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1385 »echstl« und ui« genügenre Fachkmntniffe besitzen, kau« nur der viel weniger wandelbare StaatSrath Ein heitlichkeit und Consequenz in Ke republikanische Ge setzgebung bringen. Gerade in dieser Hinsicht hat daher bie Conflttüirung eine- fast ausschließlich repu blikanisch gesinnten StaatSrathes »ine weittragende Be- deutnng. Die Wandelbarkeit der Regierungen unh der Minister verleiht überhaupt de» StaatSrathe am meisten Macht, Einfluh und Autorität. Er ist ein Gerichts hof M Executivgewalt, eine DiSciPlinargewalt in den Händen der Rrgrerung. Ein« cäfarjßische Institution, welche bei ihren umfassenden Befugnissen einer der kräftigsten Hebel der Centrqlisation ist und die Wirk- santkeir der Kammern mehr abschwächt, als man -e- wöhnlich wahrzunihmen vermag. Deshalb ist tr der herrschenden Partes ein willkommene- Werkzeug, wah rend di« Radikalen ihn gerade deshalb abgeschafst wissen möchten. Der zur äußersten Linken gehörig« DHsttirte Talandier drang deshalb auch nicht durch mit seiue» Anträge auf Abschaffung des SiaatSrathr» alS «ine- überflüssigen hindernden Rave- am StaatS- wagw." . ^ Folgender Ausspruch dt» Prinzen Napoleon wird in Pari« verbreitet r „Ich möchte lieber Stiefel putzer in Pari- als Prätendent i» AüSlande sein," Nußland. Das Nihilistenorgan Revolutionäre Chronik, eine Beilage zu Semlja i Wolja, schreibt: „Es dürste in Rußland nur wenige geben, welchen etwa- von der Existenz des sehr originellen Instituts der sogenannten Schutzwache bekannt ist. Dasselbe wird von de« Regierung sehr geheimgthalten, damit « desto bk- qurmer funktioniren könne. Der Zweck dieser Schutz wache ist die stete lseberwachung der persönliche« Sicher heit deS Zaren und anderer hochgestellter Personen. Die Schutzmänner haben eine rein militärische Orga- nisätkvn mit strenger DiscipliN, tragen jedoch alle möglichen Costüme. Sie erscheinen bald in Civil- kleidung, bald in den verschiedensten Uniformen und folgen dabei stets dem Zaren. Der größte Theil der sogenannten BolkSmasfe, welche Alexander II. nach dem erfolgte« Solowjew'schttt Attentat mnringtt, be stand aus diesen Schutzmänner«. Der GeNSdarm Koch, welcher Solowjew einen Säbelhieb versetzte, ist gleichfalls ein Schutzmann und wurde kürzlich für diese seine That züi« Commändantm der Schutzwache an Stell« des Generals Hahn ernannt. Dieses Institut, welche- gegenwärtig über 1000 Mitglieder zählt, steht unter dem unmittelbaren Befehle d«S Zaren und wird derart geheimgehalten, daß die Einzelheiten von besten Organisation bisjetzt noch nicht bekannt sind." — Neber einen am 17. Juli in dem berühmten moskauer Kreml stattgefundtne« großen Brand veröffentticht die Rußkija Wjedomosti folgende Einzel heiten: Für den 17. Juli wurde Moskau durch ano nyme, in den Gaffen verstreut gefundene Briefe ein „zweiter" großer Braud „prophezeit". Die Prophe zeiung traf in der That etn, indem in der Nacht auf den 17. Juli eine Feuersbrunst ausbrach und vier Häuser vernichtete. Leider aber blieb es nicht bei diesem Brande allein. Um 1 Uhr mittags sah man plötzlich an dem Feuerthuem roth« Feuerfahnen flattern, worauf auch die Sturmglocken zu läuten begannen. Zur allgemeinen Bestürzung erfuhr man bald, daß der Kreml selbst brenne. Da- Feuer brach im Innern de» PotrschnyjschlosteS auS, in welchem Nur der Geist liche PetrüwSky Und der Hoffourier Jaschtschetoff wohnten. Bald Umfingen di« Flammen auch die be nachbarten Gebäude de» Kreml und die Gefahr stieg auf da» höchste, denn der Kreml macht beinahe die ganze -innere Stadt au». Glücklicherweise gelang r» jedoch, den schrecklichen Brand zu lvealifiren und in einigtn Stunde« gänzlich zu dämpfen. Der durch diesen Brand im Kreml angerichtete Schade« ist s«hr groß. Da» Feuer ist, wie erwiesen wurde, angelegt worden, indem die hölzerne» Treppen d«S Poteschnyj- schloffeS mit Petroleum und Fett begossen und dann angezündet wurden. Die Einwohner von Moskau könne» sich vor Schreck kaum «cholen und schweben noch immer in Augst und Pein. — AUS Suwalki schreibt man dein Golo» vom 21. Juli: „Die Stadt Lodz, im Bezirke Sfeijno de» Gou vernement» Suwalki (Russisch-Polen), ist gänzlich ab gebrannt. Mehr als SOO Häuser wurden total ver nichtet, über 2000 Menschen wurden obdachlos. Der Schaden ist ein bedeutender, da die «eisten Häuser nicht versichert «wen. Die» war bereits die dritte Feuersbrunst, welche 'nun den Rest der mehr al» 8000 Ein«chü«r zählende« Stadt vollständig einäscherte. Da» Feuer wurde erwiesenermaßen gelegt." Donaufürstentbümer. -Aus Bukarest vom IS. Juli wird der augS- burger Allgemeine« Zeitung geschrieben: „Da» osfi- ciöse Organ de» Fürsten BiSMarck (?), die Rordveatsche Allgemeine Zeitung, hat in Ihrer Nummer vom 12. Juli «ine Nachricht auS Bukarest veröffentticht, welche hier^e'-Mk'BNMMrnmg'rrregt hat. Nach derselben soll Fürst Karl die Absicht haben, s«i»e preußischen Adjutanten, darunter auch eine« mit Namen Schmidt, zu verabschied««. Indessen hat d«r Fürst keinen Adjutanten Namen» Schmidt, er hat überhaupt k«inen Adjutanten, welcher Ausländer ist, pnd in der ganzen rumänisch«» Armee dient kein einziger Nichtrumane. w«j die« gegen da» Gesetz verstoßen würd«. Nicht cmmal während de» Kriege« ist r» einem ausländischen Of fizier gestattet worden, in die rumänische Armer em- zutteten, obgleich die bezüglichen Gesuche sehr zahlreich waren. Da auch kein preußischer Offizier zur Dienst leistung nach Rumänien commandirt ist oder sich auch nur auf Urlaub hier aufhält, wa» zu einer Ver- w«chs«lung hätte Anlaß gebr« könne«, so zerbricht mau sich den Kopf, warum die berliner Officiöse den Fürsten von Rumänien »seine preußischen Adjutanten» fort- schicken kaffe« will." Türkei. Die Bedingungen, welche Kherrddin-Pascha dem Sultan für sein Berkleib«» im Amte stellte und an denen da» PalaiS noch zu laborirr« scheint, waren »ach ein«« konstantinopeler Brief« der Politischen Correspondenz im Detail folgende: 1) Der Satt-« verzichtet ans jede Einmischung in Fra gen und Angelegenheiten, di« in da« Ressort de» Groß- vezir« gehören, und letzter« steht die volle Besugniß zu, Beamtt M ernennen und abzusetzen. S) O-mqn-Pascha und Riza-Bei sollen entfernt und dem Großvezir da» Recht «ingeräumt werden, ein homogene« Labinet unter theilwriser Belastung der jetzige« Minister und Heranziehung mehrerer anderer Männer seiner Wahl zu bilden. 3) Die besondern Schwierigkeit«» unterliegende griechische Frage soll einer Rotabknversammlnng vorgelegt und im Sinne eine« MajoritätSbeschluffe« derselben ausgetragen werde». Aegypten. Au« Alexandria vom 20. Juli wird dem Reuter'- schen Bureau gemeldet: „Die ägyptische Regierung hat den Vorschlag au» Konstantinopel angenommen, wo nach sie die von der Pforte beanspruchten Tribu t - rück stände in vier monatlichen Raten zahlen soll, deren erste am 15. Aug. fällig ist. Die von der ägyptischen Regierung zu zahlende Gesammtsumme be trägt 135000 Pfd. St. und nicht 200000 Pfd. St., wie e» anfänglich hieß." — Der Specialcorrespondent de« Standard berichtet aus Kairo vom 20. Juli: „Ich bin zu der Erklä rung ermächtigt, daß der Khedive die Ernennung einer europäischen Controlecvmmission mit «ner Sehnsucht erwartet, die der her Gläubiger selbst gleichkommt. Die Ankunft der Commiffar«, sagt der Khedive, würde ihm Gelegenheit bieten, Beweise feiner Aufrichtigkeit zu geben. Da er die HülfSquellen A«gypte«S genau kennt, hat er den Wunsch ausgedrückt, die Commiffar« möchten nicht dadurch, daß sie direkt an der Verwaltung der Angelegenheiten theilnehmen, seine Anstrengungen lahm legen und ihn in dieser Weise gleich bei» Anfänge seiner Regierung in einen sofortigen und permanenten Streit mit den Pascha» versetzen, die zu herrschen gewohnt sind und denen die Fellah» gehorchen. Der Khedive hofft, England »Nd Frankreich ««den keine Männer ernenne«, dir Mit dem jüngste« europäischen Ministerium in Ver bindung gestanden habe», und deren Meinungen nicht für frei von Parteilichkeit erachtet werden dürften. Er erklärt, daß er de» besten Wunsch habe, die herr schende Stimmung nach beiden Seiten hin zu befrie digen. Den guten Absichten d«S Khedive wird all gemein Glaub«« geschenkt. ES wird amtlich dementirt, baß der Khtdive den Blum-Pascha zurückberufen habe." Königreich Gachsen. DNS Dresdner Journal berichtet auS Dresden vom 25. Juli: „Se. Maj. der König gedachte vorgestern (Mittwoch) Nachmittag Ragatz zu verlaffen, um sich über Klosters und Davos nach Tara»p zu begeben. Am 21. Juli uMernahm S«. Maj. noch «inen Aus flug nach Lindau und verweilte an . diesem Tage in ser Familie Sr. kaiserl. Hoh. des Großherzyg« von LvSrana. An d«mselben Tage passirte Se. Maj. der Kaiser Wilhelm Lindau und wurde auf dem dortig«» Bahnhofe auch von Sr. Maj. dem Könige begrüßt. Am 22. Juli kamen der Großherzog von ToScana und die Erzherzogin Antoinette nach Ragatz, um den Besuch Sr. Maj. zu erwld«rn. Die all«chöchsten Herr schaften unternahmen am Nachmittag einen Ausflug nach Bad PfäfferS, besichtigten di« dortigen Einrich tungen und besuchten die großartige Felsenwölbung, unter welcher die warmen Quellen von Pfäffrrs Her vorbrechen. Die Witterung war auch in der letzten Woche de» Aufenthalts Sr. Maj. äußerst wechselnd. In der Nacht vom 22. zum 23. Juli war wieder starke» Regenwetter eingetreten. — Ihre königl. Hohei ten der Prinz und di« Frau Prinzessin Georg, Prinzessin Mathilde und Prinz Friedrich August sind gestern Mittag zum zweitägigen Besucht Ihrer Maj. der Kaiserin Augusta in Koblenz eingetroffen »Kd im kais«rlichen Schlöffe abgestiegrn." * Leipzig, 26. Juli. Die Dre»dner Nach richten haben seit dem Eintritt der wirthschaftliche» und beziehentlich politischen Krifi», welche in letzter Zeit die ganze deutsche Presse beschäftigt hat, so viel Widersinnige» und thcilS sich selbst, theil» den sonst von dem Blatte vertretenen Ansichten Widersprechende» gebracht, daß wir beinahe täglich Veranlassung gehabt hätten, mit ihnen deshalb ein ernste» Wort zu rede». Wir haben es unterlassen, weil e» uns allemal -roße Ueberwindung kostet, mit einem Blatte diese» Schlage» überhaupt in Berührung zu kommen. Jetzt aber mache« sie e» doch gar zu arg. In ihrer Mittwochsnummer findet sich ein Artikel, der an — Naivetät alles bisher Dsgewesene übertrifft. Man höre! Es ist natürlich die Rede von ihrem Osetorum osnsoo, de« verhaßten National-Liberalen. Von diesen also sagen sie: Wa« sollte jetzt ein Taudidat jener Partei bedeuten, die so vollständig im öffentlichen Tredit tobt ist, deren System wir jene erschreckenden Steuern auf Kaffer und Petroleum verdank««, welche den armen Mann, den rathloscn braven Arbeiter und Familieuvater ganz gewaltsam inßda« Lager der Socialisten drängen, oder doch ihn zwingen, von ihnen eine Arndermig oder Besserung unserer unerhört'» Zu stände zu erwarten? Wer ander« al« die National-Liberale» hab,» denn die Regierung«» auf die einträglichen Ver brauchssteuern hingedrängt, blo« weil die große national- liberale BankierverbrUderung von Luxus- und Börsenstruern nicht» wissen wollte? Soll der kleine Bürger noch Zutrauen haben zu den Geheimräthen, Finanzgrößen, Großbesitzero und Fabrikherren, welche Loupon-, Pension«-, Vermögen«-, Börsen- oder Rangsteuern au« kalt berechnendem EgoiSmu« weit von sich wiesen und statt dessen den kleinen Haushalt in« Mark trafen mit Steuern auf Kaffee, der ein Haupt nahrmittel in stark bevölkerten District«« ist, aus Getreide, da« wir alle, Namentlich aber di« Armen brauchen, und auf Petroleum, das dem Arbeiter zum nöthigsten Verdienst an langen Winterabenden und zu seiner Fortbildung nach gethaner schwerer Arbeit leuchten muß? Wenn e« nicht so ernsthaft wäre, könnte Man lachen über die Unverfroren heit, jetzt dem bekanntlich alles versprechenden Socialisten einen National-Liberalen entgegenzustelleu. Die harte Lehre, welche wir in Dresden durch diese abgewirthschaftete Börsen partei vor einem Jahre empfingen, al« ihr Uebermuth Bebel zum Siege verhalf, dieselbe hart« Lehre muß nun Breslau erdulden. Eine gesunde konservative Wendung muß dem Volke erst wieder den Glauben an die Fürsorge der Re gierungen zurückgeben, dann stelle, man den gemeingefähr lichen Socialisten ruhig einen besonnen conservativcn Lan- didaten gegenüber, und es wird sich bald zeigen: da« deutsche Volk will nicht den Umsturz, aber e« will den Schutz feine« Geldbeutel« vor der semitischen Ausbeutung, die es an de» Rand der Berdienstlostgkeit und Verarmung gebracht hat. Hier kann man in der That sagen: so viel Sätze, so viel theilS Schläge der Wahrheit in» Gesicht, theil« Beweis« maßlosester Ignoranz, alle» aber die Aus geburt blindesten ParteihasseS. Die Dresdner Nach richten machen die National-Liberalen für die Zölle auf Kaffee und Petroleum verantwortlich, obschon sie recht gut wissen, wie entschieden z. B. Lasker gegen den Petroleumzoll gesprochen, und obschon sie selbst in Nr. 183 für den Petroleumzoll das Centrum — und dies mit Recht — verantwortlich machten, in Nr. 186 aber das Steuercompromiß zwischen Regierungen und Centrum inclusive des Kaffee- und PetroleumzolleS als eine Thatsache verkündigten, die sich, wie sie höh nisch jubelte«, „auf Kosten der National-Liberalen" voll zogen habe! Sie klage» die National-Liberale» an, raß sie nicht» von PensionS-, Vermögen»- oder Kangsteuern wissen wollten — al» ob der Reichs tag, der da» Recht der direkten Besteuerung zur Zeit nicht hat, solche Steuern auferlegen könnte! Sie haben die Stirn (hier wäre noch ein ganz anderer Ausdruck am Platze, den un» nur leider da» Gesetz verbietet), zu behaupten, der „Uebermuth" der National- Liberalen habe in Dresden Hrn. Bebel zum Siege verhelfen, und: ein „konservativer" Candidat würde allemal über einen Socialdemokraten siegen, nach dem sie selbst, die Dresdner Nachrichten, durch ihr unverantwortliches Gebaren bei der letzten ReichStag»- wahl in Dresden — wo sie die Candidatur des doch wol „konservativen" Staatsministers a. D. v. Friesen bekämpften, während die National-Liberalen mit einer Selbstverleugnung, welche wahrhaftig da» direkteste Gegentheil von „Uebermuth" war, diese konservative Candidatur unterstützten — wesentlich zum Siege der Socialisten beigetragen haben! Und endlich wagen die Dresdner Nachrichten von einer national-liberalen „Börsenpartei" zu reden, als ob nicht seinerzeit eine der kühnsten Börsenschöpfungen zur Ausbeutung dt» Geld- und RotenmarlteS ins Leben gerufen worden wäre von Personen, die dem größten Theile nach zu den Gönnern und Günstlingen der Dresdner Nach richten gehörten, und unter einem Regiment, welche» die Dresdner Nachrichten jederzeit als da» Nonplus ultra staatsmännischer Weisheit gepriesen haben! * Leipzig, 26. Juli. Präsident vr. Simson, der gestern früh von Gastein hier eingetroffen war, ist bereits gestern Mittag nach Frankfurt a. O., der malen noch seinem Aufenthaltsorte, weiter gereist. Leipzig, 26. Juli. In einer gestern Abend unter dem Vorsitze des Bürgermeister» Iustizrath vr. Tröndlin stattgefundenen gemeinsamen Sitzung des -Raths» uud Stadtverordnetencollegiums wurde die Wahl von Vertrauensmännern für den Ausschuß zur Fest stellung der Schöffen- und Geschworenenliste