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Weder Voreingenommenheit, noch überlegung-lose Un geduld könnten dabei bestimmend sein. * Petersburg, 20. Juli. Der hiesige zeitweilige Generalgouverneur General Gurko hat eine vom 17. Juli datirtr Verfügung erlassen, wonach im Falle der Entdeckung geheimen Druckens oder Lithogra- phirenS von regierungsfeindlichen oder revolutionären Schriften sowie bei dem heimlichen Verkauf oder bei jeder sonstigen Ueberlassung von Drucklettern an dritte Personen nicht nur die unmittelbar Schuldigen, son dern auch die Ligcnthümer und Pächter der betreffen- den Druckereien unter vorläufiger Verhaftung mit zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen, die betreffen den Druckereien und lithographischen Anstalten aber geschloffen werden sollen. * Lukarest, 19. Juli. Die Unterhandlungen Bra- tiano'S zur Bildung eine- Fusionsministeriums scheinen einen günstigen Verlauf zu nehmen, jedoch ist das neue Cabinet noch nicht perfect. * Wien, 20. Juli. Aus Belgrad hierher gelangte Berichte bezeichnen al« Ursache des plötzlichen Entgegen kommen« von Serbien bezüglich der österreichisch serbischen Eisenbahnfragen die Besorgnisse vor einem neuen Putsch des Prätendenten Peter Kara- georgevicS, der in letzter Zeit von TemeSvär und Neusatz aus zahlreiche Anhänger geworben und eine intensive Agitation zu seinen Gunsten eingeleitet hatte. Die Gefahren eines neuen Putsches hätten den Fürsten Milan veranlaßt, sich seinen mächtigen Nachbar Oester reich durch Eingehen auf dessen Begehren geneigt zu machen. Eine Verständigung über die Linien Budapest- Semlin und Belgrad-Alexinatz sei bereits erfolgt; die erstere solle von der Gruppe der Creditanstalt, die letztere von der StaatSbahn gebaut werden. * Lonstantinopel, 20. Juli. Laut amtlicher Mel dung ist bis zur Wiedergenesung deS erkrankten Groß- vezirS Kheyreddin-Pascha Djevdet-Pascha zum Präsidenten de« MinisterratheS ernannt worden, * Äthen, 19. Juli. Die Depütirtenkammer hat den Candidaten der Regierung PapamichalopuloS mit 71 gegen 68 Stimmen zum Präsidenten gewählt. * Memphis, 18. Juli. Heute ist abermals eine Person am Gelben Fieber gestorben, die Zahl der von der Krankheit neu Befallenen hat sich vermehrt, der Handel und Verkehr hat fast aufgehört, die Bank geschäfte sind sämmtlich geschlossen, die Einwohner ver lassen in Waffen die Stadt. In mehrer« Städten der Südstaatea ist allen von hier kommenden Personen gegenüber von neuem die Quarantäne in Wirksamkeit gesetzt worden.. . . .. > Leipzig, 21. Juli. - Fast unmittelbar nach Schluß des Reichstages ging dem BundeSrathe ein Gesetzentwurf vom Reichs kanzler zu, wonach die alljährigen Reichsbudgets in zweijährige verwandelt, infolge dessen auch die obliga torische jährliche Berufung des Reichstages aufgehoben, endlich die Wahlperioden von drei auf vier Jahre aus gedehnt werden sollen. Wir haben uns über diesen Ge setzentwurf sofort dahin ausgesprochen, daß wir für eine Abänderung der jährlichen Reichstagssessionen kei nerlei Grund, wohl aber dagegen die schwersten Be denken finden, während wir gegen eine mäßige Aus dehnung der Wahlperioden nichts sonderlich einzuwen den hätten , über die Verwandlung der Budgets aber viel häßlichere Thonöfen mit Eisenuntersätzen und un- qUalificirbaren Decorationen eine zweifelhafte Wärme quelle abgaben, hat man im Anschluß an die allge- meinen Bestrebungen zur Förderung des Kunstge werbe« mit bestem Erfolg auch den alten Kachelofen wieder in seine Rechte einzusetzen versucht, wie uns di« Ausstellung den besten Beweis liefert. Glücklicher weise läßt sich die technische Leistungsfähigkeit eines OfenS sehr gut mit einer schönen äußern Form in Einklang brttigen, und eS bedarf wol nur guter Vor bilder, um einer Calamität ein Ende zu machen, welche sich seit langer Zeit selbst in den feinsten Häusern in hohem Grade bemerklich machte. Selbstverständlich werden Rücksichten auf beschränkten Raum und be schränkte Geldmittel immerhin dem eisernen Ofen noch «in große« Feld überlasten, aber auch dieser ist in Form und Einrichtung einer gründlichen Reconstruction unter worfen worden und wird auch fernerhin um so mehr Verbesserungen erfahren, je mehr sich sein Rivale, der Kachelofen, Terrain erobert. Im Interesse der Oeko- nomie wie vom hygienischen Standpunkte aus ist frei lich zu wünschen, daß das Ideal einer Heizungsanlage für Wohnungen — die rationelle Centralheizung — sich allgemein Eingang verschaffe, in welchem Falle der dekorativen Kunst neue Aufgaben erwachsen würden. Bi« dahin hat es indeß noch gute Wege und wir können getrost an der Ausbildung der Kachelöfen weiter arbeiten. E« fällt wirklich schwer, unter den ausgestellten Musterlristungen die rin« oder die ander« als die vor züglichste zu bezeichnen; jede der hervorragendern Fir men hat au ihren Fabrikaten irgendeine Eigenthümlich- in zweijährige (wobei natürlich daS Gleiche in Preußen geschehen müßte), als eine Frage der praktischen Zweck mäßigkeit, unser Urtheil un» vorbehielten. Aus diesem Standpunkte stehen wir noch heute und werden auf die Angelegenheit demnächst zurückkommen. Die Neubesetzung der durch den Rücktritt der Herren Or. Falk, vr. Friedenthal und Hobrecht er ledigten preußischen Ministerposten ist nun vollzöge». Ob eine und welche Wandlung dadurch in der Politik Preußen« auf den betreffenden Gebieten, insbesondere dem des Cultuö und Unterricht«, angebahnt ist, wird sich bald zeigen müssen. Eine solche lediglich nach den mehr oder minder sichern Urtheilen über die neuen Minister, welche durch die Presse gehen, voraussagen zu wollen, würden wir für voreilig halten. In den inner» Verhältnissen Oesterreichs hat sich seit unserer letzten Wochenschau eine bestimmte SystemS- Luderung (die man allerdings erwartet) noch nicht vollzogen. In Ungarn hat der Skandal wegen angeb licher Bestechungen von Personen in hohen Vertrauens stellungen größere Dimensionen angenommen und be schäftigt die öffentliche Meinung lebhaft. In Frankreich brachte die vergangene Woche wich tige Meinungsverschiedenheiten zwischen Senat und Depütirtenkammer. Einerseits scheint der Senat — nach der Zusammensetzung der von ihm gewählten Commission für da« Ferry'sche UnterrichtSgesctz — wenig geneigt, dieses Gesetz ohne mancherlei tiefgrei fende Aenderungen anzunehmen; andererseits stellte sich in Bezug auf das Gesetz wegen Rückkehr der Kam mern nach Paris eine bedenkliche Differenz heraus, indem in Art. 5 desselben die Depütirtenkammer den Präsidenten der beiden Kammern daS Recht zusprechen wollte, zur Sicherheit der Kammern direct, ohne Da zwischenkunft des Kriegsministers, militärische Hülfe herbeizurufen, während die Regierung dagegen Bedenken hatte, die auch der Senat zu theilen schien. Indeß ist schließlich doch der betreffende Art. 5 mit einer, wenn auch nicht großen, Majorität vom Senat ange nommen worden. Ueber das Ferry'sche Gesetz steht die Verhandlung im Senat noch auS. In der bonapartistischen Partei dauert der Streit hinsichtlich der Nachfolgerschaft des gefallenen Prinzen Napoleon noch immer fort. Danach scheint die Partei jedenfalls auf ihre Ansprüche und ihre Hoffnungen in Betreff einer für ihre Sache günstigen Wendung in der öffentlichen Stimmung und in den Verhältnissen Frankreichs noch keineswegs verzichten zu wollen. In Italien ist daS neue Ministerium unter Cairoli's Vorsitz zu Stand«-gekommen. ES ist eine ArtCoali- tionSministerium. 'DiL Äbg«rdnettükamm«r hat den streitigen Punkt wegen der Mahlsteuer (erst Herab setzung, später gänzliche Aufhebung), an welchem daS vorige Ministerium scheiterte, im Einvernehmen mit dem neuen Cabinet angenommen. Die Räumung deS bulgarischen Gebietes seitens der russischen Truppen geht ununterbrochen vorwärts, sodaß eine Einhaltung des Termins, wo diese Räu mung vollendet sein soll, deS 3. Aug., ziemlich gewiß erscheint. Weniger prompt scheint mit der vertrags mäßigen Abtragung der Festungswerke in den bulga rischen Festungen verfahren zu werden. Im übrigen aber deuten verschiedene Anzeichen darauf hin, daß Rußland sich in nächster Zeit wesentlich mit der freilich auch sehr dringenden Ordnung seiner inner» Verhältnisse—der finanziellen, politischen und so- keit, die den andern gegenüber als Vorzug erscheint. Da ist die Thonwaarenfabrik der Magdeburger Bau- und Creditbank (vormals Duvigneau u. Comp.) in Magdeburg, welche neben den zu den Magdeburger Zimmereinrichtungen gehörigen auch zwei einzelne Kamin öfen ausgestellt hat, die in Form und Farbe gleich vorzüglich gelungeu sind; der braune Kachelofen zeigt eine angenehme Färbung, die Modellirung ist kräftig und doch nicht übermäßig hervortretend. Sehr schön präsentirt sich neben diesem ein Majolicaofen mit Ara besken in gelb und blau auf gelblichem Grunde; der Ofen sieht freundlich aus, ohne das Charakteristische von Zweck und Material zu verlieren, wie dies oft bei manchen andern Erzeugnissen dieser Art, z. B. bei den von Karl Kramer in Leipzig exponirten Oefen, der Fall ist. Dieser hat sich viele Mühe gegeben, Originelles zu schaffen, und ist ihm hinsichtlich der Technik seiner Fabrikate alle Anerkennung zu zollen; die Ausführung seines gothischen Ofen« ist meister haft, derselbe gleicht aber, abgesehen davon, daß er eine Holzschnitzerei imitirt, einem Monument und keinem Ofen. Wie befriedigend muthet dagegen der mächtige grünglasirte Ofen der Meißner Ofen- und Chamott«- tpaarenfabrik (vormals C. Teichert) in Meißen den Beschauer an, der in dem zimmerartigen Ausstellungs räume dieser Firma als Mittelstück dominirt. In einem Raume von angemessener Größe müssen die wuchtigen, dabei aber wohlproportionirten Forme» prächtig zur Geltung kommen. Die rings uni den Ofen laufende Bank versetzt uns unwillkürlich in alte Zeiten zurück, während die vergoldeten Gitter, welche lediglich als Decoration in die Nischen gesetzt sind, cialen — beschäftigen, einer expansiven Politik nach außen aber entsagen will. Nicht als das unwich tigste dieser Anzeichen betrachtet man die Versetzung deS General« Jgnatiew au« der diplomatischen Car- riire in die innere Verwaltung. Er soll als Gou verneur von Nishnij-Nowgorod die Ruhe in jenem Gouvernement erhalten und die daselbst vorhandenen nihilistischen Elemente überwachen. In Rumänien hat die Judenfrage eine Minister- krisis veranlaßt. Da die Kammer auf die nach dem Berliner Congreßbeschluffe allein correcte Lösung dieser Frage schlechterdings nicht eingehen wollte, hat da« Ministerium Bratiano seine Entlassung eingereicht. Noch ist über seine Ersetzung durch ein anderes, be ziehentlich seine Beibehaltung — etwa mit Auflösung der Kammer — nichts entschieden. Deutsche- Reich. K.l..O. Serlt«, 20. Juli. Die ReichStagSw ahl in BreSlau ist wieder auf einen Socialdemokraten gefallen. Die engere Wahl zwischen dem Candidaten der vereinigten liberalen und konservativen Parteien, Leonhard, und dem Candidaten der Socialdemolraten, Hasenclever, hat für letzter» entschieden. Die Social demokraten brachten eS bei der engern Wahl zu einem Zuwachs von 2185 Stimmen, während ihr Gegner nur einen solchen von 716 errang. ES liegt nahe, zu forschen, woher dieser starke Zuwachs für die So cialdemokraten bei der Stichwahl gekommen ist, und da man unmöglich annehmen kann, daß die Partei selbst so viele neue Anhänger bei der zweiten Wahl aufzubieten vermochte, nachdem sie sicher schon bei der ersten ihr Möglichstes geleistet, so ist der Gedanke nicht abzuweisen, daß in dem PluS von 2185 Stimmen ein guter Theil jener 2933 Stimmen enthalten ist, die in der ersten Wahl für den Candidaten der Ultra- montanen, Hager, abgegeben worden. Officiell hatte die ultramontane Parteileitung Wahlenthaltung pro- clamirt; allein eS kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß eine große Anzahl von Centrumswählern dieser Parole nicht gefolgt ist. Die ultramontane Partei hat damit wieder einen Beweis ihrer vorzüglichen Qualificatio» als Regierungsstütze und Bestandtheil der staatStreuen Majorität abgelegt. Die breSlauer Wahl ist aber auch dadurch höchst beachtenSwerth und lehr reich, daß sie beweist, was die Socialdemokratie auch unter der Herrschaft des SocialistengesetzeS noch zu leisten vermag. Ohne Presse, ohne Versammlungen, überhaupt ohne äußerlich zu Tage tretende Agitation hat die breSlauer Socialdemokra.tie eS doch verstanden, ihre Anhänger geschloffen beisammenzUhalten. Man ist, seitdem das Socialistengrsetz die lärmenden Kund gebungen der NevolutionSpartei unterdrückt hat, nur zu geneigt, den heutigen Stand dieser Bewegung zu unterschätzen, ihre Lebenskraft für erloschen zu halten. Die breSlauer Wahl lehrt wieder einmal, wie unge rechtfertigt diese optimistische Auffassung ist. — Die National-Liberale Correspondenz schreibt: „Wir haben den Vorwurf zurückgewiesen, als ob die na tional-liberale Partei, wenn sie sich zur Oppo sition genöthigt sieht, dieser Opposition eine persönliche Spitze gegen den Fürsten Bismarck verleihe. Unsere Partei hat stets nach rein sachlichen Erwägungen ihr Verhalten eingerichtet, sie hat niemals einer Maßregel darum Widerstand geleistet, weil sie vom Reichskanzler ein originelles neues Detail von günstiger Wirkung darstelley. Neben diesem imposanten Stück nimmt sich der zart in Blau und Weiß gehaltene Kamin, dessen feine Zeichnungen durch Goldlinien besäumt sind, um so zierlicher auS. Wie mit jenem sich die Vorstellung einer altdeutschen Familienstube verbindet, so sagt uns der erste Blick auf dieses Prachtstück, daß sein Platz nur in dem Boudoir einer Dame sein kann — das ist Charakter! Ebenfalls in einem Zimmer vereinigt sind die Erzeugnisse von Chr. Seidel u. Sohn in Dresden. Hier bildet das Mittelstück eine Wanddecoration für VestibuleS in Majolica nach einem Entwurf des Prc- fefforS Weisbach in Dresden, die in der Malerei wie in der Neliefverzierung entschiedene Meisterschaft zeigt. Der altdeutsche Ofen ist ebenso gelungen wie der im Barockstil weiß und blau auSgeführte Kaminofen, ob gleich letzterer nicht nach jedermanns Geschmack sein dürfte. Die Sächsische Ofen- und Chamottewaaren- fabrik (vormals Ernst Teichert) in Cölln bei Meißen hat Kaminöfen ausgestellt, bei welchen eine neue Technik zur Anwendung gelangte. Der Majolicaofen nach Zeichnungen des Professors Weisbach in Dresden, dessen Ornam«nte nicht aufgemalt, sondern unter der Glasur mit der Thonmasse eingeformt sind, zeigt eine meisterhafte Technik, möchte aber doch in manchen Räumen durch seine bunt zusammengestellten Farben störend wirken. Angemessen wirkungsvoll in der Fär bung ist dagegen der nach Professor Graff in Dresden modellirte grüne Renaissancekaminofen, welcher schöne Verhältnisse aufweist und musterhaft auSgeführt ist, dessen Effect übrigens leider durch die unmotivirt«