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1694 derselben nur Ein Verhältuiß gkbrn: daS der lässigen Bekämpfung. Der Geist aber, der jetzt in der Marine herrscht, ist in mancher Beziehung kein freudiger; sie ist vielmehr bei der Masse ihrer eigenen Mannschaften unbeliebt geworden. Das muß anders werden! Zrrthümer lassen sich abstellen, Fehler verbessern, Personen wech seln, und unter einer günstigern Sonne wird hoffentlich bald die Marine die ernsten Befürchtungen zerstreuen, welche sich jetzt ihren Freunden aufdrängen!" in der Annahme, daß viele ihm zustimmten mit dem stillschweigenden Vorbehalt, ihn bei der ersten besten Gelegenheit wieder zu beseitigen. Eine solche Politik der reservatio mentalis mag im diplomatischen Ver kehr angebracht sein, nimmermehr aber in der inner» GesetzgcbungSarbeit eines Staates, am wenigsten eine- solchen Staates, der noch an seinem Ausbau und Aus bau arbeitet. Nein, die Wege einer ultramontaneo Partei können nimmermehr auf die Dauer übcrein- stimmen mit den Bahnen, welche der Politik des heu tigen Deutschen Reiche« durch die Natur der Verhält nisse vorgezeichnet find. Und darum kann eS für un«, bei dessen sich steigernder Verzweiflung besonders deoi stummen Spiel viel überlassen bleibt, war Hr. Eichen wald recht glücklich. Ein gleich sprechendes Charakterbild gab Frmi Spitzeder als Frau Marthe Rull, das niederländische Colorit in Spiel und Maske drastisch zur Geltung bringend. DaS entzweite Liebespaar, Eve und Rup recht, wurde von Frl. Tullinger und Hrn. Ellmenreich und zwar von ersterer mit dem richtigen AuSdrucke de« inner» Kampfe«, von letzterm mit der bäuerischen: Derbheit und Kraftentfaltung, welche die sprechende Wunde auf de« Richters Kopf erheischt, wiedergegeben. Der GerichtSrath Walter des Hrn. Pettera und der Schreiber Licht des Hrn. Löwe waren gleichfalls gute Charakterköpft. Die kleinern Partien, Frau Brigitte (Frau Denzin), Gerichtsdiener (Hr. Paulik), Liese (Frl. Arndt) und Grete (Frl. Reinecken) und Büttel (Hr. Schwendt) fügten sich gut in da« Ensemble. Nicht in dem gleichen Maße befriedigend war die Aufführung des Poesie- und geistvollen Lustspiels „Durch- Ohr", das ein sorgfältigst vorbereitetes Zu sammenspiel und einen von innigstem Verständniß und Empfinden getragenen Vortrag der schönen, von klas sischem Hauche durchwehten Verse erfordert. Tas Schwesternpaar Clara und Mathilde wurde zwar von Frl. Satran und Frau Western in tadelloser Weise wiedergegeben, und besonders der Charakteruntcrschied der beiden, die Schwärmerei und Anmuth Clara'« und der Verstand und Witz Mathildens, in richtiger und anziehendster Weise zum Ausdruck gebracht; aber ! weder Hr. Senger al« Heinrich noch auch Hr. Berg mann als Robert wurden in Spiel und Bortrag der abwesend waren, und, nachdem sie von den Vorgängen in der Stadt gehört, sich nach dem Schutargardanpaß flüchteten. Man glaubt, daß sie die einzigen Ueber- lebendea sind. Die Nachricht hat in ganz Indien die größte Aufregung erzeugt. Der allgemeine Ruf ist, daß Kabul, welche- jetzt zum zweiten male der Schau- platz einer schrecklichen Niedermetzelung unserer Lauds- leute ist» zerstört werden müsse, oder daß wenigstens seine Mauern sowie die Citadelle der Erde gleichge- macht werden sollten. Das Gefühl der Erbitterung ist durch ganz Indien intensiv, und e» herrscht allge mein die Ansicht, diese Katastrophe sei dadurch herbei geführt worden, daß wir eS unterließen, Kabul zu besetzen, als es uns thatsächlich offen stau'». Die Afgha nen schrieben dies natürlich unserer Schwäche zu, und schwach zu sein bedeutet in ihren Augen: offen für einen Angriff zu sein." hat Simla verlassen, um da- Commando im Peiwar» passe zu übernehmen. Der Vormarsch auf Kabul wird sehr rasch erfolgen und stark unterstützt werden. Oberst Baker, der militärische Secrctär des VicekönigS, be gleitet Se. Excellenz. Der Vicekönig Lord Lytton telegraphirte unterm 6. Sept, an daS Indische Amt: „In der Nacht des 4. Sept, langte in Ali-Khel die Meldung an, daß am Morgen deS 3. Sept, die britische Gesandtschaft in Kabul von drei revoltirenden afghanischen Regimentern, denen sich später sechs andere anschloffen, angegriffen wurde. Die Gesandtschaft ver- theidigte sich, al- die Boten Kabul verließen. General Massey erhielt Befehl, morgen früh von Ali-Khel auf Schutargardan vorzurücken. General Robert- wird von Simla au- Peiwar in fünf Tagen erreichen und das Commando über einen raschen Vormarsch auf Kabul übernehmen. Oberst Baker wird eine Brigade befehligen. General Stewart erhielt Befehl, Kandahar zu behaupten und im Nothfalle Ghuyni zu bedrohen. Zwei Briefe vom Emir sind in Ali-Khel eingegangen. Der erste, vom 3. Sept., 8 Uhr morgens, datirt, be sagt, daß unter den Truppen, die sich im Bala-Hiffar versammelt, um ihren rückständigen Sold zu verlange», plötzlich eine Meuterei auSbrach. »Sie steinigten ihre Offiziere, griffen dann daS Gesandtschaftsgebäude mit Steinen an, welcher Angriff mit Salven erwidert wurde. Die Verwirrung erreichte einen sich jeder Con- trole entziehenden Höhepunkt. Volk aus der Stadt und der Umgegend strömte nach dem Bala-Hiffar und begann den Artilleriepark und das Magazin zu zer stören. Sämmtliche Truppen und das Volk griffen die Gesandtschaften an. Ich, der Emir, sandte Darud» Schah ab, um dem Gesandten Beistand zu leisten. Er wurde vor dem Gesandtschaftsgebäude durch Steine und Speerwürfe aus dem Sattel gehoben; er liegt im Sterben. Dann sandte ich Nahya-Khan und meinen eigenen Sohn mit dem Koran und MollaHS zu den Truppen, aber vergebens. Die Ruhestörungen dauern jetzt, abends, noch fort; die Verwirrung übersteigt alle Begriffe.» Hier endet der Brief. Ein zweiter Brief vom Emir, datirt 4. Sept., besagt: «Gestern scharten sich von morgens bis abends Tausende zusammen, um die Gesandtschaft zu zerstören; viele Menschenleben gingen auf beiden Seiten verloren. Abends wurde da- Ge- sandtschaftSgebäude in Brand gesteckt. Den ganzen gestrigen Tag bi« jetzt bin ich mit fünf Begleitern belagert worden; ich Habe keine sichern Nachrichten von dem Gesandten, ob und seine Leute in ihrem Quar tier getödtet oder ergriffen und herausgebracht wurden.»" Einem länger» Telegramme deS Standard auS Bombay ist zur Ergänzung der vorstehenden Mitthei- lnngen noch Folgendes zu entnehmen: „Der Kampf in der Gesandtschaft dauerte den ganzen Tag hindurch und eine große Anzahl der Meu terer wurde getödtet. Die Gebäude, in denen die Gesandtschaft einquartiert war, waren aus Holz, und gegen Abend gelang es den Afghanen, dieselben in Brand zu stecken. Die Ueberlebenden der Gesandt schaft machten alsdann einen Ausfall und vertheidigten sich verzweifelt; sie wurden aber alle getödtet. Die Boten, welche die Nachricht überbrachten, sagten aus, daß sie deren Leichen in den Straßen gesehen hätten. Neun der berittenen Guiden sind entkommen, da sie zur Zeit deö Angriffs auf einer Fourragee;pedition solange eine solche Partei in Deutschland besteht, zu unab- Leipziger Stadttheater. Ä Leipzig, 9. Sept. Der gestrige Abend brachte im Neuen Theater zwei Lustspiele, von denen da» eine hier seit längerer Zeit nicht, daS andere noch gar nicht gegeben wurde, obgleich beide verdient hätten, schon eher und zwar dem ständigen Repertoire eingereiht zu werden: „Der zerbrochene Krug", Lustspiel in einem Aufzuge von Heinrich v. Kleist, und „Durch- Ohr", Lustspiel in drei Aufzügen von Wilhelm Iordan. „Der zerbrochene Krug", bekanntlich durch ein Ge mälde, da- der Dichter in genialster Weise belebte, ent standen, trägt auch al- Drama noch und zwar besonder- in der bestimmten Charakterzeichnung fast jeder im Rah men deS Stückes erscheinenden Person den Charakter eines echten Niederländers, sodaß auch bei der Wiedergabe dieses Stückes auf Individualisirung einerseits und malerische Gruppirung des Ganzen andererseits ein besonderer Werth zu legen ist. Bei der gestrigen Auf führung kam beides in gelungener Weise zur Geltung, da die Besetzung der einzelnen Rollen im ganzen eine zutreffende war. In der Wiedergabe des mit einer Füllt komischer Momente auSgestatteten Richter Adam, Deutschrt Reich. -j> Lerlin, 9. Sept. Ihre Maj. die Kaiserin ist mit ihrem Gefolge heute Vormittag 9 V, Uhr im besten Wohlsein a»S Königsberg wieder in Berlin eingetroffen. Dieselbe begibt sich von hier nach Baden-Baden. — Die «Post» bestreitet in einem „Zum russischen Zeituugskampf" überschriebenen Artikel ganz ent schieden, daß Deutschland ein Verschulden daran trägt. Sie schreibt unter anderm: „Ein großer Theil der russischen Presse hat die deutsche Regierung und na mentlich den deutschen Reichskanzler angegriffen, seine Haltung während der orientalischen Krisis der schlimm sten Absichten gegen Rußland beschuldigt, und diese Anklagen haben sich bei einzelnen russischen Blättern auf daS deutsche Volk und auf die Politik der Ver gangenheit ausgedehnt. Als diese Angriffe zuerst laut wurden (es war bald nach dem Schluffe des Berliner CongresseS im Frühherbst vorigen Jahres), haben we nige deutsche Blätter, darunter auch wir, eine Richtig, stellung der Thatsachen unternommen, die in jenen Angriffen völlig verdunkelt wurden. Nachdem dies einigemal geschehen, hat die gesammte deutsche Presse geschwiegen, die russische Presse aber hat ihre Angriffe bis auf wenige Ausnahmen mit steigendem Ungestüm fortgesetzt. Endlich konnte die deutsche Presse nicht mehr unterlassen, und am wenigsten konnte es der Theil der Presse, welcher die auswärtige Politik un serer Regierung aus voller Ueberzengung unterstützt, daS deutsche Publikum auf die Anklagen und die hef tige Sprache der russischen Zeitungen aufmerksam zu machen. Es geschah dir» durch die einfache Mitthei- lung der betreffenden Artikel: Wir unsererseits haben einen einzigen Artikel gebracht, eS war am 22. Aug^ worin wir den Ursprung jener nicht aus Thatsachen; sondern nur aus Stimmungen erklärlichen Feindselig keit darlegen wollten. Ein Artikel der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung sucht den Ursprung an einer an dern Stelle, als wir eS gethan, und wir haben den betreffenden Artikel am 4. Sept, unsern Lesern mit- getheilt. Heute haben wir nur unsere Befriedigung auszudrücken, nicht mehr nach dem Ursprünge einer Erscheinung forschen zu müssen, die hoffentlich nun der Vergangenheit angehört. Aber wir legen ernstlich Verwahrung ein gegen solche Stimmen, welche von dem Aufhören einer deutsch-russischen Fehde sprechen. Deutscherseits hat niemals ein Angriff statkgefunden, ' Bedeutung Bergmann reicher Wo als daß r stehen, gi desselben Tempo ist doch darf Inhalts f ungeschmä eine öftere mehr wie erlangte g Darstellun Ueber e burger Abe: am Freitag vollzieherve wirthschaft ben erst eir Knall, hier men. Als mehrere im Hülfe schri Fenstern 4 unten unt! darunter di die Straße fangen wurl und weiter dann in» lärm entsta leit am Pl< den im Ga schickte, der wir habe, geführt, von eine» sprechen, wenn ma zur Kenn weis auf die Besch wol sonst greiser zu friedigung je überzer scheidung Die S Erinnerm ZeitungSa jetzt am Zeit Wied gegnen, Preßangr bettachtet vor der freundscho Führung hin ihre Regierung nung vor zu wollen titeln am an die sr hässigsten deutsche ' Agcnce ri wollen, n -Die! . welches il . in Bezug der Mis Nicht i meine Zei im Gegent indem sie : eigentlicher eine Verse» Zeitung h wendet; e fache nur tes übrig, daß der ' v. Manreu er aber V ' halb feine daraus w< nahm, oh , Dann war , der Nation eben den uns zugiin findung" t In d und der der Mani Blatt, di die Mitt Manteuff zeichnen n Angaben fange auf - —Diel fluß diese Dinge auf die Herbeiführung der Katastrophe gewesen sind. Die vier- bis fünfmonatliche UebungS- fahrt bildet allerdings die Leute einigermaßen heran; am Schluß derselben sind sie vielleicht für die Ernst verwendung geeignet. Diese Freude dauert aber nicht lange, weil man dann Offiziere und Mannschaften wieder in alle Winde zerstreut. Die Methode deS ' Hrn. v. Stosch führt dazu, daß mit Ausnahme weniger Wochen im Jahre Deutschland thatsächlich außer Stande ist, irgendeine Achtung gebietende Seemacht zur Verwendung in der Nähe seiner eigenen Küsten rasch zusammenzubringen und in einem diensttaug lichen Zustande gegen einen Feind zu führen. Ja wenn die jährlichen Fahrten in ferne Gewässer an- getreten sind, fehlt es durchaus an Mannschaften, um auch nur ein kleines Geschwader für den Schutz unserer eigenen Küsten zu bemannen. Die Hoffnung beruht dann auf den Marinereserven und auf der Seewehr, aber diese sind bekanntlich nicht da, wenn man sie braucht, weil sie in fernen Gewässern ihrem Erwerbe nachgehen. Es dauert ein Vierteljahr, wol auch ein halbes Jahr, ehe man sie beisammen hat. In Bezug auf den Werth von Wilhelmshaven, welches Millionen verschlingt, sind die Ansichten der höhern Technik sehr getheilt. Mit dem Aufwande von vielen Millionen ist eine große Anzahl von Schiffen hergestellt worden, von denen einzelne als mittelmäßig, manche als wenig brauchbar gelten. Zur raschen Ausrüstung fehlt eS an Einrichtungen, zur genügenden Besatzung an tüchtigen Mannschaften. Wenn trotzdem Tüchtige- geleistet wird, so liegt da» an dem guten Kern, denn keine Nation hat verläßlichere Seeleute als die deutsche. Die Katastrophe in Afghanistan. -f-London, 8. Sept. Ueber die verhängnißvolle Wendung der Dinge in Afghanistan sind dem hiesigen Reuter'scheu Bureau folgende Depeschen aus Simla zugegangen: 6. Sept. In später Stunde am Donnerstag Abend traf ein mit Schnellpost reisender Gilzaikurier, von Kabul kommend, in Ali-Khel ein und meldete dem dortigen politischen Beamten, Major Conolly, daß die britische Gesandtschaft in Kabul von mehrern afghani schen Regimentern, die sich in der Stadt versammelt hatten und ihre Soldrückstände forderten, angegriffen worden sei. Die Escorte der Gesandtschaft setzte sich zur Wehr. Bald nachdem der Vicekönig diese Kunde erhalten, wurden dem in Ali-Khel stationirten Ge neral Massey Befehle ertheilt, unverzüglich auf den Schutargardanpaß vorzurücken. General Roberts ist iüstruirt worden, sich nach dem Peiwarpafle zu be geben und auf Kabul vorzudringen, während General Stewart angewiesen ist, Kandahar zu halten. Sämmt- liche britische Streitkräfte auf der Linie von Kandahar werden sich an diesem Platze und im Kheiberpasse con- centriren. Die britischen Truppen werden beträchtlich verstärkt und sie werde» gegen Dschellalabad operiren. Major Conolly telegraphirte in gestriger Nacht den wesentlichen Inhalt von vom Emir selbst einge laufenen Briefen. Dieselben bestätigen die bereits «ingegangene Meldung, fügen aber hinzu, daß der Pöbel den meuterischen Regimentern sich angeschlossen und daS Arsenal und die Vorräthe des Emir« ge plündert und zerstört hätte. Später wurde die Ge sandtschaft mit überwältigender Macht angegriffen. Der Emir erklärt, daß er durch die Revolte völlig überrascht wurde und sich bemühte, dieselbe zu unter drücken. Er entsandte den General Daoud-Schah znm Beistände des Major- Cavagnari, aber der Ge neral wurde vom Pferde gerissen und liegt infolge der erhaltenen Wunden im Verscheiden. Der Emir schickte sodann seinen Sohn mit dem Gouverneur von Kabul und andern einflußreichen Persönlichkeiten ab, aber der Pöbel war gänzlich unbeherrschbar, und der Angriff auf die Gesandtschaft hielt den ganzen Mitt woch (3. Sept.) hindurch an, worauf eine Feuersbrunst in dem Gebäude auSbrach. In einem vom 4. Sept, datirten Briefe schreibt der Emir, er befinde sich in großer Nothlage und werde selber belagert. Das Schicksal Major Cavagnari'- und der Mitglieder der Gesandtschaft ist bisjetzt un bekannt. General Robert«, begleitet von Lord Lytton,