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1614 ^olbersprechende« Gebaren und durch Nichtbeachtung aller deafallsigen Warnungen und Rathschläge entstanden sind — gehl der Allgemeine VereinStag über den Antrag de« Lredit- verein« Meißen zur Tagesordnung über. Rechtsanwalt Francke auS Meißen begründet den Antrag seines Verein- mit dem Bekenntniß, daß er wenig Aussicht auf Erfolg habe, hält eS aber doch für sehr werthvoll, daß der Gegenstand gerade in dieser Versammlung eingehend besprochen werde. Die sehr unliebsamen Vorkommnisse in Roßwein und Umgebung haben in manchen Orten eine große Sorge vor den Folgen der unbedingten Solidarhaft wach gerufen, die nur durch eine Arnderung de- Gesetzes in dem an- gcdeuteten Sinne beschwichtigt werden kann. In vielen Vereinen sei die Frage überlegt worden, ob man die Thätigkeit ganz aufgeben oder Umwandlung in eine Actiengesellschaft anbahnen solle. Weder an dem so cialen Zweck noch an der CreditbasiS wurde durch die beantragte Theilhaft irgendetwas geändert. Im Deut schen Reichstage stehen Anträge auf Revision deS Ge« nosfenschaftSgesctzeS im Sinne deS Antrages bevor. Dem sollen die Genossenschaften auS eigenem Antriebe zuvorkommen. vi. Schulze-Delitzsch verwies zunächst auf das österreichische Gesetz, in welchem neben unbeschränkter Solidarhaft auch die Theilhast bis zum Doppelten deS GeschäftsanthcileS vorgesehen sei. Absicht des An trages fei nicht, die Solidarhast abzuschaffen, sondern sic auf eine gewisse Summe zu beschränken. Prak tisch würde durch Durchführung des meißener An träge« wenig erreicht werden. Wenn man annimmt, daß durchschnittlich die GeschäftSantheile wenigstens bei den Creditvereine» 300 M. betragen und das Dop pelte gezahlt werden müßte, so träfe im schlimmen Falle eine Leistung von 600 M. auf das Mitglied. Mehr sei auch unter den schlimmsten Verhältnissen beim Zusammenbruche eines Vereins in Deutschland noch von keinem Mitglied? gefordert worden. Die Bestimmung treffe aber am schlimmsten die unbemit telten Mitglieder, welcbe ihre GeschäftSantheile noch nicht ganz eingezahlt haben und nun im Falle deS Concurses vor allem dieselben voll machen und dann noch die gleiche Summe weiter zuschießen müßten, was sicher den meisten unmöglich würde. Umwandlung in Aktiengesellschaften widerrathe Redner niemals, wenn eine Genossenschaft sich bereits genügend entwickelte, wa« aber vom meißener Vereine nicht gesagt werden kann. Das bestehende Gesetz biete Handhabung ge nug, schlimme Folgen der Solidarhast fern zu halten; man solle nur Gebrauch davon machen. Die Folgen einer MiSwirthfchaft können durch kein Gesetz mit oded ohne Solidarhast ausgeschlossen werden. Wo die Haft sich scheinbar mindert, mindere sich auch das Gefühl der Verantwortlichkeit und die Genauigkeit der Ge schäftsführung. Känie eS aber einmal dazu, daß ein Gläubiger Verlust an einem Vereine erleiden muß, so wäre der Credit der Genossenschaften mit Einem Schlage erschüttert. Redner empfiehlt den Antrag deS Engern Ausschusses und wird dabei von Laux - SieSheim, Schenck-WieSbaden, Knecht-Neustadt und Hopf-Jnster- burg unterstützt, während Kugler-Offenbach sich für den Antrag des meißener Vereins erwärmt. Die mv- tivirte Tagesordnung wurde mit großer Mehrheit an genommen. Der schlesische Vorschußvereinsverband hat folgen den Antrag gestellt: Die Anwaltschaft wird ersucht, bei Revision des Ge- Die Darstellung verdiente nur Lob; sie war frisch und lebendig. Frl. Ellmenreich spielte zum ersten mal dir Viola mit all der Zartheit und dem weiblichen Reiz, der ihr eigen ist. Die übrige Besetzung . Malvolio (Hr. Jaffe), Tobias (Hr. Kramer), Bleichenwang (Hr. Marks), war die der früher» Bearbeitung. Der Narr und Fabio sind in Eine Person verwandelt und haben beide an Humor mehr, als billig ist, eingebüßt. Nur Frl. Klinkammer (Maria) und Hr. Devrient (Sebastian) schlossen sich al« neu dem bewährten Ensemble paffend an. Leider fehlte ersterer die kecke Derbheit, die tiefer Partie nicht fehlen darf. DaS auf der Brühl'schen Terrasse ausgestellte Makart'sche Ricsengemälde: Karl'« V. Einzug in Ant werpen, erregte auch hier gerechtes Aufsehen. Der geniale Meister leiht in dieser Composition seinen In tentionen einen maßvollern, edlern Ausdruck als in früher» Werken. Die Verklärung der Sinnlichkeit zu künstlerischem, nicht unerlaubtem befriedigenden Lebens genuß ist hier zu schönstem, oft erhebendem Ausdruck gelangt. Es ist wol nur den nicht ganz klaren Be griffen von Moral und Sittlichkeit beizumeffen, wenn die Gruppe von zwei fast nackten Iungfrauengestalten, die den höchsten Idealen von Schönheit entsprechen, aus den Schaufenstern der Kunsthandlungen entfernt werden mußten. Zu Karl'S V. Zeit, wo man in reichen Städten wie Antwerpen mythologische Feste gab, dachte man anders. Ebenso bei den Schönheit liebenden Grie chen, wo die schönsten Menschen bei besonder» Ge legenheiten, entkleidet wie die Götter, sich den Blicken -einer versammelten Menge, denen eine künstlerische nossenschaft-gesetzt« folgenden Zusatz zu ß.25 desselben und zwar am Schlüsse des ersten Absätze« zubeantragen: Unter läßt der Borstand die rechtzeitige Anzeige de« Austritt« eines Genossenschafters, so steht letzterm da» Recht zu, seinen Austritt demjenigen Gericht, von welchem da« Genossen- schaftSregister geführt wird, anzuzeigen. DaS Gericht hat die Behauptung des Austritt« vorzumerken und dem Vor stand Nachricht zu geben. Diese Vermerkung sichert die Rechte de« Genossenschafter«. Er wird von Klinkert-Breslau mit dem Hinweise begründet, daß die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen nicht davor schützen, daß durch eine denkbare Saum- sal deS Vorstände« auögeschiedene Mitglieder noch in Anspruch genommen werden, wenn die Verjährungsfrist bereits abgelaufen ist. Der Anwalt erklärt sich voll kommen einverstanden mit dem Anträge, der darauf hin angenommen wird. DiehlS-Kassel berichtet nunmehr über die Rechnung der Anwaltschaft hinsichtlich der Einnahmen und Aus gaben deS allgemeinen Verbände« für 1878/79, welche ohne Erinnerung genehmigt wird. Dann Schwanitz-Jlmena« über den Etat des neuen Jahres. Die Anträge desselben finden Annahme. E« befinden sich unter den genehmigten Ausgaben 700 M. Erhöhung des Dispositionsfonds, um dem Anwalt zu ermöglichen, eine juristische Kraft zur Vor bereitung der verschiedenen Gutachten beizuziehen, welche die neue Justizgesetzgebung nothwendig machen wird, und ein Zuschuß von 1000 M. zu den Kosten der im Laufe des Jahres hergestellten Lebensbeschreibung deS Anwaltes. Für die Versammlung des nächsten Jahres liegen Einladungen vor auS Rolberg und aus Altona. Nach lebhafter Befürwortung des einen sowol wie des andern Ortes wird Altona gewählt. Bon feiten des Engern Ausschusses ist folgender Antrag eingebracht: Angesicht« der Agitation, mit welcher an verschiedenen Orten gegen die Thätigkeit der Consumvereine angekämpft wird, erklärt der Allgemeine VereinStag: 1) ES ist Pflicht aller Vereine, streng über die gesunde Organisation, tüchtige Verwaltung, Fernhaltung aller Mi«- bräuche, Beachtung der Beschlüsse der Vereins- und Vcr- bandStage zu wachen, insbesondere aber an dem Princip der Baarzahlung festzuhaltrn und jedes Borgsystem auSzu- schließen. 2) Unter der Voraussetzung, daß diese Pflicht überall anerkannt und erfüllt wird, prötestirt der Allgemeine Ver einStag gegen die häufig unterlaufenden Verdächtigungen, als ob durch Ausdehnung der VereinSwaarenlager über den engsten Kreis der allernothwendigsten Lebensbedürfnisse hin aus, durch den Beitritt von Mitgliedern au« allen Berufs klassen, durch den Abschluß von Markenverträgen, durch den Verkauf an Nichtmitglieder, durch Festhalten an dem Prin cip der Steuerfreiheit für den Umsatz an Mitglieder rc., Gesetz und Recht und die Grundidee der genossenschaftlichen Verbindung verletzt würde. 3) Der Allgemeine VereinStag weist die Behauptung, die Thätigkeit der Consumvereine beruhe auf socialdemokra tischen Principien, als unwürdig und als eine durch die ganze Geschichte de« Genossenschaftswesen widerlegte Unwahr heit zurück. 4) Der Allgemeine VereinStag anerkennt ausdrücklich die Consumvereine als ein wichtige« Glied in der Kette de« deutschen Genossenschaftswesen« und spricht deshalb die Er wartung aus, daß sowol Vorschuß- und Creditvereine al- alle andern Arten von Genossenschaften dieselben in dem ihnen aufgezwungenen Kampfe kräftigst unterstützen. Er wurde von Mayer-München begründet, der auf die Agitation hinweist, welche in einem großen Theile Süd - und Mitteldeutschlands seit geraunier Frist von Colonialwaarenhändlern und ähnlichen Ge schäftsleuten gegen die Consumvereine wach gerufen ist, Augenweide Bedürfniß war, Preisgaben. Es scheinen eben die Begriffe von Anstand und Moral wandelbar wie alles in der Welt und vom Blutlaus, vom geistigen wie körperlichen Befinden der Menschheit ab hängig zu sein. Einige Berechtigung hätte eine nicht zu weit gehende Vorsicht allerdings, wenn man findet, daß die Makart'schen weiblichen Figuren, verhüllte wie unverhüllte, zu viel Erkenntniß, Erfahrung und Bewußtsein verrathen, was bei den griechischen Kunst gebilden nicht der Fall war, die nur durch Unbe fangenheit und unbewußte Schönheit den Blick fesselten. Bei Makart spricht da« Nackte sehr deutlich, was bei andern oft nur in der Verhüllung versteckten Aus druck findet. Jedes Glied hat eine beredte Sprache und sendet eine Aufforderung zur Verwcrthung des selben, zu schönem Lebensgenuß in die Welt. „Was sich der Berührung beugt, was Herz und Sinnen nahe liegt" rc., diese Worte Tanhäuser'S sind die nicht zu verdammende Devise der Makart'schen Frauen. Wie man nun auch denken mag: Grazie und for melle Schönheit, die den GefühlSstnn bilden, müssen den Zutritt in die Oeffentlichkeit behalten. Man ver banne lieber das Auge verletzende Caricaturen aus Zeitungen und Schauläden und schließe die Affen häuser in den Zoologischen Gärten, wo das Anstands gefühl ärgern Zumuthungen ausgesetzt ist als bei den erhebenden Gaben der Kunst. Es fehlt hier an Platz, das bedeutende Werk Makart'S eingehend zu bespre chen, und damit sei nur diese allgemeine Betrachtung gegeben. Der Einweihung de« neuen Iustizgebäude« auf der Pillnitzcr Straße sieht man im October entgegen. die sich leider zum großen Theil in Verdrehung der thatsächlichen Verhältnisse und Ausnutzung aller er reichbaren Mittel ohne jede Wahl bewegt. Die So lidarität aller genossenschaftlichen Vereine unter sich bedingt, daß bei solchen Angriffen auf eine Art der selben die übrigen Orte sich nicht vollständig fern halten oder gar an der Anfeindung betheilige», son dern daß sic den Angegriffenen unterstützend zur Seite stehen, selbstverständlich nur insoweit cö sich um gut und richtig organisirte und geführte Vereine handelt, weshalb anck die Anforderung strenger Organisation vorausgcschickt ist. Redner beklagt insbesondere, daß ein Theil der Presse sich mit auffälliger Bereitwillig, keit in den Dienst der Agitation gegen die Vereine gestellt hat, und erklärt die Aufnahme einer Reihe von Einzelheiten in Ziffer 2 und 3 daraus, daß gerade auf diese Punkte sich die Agitation größtenthcils unter vollständiger Verkennung derselben berufe. Darüber, daß die Vereine niemals daran gedacht haben, die Socialdemokratie zu unterstützen oder deren Bestre bungen in irgendeiner Weise zu «heilen, glaubt Redner (obschon auch dieser Vorwurf wiederholt erhoben wurde) ein Wort nicht verlieren zu dürfen, nachdem bei allen denkbaren Gelegenheiten schon klar gestellt wurde, daß die genossenschaftliche Thätigkeit in geradem Gegensätze zur Socialdemokratie steht. Die Ausführungen des Redners wurden, wie schon die Verlesung deS An trages, mit lauten Zustimmungsrufen begrüßt. Der Anwalt vr. Schulze-Delitzsch trat in kräf tigster Weise für den Antrag ein, der in allen Be ziehungen den Principien des Genossenschaftswesens entspreche. Er legt ganz besonderes Gewicht auf die Festhaltung am BaarzahlungSsystem, durch welches sich die Consumvereine ein großes Verdienst für die wirth- schaftliche Erziehung deS Volkes erworben haben, denn das Borgshstem der Kleinkrämer sei Ursache, daß viele Consnmartikel um 20—30 Proc. theuerer bezahlt werden müssen. In den Consumvereine« sei der Ar- beitcrstand sehr bedeutend vertreten; aus diesem Stande rekrutirc sich die Socialdemokratie ganz vorzugsweise.. Die Vereine dienen als Mittel, den Arbeiterstand in andere Kreise zu ziehen, und verdienen schon deshalb jede Unterstützung. Der in dem Anträge zurückge- wiesene Vorwurf sei die absolute Lächerlichkeit. DaS Princip der Arbeitstheilung anerkennt der Redner; allein dieselbe habe da ihre Grenzen und verliere ihre wirthschaftliche Berechtigung, wo der spe- cielle Geschäftsmann nicht bessere Bedingungen bieten kann als der eigene Bezug. Seine warme Empfeh lung des Antrages wurde gleichfalls mit stürmischen Zurufen au« der Versammlung begleitet: Roelle-Lüdenscheidt, Präsident der dortigen Handels kammer, bezeichnet die Consumenten als die Aschen brödel der derzeitigen wirthschaftliche» Gruppirung, und die Consumvereine als den einzigen guten Genius, der ihnen zur Seite steht. Die Vereine, in welchen all« Gesellschaftsklassen vertreten sind, bilden da« schönste Mittel zur Ueberbrückung der Klassenunterschiede, wie sie anderwärts wol gar nicht möglich ist. Protze-Chemnitz empfiehlt jeden« Angriffe gegen über die größte Energie, und in jeden« geeigneten Falle gerichtliche Abwehr. Nachdem der Referent mit Bezug auf die vortreffliche Begründung durch den Anwali auf sein Schlußwort verzichtet, wird der Antrag unter Beifallsrufen einstimmig angenommen. Im Uebergange zu de«, besonder» Angelegenheiten Es ist alles gethan, um die nicht künstlerischen Zwecken dienenden Räume den« Auge anmuthend zu machen. Zahlreiche Schornsteine sind in schlanke Thürmchen verwandelt, die wie MinaretS einen moscheeartigen Körper im Hofe umstehen, in dem wol manches Gebet um Erlösung und manches Gelöbniß der Besserung aufsteigen wird. Für Licht und gesunde Luft ist i» musterhafter Weise gesorgt. Die Sorge um neue Kirchhöfe, weit ab von der Stadt, wird wiederum recht dringend, und sie wird chronisch bleiben, wenn man nicht praktischere Wege, wie da» Verbrennen der Leichname, einschlagen will. Die Todten machen den Lebenden vor den Thoren der Stadt den Platz streitig, und darum denkt man . in Dresden daran, einen neuen umfangreiche» Kirchhof möglichst weit von den Wohnungen lebender Menschen zu gründen. Unter mehrer» Stellen hat man auch eine große Fläche zwischen Obcrblasewitz und Tolkewitz im Auge, die zwischen zwei Wäldern und zwei Straßen bequemen Zugang hat. Besagtes Stück Land, jetzt der ÄlbertSpark genannt, predigte vor einigen Jahren noch große Hoffnungen. Es waren schon Straßen abgesteckt, Alleen gepflanzt, um in der Zeit der Grün dungen die Liebhaber deS Landlebens zum Bauen luxuriöser Villen zu veranlassen. Es wurden aber keine Parcellen verkauft und statt lieblicher gepflegter Gärten wuchert jetzt üppiges buntes Unkraut, alle sorgsam abgesteckten Stellen parteilos bedeckend. Es ist das nun wirklich kein übler Witz deS Schicksals, daß auf den« Grund und Boden, wo so viele Hoff nungen der Gründer begraben liegen, ein Kirchhof er richtet werden soll.