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1486 unser engere- Vaterland, Sachsen, betrifft, so möchten wir die unten wiedergegebenen zeitgemäßen Mahnungen der Autographirten Correspondrnz de» Reich-Verein- für Sachsen allen unsern Parteigenossen im Lande zur Beachtung und Befolgung recht dringend an- Herz legen. Der bairische Landtag, der nach dem Schluffe des Reich-tageS zu einer kurzen Session zusammentrat, ist nach Erledigung seiner Geschäfte wieder vertagt wor den. Nächst einigen wichtigen Gesetzen und Feststel lung des Budgets ist ein Hauptresultat dieser Session die Bewilligung von fast 45 Mill. M. zum Bau von Eisenbahnen auf Staatskosten. Aus einer Mittheilung, welche der Finanzminister der II. Kammer machte, war zu ersehen, daß die Re gierungen den Ueberschuß au« den Zoll- und Ver- brauchssteuern, den der neue Zoll- und Steuertarif Aber die für die Bedürfnisse des Reiche- zunächst vor- behaltene Summe von 130 Mill. M. muthmaßlich ergeben dürfte, für das erste Jahr auf nur etwa «0 Mill. M. (wegen der zum Theil vor Eintritt de« »euen Tarifs noch nach dem alten Tarif eingeführten Massen zollpflichtiger Artikel), für die folgenden auf je etwa 75 Mill. M. veranschlagen. Hiernach würden, da zu jenen 130 Mill, und den sonstigen directen Ein nahmen des Reiches noch etwa 75 Mill. M. Matri- cularumlagen nöthig sein werden, die Einzelstaaten zu sammen noch etwa 15 Mill. M. an das. Reich baar zu zahlen haben, also etwa ein Sechstel dessen, was sie in den letzten Jahren in der Regel an Matricular- beiträgen zu leisten hatten. Die Thier--Feier in Frankreich ist, wie aus den dabei gehaltenen officiellen Reden erhellt, vor chau vinistischen oder deutschfeindlichen Anklängen seitens der Regierung mit großer Vorsicht bewahrt worden. Auch ein paar kleine Anläufe dieser Art von andern Seiten her wurden von autoritativer Stelle aus ent schieden zurückgewiesen. Hierin, wie überhaupt in der ganzen Führung seiner auswärtigen Politik (wir ver weisen auf die offene Darlegung dieser in der Wad- dington'schen Rede), zeigt sich das Cabinet Waddington äußerst besonnen und ebenso auf die wahre Wohlfahrt Frankreichs wie auf die Erhaltung deS europäischen Friedens bedacht. , England hat die Genugthuung, daß wenigsten« einzelne Häuptlinge der ZuluS sich neuerdings ihm Unterworfen haben, während allerdings der König Ketschwayo selbst mit seinen Getreuen sich in die Wälder zurückgezogen hat und möglicherweise auf einen «ruen KriegSzug sinnt. Gegenüber der Pforte scheint das englische Cabinet allmählich ernster — insbesondere auch wegen der noch immer rückständigen Reformen — auftreten zu wollen. Es ist von einer Ersetzung deS bisherigen Botschafter- Layard, dem man Mangel an Nachdruck vorzuwerfen scheint, durch den bisherigen Botschafter in Peters burg, Lord Dufferin, die Rede. Daß die Ruffen in loyaler Weise zum festgesetzten Termin die Balkaninsel geräumt haben, ward schon gemeldet. Wenn ein Theil der russischen Presse diese Räumung, die ihren Wünschen nicht entspricht, als eine Niederlage oder Demüthigung Rußlands empfindet und die Schuld davon auf Deutschland und Oester reich wälzt, deshalb diesen beiden Nachbarn grollt, ja wol gar ihnen mit Krieg droht, so ist dies nichts Neues und nicht dazu angethan, uns in eine besondere Erregung zu versetzen. thal) an der Zweigbahn der Straßburg-Baseler Bahn Schlettstadt-Markirch gelegen, ist Eisenbahnstation. Kestenholz hat Fabrikation von Kleiderstoffen au« Wolle, Baumwolle und Seide, eine große Sägemühle, Mineralquellen mit Chlor-, Soda-, Jod- und Brom gehalt nebst Badeanstalt und starkem Weinbau. Der Brand hat, wie amtlich festgestellt worden, 120 Wohn häuser, 80 Scheunen und 117 Ställe zerstört. Der Gesammtschaden ist auf 1,861115 M. veranschlagt, wovon 200000 M., die Habe armer Tagelöhner und Weber, nicht versichert sind. Die in den Flammen umgekommenen Eheleute heißen Nikolaus und Marianne Helbing, 64 und 62 Jahre alt." Wir denken, Deutschland wird diesem bedrängten Ort deS neuen Reichslandes die helfende und tröstende Mutterhand in reichstem Maße reichen. Der Brand in Serajewo. Bei der ersten Nachricht über den Brand in der bosnischen Hauptstadt schreibt die Neue Freie Presse unterm 9. Äug.: „«Serajewo steht in Flammen. Seit 6 Uhr brennt das katholische, serbische, jüdische undHandelS- viertel. Bei heftigem Winde verbreitet sich der Brand über Tausende von Häusern und wüthet noch immer ungeschwächt fort. Vom Handelsviertel ist kein Hau« gerettet, die katholische Kirche und da« deutsche Con- sulat ist abgebrannt, die serbische Kirche, die Begova Dzamia, ist ein Trümmerhaufen. Zehntausende sind obdachlos. Der Verlust wird nach Millionen gerechnet.» So ungefähr lautet die Nachricht, die unö gestern in Die Angelegenheit wegen de« JnvestiturfermanS für den neuen Vicekönig von Aegypten scheint nun mehr nach den Wünschen der europäischen Mächte er ledigt. Wegen der türkisch-griechischen Grenzfrage sollten die förmlichen Verhandlungen am 6. Aug. wieder ausgenommen werden; doch schien die nach dieser Seite ziemlich kriegerische Haltung der Pforte noch keine sonderlicke Geneigtheit zu einer Verständigung anzudeuten. Der Fürst von Bulgarien hat ein sehr verstän dige» Manifest erlassen, worin er der Bevölkerung ihre Pflichten ebenso wie ihre Rechte und Freiheiten vergegenwärtigt. Die rumänische Judenfrage ist augen blicklich Gegenstand persönlicher Besprechungen des dor tigen Minister« BoereScu, der zu dem Ende eine Rund reise an die großmächtlichen Höfe macht, mit den be treffenden Ministern de« Auswärtigen. In Wien hat derselbe bereits den Bescheid erhalten, daß die Groß mächte von ihrer im Berliner Vertrage niedergelegten Forderung in Betreff einer Besserstellung der Juden in Rumänien nicht zurückgehen werden, und in Berlin, wohin er sich zunächst begeben hat, dürfte ihm ein gleicher Bescheid zutheil werden. Eine überraschende Nachricht bringt ein Telegramm au« Neuyork, welches wir in der Jndependance beige finden. Danach hätte die deutsche Reichsregierung auf die von der Regierung der Vereinigten Staaten an eine Anzahl europäischer Regierungen ergangene Einladung zu Conferenzen wegen gemeinsamer An nahme der Doppelwährung in einem solchen Sinne geantwortet, als könne sie möglicherweise von ihrem jetzigen System zu jenem übergehen wollen. Die Nachricht dürfte jedenfalls mit großer Vorsicht aufzu nehmen sein. Hoffentlich wird sie unverweilt von ofsicieller Seite richtig gestellt. Deutsche- Reich. X.b.O. Serbin, 10. Aug. In Gastein fand gestern die Zusammenkunft der beiden Kaiser von Deutschland und Oesterreich statt. Ein eigent licher politischer Zweck ist bei dieser Begegnung sicherlich ausgeschloffen, wie schon dadurch bewiesen wird, daß die beiden hohen Herren ohne ihre Staatsmänner er scheinen. ES liegt auch im gegenwärtigen Augenblicke nirgends in Europa eine Frage vor, bezüglich deren den beiden Monarchen ein persönlicher Gedankenaus tausch wünschenSwerth sein müßte. Wenn man also doch eine politisch«?Bedeutung in dieser Begegnung «blicken will, so siegt sie eben nur in her Kundgebung der aufrichtig guten Beziehungen, welche zwischen den beiden Ländern herrschen und sich in der persönlichen Freundschaft der beiden Monarchen ausdrücken. Seit fast einem Jahrzehnt finden diese kaiserlichen Begeg nungen in jedem Herbste statt, und seit ebenso lange bestehen auch zwischen den beiden Nachbarreichcn die ungetrübt guten Beziehungen, in denen wir das festeste und zuverlässigste Bollwerk de- europäischen Friedens erblicken. Das deutsch-österreichische Verhältniß, wie «S sich seit dem Amtsantritte deS Grafen Andräffy heraüSgebildet, ist einmal im Reichstage von dem Fürsten Bismarck in den wärmsten und anerkennendsten Worten besprochen worden. Wir wollen nicht abwägen, wieviel Oesterreich in den letzten Orientverwickelungen dabei gewonnen hat, wieviel andererseits eS unö werth gewesen ist und noch werden kann — wir wollen nur später Abendstunde der Telegraph übermittelte. Wer die Verhältnisse dieser unglücklichen Stadt mit ihren 4—5000 zumeist auS Holz erbauten Häusern, mit ' ihren engen Gaffen kennt, der vermag nur mit Schauder an die Katastrophe zu denken, welche durch einen so verheerenden Brand über die Stadt Hereinbrechen mußte. Noch fehlen uns ausführliche Telegramme, aber schon das bisher bekannte läßt unS keinen Zweifel darüber, daß der Schaden ein unberechenbarer und die Lage der Bewohner eine verzweiflungsvolle ist. Eine kurze Schilderung der Verhältnisse der bosnischen Hauptstadt genügt, um die Größe der Katastrophe ermessen zu lassen. Serajewo liegt am OstauSgange der Ebene Sera- jewSko-Polje zu beiden Seiten der Miljacka. Die Stadt, deren größerer Complex auf dem rechten Fluß ufer gelegen ist, hat einen Flächenraum von mehr als einer halben Ouadratmeile. Die Hauptstraßen laufen parallel mit der Miljacka und werden durch eine Unzahl gegen die Höhen zu stets enger und unregelmäßiger werdender Querstraßen verbunden. Während die eigentliche innere Stadt, die sich zunächst an den Fluß anlehnt, aus compacten Häusermaffen besteht, löst sich der an den Berglehnen gelegene Stadttheil in zahlreiche, durch Gärten ge trennte Gruppen auf. Die Häuser sind größtentheilS auS Holz erbaut. Der größere, schönere und wohl habendere Stadttheil, welcher eben ein Raub der Flammen wurde, liegt am rechten Ufer der Miljacka. Er umfaßt daö serbische, katholische, jüdische und das HandclSviertel. Da« serbische Viertel Latinluk ist von der schönsten Straße der Stadt, der Franz ¬ aufrichtig wünschen und hoffen, daß eS noch lange ungetrübt und ungestört erhalten bleibe! — AuS Berlin vom 7. Aug. wird der Schlesischen Zeitung geschrieben: „Im CultuSministerium ist bi-her, wie bestimmt versichert werden kann, noch nicht- ge- schehcn, um eine Abänderung der kirchenpolitischeu Gesetze vorzuberciten, und auf informirtn Seite wird auch sehr bezweifelt, ob der Landtag schon in seiner bevorstehenden Session in die Lage kommen wird, sich mit einem solchen Anträge zu beschäftigen. AuS der gestrigen Aeußerung der Provinzial-Correspondenz will man vielfach herauslesen können, daß die Vorschläge der Curie, die laut einer Mittheilung der «Germania» dem Reichskanzler neuerdings zugegangen seien, von demselben für unannehmbar erachtet worden seien. Jedenfalls ist die endgültige Verständigung noch keines wegs so nahe bevorstehend und so zweifellos, wie «» namentlich ausländische Blätter in jüngster Zeit an gedeutet haben." — Aus Berlin vom 8. Aug. schreibt man der augSburger Allgemeinen Zeitung : „Wenn gegenwärtig eine SensationSkunde verbreitet wird: der Zar komme nicht nach Königsberg zur Begrüßung seines kaiser lichen OheimS, so war dem Vernehmen nach eine solche Reise gar nicht beabsichtigt, nachdem einmal die Reise des Kaisers Alexander zur Goldenen Hochzeit des Deutschen Kaiserpaares unterblieben. Die Beziehungen beider Herrscher zueinander sind die besten." — Der Hannoverschen Post wird aus Berlin be richtet: „Im Monat September finden in Frank reich größere Truppenübungen statt, denen auch preußische Offiziere beiwohnen werden. ES sind commandirt worden zu dem großen Corps- Manöver im Departement Dordogne und Seine infe- rieure: der Generalmajor Graf v. Waldersee, Chef deS Generalstabs des 10. ArmeecorpS, Mqjor Frhr. v. Schleinitz, vom Generalstabe des 11. Armeecporp», Major Frhr. v. Neubronn vom 1. Garde-Felvarttllerie- regiment. Zu den Uebungen der französischen Cava- leriediviston in dem Departement Srine-et-Marne sind commandirt: Oberst Graf v. Alten, Commandeur de» Regiments der GardeS-du-Corps, Major Schnackenberg vom 2. hessischen Husarenregiment Nr. 14 und Pre- mierlieutenant Graf v. Pourtali« vom Gardekürassier regiment." — Die Magdeburgifche Zeitung schreibt: „Wie wir erfahren, liegt es nicht in der Absicht der preußischen Regierung, bereits in der bevorstehenden Session der Landtage eine -Vorlage betreffs d« Verlängerung der Budget-und Legislaturperioden zu machen. Die Frage soll zunächst im Reiche zur Entscheidung gebracht werden." — Mehr«»Blättern wird gleichlautend aus Berlin geschrieben, die Vorbereitungen zu dem im Septem ber einzuberufenden Städte tage würden sehr eifrig betrieben. Derselbe werde, zuverlässigen Nachrichten zufolge, die von allen Seiten einlaufen, weit stärker besucht sein als im Mai d. I. Die eigentliche Po litik werde vom Städtetage allerdings fern gehalten werden. „Das Programm desselben", heißt eS weiter, „wird nur in der Stellungnahme der deutschen Städte zu dem Zollprogramm des Fürsten BiSmarck, insbe sondere zu den Fleisch- und Getreidezöllen bestehen. ES wird auch Anregung zur Bildung eines deutschen Städtebundes gegeben werden, der sich das Streben Joseph-Straße, durchzogen. Dieselbe ist meist von europäischen Kaufleuten bewohnt, für die sie auch die ' Hauptverkehrsader bildet. An dieselbe schließt sich östlich das Handelsviertel mit der Kaufhalle (Bezestan),. das Gebäude des Dellar (Trödlermarkt) nnd die soge nannte Carsia, d. h. der Markt. In der Kaufhalle — einem mit Kreuzgängen versehenen, aus Bruchsteinen erbauten Hause — sind größtentheilS Schnittwaaren- händlcr etablirt. Die Trödlerhalle, ein gleichfalls aus Stein erbautes Riesengebäude, enthält Verkaufsbuden von Händlern aller Art. Die Carsia mit ihren zahllos aneinandergereihten Waaren- und VerkaufSgewölben und Werkstätten gruppirt sich um die beiden genannten Gebäude. Sie nimmt einen sehr bedeutenden Raum ein und umfaßt 50—60 Gassen. Der Verkehr ist hier tagsüber so lebhaft, daß oft die Passage wegen der engen Gassen fast unmöglich wird. Die Carsia bildet den Stapelplatz nahezu für alle in den Verkehr kommenden Handelsartikel und hat große Depots für Manufactur- und Colonialwaaren, für Getreide, Mehl rc. Ein entstandener Brand in diesem Stadttheile ist mit Rücksicht auf den Bau der Häuser und Hütten und die oft kaum mehr als eine Klafter betragende Breite der Straßen nicht zu localisiren. Auch an eine Rettung der Vorräthe kann nach den geschilderten Verhältnissen nicht gedacht werden. Es ist somit wahrscheinlich, daß gerade dieser Stadttheil, welcher mit Rücksicht auf die aufgespeicherten Waaren der reichste war, vollend» ein- Opfer der Flammen wurde. Serajewo ist seit seinem Be stände viermal, und zwar im Jahre 1480, 1644,1656 und 1687 durch Feuersbrünste eingeäschert worden."