des menschlichen Geistes." Das Werk, eine der wichtigsten Kompositionen Prokofjews und einer der bedeutsamsten Belege der so wjetischen Sinfonik überhaupt, wurde erstmals am 13. Januar 1945 in Moskau unter der Lei tung des Komponisten - es war dies übrigens sein letztes Erscheinen am Dirigentenpult — aufgeführt, am gleichen Tage, an dem die sowjetischen Truppen die Weichsel überschrit ten. „Ich wollte in der 5. Sinfonie den freien und glücklichen Menschen besingen, seine ge waltige Kraft, seine Ritterlichkeit und seu^ geistige Reinheit. Ich kann nicht einmal sag|H daß ich dieses Thema selbst ausgewählt habe — es wuchs in mir und verlangte nach Ausdruck. Ich schrieb eine solche Musik, wie sie in mir reifte, und zuletzt füllte sie meine ganze Seele aus.“ Diese Äußerungen Prokofjews zu seinem Werk, das seine Rückkehr zum sinfonischen Genre nach 15jähriger Pause darstellte, lassen er kennen, daß es sich hierbei tatsächlich auch um einen neuen Entwicklungsabschnitt seines sinfonischen Schaffens handelte. Während die ersten vier Sinfonien des Komponisten in über wiegendem Maße aus thematischem Material von Theatermusiken (Ballett, Oper) bezie hungsweise nach klassischem Vorbild (Sym phonie classique) aufgebaut worden waren, zeigte die 5. Sinfonie, wenn auch hier durch aus noch eine lebendige Beziehung zur Opern- und Ballettmusik nachzuweisen ist, doch im Unterschied vor allem zu den beiden voraus gegangenen Sinfonien eine echt sinfonische Entwicklung, echte sinfonische Gestaltungskraft, eine bekenntnishafte Haltung. Das Werk, ein kraftvoll-optimistisches sinfonisches Epos vom Kampf und Sieg des Menschen, eine V^> herrlichung der Stärke und Schönheit menschlichen Geistes, verbindet harmonisch die russischen Traditionen der epischen Sinfo nik (Borodin, Glasunow) mit denen der drama tisch-lyrischen Sinfonik (Tschaikowski) und zeichnet sich vor allem durch seinen bewun dernswerten melodischen Reichtum und die Anschaulichkeit und Farbigkeit der Darstellung aus. Nach der Moskauer Uraufführung, die sich zu einem triumphalen Erfolg gestaltete, erklang die 5. Sinfonie bald in zahlreichen Weltstäd ten, so u. a. in Paris, New York, London und Boston. Der erste Satz der Sinfonie (Andante) offen bart am unmittelbarsten den „heldischen“ Cha rakter des Werkes; spannungsreiche Gegen sätze zeichnen seinen Verlauf aus. Unerschüt terliche Festigkeit strömt das heroische Haupt thema aus, das zuerst in Flöten und Fagotten erklingt. Es wird durch ein aktivierendes, kämp ferisches Seitenthema ergänzt. Das lyrische zweite Thema, in Flöten und Oboen über Strei cherklängen einsetzend und von lichter, hoff nungsfreudiger Melodieprägung, bleibt im weiteren sinfonischen Geschehen, in der relativ kurzen Durchführung, in der noch ein viertes, im Schlußsatz wieder bedeutsam werdendes Thema verarbeitet wird, nur Episode. Sieghaf ten Charakter trägt die Reprise. Mit einem Jueiten pathetischen Aufschwung des Haupt lamas wird der Satz beschlossen. Kontrastierend zum Einleitungssatz wurde der folgende Satz, ein hinreißendes, von unauf hörlicher Bewegung erfülltes, typisch Prokof- jewsches Scherzo, angelegt. Wechselhafte Stimmungen, unmittelbar nebeneinanderste hend, beherrschen dieses Allegro marcato, in dem auch die Vorliebe des Komponisten für heitere, ja teilweise groteske Einfälle und Klangeffekte Ausdruck findet. In einem trio artigen, pastoralen Mittelteil, dessen Thema von der Klarinette vorgetragen wird, dominiert vorübergehend eine ruhigere, ausgeglichene Stimmung. In dreiteiliger Form wurde der dritte Satz auf gebaut, den ein melodisches, von verhaltener Lyrik durchströmtes Adagio bildet. Nach einer kurzen Streichereinleitung ertönt in Klarinetten und Baßklarinette das Hauptthema, das dar auf von den Streichern aufgenommen wird. Dramatisch gibt sich der große Steigerungen bringende, etwa der Durchführung entspre chende Mittelteil des Satzes, der im Ganzen eine typisch russische, zuweilen an Mussorgski erinnernde Intonation aufweist. Mit einer langsamen Einleitung beginnt das Finale (Allegro giocoso), wobei durch ein Zitat des heroischen Hauptthemas des ersten Satzes eine Verbindung mit diesem hergestellt wird. In vielfältigen Farben schillernde Fröhlichkeit bestimmt den Charakter des ungestümen, tän zerisch-turbulenten Finalsatzes, der insgesamt einer grenzenlosen, ausgelassenen Siegesfreu de Ausdruck gibt und in mannigfachen, kon trastierenden Themen und Klangbildern, auch lyrischer Töne nicht entbehrend, von der Schön heit des Daseins spricht. Prof. Dr. Dieter Härtwig