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sie ist, wie Lord Macaulay sie richtig geschildert hat, »er Tempel de- Schweigen» und der Versöhnung." Die britischen Mitglieder der bulgarischen Grenzr«gulirüug»commissiou — Ob«tst Ham- ley, Major I. C. Ardagh «nd Lieutenant Horn — haben, ihr« Arbiiten beendigt. Letztgenanuter Offizier ist bereit» hier ängrlangt, und die andern befinden sich aus dem Heimwege. Die Abthcilung Genietrup pen, welche die Commission begleitet, ist ebenfalls nach England zurückgekehrt. Wie die Time» vernimmt, wurden in gestriger Sitzung der gegenwärtig in London tagenden Inter nationale« Telegraphenconfercnz zwei Be schlüsse Maßt, deren einer die Anzahl der Ziffern, die künftighin al» «in Wort gelten sollen, von fünf auf drei reducirt; während der andere die Sprachen, die in außereuropäischen Depeschen angewendet werden dürfe«, auf acht beschränkt, und zwar: di« englisch«, französische, deütsche, italienische, holländische, spanisch«, portugiesische und lateinische. . - Belgien. Die Zudependance belge enthalt folgende weitere Mitteilungen bezüglich der Verhaftung van Hamme'», w«lch«r im Begriffe stand, ein das Leben Ye», KSMs bedrohendes Plakat zu verbreiten und einen gewissen AffelberghS mit der Anfertigung desselben beauftragte. Letzterer stellte sich der Abtheilung für .gerichtliche Polizei vor und überreichte den Text der anzuftrtigenden Plakate, welche ihm von Hamme über- gebev hatte; er kam im Laufe de» Tages nochmals wieder und legte den Bou vor, durch welchen van Hamme sich verpflichtet, ihm so FrS. zu bezahlen, oder ihn ermächtigt, diese Summe aus den Händen des Pater Nicolai im Kloster Saint- Michel in Empfang M istehmen. Bon diesem Augenblicke an und bi» zur Verhaftung des van Hamme hat AffelberghS nicht mehr die Polizeibureaux verlaffen. Wa» van Hamme qnbekifft, der nicht aus den Augen verloren wurde, so wurde er um 5 Uhr bei seinem Bater, der Kirchen diener bei Saint-NicolaS ist, verhaftet. Wje die Jndtpendance belge au« Brüssel vom 23. Juli meldrt, ist iu der Nacht zum Montag an derFaxade des Theaters in Lüttich «in Plakat be- festiat worden^ worin abermals zur Ermordung des KömgS aufgesordert wird. Dasselbe lautet: „Leopold ist yemrtheilt. Er hat daS UnglückSgesetz unterzeichnet. Ein Dolchstoß oder , die Kugel au» einem Revolver werden der Justiz Genüge thun." DaS. Plakat wurde, nachts I Uhr von einem Vorübergehenden bemerkt und sofort von der Polizei entfernt. Schweden «nd Norwegen. Aü» Stockholm vom 20. Juli wird der Ham burger Börseu-Halle berichtet: „Die Allgemeine schwedische Arbeiterversammlung wurde gestern geschloffen, ohne daß dieselbe alle Gegenstände, die auf d«r Tagesordnung standen, erledigte. Bon den debat- tirteu Fragen scheint die über eine Ausdehnung des politische» Wahlrechtes und eine gleichmäßigere Ver- theilung LeS kommunalen Stimmrechtes die eingehendste DiScusstou hervorgerusen zu haben. Hinsichtlich des ersten Punkte» herrschte eine große Meinungsverschie denheit. Ein Antrag, die Versammlung solle sich dar auf beschränken, zu erklären, daß jeder unbescholtene mündige Mann das Wahlrecht haben solle, wenn er dixecte Steuern an Staat und Commune zahle, er- >Mlt eine nicht unbrdeutende Minorität; schließlich »ahm die Versammlung jedoch eine Resolutton zu Gunst«» des allgemeinen Wahlrechte» an. Die Aeuße- rung eines Redner», daß di« Behörden durch die Ab sendung von Truppen nach SundSvall während de» StrikeS den erste» Samen zum SocialiSmuS in Schwe den gelegt haben, erregte allgemeinen Unwillen i» der Versammlung. Als «in Zeichen von dem Geiste, der in dieser Versammlung herrschte, verdient erwähnt zu werden, daß man eine Resolution annahm, nach wel cher der Arbeiter seine Kinder mit liebevollem Ernst zu wahrer Gottesfurcht, zur Achtung vor Aelter» und Lehrern, vor Gesetz und Obrigkeit und zur Arbeitsam keit zu erziehen habe. Es wurde beschlossen, die nächste Arbeiterversammlung nach drei Jahren abzuhalten und ein Comit« niederzusetzen, welches den Entwurf zu einem gemeinschaftlichen Programm für die Arbeiter- corporationen und zur Begründung eines Preßorgan» für diese ausarbeiten soll." Rußland. Aa» MySlowitz vom 20. Juli berichtet mau der Breslauer Zeitung: Am gestrigen Sonnabend revoltirte die au« preußische« «nd russischen UnterthanenbestehendeArbtiterbeltgschast der bei Sielce nahe der preußischen Grenze in Russisch- Polen belegenen Graf Renard-Grube. Al« nämlich an d«m genannten Lag« die Auszahlung der Arbeiter statt- sand, machten dieselben dem Obersteiger I. lärmende Vor haltungen darüber, daß ihnen da« vorher ausbedungene Gedingelohn Hinterher verringert worden sei, weil die Löhne, welche sie in Empfang nahmen, dem vereinbarten Sedinge- lohn Nicht entsprächen. Der Obersteiger I. suchte die Leute zu beruhigen, trat aber, al« milde Worte kein Gehör fanden und dir Interessenten sofortig« Zahlung »er nach ihrer Meinung ihnen zustehmdrn vrträg« in stürmischer Weis« for derten, energische» gegen die Ere«dent«n aus. Jetzt schlngen dieselben auf deu Obersteiger I. mit Stöcke» und Fäusten lo«, und al« auf feinen Hülferuf der nicht weit von dem Zechenhause der Grube, woselbst di« Au«zahkuna stattfand, vorbeipassirrnde Förster D. — ein zu der betreffenden Ge- sammtverwaltung gehörender Beamter — dem hartdrdrängtkn und mi«handelten Ob«rsteia«r I. zu Hülfe eilte, wob«t der selbe angrblich einen Schuß in dr« Höhe g«than haben soll, um die Excedenten zu erschrecken, ergriffen die erbitterten Arbeiter, offenbar in der irrigen Meinung, es sei auf sie geschossen wordrn, den Förster D., schlugen denselben zu Bode» uud brachten ihm mehrere nicht unerheblich« Ler letzungen am Kopfe bei. E» gelang, unter Zuhülfenahme der im nahe belegenen SoSnowitz stationirten russischen Gensdarmen, der Ausschreitungen ohne weitere blutig« Gr« «gnissr Herr zu werden; doch wurden die an dem Exceß betheiligteu In- und Ausländer am gestrigen Sonntag ge bunden und unter Escorte weiter transportirt, um setzt voraussichtlich sehr harten Strafen entgegenzusehen, da in unserm Nachbarreicht, trotz großen Schutze«, dessen sich die Arbeiter bei der Geltendmachung ihres bei industriellen An- lagen verdienten Lohne« seitens der Staatsbehörden zu er freuen haben, öffentliche Ausschreitungen der vorstehend er- wähnten Art bitterböse Strafen nach sich ziehen. — AuS Petersburg vom 21. Juli schreibt um» der «Post»: „Die Feuersbrunst iu Nishnij- Nowgorod, von welcher heute früh der «Rrgierungs- bote» meldete, ist um so bedauerlicher, al» dabei 21 Menschen umgekommen sind. DaS Feuer brach im Bazar aus und zerstörte die Theebuden sowie die Buden mit sogenannten MuSkatelwaaren (Spezereien). Der Verlust ist wegen der zur Zeit der Messe ange- häuften Vorräthe jedenfalls bedeutend. Böswillige Brandstiftung ist höchst wahrscheinlich; man hat vier Diebe in llagrmiti ertappt, welche mishandelt und dann der Polizei übergeben Word«». Die Ernennung eines Generalgouverneurö von Nishuij-Nowgorod zur Zeit der Messe ist daher eine weise Vorsicht. Dieses Amt ist d«m Generaladjutanten Grafen Jgnatiew an- vertraut. Möge er rin besserer Administrator sein, al- er Diplomat war." — Dem Nowoje Wremia wird aus Wladimir ge meldet, daß dort viele Soldaten und Unteroff^ zier« deS Welikoludzki-JnfautericregimentS wrgen Theil- nahme an nihilistischer Verschwörung und wegen geplanter Niedtrmctzelung der vorgesetzten Offiziere verhaftet wurden. Andere russische Blätter berichten, daß auch in mehrer» andern russischen Regimentern unter der Mannschaft „enragirte Nihilisten" entdeckt und durch Verhaftung unschädlich gemacht wurden. In NowoczerkaSk wurde sogar «in Oberst-Nihilist fest- genomMen und ln der dottigen Tiurma (Gefättgniß) iu Gewahrsam gebracht. , Königreich Sachsen. Zu den Landtagswahlen. ».V.O. Leipzig, 24. Juli. Die bevorstehenden Wahlen zur II. Kammer de« sächsischen Landtage» sind keine vollständige» Neuwahlen, sonder» — der hierzulande bestehenden Verfassung gemäß — nur Ergänzungs wahlen zum Zweck der theilweisen Erneuerung der Kammer. Verfassungsmäßiger Bestimmung zufolge scheidet in diesem Jahre ein Drittheil der Mitglieder der H. Kammer au», und eS habe» zum Ersatz dafür Wahlen stattzufindeu im 1. städtischen Wahlkreise (Dresden I) für Walter (F.), im 4. (Dresden IV) für KLuffer (C.), im 6. (Leipzig l) für Häckel (N.-L.), im 9. (Chemnitz II) für Zeuner (N.-L.), im 13. (Bautzen) für Hildebrandt (C.), im 22. (Grimma) für Lasse (N.-L.), im 23. (Borna) für Eysoldt (F.), im 26. (Glauchau) für Uhle (N.-L.), im 30. (Anna berg) für Petri (F.), im 32. (Reichenbach i. V.) für Querner (C.), im 34. (Plauen i. V.) für Kirbach (N.-L.), im 35. Wahlkreise (Auerbach i. B.) für Hartwig (C.); ferner im 7. ländlichen Wahlkreise (Bischofswerda) für Päßler (C.), im 10. (Dresden) für Barth-Radebeul (C.), im 11. (Neustadt-Stolpen) für Mah (F.), im 16. (Tharaud) für Grahl (F.), im 18. (Meißen) für Klopfer (C.), im 21. (Wurzen) für Starke-Pirua (E.), im 24. (Leipzig) für Starke- Mittweida (F.), im 27. (Roßwein) für Richter-Tha raud (C.), im 29. (Burgstädt) für v. Ehrenstein (C.), im 30. (Chrmnitz) für Winkler (N.-L.), im 33. (Zschopau) für Hehmaun (C.), im 35. (Lößnitz) für Mehnert (C.), im 40. Wahlkreise (Zwickau) für Barth-Stenn (C.) -f; außerdem im 17. städtischen Wahlkreise (Freiberg) für Blüher (F.), der freiwillig ausscheidet. Nach der Parteistellunz gruppirt, scheiden aus 13 Conservative, 7 Fortschrittsleut« und 6 Natwual- Liberale. Diese letztere Partei hat also bei den be vorstehenden Wahlen verhältnißmäßig am wenigsten zu verlieren, daher auch unter Umständen am »leisten zu gewinnen: letzteres natürlich nicht in den länd lichen Kreisen, wo sie, von wenig«» Ausnahmen (wie Leipzig-Land und Chemnitz-Land) abgesehen, nach wie vor nur wenig zu hoffen hat; desto mehr aber in den städtischen Kreisen, wo das Bürgerthum, der natür lich« Verbündete und Träger des Liberalismus, zu Hause ist. Die besondern Schwierigkeiten, die de» Liberalen gerade diesmal im Wege stehen (und der«» wir bereits gedachten), dürfen un« freilich nicht ent- muthigen, sondern müssen un» im Gegcntheil zu er« höhter Thätigkrit anspornen. Diese vorausgesetzt, kön nen wir unsere Wahlaussichten, wie gesagt, nicht für ungünstig halten. Wir dürfen zunächst unsern Besitzstand zu behaupte» hoffen, da die bisher von uu» innegehabten Kreise un» in der Mehrzahl sicher find. Nur möchten wir ia Betreff dieser den Rath ertheilen, sich nach Möglich keit an die alten Vertreter zu halten, soweit sie sich bewährt haben «nd nicht selbst dringend ans ihrem Rücktritt bestehen. Cs ist ein« alte «Äfahrung, daß die Durchdringung neuer Männer, die noch nicht Gelegenheit gehabt haben, sich dem Wahlkreise bekannt, sich um ihn und da- Land verdient zu machen, schwerer fällt als die Behauptung der bisherigen, bereit« be kannten und beliebten Vertreter. Inwieweit auch in solchen Kreisen, die bisher an dern Parteien gehört haben, Männer unserer Rich tung aufzustellen seien, daS zu beurtheilen müssen wir unsern Freunden an Ort und Stelle überlassen. Wo gar keine Aussicht auf Erfolg winkt, da möge man e» vermriden, die Kräfte zu vergeuden, die Gemüther ohne Noth zu erhitzen und zu verbittern. Wo aber irgendwelche Hoffnung sich zeigt, einen bisher von den Conservativen beherrschten Wahlkreis für die liberale Sache zu gewinnen, da sollten die unsern nicht zögern, sich mit Muth und Kraft zu umgürten, um das cou- servative Joch abzuschütteln. Wir hören den» auch, daß dies in verschiedenen Wahlkreisen versucht werden wird, theilS selbständig, theilS in Verbindung mit den gemäßigten Elemente» der Fortschrittspartei. Mit diesen letzter» — von den radikal-demokra tischen Heißspornen reden wir natürlich nicht — wird sich in einzelnen Fällen zur Bekämpfung der Conser vativen eine Verständigung nöthig machen und ermög lichen lassen; sie ist bei den Landtagswahlen überhaupt, in welche die großen Fragen der Reichspolitik nicht hineinspielen, unbedenklicher und ausführbarer als bei den Reichstagswahlen, und sie dürfte gerade diesmal auf geringere Schwierigkeiten stoßen als sonst. Die Fortschrittspartei ist diesmal in keiner sehr günstigen Lage. Bon den sechs verfassungsmäßig au»- scheidenden Vertretern ihrer Richtung haben drei (Eysoldt, Petri, Starke-Mittweida) endgültig auf ihre Wiederwahl verzichtet; ein vierter (Blüher) hat frei willig sein Mandat niedergelegt. Es wird dieser Partei schwer werden, selbständig ihre Stellungen zu behaupten; sie ist auf die Hülfe der National-Liberalen ange wiesen, die in der Lage sind, ihre Bedingungen zu stellen, hier und dort wol auch ihre eigenen Männer vvrzuschlagen und durchzusetzen. Was die Conservativen betrifft, so dürfen wir un» von dem Siegesbewußtsein, das sie zur Schau tragen, nicht abschrecken lassen. Die neuen Organisationev, von denen sie reden, stehen häufig nur auf dem Pa pier, und die Vereine, mit denen sie in ihren Blättern paradiren, werden in der Hauptsache von einigen we nigen übereifrigen Beamten «nd Gemeindevorständen, hochkirchlichen Geistlichen und ihnen anhängenden Lehrern gemacht, haben aber kein inneres Leben, wurzeln nicht im Volke. In unserm Lager ist daS freisinnige Bür gerthum, mit dem unsere Partei steht und fällt, da- auf die Dauer nicht besiegt werden kann, dem die Zukunft gehört. Hüten wir uns also vor Ueber- schätzung, aber freilich auch vor Unterschätzung der Gegner; seien wir selbstbewußt und muthig, aber auch vorsichtig und rührig! Dann werden wir ehrenvoll und glücklich kämpfen. r Dresden, 23. Juli. Im Landtagswahlkreise DreSden-Land hat die Socialdemokratie die Listen Aussichten, ihren Candidaten Liebknecht durchzubringen. Eö stehen demselben nur die Conservativen gegenüber, aber diese sind vollständig gespalten, da ein Theil den bisherigen Vertreter des Kreises, Hrn. Barth-Radebeul, wählen will, während der andere sich für den Amts hauptmann Berndt erklärt. Hr. Barth wollte anfangs eine Wahl nicht wieder »»nehmen, worauf neben meh rer» andern Herre» auch der dresdener AmtShaupt- mann Berndt mit vorgcschlagen wurde. Als die» Hr. Barth hörte, änderte er seinen Entschluß, weil er angeblich nicht wollte, daß ein königlicher Beamter mehr in die Kammer komme, und erklärte sich nun zur Annahme der Wahl bereit. In einer gestern stattgefnndenrn Versammlung von konservativen Wäh lern deS Kreises sollte nun ein Candidat fest aufge stellt werden. DaS Resultat der schließlichen Abstim mung war 55 Stimmen für Barth und 54 Stimme» für Berndt. Es ist nun sehr unwahrscheinlich, daß die Minderheit sich fügen oder einer der beiden Can didaten zurücktrcteu wird. Der einzige Ausweg wäre der, daß Hr. Berndt zurückträte, in welchem Falle auch Hr. Barth refigniren will, und daß dann ei» neuer gemeinschaftlicher Candidat aufgestellt würde. — Der Dresdner Anzeiger schreibt: „DaS königliche Ministerium de» Innern läßt durch eine Enquete fest»