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vr. 191. «einig. »rlchriut So»»ta»T. »V>ch. prri» ,Ic,NljI»»ttch IM. «Ps. S«d« «ixielic «um»rr DeuW AllMcinc Zcituiig. »Wahrheit uud Recht, Freiheit »ad Seseh!» Sountaz, 17. Augast 187S. Zafer «te sind ao die «rdedttti» I» rcipji, t« sea»«. Zaserli»»»Hed«hr Pir die «palte»,etle » HU, »at« «t»^<r»dt „ ys. Telegraphische Depeschen. * Sabelsderg, 15. Aug. Ihre Maj. die Deutsche Kaiserin ist heute früh von Frankfurt a. M. hier eingetroffen und bei der Ankunft von Ihren kaiserl. und köuigl. Hoheiten dem Kronprinzen und der Kron prinzessin und Sr, königl. Hoh. dem Prinzen Wilhelm begrüßt worden. * Darmstadt, 1ü. Aug. nachmittags. Die Kaiserin von Rußland ist mit dem Großfürsten Alexis heute Nachmittag auf Schloß Heiligenbrrg bei Jugenheim eingetroffen; dieselbe wurde an der Bahnstation von dem Prinzen Alexander von Hessen und besten Fa milie sowie von den Mitgliedern der hiesigen russischen Gesandtschaft begrüßt. *Paden-»aden, 15. Aug. Die Großfürstin Olga, Gemahlin des Großfürsten Michael, hat nach dritthalbmonatlichem Aufenthalte hierselbst sich heute zum Besuch des Königs und der Königin von Würtem- berg »jach FxiedrichShafen begeben und tritt von dort über München, Wien und Odessa die Heimreise an. -Men, 15. Aug. Die »Presse» schreibt, daß das Bedürstliß nach Ruhe die einzige Ursache des Rück tritts des Grafen Andrassy sei, nachdem der Ber- liorr Vertrag durch die Räumung der Balkanhalbinsel von feiten der russischen Truppen in seinen Haupt- theilen vollzogen fei. Weder die Frage über den Ein marsch österreichischer Truppen in Novibazar noch die seit den Neuwahlen für den ReichSrath entwickelte Neu gestaltung der Dinge in Cisleithanien hätten den Grafen Andrassy zum Rücktritt bewogen. Graf An- drästy habe sich auch in voller Kenntniß über die Schritte! und Plane des Grafen Taaffe bezüglich der Neubildung des CabinetS befunden und sich bezüglich des Programms und der zur Ausführung desselben be- rUfenen Persönlichkeiten zustimmend geäußert. * Aom, 15. Aug. Die Nachricht der Republique sran;aise, daß die albanesische Liga durch italie nische Freiwillige, namentlich durch Artilleristen» verstärkt Würden sei, wird von der AKeneia Giesanr ailf Grund zuverlässiger Informationen für unbegründet erklärt. In Nom sei nichts von der Existenz italieni scher Freiwilliger in Albanien bekannt, und es sei sicher, daß kein Freiwilliger mit Waffen und Gepäck Italien verlaffen habe, uni nach Albanien zu gehen. 15. Aug. Die Agence Havas läßt sich aus Madrid melden, der gestern dort stattgehabte Ministerrath habe sich mit der Wiederverheirathung des Königs beschäftigt; wie verlaute, werde sich Ma nuel Silvela demnächst nach Wien begeben, um für den König um die Hand der Erzherzogin Marie Christine anzuhalten. * London, 14. Aug. nachts. Unterhaus: Im weitern Verlauf der Sitzung lenkte Duff die Auf merksamkeit des Hauses auf die in Afghanistan be folgte Politik und sprach sich tadelnd über dieselbe aus. Im Laufe der Debatte verthcidigte der Unter- staatSsecretär für Indien, Stanhope, den mit Afgha nistan geschloffenen Vertrag, welchen England getreu lich au-führe. Derselbe sichere den bei dem Kriege verfolgten Zweck: ein starkes, unabhängiges und frcund- schastlicheS Afghanistan, eine sichere Grenze und eine erhöhte militärische Macht in Indien herzustellen. WaS den Vormarsch Rußlands gegen Merv angehe, so könne England denselben bei der neuen Grenze mit größerm Gleichmath ansehe». Ueberdie» besitze die Regierung die festesten Versicherungen Rußlands, daß eS nicht bis Merv vorrücke» werde. Der Führer der Opposition, Hartington, weist auf zukünftige Gefahren hin. Schatzkanzler Northcote verthcidigte die Regie rung Und hob hervor, die Opposition könne die Po litik der Regierung nicht umstoßen; eine Kritik sei des halb nutzlos und überdies dem Lande im AuSlande nachtheilig. Hierauf vertagte sich das HauS. * London, 15. Aug. nachmittag». Unterhaus: Auf eine Anfrage Lefivre'S antwortete der Dchatz- kanzler Northcote, bei der in Thessalien und Epirus auf beiden Seiten herrschenden Aufregung hätten die Türkei und Griechenland e» für nothwendig erachtet, ihre Streitkräfte zu verstärken, die englische Regie rung aber habe für unnöthig gehalten, Vorstellungen dagegen zu machen. — Die Mitglieder deS Unter hauses wurden hierauf nach dem Oberhause entboten, um dem feierlichen Schluffe der Parlaments sitz uu gen beizuwohnen. * London , 15. Aug. nachmittags. Das Parla ment ist soeben vertagt worden. Die dabei ver lesene Botschaft der Königin erwähnt die herzlichen Beziehungen, in welchen England zu den fremden Mächten stehe, und betont den Einfluß, den die Kö nigin augewendet habe, um die eingegangenen Ver tragsverpflichtungen zur Erfüllung zu bringen und den allgemeinen Frieden aufrecht zu erhalten und zu be festigen. Die im Berliner Vertrage getroffenen Ver einbarungen seien treulich auSgeführt, die Feststellung dir neuen Grrnzin sei nahezu vollendet. Die durch den lstzwn Krieg. heröÄgefüyrten Bedrängnisse hätte» die türkische Regierung bisher gehindert, die Reformen einzuführen, deren Nothwendigkeit dieselbe erkannt habe; die Regierung werde fortfahren, der Türkei die Wich tigkeit ans Herz zu legen, daß sie die von ihr einge- gangenen Verpflichtungen in vollem Umfange erfülle. Die Botschaft hebt endlich das Einverständniß Eng lands und Frankreichs bei der Einsetzung einer neuen Regierung in Aegypten hervor. * London, 15. Aug. Den deutschen Herbst man övern werden GenerallieutenantHardinge, Oberst lieutenant Methuen und die Kapitäne Bonham, Car michael und RaweS beiwohnen. * London, 15. Aug. Wie dem Reuter'schen Bureau aus Konstantinopel vom 14. Aug. gemeldet wird, sind Ali-Saib-Pascha und Savas-Pascha zu Delegirten für die Verhandlungen bezüglich der griechischen Grenzfrage ernannt worden. Savfet-Pascha werde wahrscheinlich den Vorsitz in der Commission führe». * Lonstantiuopel, 15. Aug. Von autorisirter Seite wird gegenüber Nachrichten von sporadischen Cholerafällen in Konstantinopel mitgeiheilt, daß kein Krankheitsfall beobachtet worden sei, welcher ver dächtige Symptome zeigte. Der allgemeine Gesund heitszustand von Konstantinopel sei ein durchaus be friedigender. (Wiederholt.) Zar Lage in der Türkei. Der Kölnischen Zeitung geht au» Konstantinopel vom 6. Aug. eine Mittheilung über die innere Lage der Türkei zu, die nahezu trostlos erscheint. So heEt eS unter anderm: „DaS Volk ist verzweifelt. In die ser so geduldigen, so sanften, so genügsamen Menge gärt und kocht eS wie in einem feuerspeienden Berge vor einem Ausbruche, und die Anwendung de» ge flügelten Wortes: «Wir tanzen auf einem Vulkan», ist für die Bewohner des heutigen Stambul in jeglicher Beziehung gerechtfertigt. Die Stockung auf dem Han dels- und VerkehrSgebiete, die entsetzliche Theueruyg aller Lebensbedürfnisse, die Verschiebung aller Werthe, die herrschende Roth, alles die» zusammen hat die Leute so verbittert, daß sie ausschließlich mit Gift und Galle erfüllt zu sein scheinen. In erster Linie richtet sich ihre Wuth gegen den Sultan, den sie für alle» persönlich verantwortlich machen. Abd-ul-Hamid'» Ab setzung ist das jetzt seit Wochen in den Kaffeehäuser« von Stambul und Skutari — diesen alten Herden der Verschwörung — besprochene Thema. Ohne zu bedenken, daß in der Türkei ein Personenwechsel noch lange nicht einer Aenderung deS herrschenden System» gleichkommt, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, daß ein großer Theil der herrschenden Uebelstände den Ver hältnissen zur Last zu schreiben ist, ohne zu erwägen, daß unter der Regierung eines andern Sultans viel leicht noch traurigere und vcrworrenere Zustände hät ten platzgreifen können, schreit diese urtheilölose Menge aus vollem Halse: «Weg mit Abd-ul-Hamid! Er ist nvbr. unser Khalif zu sein!» In diese feindliche Stimmung gegen den Herrscher fiel wie ein Funke in ein gefülltes Pulverfaß die Erklärung de« Direktors des Irrenhauses von Skutari, vr. Mongeri, der Exsultan Murad sei geistig und körperlich voll ständig gesund. Jetzt war jede Schwierigkeit gelöst, und mit Einem Schlage kehrten die türkischen Viertel wieder zu ihrem frühern Ideal, dem MuradiSmuS, zurück. Jetzt denkt die türkische Bevölkerung unserer Hauptstadt zu neun Zehnteln wieder muradistisch, und dieser Richtung ist insofern eine gewisse Macht nicht abzusprechen, als dieselbe gleichzeitig von den unzu friedenen jungtürkischen und den orthodoxen rechtlichen alttürkischcn Elementen getheilt wird. Murad war Sultan — der Scheikh-ul-Islam erklärte ihn für wahn sinnig und unfähig der Herrschaft — Abd-ul-Hamid Die neunschwänzige Katze. Die neunschwänzige Katze ist in den letzten Mo naten ein wichtiger Gegenstand auf der Tagesordnung deö englischen Parlaments und der Presse gewesen. Es handelte sich darum, ob dieses körperliche Züchti gungsmittel für Militärvergehen auch in Zukunft bei- bchalten werden solle. Dasselbe wird als eine der härtesten Strafen bei gewissen strafbaren Handlungen von Civilpersonen (allerdings der schwersten Kategorie) heutzutage noch zur Anwendung gebracht. Manche Leser werden sich fragen, worin denn das Strafmittel der „neunschwänzigeu Katze" bestehe. Einen schauder erregenden Fall erzählte Professor Teichmann in der frühem Holtzendorff'schen Strafrechtszeitung (12. Jahr gang). Wir lassen den Bericht selbst folgen: „Der Verbrecher William Terry hatte gegen 9 Uhr abends, in einer HauSthür stehend, eine Frau erwartet und dann versucht, mit eigener Hand sie zu strangu- liren. Zuerst vor das Polizeigericht geführt, dann vor die Assisen von Old Bailey, wurde er zu 7 Jah ren ponsl servitucko und zu 25 Hieben mit der neun schwänzigen Katze verurtheilt. In vergangener Woche nun wurde Terry ans seiner Zelle nach dem dafür bestimmten Saale geführt, wo der Director von New- gate, ein Chirurg, zwei Magistratsbeamte, verschiedene Reporter und der Scharfrichter Calcraft sich einge funden. Man passirte sodann einen von hohen Mauern umgebenen, an einer Seite sich an die Gefängnißkapelle anlehnenden Hofraum. Durch eine sehr feste Thür gelangte man in ein geräumiges Local, das sonst zum Seilziehen verwendet wurde, jetzt aber zur Züchtigung der Erdroßler (Ksrottors) bestimmt ist. DaS erste, was dem Auge auffällt, wenn man in den Saal tritt, ist ein hölzernes Instrument, dessen unterer Theil einem Kasten gleicht, aus dem zwei Stiele in Kreuzform emporragen. Während wir den Mechanis mus prüfen, treten zwei Wachen in den Sael, vor ihnen Terry, bis zum Gürtel entblößt. Terry ist erst 22 Jahre alt, von kleiner, untersetzter Statur, sehr muskulös und von grobem Körperbau. Er ist todten- bleich. Einige rothe Flecken lassen sich auf der schmuzigweißen Hautfarbe erkennen. Unstet irrt sein Auge Im Saale umher und schließt sich erschreckt bei dem Anblick des Folterwerkzeuges. Calcraft, nicht viel größer als der Delinquent, tritt heran. Er erscheint stark, kräftig, doch scheint seine Hand einen Augenblick zu zittern, wenn er auch ganz geschickt das schreckliche Instrument handhabt. Er macht sich, ohne ein Wort zu sprechen, ans Werk. Er ergreift den Delinquenten an den Schultern und flößt ihn auf die Maschinerie zu; letzterer weicht entsetzt zurück, aber die Wachen fesseln ihn, jede an einem Arme, und lassen ihn einige Schritte vorwärts thun. Der erwähnte Kasten zerfällt in zwei gleiche Hälften, deren eine, die innere, um ein Charnicr beweglich heraufgezogen und herabgelassen werden kann, während der andere feststeht. Wie der Deckel von zwei Löchern in der Mitte durchbrochen wird, so enthält auch der Kasten selbst zwei Halb zirkel. Calcraft bemüht sich, den Delinquenten in den letzter» hineinzubringen. Dieselben umschließen sofort die Schenkel desselben, wie die Lünette der Guillotine den Hals de» Berurtheilten. Ebens» werden die Füße , von einem durchlöcherten doppelten Boden umschlossen. Terry will sich losmachen, aber er wird wie von Zangen festgehalten. Brüllend schlägt er phrenetisch um sich, um mit der Hand den Scharfrichter und die Wachen abzuwehren. Aus dem Kasten erhebt sich «in Balken mit zwei sich kreuzenden Armen, die einander mittels einer Schraube genähert oder voneinander ent fernt werden können; rechts und links haben sie zwei Löcher, um die Hände des Opfer» wie in einem Schraubstock festzuschließen. Trotz verzweifelter Ver suche sieht sich Terry in die Unmöglichkeit versetzt, Arme und Beine zu bewegen, und beut seinen Rücken den Streichen dar. Calcraft nimmt aus der Hand einer der Wachen daS schreckliche Werkzeug, die neunschwänzige Katze, deren Riemen in kurzen Zwischenräumen miteinander verknüpft sind, und wartet, bis einer der Beamten das Zeichen zum Beginne gibt. Darauf setzt er de» linken Fuß vor, legt den Körper zurück, schwingt die Rechte und sofort schlägt die Katze senkrecht auf den Rücken den Delinquenten nieder. Ein dumpfer, lang anhaltender Schrei, mehr ohnmächtige Wuth als Schmerz verrathend, läßt sich vernehmen, und noch ist er auf den Lippen deS Delinquenten nicht erstorben, als ein zweiter Schlag auf die Stelle des ersten nieder fällt. Terry schreit auf, sein Rücken zittert und bringt daS Instrument ins Schwanken, aber von neuem schwingt der Henker die Katze und scheint sich i« Fleische festhalten zu wollen. Nur ein Streich ohne Blut läßt sich auf dem Rückgrat deS Delinquenten erkennen. Bis zu diesem Augenblicke hatte der Schmerz dem Banditen nur unartikulirte Laute entrissen, doch