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16-.1 Argypt«" «nd Palästina» (1837), seine .Reisen in der Schweiz, England, Schottland, Deutschland rc.» ^1843). Am 6. Mai 1869 wurde er Senator." Großbritannien. ^London, 6. Sept. Zn einem Leitartikel über Lie russisch-deutsche Preßfehde findet der Globe, daß die Nichtbetheiligung Frankreichs bei derselben sehr bezeichnend sei. ES habe eine Zeit gegeben, da die Franzosen auf eine russische Allianz gegen Deutschland gehofft; habe man doch angenommen, daß die Aubah- Uung einer solchen das Hauptziel der auswärtigen Politik des Herzogs DecazeS gewesen. Die jüngsten Ereignisse hätten jedoch die wahren Ziele Rußlands «nthüllt, und Frankreich habe mit gewohntem Takt und Berständniß eingesehen, daß eö mit denselben keine Sympathie haben könne, ja haß dieselben ihm selber nicht weniger gefährlich werden dürften als Deutschland. Eine französisch-russische Allianz werde daher mehr und mehr unwahrscheinlich und gar bald außer dem Bereich praktischer Berechnung stehen. So lange Ungarn ein mächtiger Factor in der öster reichischen Politik sei, könne Rußland auf Oesterreich keine größern Hoffnungen als auf Frankreich setzen; von' den windigen Aeußerungen einiger italienischer Politiker werde eS gleichfalls nicht viel erwarten. Selbst im entfernten Osten werde es durch Gefahren bedroht, welche eines Tages eine ernste Gestalt a»- «ehnttn dürften. Deutsche Militärorgane hätten be reits darauf hingewiesen, daß eS im Falle eines russisch-deutschen Krieges leicht fallen würde, vermittels eines, Uebereinkommens mit China 200000 russische Truppen vom Kriegsschauplätze abzuziehen. Der Standard beschließt seine Betrachtungen über denselben Gegenstand mit folgendem Satze: „Die militärische Mission des Feldmarschalls v. Manteuffel und die Zusammenkunft zwischen dem Zaren und dem Kaiser Wilhelm sind nichts andere- als formelle Höf lichkeiten, welche die beendigte Allianz uur halbwegS verdecken," DaS-Castern Budget schreibt: „Wie wir au- Wien vernehmen, wird der schließliche Rücktritt des Grafen Andrässy wahrscheinlich nicht vor der zwei ten oder dritten Woche des September stattfinden. Es lag kein Grund zu der Voraussetzung vor, daß des Grafen Zusammenkunft mit dem Fürsten Bismarck eine Zurückziehung seiner Dimission zur Folge haben werde, da die Angelegenheit zwischen ihm und seinem Souverän bereits abgemacht worden; allein die Be- gcgitung schürtt den Grafen veranlaßt zu haben, seine» Rücktritt um einige Zeit zu verzögern, um sich in den Stand zu setzen, gewisse, mit dem Berliner Vertrage in Verbindung stehende schwebende Fragen, wie z. B. die Arab-Tabia- und montenegrinische Grenzfrage zu erledigen. Die Ernennung deS Nachfolgers des Grafen Andrässy ist noch nicht vollzogen, allein Baron Hay merle wird i« officiellen Kreisen in solch positiver Weise als muthmaßlicher Minister genannt, und die Nachricht von seiner Wahl hat im Lande einen solch günstigen Eindruck gemacht — ein sehr ungewöhnlicher Glücksfall für einen österreichischen Staatsmann — daß eS kaum wahrscheinlich erscheint, daß ein anderer ernannt werde. Als ein Symptom für die Situation ist eS bemerkenSwerth, daß Graf Andrässy'S intime Freunde nicht daran glauben, daß sein Rücktritt von den öffentlichen Geschäften ein permanenter sein werde. Jedenfalls wird er an den Debatten des ungarischen Parlaments theilnehmen, und wird angenommen, daß -er wieder eine hervorragende Rolle spielen werde, so bald Fragen von gleicher Wichtigkeit wie diejenigen, mit denen er sich kürzlich zu befassen hatte, auf» Tapet kommen," Rußland. Zu dem Personenwechsel in der russischen diplomatischen Vertretung von Konstantinopel, London und Athen bemerkt die Norddeutsche Allgemeine Zeitung: „Wie unsern Lesern erinnerlich, hatten unsere Petersburger Correspondenzen den Eintritt dieser Ver änderung für das Ende des Sommers seit Monaten in Aussicht gestellt. Graf Schuwalow wird voraus sichtlich zunächst ohne dienstliche Stellung nach Ruß land zurückkehren und einen Platz im ReichSrathe ein- «ehmen. Sein Nachfolger in London wird der bis herige Botschafter in Konstantinopel, Fürst Lobanow- Rostovski, welcher seinerseits durch den Gesandten in Athen, dem Geheimrath Saburow ersetzt wird, der Rußland seit neun Jahren am griechischen Hofe ver tritt. Hr. Saburow verweilte, von Petersburg kom mend, einige Tage in Berlin und hat unsere Haupt stadt verlassen, um über Wien auf seinen bisherigen Posten zurllckzukehren." —Aus den Berichten, die dem Generalstabe von den verschiedenen HeereSabtheilungen zugestellt worden sind, ist erst jetzt ersichtlich, welch einen kolossalen Verlust die russische Armee in Asien während des tür kischen Feldzuges erlitten hat. Die Ziffer ist weit höher, als man bisher angenommen. Namentlich hat die russische Armee bei der Erstürmung von KarS eine große Zahl von Todten und Verwundeten zu beklagen. Die Gesammtverluste auf dem asiatischen KriegSschanplatze beziffern sich wie folgt: Offiziere: todt 453, verwundet 1668, vermißt 18, in Summa 2139. Mannschaften: todt 14690, verwandet 51332, vermißt 4456, in Summa 70478 Mann. — Bezeichnend für russische Zustände ist folgende Mittheilung der Posener Zeitung au- Petersburg vom 2. Sept.: „Großes Aufsehen erregt hier die Verhaf tung dreier hervorragender Staatsanwälte, und zwar der Herren Tudin, Lehmann und BardowSki, welche in dem Verdacht stehen, innige Beziehungen zu den Nihilisten gehabt zu haben. Tudin trifft sogar der Verdacht, mit Mirski, der bekanntlich den Mord versuch gegen den General Drentelen auSgeführt hat, im Einverständniß gewesen zu sein. Bei BardowSki wurden viele Exemplare der revolutionären Schrift Sjemlja i Wolja gefunden. Weshalb Lehmann ver haftet wurde, ist noch nicht bekannt. BardowSki ist im Gefängniß dermaßen erkrankt, daß er in» Ge- fängnißlazareth überführt werden mußte. Man sagt, daß obige drei Männer und außerdem noch viele an dere Personen auf Grund der Aussagen der Braut MirSki'S verhaftet worden seien. Man sagt ferner, die Familie deS kaiserlichen Leibarztes und Professors vr. Botkin stehe noch immer unter polizeilicher Auf sicht, trotzdem sie seit lange auf dem Lande ein ein- gezogencs Leben führt. Es befindet sich stets ein Polizeioffizier in ihrer Nähe." Donaufürstenthümer. Aus Sarajewo wird der Neuen Freien Presse geschrieben: „Fünf hervorragende Führer der vor jährigen Znsurrection in Bosnien weilen gegen wärtig in Novibazar. ES sind dies: Husfin-Efendi- Toirco, Z-mail-Haky-Beg, Radschid-Baga, Machmet- Beg-Tolirovic und der bekannte Mehemed-Moreddi- Efendi, Mufti von Taslic (bis auf den letzter« alle geborene Bosnier). Hierher gelangten Meldungen zu folge sind diese Männer bemüht, auch in Novibazar den Widerstand gegen die Occupation anzufachen und zu organisiren." Aegypten. Tewfik-Pascha hat schon in frühern Jahren ein RegierungSprograwm entworfen, das er jetzt als Khedive auszuführen beginnt. Die Hauptpunkte diese» Programms sind: 1) Die Gründung eines StaatSrathe«, wie dieser schon von seinem Bater beschlossen, aber nie in Ausführung ge bracht wurde. 2) Die Aufhebung des Minifterprasidium» und die Uebertragung desselben an seine eigene Person. 3) Einführung der Ministerverantwortlichkeit mit der Ver pflichtung , dem Khedive einen täglichen Bericht über da zu erstatten, wa- in ihren Verwaltungszweigen vorgegangen ist. 4) Erweiterung der Vollmachten der Mudir» mit der Verpflichtung, dem Khedive einen wöchentlichen Bericht über jede Begebenheit persönlich vorzylegen. 5) Eine größere Preßfreiheit, damit diese die Artendes MudirS controliren könne. 6) Einsetzung einer Notabelnkammer mit der größt möglichsten Redefreiheit. 7) Gründung eines arabischen Journals, welches bestimmt ist, die in der Notabelnver- sammlung gehaltenen Debatten zu veröffentlichen. 8) Unter breitung eine« Budgets an die Notabelnversammlung. 9) Einführung einer Grundsteuer, welche der DiScussion der Versammlung überlassen bleiben soll. Königreich Sachsen. A«S Dresden vom 6. Sept, berichtet das Dresdner Journal: „Den in hiesigen Blättern wiederholt ver breiteten Nachrichten gegenüber, daß Se. Maj. der König von Sachsen mit Bestimmtheit an den Ma növer» bei Straßburg sich beiheiligen werde, sind wir in der Lage, zu erklären, daß von einer Absicht Sr. Maj. des Königs, nach Straßburg zu reisen, hier nichts bekannt ist." r Dresden, 4. Sept. Zn der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten kam unter anderm ein Nachtrag zu dem die Zusammensetzung und Wahl der Stadt verordneten betreffenden Paragraphen deS OrtSstatuts zur Verhandlung. DaS Gutachten der Majorität de- RechtSauSschusseS ging dahin, daß jeder Wechsel in Bezug auf die Ansässigkeit oder Unansäsfigkeit da» Ausscheiden mit dem Schluffe deS ZahreS zur Folge hat, in welchem dieser Wechsel eintritt. Gleichzeitig mit der Neuwahl der statutenmäßig alljährlich auS- scheidenden Stadtverordneten sollen auch noch für die im Laufe des ZahreS außerordentlicherweise auSge- schiedenen, bezüglich infolge deS Wechsels in der An sässigkeit ausscheidenden Stadtverordneten Ergänzungs wahlen stafifinden. Rückwirkende Kraft soll dieser Nachtrag insofern haben, als am Schluffe des ZahreS 1879 alle Stadtverordneten ausscheiden, bei welchen seit ihrer letzten Wahl ein Wechsel in der Ansässigkeit oder Unansässigkeit vorgekommen ist, und sollen für sie gleichzeitig und in einem Wahlgange mit den Neu wahlen für 1880 Ergänzungswahlen stattfinden. Stach längerer Debatte wurde dieses Majoritätsgutachten angenommen. Zn derselben Sitzung kam auch die schon das RathScollegium beschäftigt habende Frage zur Be sprechung, was seitens der Stadtgemeinde Dresden zu Ehren deS verstorbenen Meisters Gottfried Semper zu thun sei. Der Rath hat die Niedersetzung eine» aus Stadträtheu und Stadtverordneten bestehende» Ausschusses beschlossen und demgemäß dem Stadt- verordnetencollegium ein Communicat zugehen lassen. ! Der Vorsitzende der Stadtverordneten sprach sei« Be- ! dauern aus, daß diese Angelegenheit in den RathS- ! Plcnarmittheilungen veröffentlicht worden sei, worauf Oberbürgermeister vr. Stübel das Vorgehen de» RatheS verteidigte. Schließlich ertheilte das Collegium dem Wahlausschüsse den Auftrag zu Wahlvorschlägen für drei aus dem Collegium zu wählende Mitglieder für gemischten Ausschuß. — Die Dresdener Nachrichten berichten au» Dres den vom 7. Sept.: „Auf Anordnung der hiesigen königlichen Kreishauptmannschaft ist der hier seinen Sitz habende sogenannte Dissidentcnbund, der über eine Anzahl Orte de» Königreichs Sachsen ver breitet ist, zur Zeit aber nur eine geringe Anzahl Mitglieder, hauptsächlich Socialdemokraten, zählen soll, auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oct. 1878, die gemeingefährlichen Bestrebungen der Socialdemo kratie betreffend, gestern von der hiesigen königlichen Polizeidirection aufgelöst, und sind Bücher, Papiere rc. desselben in Beschlag genommen worden. Gleich zeitig ist auf Anordnung derselben Behörde die am 4. Sept, erschienene Nummer des socialistischen Organs Dresdner Presse beschlagnahmt und daS fernere Erscheinen diese- Blattes verboten worden. Die ganze Haltung dieses PreßorganS, daS sich als eine Fort setzung der gegen Ende vorigen ZahreS unterdrückten Dresdner Volkszeitung erwiesen hatte, namentlich aber der in der letzten beschlagnahmten Nummer enthaltene Artikel über die Sedanfeier in Dresden, hat Veran lassung zu der Maßregel gegeben. — Die von hie sigen Soci allsten für gestern Abend nach dem Dianasaale einberufene Wählerversammlung, in welcher der bekannte Advocat Freytag in Leipzig als Referent aufzutreten zugesagt haben sollte, ist nach träglich noch von der Polizeidirection untersagt worden." ? Leipzig, 8. Sept. Der Fürst von Reuß traf vorgestern Abend, von seinen Gütern in Schlesien kommend, hier ein, stieg im Hotel Rom ab und reiste gestern früh 6 Uhr 25 Min. nach Gera. F Leipzig, 8. Sept. Gestern Mittag ward ein Kinderfreund seltenster Art, der Waisenanstaltslehrer Karl Gesell, ein Greis von 80 Jahren, solenn be stattet. Der Leipziger Lehrerverein, die Pädagogische Gesellschaft, die beiden Schreber-Vereine waren bei der Bestattung durch Abordnungen zahlreich vertreten. An der Gruft sprachen außer dem Geistlichen ein Vor standsmitglied deS Schreber-VereinS der Südvorstadt sowie ein Vertreter der obengenannten Gesellschaft. Gesang eröffnete und beschloß die Feier. Leider kamen zwei Fälle von Ohnmächten auf dem Friedhöfe vor. Eins der Kinder aus dem Zuge, welcher von einer Kinderschar aus den Schreber-Bereinen eröffnet ward, fiel während der längern Rede des Geistlichen, eine Frau nach derselben ohnmächtig um. Hoffentlich wird man künftig eine Lehre daraus nehmen, die nämlich, dergleichen Feierlichkeiten zu einer passender» Stunde zu veranstalten, auf dem kürzesten Wege, nicht auf Umwegen nach dem Friedhöfe zu ziehen und Kinder zu HauS zu lassen, endlich am Grabe sich kurz zu fassen. -s--s-Leipzig, 8. Sept. Auf Einladung de» Ge meinnützigen Vereins Vorwärts hatte sich gestern eine ziemlich zahlreiche Versammlung von Wählern deS Wahlkreises Leipzig II im Saale des Schiller schlößchens zu Gohlis eingefunden. Beide Candidaten, NegierungSrath Wittgenstein und Eisengießereibesttzer Jerrmann, waren zugegen. Ersterer ergriff zunächst daS Wort. Bezüglich seiner amtlichen Stellung be merkte er, daß eine geringe Zahl von Beamten im Landtage mindestens unschädlich sei, bei den Com- missionsberathungen aber jedenfalls sehr nützlich sein könne. Er legte ferner Verwahrung dagegen ein, daß er die Annexion von Holstein, Hannover rc. verur- thcilt habe, ferner gegen die Ansicht, daß die con- servative Partei rückwärts wolle, daß sie dem Reiche abgeneigt sei rc. Wa» den sächsischen Landtag be treffe, so werde eS vor allem seine Aufgabe sein, auf möglichste Sparsamkeit zu dringen. DaS Einkommen steuergesetz möge wol etliche Mängel haben, indeß solle man nicht jetzt schon Abänderungen vornehmen. Hr. Zerrmann, welcher von den National-Liberalen sowie von der Fortschrittspartei aufgestellt ist, übte scharfe Kritik an den Worten seines Gegenkandidaten und sprach sich dagegen aus, daß Regierungsbeamte über haupt zu Abgeordneten gewählt werden. Zu seiner Bemerkung, daß auch die Liberalen keineswegs den Einheitsstaat wollen, erklärte später NegierungSrath Wittgenstein, er habe allerdings immer geglaubt, die Liberalen wünschen, „daß Sachsen in Preußen aufgehen möchte"! Hr. Zerrmann legte dann seinen politischen Standpunkt im allgemeinen dar und schien — abge sehen von den Spötteleien einiger Socialdemokraten — große Zustimmung zu finden. Eine Abstimmung über die beiden Candidaten fand nicht statt. Für gestern Abend war wiederum eine Versammlung für Thonberg in Aussicht genommen.