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Deutsche Allgemeine Zeitung. Ssimüiß, 3. August l87S. L-scr-tt . st»» .» dt- t» Jisrr t,»»,eb>tze — .... . — , — . — . , , tti »4« »tz-Uoietl« «Wahrheit >>d Necht, Freiheit »d Sese-l» Ur. 17S. Eripzig »V««. PNt» -W. g«», W««» Telegraphische Depeschen. *A»»V, 1 Äug. Der Commers welchen die hiesigen Torp«' rmtrr Theilnahme vieler frühern Mit- glieper von Toi»« zu Ehren de« die Universität ver- laflMkidriÄzrn Wilhelm von Preußen veranstaltet hattet^ ist -Mr» Abend in glänzender Weise von statt«» gegangen, Dem Commer« ging eine festliche Umftchrt sämmUicher Theilnehmer durch die reich ge- schmückt» und festlich beflaggten Straßen der Stadt vor«E. Beim Commer« dankte Prinz Wilhelm für da« ihm bereitete AbschiedSfest und rühmte den guten deutsche« Geist, den er in den Corp« kennen gelernt habe. Dtp Rector Magpificu« der Universität wie» in' seiner Ansprache darauf hin, daß Prinz Wilhelm „el praesiülum et üulee üvous" der Universität ge wesen sei, und daß derselbe alle die Vorzüge gezeigt habe, durch welche seine Vorfahre« groß geworden seien. *Mjinche«, 1. Aug. Abgeordnetenkammer: Bei kerGeneraldiscussiou über den Militäretat brachte der Abg. Gchel« die an Soldaten im Dienste verübten Mi-haNdlvugen zurSprache und bemerkte, es sei auf fällig, daß solche Vorgänge unangezeiat blieben und fortdauer« könnten. Der KriegSminister versicherte, er sei mit der ganzen ihm zu Gebote stehenden dienst lichen Gewalt gegen solche Vorgänge ausgetreten. I» der Hauptsache gehörten dieselben vor die Gerichte. ES seien entsprechende Maßregeln gegen die Wieder kehr sicher Ausschreitungen getroffen. DieComman- dirrndet» feien über diese Vorkommnisse so indignirt, daß sie nicht «ur an« Pflicht, sondern au« Humani- tätStü^sichten. solche verhindern würde». Die preM- sche« llltterpffiziere (deren der Vorredner Erwähnung gethan hatte) treffe kein Borwurf. Diese Erklärung de» Minister« wurde mit lautem Beifall ausgenommen. In det Gpecialdebatte ftagte der Nbg. Pfähler an, oh dafür g^orgt sei, daß die Soldaten genügende Zeit zur Btftiedigung. ihrer religiösen Bedürfnisse hätten. Der KriegSminister bejahte dies« Frage und erklärte, daß W» LezügMe» Klagen d» deuDi»«ft»«ugMvr- und München abgrholfr» sei. Schließlich wurde da« MiltzärekstSgeseh m namentlicher Abstimmung einstim mig genehmigt. -»Versailles, 1. Aug. abend«. Dir Deputirten- kammer genehmigte heute da« Budget für da« Mi nisterium de« Auswärtigen. Ein Antrag Raspail'S auf Herabsetzung de« für die Botschafter geforderten Credit« und auf Einziehung der Botschaft beim Va tikan würde abgelehnt, der Antrag auf Einziehung de« PiSpositionSgehalt« von 8000 Fr«, für den frühern Minister Herzog Decaze« wurde genehmigt; ein An trag, der darauf abzielte, eine Frist von sechs Mo nate« für Vornahme der Convertirung der üproc. Rente festzusetzen, 'wurde abgelehnt. Schließlich wurde da» gesammte Ausgabenbudget genehmigt. »Üvie«, 1. Aug. abend«. Der Politischen Corre- spondenz wird au« Konstantinopel gemeldet, die Eduard Kolloff f. NuS Paris geht un« verspätet die Nachricht zu von dem am 27. Ium dort erfolgten Tode von Eduard Kvlloff. Um« Jahr 1810 in Mecklenburg geboren, Mußte er al« eifriger Burschenschafter nach den poli tischen Ereignissen von 1830 aus Deutschland fliehen uNd ging nach Pari«. Mit Börne war er in nähern Beziehungen, später fand er eine Anstellung in dem ürdiast «stampes der Nationalbibliothek und er zog sich erst im vorigen Jahre mit Pension au« dieser Stellung zurück. Seine Forschungen in den reichen Schätzen des pariser KupferstichcabmetS machten ihn znm tüchtigen Kunstkenner und viele deutsche Besucher der großen Bibliothek werden sich des freundlichen Landsmanns erinnern, der in allen Kunstfragen al« tüchtiger Berathrr mit genauer Auskunft immer zur Ha«d war. Koloff lieferte werthvolle Beiträge zu der neuesten Auflage von Nagler's „Künstler-Lexikon." Seit mehr als drei Jahrzehnten war er auch Mitarbeiter an Raumer'S „Historischem Taschenbuch", den „Blättern für literarische Unterhaltung", der Leipziger Allgemeinen, später Deutschen Allgemeinen Zeitung und den ver schiedenen encyklopädischen Unternehmungen der Firma F. A. Brockhaus, wie der „Gegenwart", welche er 1848 mit dem ersten Artikel über die französische Fe bruarrevolution eröffnete, „Unsere Zeit" und dem „ConverfationS-Lexikon", für dessen 12. Auflage er als vielleicht letzte Arbeit den Artikel über französische Zeitungen lieferte. Derselbe wird in den demnächst zur Ausgabe gelangenden Schlußheften des Werk« mit abgedruckt werden; die ihm zugesandte Correctur Bezieh»»-«» -wischen d» Pforte uud Lleko-Pascha seien -«spannt, dta ein-«rote»» Verstimmung sei «iner- scit« darsui zurückzusichren, daß sich die Pforte ge- weigert hab«, die Erven«««- mehrerer ostrumelischrr Beamte» z» bestätige«, andemrseit» soll« Aloko-Pasch» durch t«n Verhalten in der Frage der Repatriirung, der oflrumeiische» Mohamptchauer d«r Pforte Anlaß zur Unzufrieden Heft geMben habe«. Der Verkehr drr türkischen Delegirten in der oprumelischen Commission beschränkt sich auf da» Nothweudigste. — Gerüchtweise verlomte, daß der Kriegsminister Osman-Pascha, der Minister de« Inner» Kadri-Pascha und drr Justiz minister Said-Pascha a«O dem Cabinet auStreten würden. ,! " Lovstantinopet, 1. Ang. E« verlautet hier, daß neu« Veränderungen im Cabinet bevorständeu. — Die Zeit«»-«« Neologos undThraki sind su«- pendirt morde». „Krsictiovspslitik". — Leipzig, 2. Aug. AW im vorigen Sommer zum ersten male ein scharftr Conskct zwischen dem Reichs kanzler und der national-liberalen Fraktion de« Reichs tage» ausbrach, da ward von jener Seite her da« Wort „Fraktion-Politik" im warnende« Sinne ausge sprochen. Damit war gemeint, daß innerhalb der Fraktion, begünstigt durch deren nicht immer zweck mäßige Gefchäft-behandlung, sich Einflüsse geltend mach ten, welche die Fraktion oftmals von ihrem natur gemäßen Gange, dem einer besonnenen Realpolitik, abdräugtetk oder doch sie in Lage« verwickelten, au« denen der Rückweg schwierig sei. Damal» ward indeß nicht blo» in de» sozusagen offiriöfen Publikationen, in-besondere den (allerding- wol überwiegend von der einen Seite her inspirirten) Mtvgrapbirtrn Correspondenzen der Partei- alle« die- se« entschieden in Abrede gestellt, sondern auch hervor ragende MilHsbrr per Fraktion, die persönlich eins i-- der Biitto «uenab- meu, verflchiertttr auf da« biMmmt«ste- daß ei» solcher Einfluß einzelner „Führet zum Nachtheil der Frak tion im gauzerr oder auch nur auf Kosten der Selbst ständigkeit anderer Fraktion-Mitglieder schlechterdings nicht existire. Wir haben damals unsere bescheidenen Zweifel an der vollkommenen Richtigkeit Vieser Behauptung un terdrückt, weil man unS entgegenhalten konnte, wir seien nicht an Ort und Stelle und wüßten daher nicht» Zuverlässiges von dem innern Leben und der „Taktik" der Fraktion. Wa» uns dagegen längst zweifellos war und worüber wir auch wiederholt un« freimüthig aussprachen — ohne jedoch natürlich damit etwa« zu ändern — da« war ein Uebrlstand, der jetzt endlich allseits auch in der national-liberalen Presse zum Durchbruche kommt, der Uebelstand, daß eiuzelue be sonders redegewandte Mitglieder der Fraktion sich zu kam mit der lakonischen Bemerkung an die Verlags handlung zurück: „oscsüs le 27 luin. , Uvritiers inovnnus." Kvlloff war einer der wenigen Deutschen, welche 1870/71 in Pari« geblieben sind — er mag, nach vierzigjährigem Aufenthalt« daselbst, al« Franzose gegolten haben — er besaß interessante« Material zur Geschichte von Pari« während der Belagerung und der Herrschaft der Commune; doch konnte er sich au« Rücksichten auf seine Stellung nicht zur Veröffent lichung entschließen. Prinz Heinrich von Preußen in Japan. Vom Aufenthalt de» Prinzen Heinrich in Japan berichtet ein Brief der augSburger Allgemeinen Zei tung au« Tokio vom 11. Juni Folgende«: „Da« große Ereigniß des Tages ist die Ankunft de« Prinzen Heinrich von Preußen in Japan. Der längsterwartete Gast traf am Freitag, 23. Mai, auf dem deutschen Kriegsschiffe Prinz Adalbert im Hafen von Iokuhama ein. Sofort nach seiner Ankunft machte ihm der deutsche Consul diese« Platze«, Hr. Zappe, seine Aufwartung, und dasselbe thaten am Sonnabend, 24. Mai, die Mitglieder der deutschen Gesandtschaft in Tokio, den jüngst auö Deutschland zurückgekehrten Ministerresidenten v. Eisendecher an der Spitze. Am Montag darauf wurden Salutschüsse mit den Schiffen im Hafen und den japanischen Behörden am Lande ausgetauscht, und der kaiserlich japanische Prinz Kita- schira-Kawa, begleitet von dem Exdaimijo von Awa und andern distinguirten Japanern, kam an Bord des Prinzen Adalbert, um den Prinzen Heinrich zu be- Wortführern derselben auch bei solchen Frage» auf- warfe», zu denen die Fraktion im -au-«« noch Ihm«»- weg« feste Stellung genommen, ja, die sie vielleicht noch nicht einmal in ihre« Frartion-berathungea ViS- cutirt hatte. Durch solche stch ohne weitere« al« Wort führer der Fraktion gerirende Redner ward letztere nicht selten in bedenklicher Weise engagirt, für oder widor; Etwa« zu stimmen, oder, wenn si« daun doch etwa« a» dereS beschloß, al« stch selbst inkonsequent und schwan kend compromittirt. Wir haben daher schon im vorigen Jahre und noch früher wiederholt den Wunsch ausgesprochen, e» möge doch jede-mal vor der ersten Lesung ein« Vor lage in der Fraktion so weit darüber berathen und beschlossen werden, daß die Stellung der Fraktion, be ziehentlich ihrer Mehrheit, zu einer solchen Vorlage wenigstens im großen und ganzen frstsiehe, und: e» möge dann von den einzelnen Rednern lediglich auf Grund dieser Borberathung in drr Fraktion eine be stimmte, für die Fraktion mehr oder minder bindende Meinung geäußert werden. E« ist aber, unser» Wis sen», dergleichen nichts geschehen, nicht einmal bei so hochwichtigen Vorlagen wie die Zoll- und Finauz- gesetze! Jetzt nun endlich scheint ein förmlicher Sturm gegen jene in der Fraktion eingewurzelten MiShräuch« loSzubrechen — leider zu spät, um das mancherlei Uebel zu verhindern oder auch nur rückgängig zu machen, wa« dadurch schon über die Fraktion gebracht worden ist. Und nicht bloS der MiSbrauch in ab- straoto, d. h. der von Einzelnen zu einseitig geübte Einfluß in der Partei und auf diese, wird heftig an gegriffen, sondern rückhaltSloS werden Namen genannt und Männer mit Vorwürfen überhäuft, die man bis her als maßgebende Faktoren anzusehen gewohnt war und die man daher jedenfalls mit etwa« mehr Rück sicht auch jetzt behandeln sollte. Was aber da» Merkwürdigste, in dieser Opposition gegen bisher verehrte Größen gehen zum Theil solch« Blätter voran, welche noch i» der jüngst«» parlamen tarisch«» Campagne um di« Zölle gerade? densübe» Misnern unbedingt al» ihrm Führern folgten. Wenn wir einige solche Stimmen hier wiedcrgeben,' so lassen wir doch alle« blo« Persönliche dabei weg und hallen uns nur an daS Sachliche. In einem Artikel der Hamburger Nachrichten über „Führer und Partei" heißt eS: Führer muß und wird jede politische Partei stet« auf- zuweisen haben, aber dieselben dürfen ihrer eigentliche» Aufgabe »ach nur mehr als Organisatoren der äußer» LebenSbrthätigung der Parteien functiönirrn. Daß sie auch das innere Leben der letztern im einzelnen zn bevormunden hätten, ist ein Grundirrthum, welcher Principienreiterei und Einseitigkeit im Gefolge hat. Ein Gesetzgebungsapparat ist ein sehr zusammengesetzter Organismus, welcher der weitverzweigtesten Sachkenntniß nicht entbehren kann. Die ausschlaggebende Beurtheilung der verschiedensten Fragen durch immer dieselben wenigen Leute, die sich al» ,iLapa- citäten für alles" betrachten und alles unter den engen Hut grüße». Am Mittwoch ging drr Prinz ans Laud in, Begleitung des KriegSminist«rS und seines Stabe«, und fuhr, nachdem man in der Halle de» Hafenadmi rals in Benteu ein Frühstück eingenommen hatte, mit tels Extrazuges nach Tokio, um für die nächsten Wochen seinen Aufenthalt im Enrio-Kuwan zu nehm«». Dieser käiserliche Sommerpalast, Welcher unmittelbar an der See inmitten eine« prächtigen Garten» und besonders für die Aufnahme hoher Gäste brstimmt ist, war schon seit Monaten für dies« Gelegenheit auf da« glänzendste in Stand gesetzt worden. Unmittelbar nach seiner Ankunft in diesem reizenden kleinen Palai» kamen die Minister und andere hohe Persönlichkeit«»^ um sich dem Prinzen vorzustellen und ihm zu seiner glücklichen Ankunft zu gratuliren. Der folgende Tag, Donnerstag, 29. Mai, war bestimmt zur feierlichen Audienz bei Sr. Maj. dem Mikado im kaiserlichen Palast zu Akasaka. Der Zug, begleitet von einer militärischen Ehrengarde, verließ den Enrio-Kuwan um 1'/, Uhr nachmittag«. Zur ersten kaiserlichen Wagen saßen der Prinz Heinrich und der Prinz von Awa, im zweiten der deutsche Gesandte v. Essendecher, Kapitän Mac Lean, Cvmmandant de« Prinzen Adalbert, und der Flügeladjutaut und mili tärische Gouverneur de« Prinzen Heinrich, Frhr. v. Seckendorfs, welcher die Insignien des Schwarzen Adlerordens trug; vier weitere Wagen beförderten die übrigen Begleiter, unter ihnen den Gesandtschaftssecretär Baron v. Gutschmidt, die deutschen Consuln für Ioku hama und Tokio, Offiziere vom Prinzen Adalbert und andere. Bei seiner Ankunft im kaiserlichen Palast um 2 Uhr wurde Se. königl. Hoh. empfangen von Sr,